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— Vom Nje ck ar, 24.Aug. Wie verlautet, erhalten die dießjährigen Kriegsübungen keine erhebliche Ausdehnung, und sollen sich auf das Terrain zwischen Nürtingen und Metzingen beschränken, die beiden Gegner trennt der Neckar und wird die Forcirung einiger Fluß-Ueber- günge einen interessanten Anblick darbicten. Uebrigens soll die Abhaltung der projettirten Kriegsübungen neuerdings in Frage gestellt sein, da höheren Orts Petitionen cingclaufen seien, welche unter Hinweisung auf die bis Ende k. M. vorgerückte Saat, sowie die Hagel- beschädigungcn des verflossenen Sommers Sistirungeu der Hebungen anstrcben.
— Gmünd, 20. Aug. Sicherem Vernehmen nach befinden sich gegenwärtig in hiesiger Stadt 13 Pockenkranke in ärztlicher Behandlung.
— Ulm. (Münsterbau.) Am 21. Aug. d. I. Mittags 1 Uhr waren cs 25 Jahre, daß die Nestauration des Ulmer Munsters in voller Thätigkeit ist. Kostenaufwand für die ganze Nestauration bis I. Aug. 1869 459,575 fl. 3 kr.
— Ulm. Zn den sieben Leichen der Verunglückten kommt jetzt die achte. Die Leiche des Schreinergescllen Dänz ist bei Nersingen anS der Donau gezogen worden. Vierzehn von den Verunglückten werden noch vermißt.
— Ulm, 25. Aug. Seit dem Begräbniß der auf der Geißlinger Steige verunglückten Bahnbediensteten sah d r Ulmer Friedhof keine solche Tranerversammlung wie gestern und heute. Denn es galt ja den bei der Wasserfabrt ums Leben gekommenen und bis jetzt aufgefundenen Unglücklichen die letzte Ehre zu erweisen. Der Schmerz und die Trauer war allgemein, um so mehr, da sich den Versammelten immer wieder zugleich der Gedanke an die weiteren Opfer aufdrängte, welche die Donau noch nicht herausgegeben. Ein gemeinsames Grab nahm fünf der Opfer auf; der kleine Gustav Bühler wurde unter zahlreicher Leichenbegleitung in einem besonderen Grabe beigesetzt. — Dekan Dischinger leitete die ernste Trauerfeier, während die Kapelle des 5. Jnf.-Reg. den Beethoven'schen Trauermarsch ertönen ließ. Kein Auge blieb thränenleer, als nacheinander die sechs Leichen der Mutter Erde übergeben wurden. Zwei andere von den acht Aufge- fundcnen waren schon gestern beerdigt worden; nach den übrigen Verunglückten wird noch immer emsig, aber bis jetzt ohne Erfolg, gesucht.
— Villingen, 22. Aug. Heute kam der württembergische technische Eisenbahnzug mit etwa 30 Personen hier an- Morgen findet die Uebergabe der Bahn von der Baubehörde an die Betriebsbehörde statt. Die Eröffnung der Bahn erfolgt am 26. August.
— Der Landpostbote Müller inVolkach (Bezirksamt und Landgericht in der Nähe von Schweinfurt in Unterfranken) macht seit mehreren Monaten seine Landposttouren mittelst eines auf eigene Kosten angeschafften Velocipödes ab.
— Das „Dresd. Journal" berechnet die bis jetzt für die Hinterbliebenen der sächsischen Bergleute eingegangencn Gaben auf circa 100,000 Thlr.
— Ein junger Rheinländer wanderte vor Jahren ohne Genehmigung der Militärbehörde nach Amerika aus und wurde drüben Bürger. Vor Kurzem machte er mit seiner jungen Frau arglos einen Besuch in Bonn, wurde verhaftet und von einem Unteroffizier nach Brühl gebracht, um in ein Regiment eingestellt zu werden. Von Brühl ging die Fußreise nach Aachen, aber angekommen sind sie nicht; denn der Arretirte hat den Soldaten mit nachAmerika genommen.
— Auf der sächsisch-schlesischen Staatsbahn ist bei Langenbrück am 23. ds. der Zug wahrscheiulich in Folge allzugroßer Geschwindigkeit entgleist, wodurch Lokomotive, Tender, Gepäckund 3 Personenwagen einen 12—14 Ellen hohen Damm hinabstürzccn; die auf der Bahn- planie stehen gebliebenen Personenwagen erlitten alle starke Beschädigungcn. Von dem Zugspersonale, im Ganzen aus 9 Mann bestehend, ist ein Schaffner sofort gctödtet worden; der Lokomotivführer, unter seine Maschine zu liegen gekommen, konnte erst nach Verlauf von sechs Stunden aus seiner qualvollen Lage befreit »erden und unterlag dann auch den erlittenen Verletzungen. Dem Kencrmann wurde ein Bein zerquetscht und mußt) dasselbe sofort amputirt werdm; drei andere Beamte wurden mehr oder weniger beschädigt. Bon den Passagieren — der Zug war mindestens mit 160 besetzt — erlitt eine Frau einen Armbrnch, während eine unbekannte Anzahl Personen nur leichte Verwundungen davvngctragen haben.
— Auf dem Th üring'schen F euer» eh rtag in Jena »urde beschlossen, bei dem Publikum dahin zu wiAcn, dach nur bei solchen
Noizirt Gedreckt «ad verlegt von L. OeljchlLßer
Mobiliar-Versicherungsgesellschaften versichert werde, welche die Feuerwehren mit Beiträgen unterstützen. Unzweifelhaft ist es, daß tüchtige Feuerwehren den Versicherungsgesellschaften großen Nutzen bringen.
