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genommen worden, nach ein:r andern ist er geisteskrank, nach einer dritten Version hat er sich eine Kugel vor den Kops geschossen, eine vierte vermurhet, daß die Franzosen beabsichtigen, ihn in die Hände der Juaristen zu spielen, um vor Veröffentli­chungen, die sie von ihm befürchten, und welch: die französische Regierung, insbesondere den Kaiser selbst, kompromittiren wür­den, gesichert zu sein. Die Wahrheit wird sein, daß ihn die Franzosen gefangen Hallen.

Pesth, 21. Dez. PestiRap!o berichtet: Der Bürgermeister und der Stadthauptmann von Pesth begrüßten Herrn v. Neust, welcher, Sympathien für Ungarn ausdrückend, erklärte, er sei ge­kommen, um die Verhältnisse kennen zu lernen; er berührte zugleich die Eventualität der Ernennung eines ungarischen Ministeriums. Sodann besuchte er die Parteihäupter des ungarischen Landtages, darunter Deak und Eötvös.

Schweiz. Bern, 2l Dez. Der Naticnalrath beschließt zur Bestreitung der Militärausgaben, zur Anschaffung von Hinterla- dungSgewehren eine BundeSanleide von 12 Millionen zu machen.

Italien. Florenz, 20. Dez. In der politischen Welt fiel es sebr auf. daß die Thronrede Preußens mit keinem Wort er­wähnte, dessen Beistand doch während des letzten Krieges so glück­liche Resultate für Italien berbeigesührt hatte, mährend Frankreich Lob und Schmeichelei gezollt, und Oesterreichs, des seitherigen Gegners, mit freundlichem Entgegenkommen gedacht wird. Viel­leicht war die Zurückhaltung Viktor EmanuelS nur eine Repres­salie darauf, daß König Wilhelm in seiner Thronrede es vergessen hatte, der Dienste zu erwähnen, welche ihm Italien zur gleichen Zeit geleistet hatte Welcher andere Grund aber auch maßgebend gewesen sein mag, so erblickt man darin ein ungünstiges Zeichen hinsichtlich der Preußen gegenüber herrschenden Stimmung und zieht mehr oder minder gewagte Schlüsse daraus

Frankreich. Paris, 2l. Dez. Der Moniteur veröffent licht den Handelsvertrag zwischen Frankreich und Oesterreich - Die Taxe der Briefe soll in ganz Frankreich auf 10 Centimen (2V-> kr ), der telegraphischen Depeschen auf einen Franken ermä­ßigt werden; ja sie soll sogar nur 50 Centimen kosten, wenn sie daS Departement nicht überschreitet. Unter den unbequemen Aktenstücken, welche sich in den Händen des Kaisers Maximilian befinden, ist eine Anzahl Briefe, die ihm Napoleon während der Zeit der vertraulichen Unterhandlungen geschrieben hatte, welche der Uebernahme des mexikanischen Kaiserreichs vorangingen. Diese Briese bildeten eine Hauptwaffe der Kaiserin Charlotte, als sie nach Frankreich kam, und bei dem Kaiser geltend machte, daß er ihren Gemahl nicht nur ausgemuntert, sondern auch ihn wegen seines Zögerns undjMißtrauens getadelt habe. Napoleon wurde dadurch begreiflicherweise empfindlich verletzt; nunmehr handelt eS sich aber darum, dir Veröffentlichung dieser Briese zu verhindern.

England. London, 19. Dez. Mit einiger Gewißheit läßt sich jetzt eine der furchtbaren Explosionen in den nortenglischen Kohlenbergwerken auf ihren Ursprung znrückführrn. Unter den Leichen, welche in der Grube bei Hvnley ausgesunden worden sind, war auch diejenige eines Hufschmiedes, der am Morgen des ver- hängnißvollen Tages in den Schacht hinabgestiegen war, um Pferde zu beschlagen Er lag in einem Stollen, den Kopf zerschmettert, neben ihm seine Lampe, die kleine und doch so schreckliche Ursache der Katastrophe Nachdem er sein Geschäft bei den Pferden ab- gethan, ist er wahrscheinlich aus N-ugier in den Stollen hinein­gegangen, so daß seine nackte Lampe die Entzündung des ange- sammelten schlagenden Wetters und die gewaltige Explosion, welche' 85 Menschen das Leben kostete, herbe,geführt haben wird. Es verbreitet sich noch kein Licht darüber, wo die Schuld an dem noch ungleich größern Unglück in der Grafschaft Dort zu suchen ist Dort in der Grude von Barnsley sind in den letzten Tagen mehrere neue Explosionen »orgekommen, und aus dem einen noch offenen Schachte steigen verpestende Gase aus, während der Kup- pelschacht fast zugeschüttet ist.

