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Damit tritt auch ein vollständiges Gelingen des schönen Festes in sichere Aussicht. Nachdem am Samstag 31. Juli der feierliche Empfang der ankommende» Schützen auf dem Bahnhof staltgefunden, wird am Sonntag den 1. August die eigentliche, Eröffnung des Festes durch -den Festzug, die Festtafel und das Festconcert erfolgen. Der Festzug wird ein Unicum in seiner Art sein. Er umfaßt erstens Darstellungen der in den einzelnen Landestheilen von Württemberg heutzutage noch üblichen ländlichen Trachten, aus je 24 entsprechenden Paaren gruppirtf, und zweitens eine Nachahmung des Fcstzugs, den Herzog Christoph im Jahre 1560 bei dein großen Armbrustschießcn in Stuttgart veranstaltete, und wobei die malerischen mittelalterlichen Trachten sowohl bei Berittenen als Fußgängern zu schönster Wirkung gelangen werden. Um die fremden Gäste mit einigen der historisch und landschaftlich interessantesten und anziehendsten Punkte des Landes bekannt zu machen, werden, wie bereits mitgcthcilt, Festsahrtcu nach der Ho- hcnzollern'schen Stammburg, nach Hechingen, Tübingen und Reut- liagen einer-, und nach Weinsberg zur Weibertreu und nach Heilbronn andererseits veranstaltet. Die Wohnungsfrage ist nunmehr an einer Weise geregelt worden, daß auch der größte Andrang von Fremden bequem und in entsprechender Weise bewältigt werden kann.
— Auf dem Bahnhof Fellbach ereignete sich am letzten Sonn- tag Abend ein höchst bedauerlicher Unglücksfall, welcher aufs Neue das die Eisenbahn benützende Publikum zur Vorsicht mahnt. Ein 19 Jahre-alter, in Fellbach seit etwa 3 Monaten in Arbeit stehender und wegen seiner guten Aufführung bei seinem Meister beliebter Schmied« geselle, Gottl. Winkler von Bodenheim, OA. Brackeuheim, sprang, von einem Ausflug zurückkehreud, aus dem noch im Laufen befindlichen Wagen, und stürzte, da er statt nach vornen sich nach dem Ende des Zuges wendete, wobei er so unglücklich fiel, daß ihm von den nächsten Waggons beide Untcrsüße abgedruckt wurden. In das Cannstatter Hospital verbracht mußten ihm dieselben unter den Kvieen abgenommen werden. Sein Befinden ist befriedigend.
— Ludwigsburg, 19. Juli. Am 14. d. hat hier die alljährlich stattfiudende zehntägige Krankcnträgerübung begonnen, zu der von jedem Infanterieregiment des Armeekorps 2 Unteroffiziere und 24 Gemeine kommandirt sind. Die Unteroffiziere sind der Zahl .derjenigen entnommen, welche im Mobilmachnngsfalle für die Sanitätede- tachemenls bestimmt sind, und haben auch die Mannschaften schon vorher theoretischen Unterricht für diesen Zweck erhalten. Die Leitung der Uebung, an der 3 Offiziere, 4 Aerztc und sämmtliche dienstfreien Lazarethgehilfen theilnehmen, hat der Kommandeur des Trainbataillons, Major v. Acker.
— Heilbronu, 18. Juli. Heute Nachmittag entlud sich hier ein starkes Gewitter; gegen 5 Uhr schlug ein Blitz in ein Kamin eines Doppelhauses der bei der Zuckerfabrik gelegenen Arbeiterwohnungen, zerstörte den ganzen vom Dach «aufragenden Theil des Kamins und warf die Steine in die in beiden Wohnungen befindlichen Küchen hinunter, folgte dann wie es scheint, der Leitung von Drähten, die
aufs schönste verlaufen. Zahlreiche Fremde aus näherer und weiterer Entfernung, viele Freunde und Verehrer des Gefeierten, selbst auS großer Ferne, hatten sich zur Betheiligung eingefunden.
