Tode dieses gelehrten, in rastlosem Fleiße unermüdlichen Mannes wird in den weiten Kreisen, die aus den wissenschaftlichen Werken desselben seine gediegene Gelehrsamkeit, den Umsang seines Wissens und die liefe Gründlichkeit des Forschens schätzen und ihn selbst verehren ge­lernt haben, aufrichtige Trauer und Theilnahme Hervorrufen. Dr., Reuschle war nicht bloß ein Mathematiker ersten Ranges, der einen ^ akademischen Lehrstuhl der theoretischen Mathematik geziert hätte, son­dern auch die Probleme und Gebiete der angewandten Mathematik namentlich der Astronomie, in durchaus selbstständiger Weise er- forscht hat. Der Verblichene, geb. am 12. Dezember 1812 stand im <)3sten Lebensjahre.

Wie dieN. BZ." vernimmt, soll der von Herrn Präsident v. Steinbeis entworfene Plan zur Umgestaltung der alten LegionS- -kaserne demnächst durch ein Consortium von Industriellen und Kapi­talisten realisirt werden. Dieselben verpflichten sich, die Parterreräume! zu elegant eingerichteten Läden einzurichten und dürfen dann 30 bis -40 Jahre lang dieselben benützen, so daß sich das Kapital zu etwa 15 pCt. amortisirt, dann übernimmt das K Finanzministerium den so billig (um nur 300,000 fl.) erworbenen Neubau, welcher schmuck­haft umgebaur, eine Zierde der oberen Königsstraße werden wird. !

Ehingen, 21. Mai. Am Pfingstmontag verlor in dem zur!

Gemeinde Dettingen, hiesigen Oberamts, gehörigen Weiler Stetten das ! I V 2 Jahr alte Kind eines Zimmermanns auf schauderhafte Weise sein Leben. Beide Eltern batten sich in die Kirche begeben und ihre fünf Kinder zu Hause gelassen. Das älteste, ein l ljähriges Mädchen, sollte über die andern die Aufsicht führen. Während dieses in dem Hause etwas besorgte, spielten die übrigen an einem kleinen vor dem Hause befindlichen Strohhaufen, auf welchen sie ihr jüngstes Brüderchen ge­legt hatten. Auf einmal zündete eines der Geschwister, ein Jahr

alter Knabe, den Haufen an. Die Kinder ließen das jüngste liegen und sprangen erschreckt davon; das auf das Geschrei herbeigeeilte 11jährige Mädchen war aber nicht mehr im Stande, das Kind aus den Flammen, welche auch die nahe D unglege erfaßt hatten, zu reißen. Bis ein Nachbar zu Hilfe gerufen wurde, war cs verbrannt. Auf welche Weise der Knabe in den Besitz von Zündhölzchen gekommen, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden.

Die Oberamtsstadt Brackenheim hat die Errichtnng einer Turnhalle in Verbindung mit einem Lokal für eine Kleinkinderschule beschlossen. Doch ist die Sache nicht ohne Opposition durchgegangen, obschon fast Alles aus Stiftiingsmitteln bezahlt wird.

München, 19. Mai. Wie man in hiesigen Geschäftskreisen vernimmt, beabsichtigt die Staatsregierung von den für Eisenbahn­bauten bewilligten Crediten einen weiteren Theil zu verwirklichen, und soll zu diesem Zwecke ein 4procentiges Anlehen im Betrage von etwa 15 Millionen Mark im Laufe der nächsten Monate emittirt werden.

München, 21. Mai. Eine gestern Abends von Mitgliedern der socialdemokratischen Arbeiterpartei abgehaltene geheime Versammlung wurde von der Polizei aufgehoben, welche sämmtliche Theilnehmer wegen Verletzung des Vereinsgesctzes dem Strafrichter überwies.

In Bambergist die Königin-Wittwe von Griechenland (König Otto), eine Oldenburger Prinzessin, gestorben. Die Königin, geboren 1818, vermählte sich mit dem Könige Otto am 22. Nov. 1836 und wurde Wittwe 1867.

