Erscheinungsweise: füglich mit Ausnahme cker 5onn- unck Festtage.

Anzeigenpreis: s) im Anzeig enteil. Die Zeile 15 Soläpfennige b) im Reklametetl. vie Seile SO Soläpfennige

Auf Lammelanzeigen kommen SO"/» Zuschlag.

Für Platzvorschriften kann keine Sewähr übernommen weräen.

Serichtssirmcl für beicke Teile lstcalw.

LiML

Smts- unä llnzeigeblall für äen Oberamtsbezirk Lalw.

Nr. 62

Dienstag, den 16. März 1926.

Bezugspreis:

In cker8taät40 Soläpfennige wöchentlich, mit prägerlohn. Post-Sezugspreis 40 Solä Pfennige ohne Bestellgelck,

Lchluh äer Anzeigen­annahme 8 Uhr vormittags.

In §üllen höherer Ssnnüt besteht Lein Anspruch aus Lieserung üer Leitung oder aus Nllckzahlung <!«» Sezu gspr else«.

Fernsprecher Nr. S.

verantwort!. Lchriftleitung: Frieckrich Hans Scheele, vruck unä Verlag äer A. Selschläger'schen Suchäruckerei.

100. Jahrgang.

Neue Schwierigkeiten in Genf.

Die Entscheidung

au- morgen verschoben.

Da« polnisch-sranzösische SchiebeegeschSft.

Genf, 16. Mörz. Die Situation, wie sie sich im Lause des Montags entwickelt hat, ist außerordentlich kompliziert. Einige Natsmitgliedcr schienen sich überlegt zu haben, daß ein einfaches Tauschgeschäft zwischen Schweden und Polen doch wirtlich den Charakter einer schweren Illoyalität gegenüber Deutschland darstellen würde und haben den Versuch gemacht, mit dem schwedisch-polnischen Tausch noch einen weiteren oder mehrere temporäre Rat 8 sitze auszuwechseln, um das Gleichgewicht einigermaßen zu erhalten und das Gesicht gegenüber Deutschland zu wahren. Es scheint, daß man ange­regt hat, daß entweder Belgien oder die Tschecho-Slowakei ihren tcurporären Platz im Rat zu Gunsten von Holland und Schwe­den opfern sollten.

Die auf heute festgesetzte Sitzung zur Aufnahme Deutsch­lands ist auf Mittwoch verlegt worden.

Die Spannung ist groß. Die Frage, die in aller Munde liegt, geht dahin, ob der Mittwoch nun wirklich die Entschri- düng bringen wird, oder ob neue Komplikationen sich cinstellcn Man ist in Genf so eingestellt, daß man sich über keine noch so große Ueberraschung mehr wundern wird.

Kein Verzicht Schwedens zugunsten Polens.

TU Genf, 16. März. Aus schwedischen Kreisen werden dem Vertreter der Telunion folgende Ausführungen über den schwedischen Standpunkt gemacht: Weder das schwedische Volk noch die schwedische Regierung würden jemals bereit sein, auf einen Sitz im Rat zu verzichten, falls er Polen zusallen sollte. Voraussetzung für die Zustimmung Schwedens sei deshalb, daß ein zweiter Staat neben Schweden ausscheide und die Ge­wißheit vorhanden sei, daß der schwedische Platz durch Holland ersetzt werde, denn ein holländischer Vertreter im Rat würde sich vielleicht noch stärker als es Schweden bisher getan habe, gegen eine Erweiterung des Rates wenden. Bereits im Jahre 1922 habe der holländische Vertreter in der Vollversammlung als einziger gegen eine Erhöhung der Zahl der nichtständigen Mitglieder von 4 auf 6 gestimmt. Man dürfe daher mit Be­stimmtheit annehmen, daß er auch in Zukunft diese Politik innerhalb des Rates fortsetzen werde. Schweden sei bereits mehrfach für einen dreijährigen Turnüs bet., der Wahl der nichtständigen Ratsmitglieder cingetreten und habe das letzte Mal nur ungern sich zum nichtständigen Ratsmitglicd wählen lassen, da es dem Rat bereits drei Jahre angehöre. Die schwe­dische Regierung werde jedoch ihren Verzicht erst dann zum Ausdruck bringen, wenn sie des Erfolges sicher sei. Erst müsse Deutschland ausgenommen und zum ständigen Ratsmitglied ge­wählt sein, sonst würde Schweden Gefahr laufen, aus seine Wahl verzichtet zu haben, um nachher zusehen zu können, wie

Deutschlands Wahl in den Rat an dem brasilianischen Veto scheitere.

