Rottenburg, 27. Juli. Ein am Ufer des Neckar spielendes Kind aus hiesiger Stadt, ein Knabe von 2 Jahren, wurde heute von den noch immer hoch gehenden Wogen des Flusses mitfortgeriffen. Erst nach mehreren Stunden konnte der Leichnam des Kindes aufge­funden werden.

FriedrichShafen, 28. Juli. Se. Hoh. der Erbprinz Leopold und Ihre Kön. Hoh. die Erbprinzessin von Hohenzollern sind vor­gestern zum Besuche der Königlichen Familie hier eingetroffen und heute wieder von hier abgereist.

Tettnang, 27. Juli. Vorgestern wurde in der Argen der nackte Leichnam eines etwa 2023 Jahre alten Mädchens aufge- funden. Bon den Kleidern fand sich nirgends eine Spur, trotzdem auf dem Ufer auf- und abwärts sorgfältig gesucht wurde. Man ver- muthet, es sei der Leichnam eines Mädchens, das vor 10 Tagen in der hiesigen Apotheke Medikamente holen wollte und seitdem nicht nach Hause zurückgekehrt ist. Da der Leichnam schon sehr in Ver­wesung übergegangen ist, konnte eine Identität nicht festgestellt werden. Sogar der eigene Vater konnte nicht mit Bestimmtheit den Leichnam als denjenigen seiner vermißten Tochter erklären.

In Untermarchthal fanden in ganz kurzen Zeiträumen zwei goldene Hochzeiten statt. Ein gesundes Klima!

München, 21. Juli. Dem Münsterbau-Comite zu Ulm wurde die neuerdings nachgesuchte Bewilligung zum stempelfreien Absätze der Loose der zu Gunsten des dortigen Dombanrestaurationsfonds veranstalteten Lotterie im Königreich Baiern auf die Dauer der bei­den Jahre 1875 und 1876 ertheilt.

Das unterm 24. Juli von München berichtete Ergebniß der baierischen Abgeordnetenwahlen bestätigt die Richtigkeit der darüber ange- stellten Vermuthungen. Gewählt wurden 77 Liberale, 79 Ultramontane.

Würzburg, 24. Juli. Bischof Johannes Valentin von Würzburg hat den Domkapitular Melchior Hohn, welcher bei den Landtagswahlen mit der liberalen Partei stimmte, suspendirt. Hohn wurde durch Signal des Königs vom 28. Juni 1872 zum Dom­kapitular ernannt, und soll bereits die Einleitungen zu einem Rekurs an die höchste Stelle getroffen haben.

Worms, 23. Juli. Das schwere Gewitter, welches sich gestern Abend über unserer Stadt entlud, brachte unfern Dom in große Gefahr. Unter furchtbarem Krachen fuhr der Blitz nächst der westlichen Kuppel in das Dach des Mittelschiffes, und obwohl der­selbe nicht zündete, so sind doch die sonstigen Verheerungen, welche er anrichtete, von solcher Bedeutung, daß sich der Schaden noch gar nicht berechnen läßt.

Im nächsten Monat findet die große Uebungsreise der zum großen Generalstab kommandirten Offiziere unter persönlicher Leitung des Chefs des großen Generalstabs, General - Feldmarschall Grafen Moltke statt. Derselbe wird sich, wie dieD. Reichs -Korrcsp." vernimmt» dießmal auf die Provinz Hannover erstrecken, und werden an dieser Reise etwa 40 Offiziere theilnehmen.

Berlin, 24. Juli. Fürst Bismarck wird sich, wie man der Volks-Ztz." aus guter Quelle mittheilt, auch in diesem Jahre wie­der, und zwar zu Anfang August, zur Kur nach Kissingen begeben; seine Wohnung wird er gleichfalls wieder bei vr. Diruf jun. nehmen. Bereits soll einer der hiesigen höheren Polizeibeamten, die dem Fürsten im vorigen Jahre nach Kissingen folgten, zur Rekognoszirung des Terrains dorthin abgereist sein.