— Berlin, 24. Aug. Die „ Provinz.-Korresp." bestätigt, daß die Einberufung des Landtags für die ersten Tage des Oktobers in Aussicht genommen ist. — Im Gegensatz zu andern Zeitungen erklärt die „Nordd. Allg. Ztg." auf's Bestimmteste, daß für den Militäretat keine Nachtragsforderungen in Aussicht stehen (man sprach von 5 Mill.) und fügte bei, das Defizit sei nicht durch den Mitaretat entstanden, sondern durch einen Ausfall der Bundeseinnahmen veranlaßt worden, welcher nnt durchgreifenden Erleichterungen zusammenhinge, die den wichtigsten Verkehrsinteressen zu Guic gekommen seien.
— Berlin, 25. Aug. Während man noch nicht die Mittel hat flüssig machen können, um die beiden vom preußischen Landtag verlangten Lehrstühle für Landwirthschafr zu errichten, fehlt es nicht an Geld zur Herstellung prachtvoller und kostspieliger Cascrnenbauten und anderer Militäranstalren. So sind u. A., wie der „A. A> Ztg." berichtet wird, gegenwärtig m und in der unmittelbaren Nähe von Breslau nicht weniger als drei Eascrnen im Bau begriffen, eine Infanterie-, eine Artillerie- und eine Cavallerie-Caserne, alle drei wahre Pracht- und Luxusbaulen, mit glänzenden Räumen für Offizier Easinos, mit eleganten Speisesälen, Billardzimmern, Lesehallen, Versammlungs- und Spielzimmern für Offiziere. In Berlin baut man ferner eine besondere Caserue für die Zöglinge der kgl. Thierarzneischule, und in der Nähe des jetzt ziemlich vollendeten GcneralstabsgcbäudeS soll nun auch noch für die Artillerie-PrüfungS- Commission ein geeignetes Gebäude errichtet werden. Außerdem ist Befehl ertheilt zur Erweiterung der Eadetten- Anstalt rc. rc.
—- Wien, 25. Aug. Die „N. Fr. Presse" veröffentlicht einen Erlaß des Ministers des Innern an die Länderchefs, worin ausge- führt wird, daß der gegenwärtige Stand der Gesetzgebung eine imperative Einwirkung der Regierung zum Zwecke einer Minderung der Zahl der Feiertage nicht gestatte, daß es vielmehr der Einsicht der Bevölkerung überlassen werden müsse, sich überflüssiger Feiertage zu enthalten; die Behörden, wird angeordnet, h aben bezüglich der Amtshandlungen jeden nicht gebotenen Feiertag zu ignoriren und vorkom- menden Falles die Bevölkerung in diesem Sinne zu beeinflussen.
Frankreich. Paris, 23. Aug. Die Kaiserin und der kaiserliche Prinz haben heute ihre Reise nach Korsika angetreten. — In den Minen von Monte rad bei Firminy (Loire) fand eine furchtbare Explosion statt, welche, so viel bis jetzt bekannt ist, 14 Personen das Leben kostete. Außerdem sind 6 Verwundete ausgefunden.
Türkei. Konstantinopel, 23. Ang. Obcringenieur Presse! begann mit mehreren Kollegen bereits mit der Tracirung der Linie von Adrianopel nach Salonich._ _
— Eine heilere Episode ereignete sich vor Kurzem bei einem Begräbniß in dem polnischen Dörfchen Rydzow in Preußisch- Schlesien. Es lebte daselbst ein greises Ehepaar ruhig und zufrieden im Ausgedinge. Vor 20 Jahren schon hatte der versorgliche Philemon für sich und seine grliebte Bancis Särge angeschafft. Aber Jahr für Jahr verging und Keines von Beiden wollte sterben. Die beiden Särge nahmen einen beträchtlichen Theil der nicht allzu großen Behausung in Anspruch; die geschäftliche Hausfrau benützte sie also als „frische und gedörrte Obstkammer." Endlich im Mai d. I. starb der Mann; eilig packte die trauernde „junge Wittwe" alle Borräthe in den einen der Särge, ihren eigenen, und legte weinend ihren theu- ren Ehemann in den andern. Feierlich, unter Glockengeläute und Musikbegleitung, unter Wehklagen und Thränen wurde der „Selige" von vier kräftigen Burschen hinausgetragen, der Herr Pfarrer rühmte die Rechtschaffenheit des stillen alten Mannes, den man eben dem Schooß der Erde anvertrant undHhochcrbaut eilten die Leidtragenden znm Leichenschmaus. Auch dieser ist vorüber, und die trauernde Wittwe eilte in ihre Schlafkammer, um aus dem bewußten Vorraths- sarge etwas gedörrtes Obst zu holen und ihren Enkclchen mit auf den Weg zu geben. Aber, o Schrecken! Statt Birnen und Zwetschgen findet sie bloß die kalte Leiche ihres Mannes. Die vier Träger hatten den schwereren der beiden Särge für den richtigen gehalten und hinausgetrugen. Am folgenden Tag wurde der Birnensarg wieder auSgegraben und der gute Alle in aller Form wiederum begraben. Wie schwer cS dm Mitwirkendeu geworden, bei diesem zweiten
Acte ihre Heiterkeit zu zügeln, kann man sich de nke». _
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