— München, 19. Juli. Die mit annähernder Bestimmtheit zw erwartenden Abgcordnelenwahlen stellen sich wie folgt: Oberbaiern S Liberale, 22 Ultramontane; Niederbaiern 19 Ultramontane; Pfalz 20 Liberale; Oberpfalz und Regensburg 3 Liberale, 13 Ultramontane ^ Oberfranken 14 Liberale!, 3 Ültramontanc; Mittelfranken 19 Liberale; Uxterfranken und Aschaffcnburg 7 Liberale, 12 Ultramontane; Schwaben und Ncuburg 9 Liberale, 10 Ultramontane; zusammen 77 Liberale, 79 Ultramontane. (Die Liberalen sind mit diesem Resultate sehr zufrieden, da sie bei dem Wühlen der ultramontanen Geistlichkeit nur i/z Liberale aus der Urne hervorgehen zu sehen hofften.)
— Köln, 18. Juli. Gestern Vormittag sollte die Kaiserglocke zum ersten Male geläutet werden. Nachdem der Klöpfel in der ruhig hängenden Glocke wiederholt hin- und herbewegt worden und jedesmal an den Schlagring angeschlagen hatte, wurde die Glocke durch Anziehen der Läuteseile zuerst von 37 und dann von 54 Mann geschwungen; allein, obgleich man dieselbe dabei in eine fast wagrechte Lage brachte, der Klöpfel schlug nicht an, kehrte vielmehr in dem Augenblick, wo er den Schlagring berühren sollte, nach der entgegengesetzten Richtung zurück. Schließlich wurde derselbe ausgehangen, und nach einer Fabrik im Bayenthal gebracht, woselbst man dem Fehler abzuhelfen gedenkt.
— B e rl in, 19. Juli. Der „Reichsanzeiger' schreibt: der Kaiser wird der Einladung des Vereines für das Hermanndenkmal, zur Einweihung des Denkmals am 16. August zu erscheinen, sowie der Einladung des Fürsten Lippe, in dessen Schloß zu wohnen, Folge leisten. — Der Kaiser hat dem Fürsten Bismarck anläßlich de« Jahrestages des Kissinger Attentats ein Telegramm gesandt, worin er in den gnädigsten Ausdrücken seine Glückwünsche ausspricht.
— Die „Hann. Ztg." berichtet, daß der Bischof von HildelSheim die ihm untergebene Geistlichkeit veranlaßt hat, in einem ihm anszu- stellenden Revers treuen Beistand und unbedingte Befolgung seiner Weisungen in Bezug auf die Maigesetze anzugeloben, und daß dann die Geistlichen das Gleiche von ihren Gemeindemitglicdern verlangt haben.
Bienenvater Dzierzon, katholischer Geistlicher in Schlesien, ein alter Herr» hatte seine Pfründe niedergelegt nnd lebte von seinen Bienen, seinem Honig und einer Pension von 200 Thlrn. Da ließ er sich's einfallen, unter die Altkatholiken zu gehen. Sofort schrieb ihm der Fürstbischof von BreSlau: Außerhalb der römisch-katholischen Kirche kein Bienenstock, kein Honig und kein Bienenvater! und entzog ihm seine Pension. Dzierzon klagte auf Zahlung seiner Pension und hat seinen Prozeß in zwei Instanzen gewonnen.
— Laut einer dem Reichskanzleramte zugegangenen telegraphischen Anzeige des Generalkonsuls in Alexanorien unterliegen dort «schiffe wegen Cholera einer zehntägigen Quarantäne.'
— Wien, 18. Juli. Im nächsten Monat tritt der Kronprinz
zum Festhalten des Bewurfs dienen, fuhr unter erheblicher Beschädi- in sein 18. Lebensjahr. Nachdem er seither eine Reihe von Prüfungen gung des Bewurfs, jedoch ohne zu zünden, durch zwei neben einander aus allen Zweigen des militärischen Wissens abgelegt, steht zu dem liegende Zimmer der beiden Haustheile und schmolz theilweise einen! genannten Zeitpunkt seine Beförderung zum Generalmajor bevor und uußcn am Hause hinlausenden, einen Traubenspalier haltenden Draht. - gleichzeitig wird ihm. nachdem schon ein Infanterie- und ein Artillerie- Die Bewohner des einen Hauses waren augenblicklich abwesend; im l rcgiment seinen Namen führt, ein Kavallerieregiment verliehen wer- andern Haus, und zwar in dem Zimmer, durch welches der Mtz den, das Husarenregiment, welches den verstorbenen Grafen Haller seinen Weg nahm, befanden sich eine Frau und neun Kinder. So! zum Inhaber hatte.
