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pflichtet, Reichssilbermünzen im Betrage von mehr als zwanzig Mark und Nickel- und Kupfermünzen im Betrage von mehr als einer Mark in Zahlung zu nehmen. Von den Reichs- und Landes­kassen werden Reichssilbermünzen in jedem Aetrage in Zahlung genommen. Der Bundesrath wird diejenigen Kassen bezeichnen, welche Reichsgoldmünzen gegen Einzahlung von Reichssilbermünzen in Beträgen von mindestens 200 Mark oder von Nickel- und Kupfermünzen in Beträgen von mindestens 50 Mark auf Ver­langen verabfolgen. Derselbe wird zugleich die näheren Bedingungen des Umtausches festsetzen. Eine Ausprägung von anderen als den durch dieses Gesetz eingeführten Silber-, Nickel- und Kupfer­münzen findet ferner nicht mehr statt. Privatpersonen haben das Recht, auf denjenigen Münzstätten, welche sich zur Ausprä­gung auf Neichsrechnung bereit erklärt haben, Zwanzigmarkstücke für ihre Rechnung ausprägen zu lasten, soweit diese Münzstätten nicht für das Reich beschäftigt sind. Die für solche Ausprägun­gen zu erhebende Gebühr wird vom Reichskanzler mit Zustim­mung des Bundesrathes festgestellt, darf aber das Maximum von 7 Mark auf das Pfund fein Gold nicht übersteigen.

Der Bundesrath ist befugt: 1) den Werth zu bestimmen, über welchen hinaus fremde Gold- und Silbermünzen nicht in Zahlung angeboten und gegeben werden dürfen, sowie den Um­lauf fremder Münzen gänzlich zu untersagen; 2) zu bestimmen, ob ausländische Münzen von Reichs- oder Landescasten zu einem öffentlich bekannt zu machenden Course im inländischen Verkehre in Zahlung genommmen werden dürfen, auch in solchem Falle den Cours festzusetzen. __ (Schlu ß folgt.)

Hiesiges.

(Eingesendet.)

Im letzten Wochenblatt wird uns ein Besuch der aus frühe­ren Jahren hier noch im besten Andenken stehendenStuttgarter Metallharmonie" in Aussicht gestellt, und freut sich auch Ein­sender dieses aufrichtig, daß wir wieder einmal etwas Ausgezeich­netes zu hören bekommen werden. Einsender erinnert sich noch recht wohl der tief ergreifenden Wirkung des Kirchenconzertes und der stets mit dem rauschendsten Beifall aufgenommenen Produk­tionen im Thudium'schen Saale. Die Künstler werden seit ihrem damaligen Auftreten wohl schwerlich sich rückwärts vervollkommnet haben, vielmehr läßt sich mit Sicherheit voraussetzen, daß jeder Einzelne in der Zwischenzeit bemüht gewesen sein wird, sich einen noch höheren Grad von Vollendung in Technik und Ausdruck an­zueignen, wenn es überhaupt einen höheren Grad gibt, als er ihnen damals schon eigen war. Einsender theilt deßwegen voll­kommen den Wunsch, daß die Künstler nicht durch mangelhaften Besuch enttäuscht werden möchten, und glaubt noch besonders das ge­bildete, für musikalische Genüsse empfängliche Publikum der Um­gegend, namentlich auch die Badegäste von Liebenzell undTeinach auf diese nicht so bald wiederkehrende Gelegenheit, Herz und Gemüth wieder einmal gründlich zu erfreuen, aufmerksam machen zu sollen.

Zufolge abgehaltencr zweiter Dienstprüfung der unständigen evangelischen und israelitischen Lehrer ist u. A. zu Verschling von Schuldiensten befähigt erklärt worden: Schmidt, E. Fr., Amtsverwcser in Tcinach. (StA.)

Calw, 12. Juli. Die seit längerer Zeit in der Schwebe be­

findliche Frage über den Fortbestand des Kgl. Kr eisstr afge ri chts dahier ist nunmehr dahin entschieden, daß dieses Gericht aus 1. Juli 1874 ausgelöst und mit dem K. Kreisgerichlshof in Tübingen ver- einigt wird. (St.A.)

