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Calw.

Landwirthschastlicher Kezirksverein.

Indem wir nachstehenden Erlaß der K. Centralstelle für die Landwirtschaft betreffend das landwirtschaftliche Fortbildungs. wesen zur Kenntniß der betreffenden gemeinschaftlichen Aem- 1er, Ortsschulbehörden und Lehrer bringen, bemerken wir dabei, daß der mitunterzeichnete schultechnische Beirath des landwirth. schaftlichen Vereins jederzeit bereit ist, weiteren Aufschluß und Rath zu ertheilen.

Den 18. November 1872.

Der prov. Vorstand: Der Beirath:

E. Horlach er. Mittelschull. Ansel.

Die Centralstellefsür die Landwirthschast an die landw. Bezirksvereine.

Wenn wir in unserem vorjährigen Aufruf einen neuen Auf­schwung der Vereinstätigkeit nach dem uns wiedergeschenkten Frieden mit Recht in Aussicht nahmen, so hat sich diese Erwar­tung bei dm Ergebnissen des Fortbildungswesens bereits tatsäch­lich bestätigt, indem die für fFortbildungszwecke wirkenden Anstalten sich im letzten Schuljahr um mehr als 200 vermehrt haben, wo­rüber die Nachweise im Einzelnen aus dem im landwirtschaft­lichen Wochenblatt enthalt enen Jahresbericht pro 1871/72 zu er­sehen sind.

Der Winter steht jetzt wieder vor der Thüre und da gilt es, das Werk auf's Neue in Angriff zu nehmen, ebenso um das Erlangte zu befestigen und zu weiterer Entwicklung zu bringen, als um vermehrten Boden dafür zu gewinnen, und da, wo es noch fehlt, entsprechende neue Anstalten ins Leben zu rufen. Wir können die Aufgabe den Vereinen nicht genug empfehlen, indem bessere Aüsbildung die Bedingung zu jeglichem Fortschritt ist, zu diesem aber die stets mächtiger werdende Conkurrenz und die ganze Richtung unseres Erwerbslebens gebieterisch hindrängt.

Der bewährte Fleiß unserer landwirthschaftlichen Bevölkerung allein genügt nach den jetzigen Anforderungen der Zeit nicht mehr, er muß mit erhöhter Intelligenz gepaart sein, und nur dann werden segensreiche Erfolge nicht ausbleiben.

Indem wir die landwirthschaftl. Vereine in aufrichtiger An­erkennung ihrer bisherigen Verdienste auch jetzt wieder einladen, der so lohnenden Arbeit Zeit und Kräfte zu widmen, wiederholen wir gern die Versicherung, wie wir auch unsererseits stets mit Vergnügen bereit sein werden, ihre Bestrebungen nach Thunlich- keit zu fördern und namentlich durch Absendung von Wander­lehrern, durch Schriften-Vertheilung und wo es Noth thut, auch durch materielle Beihilfe zur Erreichung des Zweckes mitzuwirken.

Womit rc.

Stuttgart, den 1. November 1872. Oppel.

TageSneuigkeiten.

Die erste tägliche Personenpost von Calw nach Wildbad geht vom 18. Nov. an (statt seither um 5 Uhr 30 Min. srüh) um 10 Uhr 5 Min. Vorm, ab und kommt in Wildbad um 12 Uhr 55 Min. Nachm, an. Ebenfalls vom 18. Nov. an geht der erste Zug von Wildb ad nach Pforzheim um 6 Uhr 40 Min. Morgens ab. (St.-A.)