Noch tciuc Entscheidung.

TU Genf, 1s. März. Dcr Wlkerbundsrat behandelte am Montag mnhuüiiag eine Reihe von Gegenständen zweiter Ord­nung. Er hörte die Berichte seines Finanz- und Wirtschafts- komitccs an und prüfte.die Lage der griechischen und bulgari­schen Flüchtlinge. Die ve-irauliche Ratssitzung, die sich unmittel­bar an die öffentliche anschloß, dauerte bis nach 8 Uhr abends. Beim Verlassen des WlkerbunDsxalastes äußerten sich die Rats- mitglioder dahin, daß eine Entscheidung in den schwebenden Fra­gen noch nicht gefallen sei. Von englischer Seite wurde ein ge­wisser Optimismus zur Schau getragen. Wie der Vertreter der Telunion erfährt, wird mit der Wahrscheinlichkeit gerechnet, daß sowohl die Stockholmer wie die Prager Regiertmg in den Ver­zicht auf die Ratssit;: eiuwilligeu ivcrdeu.

Schweizerischer Druck auf Deutschland.

TU Basel, 16. März. Ein charakteristisches Zeichen für deu Stimmungsumschwung gegen Deutschland, der sich auch nach deutschen Berichten in Genf vollzieht, ist ein Kommentar des halbamtlichenBerner Bundes". Das Blatt schreibtu. a.: Nicht ohne Grund darf man dem Lande, das die einfachste und klarste Haltung zeigt, auch Glauben schenken, wenn eS die Verant­wortung für die Unstimmigkeiten im Völkerbund ablehnt, wie dies Dr. Strcscmann und Dr. Luther vor der schweizerischen Presse tun. Aber ratlos steht man vor dcr Frage, wo denn das materiell Wichtige läge, das eine Einigung verhindere. Könnte bei aller nötigen Verwahrung gegen Bedingungen und Zumutungen die Haltung Deutschlands nicht so gemildert wer­den, daß auch die anderen schließlich einen Teilerfolg davon trügen?

Beunruhigung j» Berlin.

TU Berlin, 16. Mörz. In Berlin werden di« Nachrichten aus Genf im gegenwärtigen Stadium mit großem Interesse verfolgt. An amtlicher Stelle äußert man sich sehr vorsichtig mit dem Hinweis darauf, daß die Dinge noch stark im Fluß seien. Man bestreitet, daß von einem Umfall die Rede sein könne, weil der deutsche Standpunkt sich nicht verändert habe, wonach die Umgestaltung des Rates eine interne Angclcgeicheit des Völker­bundes sei. Es wird betont, daß Deutschland sich auch auf Han­delsgeschäfte nicht einlassen werde, wie sie im ,,Echo de Paris" mit der Hincinmengung von Reparations- und Rheinlandfragen angedeutct wurden. Weiter wird betont, daß die Nachrichten über den Austausch eines nichtständigen Ratssitzes zwischen ge­wissen Staaten noch nicht konkret genug seien, um eine amtliche Stellungnahme zu ermöglichen. Es sei z. B. zweifelhaft, ob zur Niederlegung des schwedischen Ratssitzes nicht auch der schwedische Reichstag gehört werden müsse, eine Niederlegung also nicht sofort erfolgen könne. In nichtamtlichen politischen Kreisen haben jedoch gerade die Meldungen über die Austausch- Möglichkeiten zweifellos eine ziemliche Beunruhigung hervorge- nrfcn. Man weift darauf hin, daß die sofortige Aufnahme Po­lens für die deutsche Delegation nicht tragbar sein könne, weil damit die Struktur des Völkerbundsrates wesentlich verändert und der deutsche Ratssttz seinen Wert verlieren würde.

Die Arbeitszeitkonferenz in London.

Die Aufgaben der Konferenz.