Calw. Tagesordnung der Sitzung des K. Kreisstrafgerichts- am Samstag, den 19. Juli: 1) Vorm. 9 Uhr: Christian Albert hier, lediger Glaser und Schreiner von Wildberg, wegen Dieb- stahls. 2) Nach 9 Uhr: :Maria Katharina Frech, ledig von Birkenfeld, OA. Neuenbürg, wegen Diebstahls. 3) Martin Kern, lediger Taglöhnec von Enzthal, OA. Nagold, wegen Diebstahls.

HH Calw. In den öffentlichen Sitzungen des K. Kceisstraf gerichts vom 8. d. Mts. kamen folgende Fälle zur Verhandlung und Aburtheilung: 1) Lammwirth GottfriedFauth von Feldrennach, OA. Neuenbürg, hat den Schultheißen und Holzhändler Faaßvon Conweiler wider besseres Wissen des Diebstahls beschuldigt, näml. der widerrechtlich^ Abfuhr von Holz und dießfalls bei K. Oberamtsge- richt Neuenbürg Klage erhoben; er wurde deßhalb wegen falscher An- schuldigung zu der Gesänguißstrafe von 5 Wochen verurtheilt, auch für den verletzten Schultheißen Faaß die Befngniß der Veröffentlichung des Urtheils binnen 14 Tagen von erfolgter Rechtskraft des Erkennt­nisses an auf Kosten des Schuldigen ausgesprochen. 2) Der Bauer und Fuhrmann Johann Broß von Oeschelbronn, O.A. Herrenberg, ließ sich der Fälschung einer Prioat-Urkunde in gewinnsüchtiger Absicht ,u Schulden kommen, indem er in eine über einen Pfcrdskauf aus­gestellte Garantien gegen Fehler des Pferdes enthaltende Urkunde wis­

sentlich den falschen Beisatz,die gesetzliche Gewährleistung fällt aus" und'von dieser gefälschten Urkunde zum Zwecke der Täuschung Gebrauch gemacht hat, dadurch, daß er sie in dem zwischen ihm und dem Pferds- känfer wegen eines Hauptmangels des Pferdes anhängig gewordenen Rechtsstreit, als Beweismittel durch seinen Anwalt bei Gericht vor­legen ließ. Das Gericht verurtheilte ihn zu der Zuchthausstrafe von 1 Jahr. 3) Wegen falscher Anschuldigung wurde weiter verurtheilt der vormalige Wirth Christoph Ge igle von Nagold. Er beschul­digte den ledigen Gustav Merkle, Gerber von Nagold, wider besseres Wissen der Begehung einer strafbaren Handlung, indem er in einer Strafklage gegen denselben vorbrachte, er habe ihn mit Unrecht des Diebstahls eines Cigarren-Röhrchens beschuldigt, während Geigle er­wiesenermaßen den Diebstahl selbst verübt hatte. Das Urtheil lautete auf einen Monat Gefängniß. Endlich 4) erfolgte noch die Verurtei­lung des Taglöhners Johannes Häußler von Effringen, OA. Nagold, wegen vier einfacher Diebstähle, nämlich von ungeputzter Frucht sammt einem Sack undjverschiedenem Arbeitsgeschirr, zu 1 Monat Gefängniß.

Am letzten Montag Abend schlug in Ob er kollbach der Blitz in ein Haus (sog. Buderhof), das erst vor vier Jahren für ein durch Blitzschlag entzündetes und eingeäscherles gebaut worden war. Auch dießmal war dem Haus dasselbe traurige LooS beschieden.

Stuttgart, 14. Juli. Der König ist gestern Abend von Friedrichshafen abgereist, um Sich zum Besuche,der Kaiserlichen Fa­milie und zur Besichtigung der Weltausstellung nach Wien za begeben.

