Bildung einer größeren Zahl von ausgehobenen Mannschaften nicht ohne Zustimmung des Reichstages erfolgen darf."
England. Dienstag Abend brach in einer Baumwollspinnerei in Over, unweit Winsworth, ein Feuer aus, das im Laufe von IV 2 Stunden das ganze Gebäude total einäschertc und einer Anzahl Menschen das Leben kostete. In Folge des rapiden Umsichgreifens der Flammen hatte das ganze Arbeiterpersonal nicht Zeit zu entkam men. Mehrere Arbeiter suchten eine Zuflucht in den Thürmeu der Fabrik, wo später vier Leichen gefunden wurden. Fünf weitere Leichen wurden in verschiedenen Theilen der Ruinen entdeckt. Während des Brandes spielten herzzerreißende Scenen. Eine Frau warf ihre zwei Kinder aus dem Fenster, welche davon kamen. Die Mutter sprang dann selber aus dem Fenster, zerschmetterte aber ihren Schädel an einer Mauer. Eine andere Frau sah man mit den Füßen aus einem Fenster des sechsten Stockwerkes hängen. Ihr markdurchdringendes Geschrei verstummte bald, denn das arme Geschöpf wurde buchstäblich geröstet, und die verkohlte Leiche fiel zu Boden, als das Fenster ausgebrannt war. Durch das Brandunglück sind 200 bis 300 Personen brodlos geworden. Das Gebäude war ungefähr 90 Fuß hoch und bestand aus sechs Stockwerken; es war von der neuesten Konstruktion und enthielt die modernsten Maschinen. Der Schaden wird auf 60,000 Pfd. St. geschätzt.
Die Zweifel über die Identität des angeblichen Nena Sahib mehren sich. Der wahre Ex-Rajah von Bithnr wäre jetzt 52 Jahre alt, wogegen der Gefangene kaum 40 Jahre alt zu sein scheint. Dr. Cressider, der ihn genau kannte, will ihn in dem Gefangenen nicht wieder erkennen. Ein gleiches gilt von anderen, die ihm ehemals nahestanden — mit alleiniger Ausnahme des Scindia — und doch soll er ein Gesicht besessen haben, das Niemand leicht vergessen könnte, der es einmal geschaut hat. Zudem widerruft er jetzt selber sein früheres Geständ- niß, das er im Trünke abgelegt haben will. Das Weitere wird die Untersuchung lehren. Sein Läugnen würde an und für sich allerdings nicht schwer wiegen, aber daß Jeder, wenn sie sich in Bhang betrunken haben, oft die schwersten Verbrechen eingestehen, die sie nie begingen und sich oft für höhergestellte Personen halten, als sie wirk- li ch sind, gehört nicht zu de n Seltenheiten.
Eine neue Geschichte vom alten Fritz wird von der Enkelin des Mannes, der allein dabei betheiligt war, im Kaiserswerther Kalender für 1875 erzählt und verbürgt.
Etliche Jahre nach Beendigung des siebenjährigen Krieges — zwischen 1770 bis 1775 — war der alte Fritz noch einmal nach Westphalen gekommen und hatte für einen Tag der Woche, an welchem er in Bielefeld einzutreffen gedachte, eine Besichtigung des dort gar- nisonirenden Militärs auf 11 Uhr Vormittags ansagen lassen. Dasselbe stand damals unter dem Commando eines Herrn v. Pfuel. Der alte Fritz war am bestimmten Tage statt um 11 Uhr, wie er besohlen, schon nm 10 Uhr aus dem Platze. Natürlich war noch kein Soldat zu sehen. Bebend vor Zorn erwartete er Psmls Ankunft, und als dieser gegen llU /2 Uhr mit seiner Truppe erschien, ward er mit den drohenden Worten mckgefahren: „Hol Ihn der Schwarze! Wo bleibt Er? An dem und dem Tage hat Er sich in Potsdam zu melden. Vorwärts! Der arme Pfuel, obgleich in gutem Rechte, - denn der König hatte sich ja in der Zeit geirrt — wagte kein Wort zu sagen. Sehr ungnädig nahm der König die Parade ab nnd reiste weiter.