Darmstadt, 20. Mai. Heute Morgen 5 Minuten vor 2 Uhr hat man einen ziemlich starken Erdstoß, begleitet von dem be­kannten unterirdischen Getöse, verspürt. Richtung von N.-O. nach S.-W.

Köln, 18. Mai. Neulich war einer Familie von hier ein Knabe von 3^ Jahren abhanden gekommen. Während die geäng- fügten Eltern in der Ferne nach ihm forschen ließen, hat man daS Kind endlich gestern, am fünften Tage.^nahe unter dem Dache des eigenen Wohnhauses in einem Waudfache gefunden, aus dem es, aller­dings verängstigt und nahezu verhungert, jedoch lebend hervorgezogen wurde. Das arme Wesen war in dem Zimmer einer harthörigen Großmutter in jenes kleine Gelaß hineingekrochen, dessen Schieber sich hinter ihm schloß. Sein durch die Absperrung gedämpftes Schreien, welches wohl bald vor Erschöpfung verstummt sein mag, schlug nicht an das unempfängliche Ohr der Großmutter; und erst heute verfiel man auf den rettenden Gedanken, auch in jenes Verließ, einen Blick zu werfen.

Berlin, 20. Mai. Prinz Wilhelm von Württemberg, Oberst- lieutenant und Kommandeur des Gardehusaren-Regirnents, hat den nachgesuchten Abschied unter Beförderung zum Obersten und Versetzung zu der Offizieren ä la suite der Armee erhallen. Der Prinz begibt sich am Sonnabend nach Stuttgart.

Berlin, -1. Mai. Das Herrenhaus genehmigte in erster Beralhung den Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Verfassungs­artikel 15, 16 und 18. Ein Antrag Senfft-Piisachs auf Verweisung

an eine Kommission wurde in namentlicher Abstimmung mit 64 ge­gen 16 Stimmen abgelchnt.

In der Kieler Zeitung lesen wir:Ende d. M. wird in unserem herrlichen Hasen wieder ein interessantes Flottenschauspiel stattsindrn. Bekanntlich beabsichtigt König Orkar N. von Schweden den Höfen von Kopenhagen, Berlin, Dresden und Wien einen Besuch abzustattcu. Nach den bisherigen Bestimmungen wird König Oskär am 28. d. M. an Bord der KorvetteGeste" und in Begleitung eines schwedischen Geschwaders hier eintreffen und hier zuerst auf deutschem Boden begrüßt und feierlich empfangen werden. Zn diesem Zwecke wird auch das dießjährige Uebungsgrschwader, das größte Pan­zergeschwader, welches jemals unter deutscher Flagge beisammen war, hier eintreffen. Es wird auch das erste Rendezvous sein, welches sich die Flotten Schwedens und Deutschlands geben; möge es für alle Zeiten, so oft die Begegnung sich erneuert, im Sinne des Friedens und zum Beweise der Freundschaft geschehen."

Graz, 18. Mai. Heute srüh hat sich zwischen Judendorf und Gratwein ein großes Unglück ereignet. 120 Wallfahrer, die die Mur übersetzen wollten, sind durch Ueberlastung der Ueberfuhrsplätte, die plötzlich umgerissen wurde, in das Wasser gestürzt. Wie viele davon ertrunken und verunglückt, wie viele gerettet wurden, ist hier noch unbekannt. Vom 19. wird berichtet: das Unglück auf der Mur-Ueberfuhr ist größer, als man anfangs glaubte. Der erste Theil der Prozessionsmitglieder mit dem Kaplan wurde glücklich über die Mur geführt. Bei dem zweiten wurde die Plätte mit 134 Per­sonen fortgetrieben und zerschellte an der Weinzötteibrücke in Graz, wo 25 Personen gerettet wurden. Der Stephaner Pfarrer Pater Columban wurde auf dem Schattleiten-Ufcr lebend gefunden und wurde ins Pfarrhaus gebracht. Man hofft auf seine Wiederherstellung. Bis jetzt sind 15 Todesfälle konstatirt. Bei einer Familie allein feh­len die Mutter und 5 Kinder.