Berlin, 28. Juli. DieProv.-Korresp." bespricht die jüngste Wendung im Verhalten der Bischöfe und erklärt, daß dieselbe weit über das Gesetz über das Kirchenvermögen hinausreiche. Zum ersten- male hätten die Bischöfe thatsächlich den Grundsatz aufgegeben, daß die Kirche nicht die Hand zur Ausführung der vom Staate einseitig erlassenen Gesetze über kirchliche Angelegenheiten bieten dürfe. Die Zuversicht der Regierung, daß die Bischöfe erkennen würden, daß sie Gewissens halber ihren die Kirche zerrüttenden Widerstand aufgeben müßten, sei unbedingt in Erfüllung gegangen.

Wien, 27. Juli. Der günstige Eindruck, den das bisherige Auftreten des Fürstbischofs von Laibach in ganz Oesterreich hervor- gerufen, wird mit jeder neuen Verordnung desselben erhöht. Bei Empfang einer Begrüßungs-Deputation des Kramer Landes-Ausschusses rrwiederte er, es sei Aufgabe des Klerus, das Evangelium, welches die Friedensbotschaft sei, in der wahrsten Bedeutung des Wortes zu verkünden. Er (der Fürstbischof) werde dafür sorgen, daß der Klerus dieß befolge und daß im Lande allen Bewohnern Friede werde.

Am 29. verläßt die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich Ischl, um sich nach dem französischen Scebade Saffetot zn begeben. Der Kaiser kehrt dann nach Wien zurück und Kronprinz Rudolph wird sich zur vollständigen Erholung nach dem Salzkammergute begeben.

Prag, 26. Juli. Telegramme vom Lande melden Ueberschwem- mungen durch starke Wolkenbrüche in der j ungbunzla uer Gegend. I n

Rediqirt, gedruckt und verlegt

Jungbunzlau mußte das Militär zur Hilfeleistung gegen den Waffer- andrang commandirt werden.

Am 21. Juli sind beim Schichtenwechscl 14 Bergleute in der Liebe-Gottes Grube" in Zb eschau bei Rossitz in Mähren bei einem Durchbruch in einer senkrechten Tiefe von beiläufig 140 Klaftern durch schlagende Wetter getödtet worden. Alle bis auf einen Mann waren verbrannt; die meisten waren an die Wände geschleudert und mehr oder weniger verstümmelt worden.

Rußland. Petersburg, 26. Juli. Im Umkreise von Petersburg haben Waldbrände in großem Umfange stattgefunden. DaS Feuer ist noch immer nicht ganz unterdrückt.

Sebastopol, 26. Juli. Heule Morgen wurde hier eine ziem­lich starke Erderschütterung verspürt. Einzelne Häuser sind beschädigt.

Gefälschte Maaren.

Vor noch nicht langer Zeit wurden zwei Offenburger Wcinfabri- kanten bestraft, nicht aber, weil sie Weinfabricirt", sondern weil sie ihr Fabrikat alsWein" verkauft hatten. Hieran anknüpfend rufen wir in Erinnerung» daß die ReichSregierung, wir glauben auf Antrag Badens, einen Gesetzentwurf gegen Weinfälschung ausgearbei­tet, der einer der nächsten Reichstagssessionen vorgelegt werden soll. So sehr dieß besonders im Interesse der Consumenten anzuerkcnnen ist, wäre doch zu wünschen, daß dieß Gesetz sich auf die Waarenfäl- schung überhaupt bezöge. Denn Jedermann weiß, daß nicht nur der Wein im Handel gefälscht imitirt heißt es wohl in der merkan- tilischen Gaunersprache vorkommt, sondern daß sich diese Fälschung auch noch auf viele andere Lebensmittel erstreckr. Wein, zumal Rothwein, wird durch Heidelbeersaft, Zucker, Spiritus und verschiedene Färbemittelfabricirt" oderimitirt". Malz und Hopfen, diese Hauptbestandtheile eines guten Bieres, werden bei der heutigen Bierfa­brikation oft genug durch Traubenzucker, Weidcnschale, Spiritus, Quasia und sonstiges Teufelszeug ersetzt. Wir kennen eine Stadt im Norden, die dreiBairisch.Bier Brauereien" besitzt, für welche alle drei die Eisenbahnverwaltung noch nicht eine einzige Hopfendolde geliefert hat, obwohl zwanzig Meilen im Umkreis keine Hopfenkultur zu finden ist. Von den Essenzen. Liqueuren, Branntweinen, wollen wir gar nicht sprechen, denn in diesen Artikeln übersteigt der Betrug und die Fäl­schung alle Begriffe des Laien.