Gei ruhigem Blute mag der alte Herr sich besonnen oder Nachfrage gehalten haben; kurz, er ward sein Unrecht gewahr und bereute es. — Am bestimmten Tage erschien v. Pfuel in Potsdam und ließ sich beim Könige melden, war aber nicht wenig erstaunt, als ihm statt eines derben Empfangs ohne Weiteres der Befehl zu Theil wurde, er solle zur Königlichen Tafel kommen. Er traf dort Gelehrte und Generale, nnd da Fritz in seinen alten Tagen geine von seinen siegreichen Schlachten sprach, wars nicht zu verwundern, daß auch an diesem Tage das Gespräch auf die schlesischen Kriege kam. Im Gespräche warf er die Frage hin: „Hat wohl einer meiner anwesenden Offiziere alle meine Kriege vom ersten Anfänge an mitgemacht?" Herr v. Pfuel war der Einzige an der Tafel, welcher Ja! sagen konnte. „War Er bei Mollwitz?" fragte der König freundlich. „„Ja. Majestät, als FahnemJunker"". „Erzähl Er, was Er erlebt hat!" sagte der König noch freundlicher. Dem Pfuel war's Herz mittlerweile leichter geworden. Er erzählte schlicht und bescheiden seine Er- lebnisse und der König faßte zu dem treuherzigen Manne ein solches Zutrauen, daß er ihm beim Abschiede sagte: „Er bleibt fortan in Potsdam und hat täglich freien Zutritt." Glücklich ging Pfuel von dannen nnd dankte seinem Gott, daß ihm und seiner Familie die LebensauSsichten wieder sonnig geworden waren; d-un er war ein frommer Mann. Seit der Zeit knüpfte sich das Band der Freundschaft zwischen dem Könige und dem genannten Offizier immer enger, und
schließlich mußte v. Pfuel täglich im Cabinct seines Königs einkehren und zwar jeden Morgen unangemeldet.
Eines Morgens wollte v. Pfuel wieder ins Cabinct des Königs gehen und hatte die Thür schon ein wenig geöffnet. Plötzlich trat er leise und scheu zurück. Warum? Der alte König lag vor einem Stuhl auf den Knien und — betete. Bald darauf hörte Pfuel Geräusch im Zimmer. Der König war aufgestanden, und jener trat ein. Freundlich, wie gewöhnlich, empfing ihn der König und fragte, nachdem einige Worte gewechselt waren: „Pfuel, war Er eben schon da?" „„Ja Majestät."" „Hat Er gesehen, was ich gethan habe?" „„Ja, mit ehrerbietiger Freude."" „So!" versetzte der König; „betet Er auch ? uud warum hat Er sich denn gefreut?" „„Halten zu Gnaden, Maje- stät."" erweiderte von Pfuel, „„ich habe von Jugend auf täglich mein Gebet gehalten, wie ichs in meiner Eltern Hause gewohnt war, und habe mich gefreut, zu sehen, daß mein König auch vor Gott die Kniee beugt."" „Nun," fuhr der König fort, „ hat Er das vorher nicht gedacht?" „„Halten zu Gnaden, Majestät"", erwiederte v. Pfuel, „„ich kann mit dem Gebet Manches, das ich sonst von Ew. Majestät gehört habe, nicht reimen."" „Oh!" antwortete der König hastig, „Er denkt an Witz und Spott, und Er hat Recht, die taugen nicht! Aber ich Hab in meiner Jugend viel Heuchelei gesehen, da Hab ichs gelernt. Er hat Recht, es taugt nicht! Aber, Pfuel, bleib: Er beim Gebet alle Tage; ich wills auch thnn!"
Literarisches.