Das am Montag in Tübingen gefeierte Fest der Enthüllung des Uhl and-Denkmals ist, von schönstem Wetter begünstigt, glänzend verlaufen. Schon am Sonntag strömten zahlreiche Schaaren von Theilnehmern in die beflaggte Stadt. Die Häuser sind mit Grün und Blumen aufs Schönste dekorirt, da und dort auch eine Büste des Dichters, dem der Tag gilt, oder seine Namenschiffre. An Uhlands Geburtshaus in der Neckarhalde ist eine Gedenktafel an­gebracht mit der Inschrift: In diesem Haus wurde L. Uhland ge­boren 26. April 1787, und an dem langjährigen Wohnhaus des Dich­ters sagt eine Inschrift in goldenen Lettern: Hier wohnte L. Uhland von 1836 bis zu seinem Tode am 13. November 1862. Ein drit­tes Haus ist als Wohnung Uhlands in seinen Jugendjahren bezeich­net. Am schönsten ist natürlich der Uhlandsplatz selbst dekorirt. Ein ganzer Wald von Flaggenmasten zieht sich um das Denkmal her, das noch mit seinem grauen Mantel bedeckt ist. Gegenüber dem Denk­mal erhebt sich die schön gezierte Festtribüne, welche 1500 Personen faßt; zu beiden Seiten sind Privattribünen errichtet. Schon gestern Abend war ein reges Festleben. Im Sommertheater hatte Direktor Urban eine sehr gelungene Festvorstellung veranstaltet, wobei nament­lich der von Frau Urban verfaßte und gesprochene Prolog mit leben­den Bildern mit großem Beifall ausgenommen wurde. Um 8 Uhr Abends begaben sich die anwesenden Sänger in langem Zuge auf den Friedhof an Uhlands Grab, wo das Lied: Stumm schläft der Sän­ger rc. gesungen und von einem Mitglieds der Burschenschaft Ger­mania ein Lorbeerkranz aus das einfache Grabmonument niedergclegt wurde. Es war dieß gewiß einer der ergreifendsten Momente im Verlauf des Festes. Der Hauptfcsttag wurde um 6 Uhr durch die Tagwache eröffnet, worauf vom Thurme der Choral: Womit soll ich dich wohl loben? geblasen wurde. Blau ist der Himmel über dem Fest aufgegangen und die Sonne verbreitete ihren ungetrübten Glanz und eine inimer höher steigende Hitze. Immer zahlreichere Schaaren strömen auch zu allen Thoren der Stadt herein. Nach 9 Uhr sammelt sich der großartige Festzug am Universitätshaus und be­gibt sich durch die geschmückten Straßen nach dem Uhlandsplatz. Als derselbe um KO/z Uhr daselbst angekommeu war, bagann mit der von I. Fa ißt komponirtcii Festkantate der feierliche Akt. Den Text hat sich der Komponist sinnig ans Uhlands Dichtungen zusammenge- stcllt. Die Aufführung durch eine Anzahl geübterer Vereine war recht gelungen, und der Meister darf mit Befriedigung auf sein schö­nes, aber schwieriges Werk sehen. Hierauf hielt Karl K ö st l i n, Pro­fessor an der dortigen Universität, die Festrede, in welcher er meister­haft die Stellung Uhland's zur deutschen Literatur als Volksmann und Dichter zeichneie. Am Schluß der Rede wurde durch die Ge­schwister Meyer, Großneffe und Großnichte Uhland's, die Hülle zu­rückgezogen, und als nun unter Kanonendonner und dem Geläute der Glocken das eheiue Standbild im Sonuenschem erglänzte, machten sich die Gefühle der Tausende in einem allgemeinen Hochrufe Luft. Der Künstler des Denkmals, Gustav Kietz aus Dresden, unter den Festgästen anwesend, wird diesen glücklichen Moment nie vergessen. Hat schon jene erste Skizze, welche das Preisgericht seiner Zeit ver« anlaßte, Kietz mit der Ausführung des Denkmals zu betrauen, nach allgemeinein Urlheil die Persönlichkeit des Dichters in treuer Natur­wahrheit wiedergegeben, so darf dieß in noch höherem Grade von dem nach mehrjähriger Arbeit vollendeten Erzbild gesagt werden. Nachdem das LiedDir möcht ich diese Lieder weihen" von allen(27) Vereinen ge-