London, 16. März. Gestern vormittag wurde im engl. Arbeits­ministerium die Arbcitszeitkonferenz eröffnet, an der die Ver­treter Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Belgiens und Italiens teilnehnien. Es handelt sich darum, ein Einvernehmen runter den europäischen Völkern wegen der Durchführung des Washingtoner Avbeitszeitabkommens zu treffen, welches den Achtstundentag, beziehungsweise den 48-Stunden-Wochentag ein­führt. Der Ministerpräsident Baldwin hielt die Begrü­ßungsansprache, in der er erklärte, daß eine Einheitlichkeit der Arbeitszeit bei den europäischen Völkern wichtige Einwirkungen auf die europäische Zivilisation ausüben könnte. Die Aufgabe ,sei aber nicht leicht. Es gebe Leute, welche der Anschauung seien, daß die Einheitlichkeit dcr Arbeitszeit ein Land zu Gunsten eines anderen benachteiligen könnte. Die Arbeiter befürchteten vor allem, daß nach dem letzten Krieg die wirtschaftliche Situa­tion Europa auf ein niedrigeres Niveau bringen könnt« als vor dem Kriege.

Als Weiter ergriff der britische Arbeitsminister Steel- Maitlen zu einer programmatischen Erklärung das Wort. Er führte aus: Die Beratungen der Arbeitsminister Deutschlands, Frankreichs, Belgiens, Italiens und Englands und des Präsi­denten des Internationalen Arbeitsamtes, Albert Thomas, gäl­ten einem schwierigen und komplizierten internationalen Pro­blem. Bevor man an eine weitgreifendc internationale Rege­lung der Arbeitszeitgesetzgebung gehe, habe man es für Weck- mäßig gehalten, daß vorher die Mächte, die vor eineinhalb Mo­naten das Problem beraten hätten, und Italien, das durch die

teressv für die ArbeitSzeilsragc bewiesen habe, sich grundsätzlich auf eiu bestimmtes Verfahren einigten, das später der inter­nationalen Verhandlung zugrunde gelegt werden könnte Das Washingtoner Abkommen habe bei näherer Betrachtung sehr ernste Schwierigkeiten der Interpretation gezeitigt. Aus der eigenartigen Situation ergab sich, daß England als Befürworter des Washingtoner Abkommens als ein Land, dos mit Bezug auf sein Arbeitsrccht keinem anderen Land« nachstehe, das Abkom­men nicht ratifizieren tonnte. Auch andere Regierungen, mit de­nen sich die britische Regierung deswegen in Verbindung gesetzt habe, seien auf die gleichen Schwierigkeiten gestoßen. Deshalb sei es zur Konferenz in London gekommen, um endgültig dem Jnterpretationsstreit ein Ende zu bereiten. Die bindende Inter­pretation würde allein einem internationalen Gremium Vorbe­halten bleiben.

Der deutsche Arbeitsminister Brauns hielt eine Rede, in der er sich eingehend mit der Frage der Einführung des allge­meinen Achtstundentages befaßte und vor allem die Schwierigkei­ten schilderte, die einer universellen Regelung entgegenstehcn. Mut sei diese Frage vor allem im Bergbau und in der eisen­verarbeitenden Industrie. Nach ihm sprach der neue französische Arbeitsminister Durafour, dessen Ausführungen sich in den­selben Bahnen bewegten, wie die des deutschen Lkrtreters.

Dr. Getzler über Innen- und Außenpolitik.

TU Bremen» 16. März. In einer von der deutsch-demokra-

Tages-Spiegel.

Das Auftreten neuer Schwierigkeiten in Genf hatte die Verschie­bung der Vollversammlung, in der Deutschlands Ausnahme erfolge» soll, auf den morgigen Tag zur Folge.

Der Schiebehandel um eine» Ratssitz für Polen geht darauf hinaus, Schweden und die Tschechoslowakei zu veranlassen, ihre nichtständigen Ratssitze zur Verfügung zu stellen. Die bei­den Staaten scheinen hierzu bereit zu sein-

Iu Berlin erregen die polnisch-französischen Machenschaften ernste Bedenke«.

Gestern wurde in London die Internationale Arbeitszcitkon- fcrenz eröffnet, auf der Deutschland durch ReichsarbeitSmini- strr Brauns vertreten ist.

*

Die spanische Aktion gegen Abd el Krim, die auf die Säube­rung der Höhen von Tetuan abzieltr, ist nunmehr abge­schlossen.