Aber schändlicher und schädlicher noch ist die Fälschung, die bei den alltäglichsten und unentbehrlichsten Nahrungsmitteln stattfindet. In Kaiserslautern erst wurde eine Anzahl Kaufleute straffällig, aber auch nur. weil sie gefälschten Pfeffer als ächten verkauft, nicht aber weil sie gefälscht hatten. Wie oft wird das Brodmehl durch Potasche, pulverisirte Getreidehülsen und andere Stoffe verdorben; in die Butter werden im Norden die größten Massen Salz eingerührt, denn Salz ist billig und erhöht das Gewicht; an anderen Orten erhält dieselbe noch vielfach eine Menge oft ranziger, fettiger Bestandtheile und an­dere unaussprechliche Dinge, was sich besonders durch fast schaum- artiges Aufstreichen verräth. In den Käse werden geriebene Kartoffeln, sauerschmeckende Säftchen u. s. w. gemischt und es gibt schon eine ziemliche AnzahlSchweizerkäsefabriken" in Deutschland, deren. Eigen- thümer sich durch Käseverfälschung ein bedeutendes Vermögen erworben haben. Ueber die Verfälschung des Reis, des Zuckers, des Cafö'S, besonders des gemahlenen, und anderer Colonialarttkel, wissen unsere Hausfrauen gar manches Lied mit gleichem Schlußrcim zu singen. Es ist fast als ein Wunder anzusehen, daß noch kein raffinirtrr Schwindler auf eine Idee gekommen ist, wodurch etwa Eier und Fleischimitirt" werde» könnten!

Was aber die Wurstfabrikation betrifft, so würde ein geschickter Chemiker uns oft haarsträubende Resultate über die geheimnißvollen Bestandtheile der Würste offenbaren können.

Durch die Fälschung an diesen und andern Nahrungsmitteln werden unstreitig fast alle Volksklassen geschädigt und wenn schon der Betrug den Händlern großen Nutzen einbringt, so wird doch die ganze Handelswelt durch solche systematisch betriebenen Schwindeleien verderbt und der Nationalwohlsland untergraben. Wenn also das Reichskanzleramt bemüht ist, ein Gesetz gegen Weinfälschung auszu­arbeiten, so wäre es eine ungerechte Einseitigkeit zu nennen» wenn nicht weitere Gesetze gegen die Waarenverfälschung im Allgemeinen erlaffen würden, damit das Volk einigermaßen vor der Handelsfret- bcuterei geschützt und zugleich der Verderbniß der Handelswelt vorge­beugt werde. Daß durch ein Gesetz die Nachahmung von Pro­dukten, sofern sie ohne schädliche Beimischungen geschieht, gänzlich verboten werden soll, ist nicht nöthig, da ja das Gesetz ohnedieß vor­schreibt, daß nachgeahmte Maaren nicht als ächte verkauft werde» dürfen, gegen die Fälschung aber und Gewichtserhöhung von Maaren durch fremde Zusätze müßte im Interesse des Publikums mst strenger Ahndung gesetzlich und aufs strengste eingeschritt en werden. von A. OelschlLger. (Hiezu Nro. 30 des Unterhaltungsblatt«.)