Von dem eben beginnenden neuen (dreiundzwanzigsten) Jahrgang von „Jllustrirte Welt" (Stuttgart, Verlag von Eduard Hallberger) liegt uns bereits das erste und zweite Heft vor. Längst als gediegenes Familien-Journal bekannt und beliebt, rechtfertigt auch wieder der Inhalt und die Ausstattung dieser Hefte den altbewährten Ruf dieses trefflich redigirten Journals, welches zu all' seinen Vorzügen hin noch im neuen Jahrgange seinen Abonnenten zwei prächtige Prämien bietet, den großen Stahlstich „Gang zur Kirmeß", ein reizendes Genrebild, und den prächtigen in 19 Farben künstlerisch ausgcführlen O elfar ben d ruck „Liebesglück". Wir können die „Jllustrirte Welt" jeder Familie zum Abonnement warm empfehlen und möge im Uebrigen der nachstehende Inhalt des ersten Heftes selbst für sich sprechen:
Text:
Der Eisenkopf. Novelle von E. v. Dincklaqc.
Der Arzt als Hausfreund. Von ür. mell. H. Klencke. Der Bart des Mannes und seine Pflege.
Der Fächermaler von Nangasaki. Erzählung aus dem japancsischen Volksleben von Rosenthal-Bonin.
Die Mode der Schooßthicre. Von B. M. Kapri.
Deutsche Gedichte mit Illustrationen. Der Bettler. Von I. P. Hebel.
Brandbriefe. Geschichte aus den Bergen von Ernst Willkomm.
Gold in der 'Pflanzenwelt in Sage nnd Wissenschaft. Von Pani Kummer
Das geweihte Wunderland rn Amerika. Von H. Vcta.
Aus Wissenichast und Leben. Strümpfe und Schuhe. — Die Schlange Mofis. — Goldene und silberne Tressen zu putzen. — Anwendung der Kalte zum Konzentriren der Weine. — Ein Riesenfisch. — Briefmarken. — San Marino.
Interessante Bücher. Ans dem „Pädagogischen Skizzcnbnch"'
Unsere Bilder. — Ernstes und Heiteres. — Bilderräthsel. — Rösselsprung. — Dreisylbigc Charade. — Kleine Korrespondenz.
Illustrationen:
Galerie weiblicher Originalkostümc. Insel Marken (Holland). Nach einer Photographie von Franz Hanfstängl in München.
Ländliches Medrzmalkollegium. Nach dem Gemälde von H. Schaumann.
Das Denkmal des Freiherrn von Stein in Berlin. Originalzcichnung von F. Weiß.
Des Lovtsen Brantfahrt. Originalzeichnung von Knut Ekwall.
Frühstück im Keller. Nach einem Gemälde von Ed. Grützner.
Der Spielwaarcnhändler. Nach einem Gemälde von L. Tannert.
Deutsche Gedichte mit Illustrationen. Der Bettler. Gedicht von I. P. Hebel; illustrirt von Er 0 mann Wagner.
Der Gang zur Kirmeß Nach einem Gemälde von Karl Bocker (Kopie der Prämie dieses Jahrgangs).
Bei dem Wein. Humoristische Bilder nach Skizzen von Emil Köhler.
Soeben gelangt die Prodmummer des in Stuttgart erscheinenden Allgemeinen Aubmiffionsanzeigers für Deutfcstkanä, Oesterreich nnä äie sckweiz in unseren Besitz.
Dieses zeitgemäße Unternehmen zeichnet sich durch leichte uud rasche Uebersichtlichkeit vor anderen ähnlichen Organen aus und wird von unseren Technikern und Gewerbtreibenden sicherlich freundlich willkommen geheißen werden.
Die pünktliche und zuverlässige Zusammenstellung aller Submissionen, nach Branchen geordnet, wird nicht verfehlen, den besten Ein- i druck ln maßgebenden Kreisen zu machen. Wir glauben deßhalb unseren ^geschäl-ten Lesern dieses Unternehmen auf das Wärmste empfehlen zu ! dürfen, und verweisen im Uebrigen auf die Probenummer, welche ^Jedermann auf das Bereitwilligste von der Expedition zugesandt wird
StedtgM. gedruckt und verlegt von A. OelschUiger.