>V6. Stuttgart, 14. Nov. (103. Sitzung d. Kamm, der Abg.) Tages­ordnung: Steuer-Reform-Gesetz Die Berathung gelangt zum 3. Theil, zu besonderen Bestimmungen für das Gcbäudc-Cataster. Berichterstatter dieses Theils ist Haag, Mitberichterstatteu v. Schad. Art. 76. Maßstab für die Besteuerung. Der RegierungS-Entwucf will al« Maßstab für die Besteuerung den durch Schätzung zu ermittelnden vollen Kapitalwerth der Gebäude annehmen; der Mitbcrichterstatter will den mittleren Kaufwerth der Periode von 18601869 gelten lassen; eine Minderheit schlägt den Kaufwerth zur Zeit der Gebäudecatastrirung als Grundlage vor. v. Schad will mit seinem Anträge ein gewisses Mittel Herstellen, das man auch bei den Getreide-Preisen zu erreichen gesucht; das sei nothwcndig, weil die Häuscr-Preise eine Höhe er­reicht, die wohl nicht mehr überschritten werden könne. Nehme man aher den höchsten Stand als Grundlage an, so erhalte man eine sehr hohe Steuer und trage dazu bei, die Micthprcise zu steigern, den Häuserkauf-Schwindel zu bele­ben. v. Schad hat den Antrag auf einen Zusatzartikel 76 ».gestellt; derselbe lautet: »Berechnung des Reinertrages. Den Steuer-Anschlag der Gebäude (Reinertrag) bilden in Stadtmarkungen drei, in den übrigen Markungen zwei vom Hundert des mittleren KaufwcrtheS." v. Schneider, Haagfür den Regierungs-Entwurf. Müller v. Et. gegen v. Schneider (der den Unterschied von Kaufwcrth und von Kapitalwerth auscinanderzusetzen gesucht), diese Begriffe werden selbst in den Regierungs Motiven als gleichbedeutend genommen. Er halte den Art. 76 o. für ein unentbehrliches Remcdium für die Behandlung des CatasterS. Ist einverstanden zwischen städtischen und länd­lichen Gebäuden zu unterscheiden. Haag hält es für nahezu unmöglich, einen Unterschied zwischen Stadt und Land zu machen; man möge doch nur an Städte mit vorwiegend landwi.thschaftlichcm Charakter, z. B. Schwaigern, den­ken; sollen diese in ähnlicher Weise eingcschätzt werden wie z. B. Stuttgart? Mohl: es müsze auf jeden Fall ein Maßsrad gefunden werden, durch den die Besteuerung der Gebäude mit der des Grund-EigenthumS in Einklang ge­bracht würde. Sicher sei, daß das Grund-Eigcnthnm sehr niedrig werde ein- geschätzt werden. DaS Umgekehrte werde bei den Gebäuden der Fall sein. Der Durchschnittspreis des Hrn. v. Schad sei zu schwankend; entscheidend sei der Art. 10 (periodische Festsetzung der St uer). Betont wiederholt die Noth- wendigkeit der Bestimmung eines kestew.Verhältnisses der verschiedenen Eteuer-