Graz, 19. Mai. Bis heute Vormittag wurden 49 Leichen der gestern bei Judendorf verunglückten Wallfahrer aus dem Wasser gezogen.

Einem in Pest circulirenden Gerüchte zufolge soll es dem be­rüchtigten Rozsa Sandor gelungen sein, aus der Strafanstalt in- Samos-Ujvar zu entweichen. Der zu lebenslänglichem Kerker inhaf- tirte Räuber hatte in letzterer Zeit sehr zerknirscht gethan, sodann einen Beichtiger verlangt, den ihn besuchenden FcanziSkanermönch ge­knebelt und sei, in die Kutte des Letzter« gehüllt, von den Wachen unbehelligt entkommen.

Der König Georg von Griechenland scheint, wie man der Schles. Ztg." meldet, zur Abdankung oder heimlichen Abreise ent­schlossen gewesen zu sein; che noch Vulgaris die Präsidentschaft niederlegte, äußerte er zu Conduriotis:Das Beste wird es sein, wenn ich mich aus dem Lande entferne, in welchem die Parteileiden­schaften alle Schranken niederwerfcn. Etwas Ersprießliches ist in Griechenland nicht zu schaffen. Man räth mir zwar zu einem Staats­streich, aber dieser ist unmöglich, weil ich nicht die Macht besitze, die Gegner niederzuwersen; das Heer gehört zur Opposition, und ich stehe als Fremder allein da. Aber auch das Gelingen eines Staatsstreiches vorausgesetzt, könnte ich mich nicht dazu entschließen, weil ich der griechischen Krone müde bin." Als Conduriotis aus das Beispiel Ämadeo's von Spanien aufmerksam machte, meinte der König zu- stimwcnd:Ja, so ehrlich will ich auch handeln." Ein Kriegsschiff zur Abreise war bereits im Piräeus ausgerüstet, jedoch scheint die Ankunft eines russischen Gesandten und des Oheims des Königs des Prinzen Christian bestimmend aus die Aenderung des Ent­schlusses eingewirkt zu haben.

Spanien Madrid, 21. Mai. Gestern fand im Senats- palaste eine Versammlung von Constüutionellen verschiedener Partei- schattirnngen statt, wobei die Vereinigung und Eintracht aller mo- narchistischen und liberalen Parteien zur Erhaltung einer parlamenta­rischen Regierung unter König Alfons betont und eine Kommission zur Ausarbeitung eines politischen Programms niedergesetzt wurde.

Dänemark. Kopenhagen, 18. Mai. Eine Privatdepesche derHamb. Nachr." meldet: Das Postdampfschiff hat traurige Nach­richten aus Island gebracht. Zahlreiche Vulkane haben durch furcht- baren Aschenregen große Lundstriche total verwüstet. Viele Bewohner mußten mit ihrem Vieh die Höfe verlassen. Ta diese seit historischer Zeit unerhörten Ausbrüche fortdaueru, -.st das Unglück unabsehbar.

In Amerika bessern sich die Verhältnisse auch nur langsam. .Wäh­lend der Vorarbeiten zum 100jährigen Befreiungsfest und der Welt- ! ausstellung hungern tausende von Arbeitern. Man hofft wie in Eu­ropa das Beste von einer großartigen Ernte, i New-Aork, 21. Mai. Die Waldungen Mittel-Pensylvaniens werden durch Waldbrände verheert. Die Städte Osceola und Hontzdale sind theilweise eingeäschert. Der Schaden wird auf 2 Mil- lionen Dollars geschätzt. _

Redigtrt, gedruckt nnd verlegt von A. Oelschläger.