Auf der Strecke von Sa» Josc-Costarica stürzte infolge Schie­nenbruchs ein mit Ausflügler» dicht besetzter Wagen in den Virilla-Fluß. Man befürchtet, daß 178 Personen den Tod fanden.

Montag abend Reichsrvehrminister Dr. Gehler über das Thema Von,Versailles nach Een f". Der Reichswehrminister gab in kurzen Zügen einen Ueberblick über die deutsche Politik feit den Tagen des Zusammenbruchs bis zur jetzigen Tagung des Völkerbundes. Er führte uirter anderem aus, daß sich dieser Abschnitt der Geschichte als ein Kampf des deutschen Volkes um Recht und Freiheit darstelle. Die Wirkungen des Versailler Ver­trages gingen jetzt nicht ungestraft an dem Leben dcr Sieger­staaten vorüber. Ueberall sehe man wirtschaftliche und politische Krisen, überall Unruhe und Zerstörung statt Wiederaufbau der Wirtschaft und Kultur. Alle diese Krisen verbänden sich mit einer Krise der Regicrungsform. Er vertrete die Auffassung, daß diese Gründe einen Teil der Schuld an der Entwicklung der innerpolitischen Verhältnisse trügen. Gewisse Konstruktionsfeh­ler lägen in der Verfassung vor. Die Parteien seien eine unge­heure Gefahr für die Stabilität unserer Verhältnisse. Ein Sy­stem, bei dem die Minister auf tägliche Kündigung stünden, könne die gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht meistern. Ls müsse unsere Aufgabe sein, zu verhindern, Laß alle halbe Jahre ein« Minister­krise ausbreche. Bei dem Wege von Versailles bis Genf handele es sich nicht darum, ob uns der Weg paffe, sondern ob es einen anderen Weg gäbe.' Es gäbe keinen anderen Weg als den bc- schrittencn. Auf der großen Linke der Außenpolitik müsse sich das ganze Volk zusammenfinden. In Genf habe es sich herausge­stellt, daß anderen Völkem Versprechungen gemacht worden seien. Das hätte man uns vorher sagen müssen. Dies wäre dann ein Fair play" gewesen. In politische Jntriguen werde die deut­sche Delegation sich nicht hineinziehen lassen, sie werde fest blei­ben. Zum Schluß betonte der Reichswehrminister. solang« das europäische Problem nicht gelöst sei, stehe alles, was wir aufge- bant haben, auf Sand. Innen- und außenpolitisch müsse die Einigkeit erhalten werden, dann würden wir die Freiheit er­langen.

Ein japanisch-chinesischer

Zwischenfall.

TU London, 16. März. Als am Freitag morgen zwei japa­nische Zerstörer versuchten, den Peiho-Fluß hinaufzufahren, wur­den sie von den Takuforts heftig beschossen. Die Kriegsschiffe drehten l>ei und dampften nach Tangkou zurück. Vier Japaner ha^-n bei dem Bombardement erhebliche Verletzungen erlitten.

Der japanische Gesandte protestierte im Ministerium des Aus­wärtigen gegen die Beschießung japanischer Kanonenboote durch die Takouforts. In der von dem Gesandten überreichten Detail­note wird der Zwischenfall als äußerst ernst und von weittragen­der Bedeutung bezeichnet. Weiter wird erklärt, daß Japan sich alle weiteren Schritte zur Regelung dieses Uebergriffes Vorbe­halte und inzwischen von der Zentralregierung verlange, daß sie die ihr nahestehenden Generäle instruiere, eine Wiederholung der bedauerlichen Vorfälle dürfe nicht mehr Vorkommen.

Ultimatum an Peking.

TU London, 16. März. Die Gesandten der Großmächte in Peking haben «ine bis Montag mittag befristete Forderung nach vollständiger Säuberung des Taku-Kanats von allen Mi­nen und Hindernissen überreicht. Werde diese Forderung nicht voll erfüllt, so würden die Kriegsschiffe der Großmächte unver­züglich Montag mittag mit der Beschießung der Taku-Forts beginnen und diese bis zur vollständigen Zerstörung aller Be­festigungen an der Peiho-Mündung fortsctzen. Die neue Note ist die Folge der Beschießung der japanischen Torpedoboots­zerstörer vor Taku und stellt den letzten Versuch der anderen Großmächte dar, Japan vor zu rascher und isolierter Jnteri