Quellen. Schmid: Kapitalwerth sei eigentlich der Preis eines Gebäude« zwischen Brüdern. Den Kaufpreis als Grundlage habe das badische Gesetz angenommen; diese Bestimmung habe auf so große Schwierigkeiten geführt, daß diese GesetzeS-Bestimmung bis zur Stunde unausgeführt geblieben sei. Deßhalb habe die württembcrgischc Regierung den Kaufpreis nur als Anhalts- Punkt gelten lassen. ES gebe unter den 1900 Gemeinden des Landes viele, ja die Mehrzahl, r: denen einen 0jährigen Durchschnitt von Kaufpreisen aus dem Grunde zu ziehen nicht möglich sei, weil keine Käufe vvrgekommen. Man möge nur bedenken, welchen fast unberechenbaren Einflüssen z. B. die Häuscr- Preise in den Straßen Stuttgarts auSgesetzt seien. Ist ebenfalls gegen Unter­scheidung von Stadt und Land; diese Unterscheidung sei undurchführbar. Da« hieße die Städte mit doppelten Ruthen schlagen; das hieße eine Ungleichheit vor dem Gesetze stipuliren. Ebenso wenig aber könne man die Preise der letzten Jahre annehmen, damit würden die Städte in gleicher Weise über­mäßig getroffen. Er empfehle den Regierungs-Entwurf, der nur der verkör­perte Gedanke einer svezifisch württembergische», anderthalb Jahrhundert alten Anschauung sei. Probst: Eine Unterscheidung zwischen Stadt und Land müsse gemacht werden; aber man möge eine Grenze bei den Städten ziehen; man möge eine Grenze von 5000 oder 10000 Seelen annehmen. Zeigt dann, daß auch der Kapitalwerth ein Unding sei; die Häuserpreise schwanken und seien von unberechenbaren Umständen abhängig. Im Allgemeinen stehe man vor einer Rathlosigkeit; die Redner seien auch meist bemüht, zu zeigen, was nicht geschehen könne. Man werde in nicht ferner Zeit zu anderen Steuer- grnndsätzen kommen und kommen müssen. Wächter: Di- Frage sei: wie die objektive Ertragöiähigkeit der Gebäude erhoben werde! Da stehe man nicht rathlos. Allerdings seien in Stuttgart zum Theil unerhörte Preise gezahlt worden; diese können nicht maßgebend sein. Aber man habe in bOjähriger Praxis einige Uebung in der Bestimmung der Kauf- und Häuserpreise ge­wonnen. Man werde bei mancher Gelegenheit auf diese Frage zurückkommen. Vorläufig bitte er nur um eine beruhigende Erklärung von Seiten des Mi- nistertischeö. Finanzmin. v. Renner warnt vor dem Versuche, die grund­verschiedenen Stcnerquellcn uutcr sich in Einklang zu bringen; relative Gleich­heit sei das höchste, was zu erreichen wäre; dazu gelange man auf dem von der Regierung vorgeschlagenen Wege, der seit fast 200 Jahren betreten worden. Nach dem Verfahren der Regierung könnte man mit der Einschätzung von Stuttgart in einem Vierteljahre fertig werden; an der Hand von Durchschnitts­preisen brauche man Jahr und Tag; in Baden habe man 6 Jahre bedurft. Eine solche Arbeit wäre bei uns fast vollständig nutzlos. RathloS sei man nur, wenn man in die Berathung nicht hierhergehörige Materien, z. B. Art. 10 ziehe Den Kapitalwerth eines Gebäudes zu erheben habe gar keine Schwierigkeit; der Kaufpreis dagegen sei etwas ungemein schwankendes. Die nächste Aufgabe sei die Herstellung"von Catästcrn. Wenn das neue Cataster etwa 700 Millionen Gulden betrage, so ergebe sich eine Steuersumme von 1,050,000 fl., disher haben die Gebäude 700,000 fl. getragen. Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. Bei der Abstimmung wird der Regier.-Entwurf unverändert mit der Voraussetzung angenommen,daß nach vollzogener Herstellung des GebäudekatasterS durch Gesetz der Prozentsatz be­hufs Umwandlung des Capitalwerthcs in die steuerbare Rente festgesetzt werde, um hiedurch ein Reinertragskataster zu erhalten"; die folgenden Artikel wer­den mit geringen Aendcrungen angenommen. Eine Debatte cntspinnt sich wieder ber Art. 83, d-rselbe wird in folgender von der Commiss. beantragten und vom Ministertische nicht beanstandeten Fassung angenommen:Wenn durch äußere Verhältnisse,. welche seit der neuen Einschätzung der Gebäude eingetreten sind, in einem Steuerkataster der Werth sämmtticher Gebäude oder eines Theils derselben um mindestens 20°ch bleibend erhöht oder vermindert worden ist, so hat für diese Gebäude auf Anordnung des K. Finanzministe­riums nach Maßgabe der Art. 7679 eine Berichtigung des SteuerkapitalS einzutreten.