entsetzlich der Schreck war, so hatte die Frau doch noch die Geistes- — Pest, 18. Juli. Die Ernteanssichten in Ungarn sind sehr mäßig, gegenwart, Fenster und Thüren rasch zu öffnen und die jüngsten! Die Weizenernte gibt im Allgemeinen nur auf eine bescheidene Mit- Kinder, welche sich nicht selbst retten konnten, hinausznschaffen. Da-! tclernte Aussicht, beim Roggen kann man nur auf eine schlechte Mit- durch entgingen alle der drohenden Erstickung und cs erlitt auch Keines tclernte oder auf eine ganz schlechte Ernte rechnen. Wie anderwärts -sonst einen Schaden, trotzdem der Blitz alle Wände des kleinen hat diese Getre'degattung auch dort schon im Winter am meisten ge- Raums berührt und den Verputz mehrfach herabgerissen hatte. Ein litten. Von der Gerste kann man kaum ans eine bessere Ernte rechnen, zweiter Blitzstrahl traf einen Baum in der Nähe des Friedhofs. ^ als vom Weizen; der Hafer aber wird sich nicht einmal zu diesem — Am Sonntag haben sich auch sonst noch schwere Gewitter über «Niveau erheben. Der Mais (Kukuruz) ist in der Entwicklung in verschiedenen Gegenden des Landes entladen; namentlich haben die, vielen Gegenden sehr zurückgeblieben, so daß man eine gute Ernte sich welche sich über die Orte des Weinsberger-ThalS entluden, viel auch hier nicht mehr versprechen kann. Die Heuernte war dagegen
Unheil angcrichtet.
— Von Oebringen, Brackenheim, Mainhardt wird von Wolkenbrüchen gemeldet, die am Sonntag Nachmittag gefallen und durch Ucberschwemmungen Schaden angerichtet haben.
— Am 17. d. M. ist auf der Bahnline zwischen Beimerstätten 'Und Ulm bel Güterzug 319 Vormittags gegen II Uhr der Wagen-
Wärter Feuchter während der Fahrt von seinem Wagen gestürzt, vom Luge überfahren und dabei derart verletzt worden, daß er nach wenigen Minuten starb.
— Riedlingen, 19. Juli. Auf der hiesigen Schießstätte wurde Hestern der Zeiger durch einen Schuß getroffen, in Folge dessen derselbe heute Nacht gestorben ist.
— Frei bürg, 18. Juli. Die heutige Feier des hundertjährigen Geburtsfestes Karls v. Rotteck ist trotz der ungünstigen Witterung
überall gut oder wenigstens befriedigend.
— Eine furchtbare Feuersbrunst hat am 12. d. M. die etwa 400 Häuser zählende blühende Ortschaft Moritzfeld im Temeser Co« mitat heimgesucht. Während die männliche Bevölkerung auf den Feldern beschäftigt war und blos die alten Leute und Kinder sich zu Hause befanden, brach aus noch unbekannter Ursache an einem Ende des Ortes Feuer aus, welches bei dem herrschenden starken Winde rasch um sich griff und 102 Häuser, darunter die römisch-katholische Pfarrkirche, das alte Schulhaus, das Gemeindehaus mit der Gemeinde« kanzlei und allen darin befindlichen Schriften, 16 Stallungen, 68 Fruchtdiemen und zahlreiche Strohdiemen cinäscherte. Leider sind anch sechs Menschen (eine Frau, ein junges Mädchen und vier kleinere Kinder) in den Flammen umgekommcn. Der Ortsrichter erlitt so bedeutende Brandwunden, daß er denselben wahrscheinlich erliegen