)V6. Stuttgart, 16. Nov. (104. Sitzung der Kammer der Abg.) Tagesordnung: Steuer-Reform-Gesetz. IV. Titel: Besondere Bestimmungen für das Gewerbe-Kataster. Berichterstatter Pfei sfer, Mitber.: Simon. 'Art. 85. Begrenzung der Steuerpflicht, wird nach den Anträgen der Cvmm. ohne Debatte in folgender Form angenommen:Art. 85. Ort der Steuer­pflicht. Die Steucrpflicht ist in demjenigen Steuerdistrikt (Art. 4 Abs. 2) zu er­füllen, in welchem das Gewerbe betrieben wird. Wenn ein Gewerbebetrieb sich über mehrere Steuerdistrikte erstreckt und als Ganzes eingeschätzt wurde (Art. 87), so ist der Steueranschlag vcrhältnißmäßig auf die einzelnen Zweig­geschäfte zu vertheilen. Wenn der Betrieb im Umherziehen stattfindet, so mnß die Steucrpflicht in dem Distrikt erfüllt werden, in welchem der Gewerbe­treibende seinen Wohnsitz hat, oder wenn er keinen Wohnsitz im Lande hat, in demjenigen Stcuerdistriktc, in welchem er den Betrieb beginnt. Alle oie- jenigen, welche außerhalb ihres NicderlassunasortS vorübergehend und außer der "Meß- und Marktzeit an einem oder mehreren Orten des Landes Locale zum Verkauf von Maaren halten, haben die Steucrpflicht hiefür in den Steuer­distrikten zu erfüllen, in welchen sich die VcrkaufSlokale befinden. Nicht- württembergische Vcrsicherungögeselllchastcn, beziehungsweise deren ständige Agen­ten, unterliegen mit den: aus den Versicherungen im Lande erzielten Ertrag der Besteuerung in dem Steuer-Distrikt, in welchem die Zweig-Niederlassung oder der ständige Agent für Württemberg den Sitz hat." Art. 86 lautet: Person des Steuerpflichtigen. Ein Gewerbe, das durch Geschäftsführer, Fac- tore, Verwalter oder andere Stellvertreter des GewerbeuntcrnehmcrS betrieben wird, unterliegt der Besteuerung in derselben Weise, wie wenn dasselbe vom Unternehmer selbst geführt würde. In solchen Fällen haftet der Unternehmer auch für die St uer. Wenn Mann und Frau je besondere Gewerbe betreiben, so sind beide besonders zu besteuern." (Angenommen. Art. 87 betrifft den Maßstab für die Anlegung der Steuer, welchen nach dem Reg.-Entwurf bildet 1> der persönliche Arbeitsverdienst des Gewerbetreibenden, welcher nach einer im Wege der Verordnung fcstzustellcndcn Klassentafel einzuschätzen ist, wobei theil« die Betriebsweise, theils der ans der Verwendung von Gehilfen und Betriebs­kapital ersichtliche Umfang des Gewerbes maßgebend sind; 2) der nach Pro­zenten zu schätzende Ertrag aus dem in dem Gewerbe verwendeten Betriebs­kapital. Wenn übrigens das in einem Gewerbe angelegte Betriebskapital weniger als 400 fl. betragt, so ist ein Ert.aq aus demselben nicht zu berech­nen. Erst: ecken sich die wesentlichen Bestandthrile eines 'Gewerbes über meh­rere Stenerdistrkte, so werden sie dessen ungeachtet bei der Einschätzung als ein ganzes behandelt" Zunächst erhält Mayer v. H. das Wort zu einer Erklärung, daß er von der Majorität der Comm. und der Theorie der Ertrags- Passion zurücktretc u io sich für Einschätzung ausspreche. Dafür Hasen sich beiProbc- Einschätzungcn inHeilbronn jämmtliche Gewerbetreibende erklärt. (Schluß folgt.)

Redigin, gedruckt und verlegt vo» A. Oclschlägcr.