Rußland. Das Petersburger Journal sagt: Das gme Einvernehmen zwischen Rußland und Oesterreich, welches beiden Kabineten am Herzen liegt, ist in keiner Weise alterirt. Die Zeitnnqspolemik ist eine Folge von Pa rteiein flü ssew

! D e r S e h e r.

! lFort-egimg.)

! Nur halb ihrer Sinne mächtig. flog Elisabeth ,um Maire, j der täglich mit den französischen Offizieren zusammenkam und den ! meisten Einfluß im Dorfe halte, und beschwor ihn um Gvlteswil- !Ien, ibren Vater zu retten.

DaS Flehen und die Thränen des Mädchens schienen den sonst etwas hartherzigen Maire zu rühren. Er versprach ihr, zum Obristen gehen zu wollen und für ihren Vater ein gutes Wort einzulegen, da er die Uebrrzeugung habe, daß die Sache aus einem Mißverständniß beruhe. Er ging auch alsbald, fort kam aber nach Verlaus einer halben Stunde, welche Elisabeth länger däuchte als ein ganzer Tag, mit der nicderschlagenden Antwort zurück , daß der Obrist von keiner Milderung der Strafe und von keinem Pardon hören wolle, obgleich er sogar von französischen Offi­zieren gebeten worden sei, dem Greise Gnade angedeihen zu las­sen. Alles, was er vom Obristen habe erlangen können, sei die Erlaubniß, daß sie ihren Vater noch einmal sprechen dürfe

Das weinende Mädchen wankte in Begleitung des Maire zur Hauptwache und aus einen Wink des Letziern wurde der Wiesenbauer aus der dunkeln Zelle, in welcher er gefangen saß. herausgesübrt.

Der Gkeis war wunderbar ruhig. Er dankte dem Maire für die Vergünstigung, welche er beim Obriflen ausgewirkt hatte und ermahnte dann seine Elisabeth, die sich vor Schmerz kaum aufrecht zu erhalten vermochte, mit einigen kurzen, eindringlichen Worten, sich in das Unvbänderliche zu finden und ihm den letz­ten Gang nicht durch Klagen zu erschweren.

Dann riß er sich aus ihren Armen, drückte ihr noch einmal die Hand und verschwand im düstern Wachgebäude.

Als die sechste Stunde vom Kirchthurme hallte, erschien eine halbe Compagnie des Jägerregiments, welches im Dorfe lag, vor der Haupiwache, nahm den Wiesenbauer in die Mitte und mar- schirte in tiefem Schweigen nach der Gemeindewiese, wo die Exe­kution vor sich gehen sollte. Der Greis hatte es sich als letzte Gnade ausgebeten, ungefesselt bleiben zu dürsen Dreß war ihm auch gewährt worden, und so schritt er denn ruhig und fest dahin, die brennende Pfeife wie sonst im Munde tragend, alö ob nichts Außergewöhnliches vorgesallen sei.

Dem Zuge folgten fast alle Bewohner von Neuenrode und hie und da fielen mehrere scharfe Worte gegen die französischen Tyrannen, welche ohne Verhör und Beweise einen alten unschul­digen Mann zum Richtplatze schleppten.

Aus der Gemeindewiese angekvmmen, schlossen die Jäger einen Halbkreis. Der Offizier ließ den Wiesenbauer in die Mitte führen und zwölf Mann vortreten. Einem Korporal, welcher dem Greise die Augen verbinden und die Pfeife wegnehmen wollte, winkte er, sich zurückzuziehen. Dann zog er den Degen undjkom- mandirre zum Laden.

Der Wiesenbauer stand ruhig da und rauchte, als ob das Alles ihn gar nichts angehe.

Der Offizier kummandirte:Fertig I" Die Hähne der Büchsen knacktenLegt an!* hieß eS weiter, und zwölf Mün­dungen richteten sich auf deS WiesenbauerS Brust.Feuer!" schallte es, und zwölf Schüsse krachten durch die stille Abendluft.

Der Wresenbauer aber stand unversehrt da und rauchte ruhig fort.

Das Volk ringsumher riß die Augen weit aus und starrte zu dem unheimlichen Halbkreis hinüber, als ob es dort nicht mit rechten Dingen zugehe.THDer Offizier aber trat mit großer Ge­lassenheit zum Wiesenbauer und sagte:Bedanl' Er sich beim Maire, daß Er heule so davon kommt der hat sich beim Obristen sür Ihn verwandt. Heul' ist noch einmal blind geladen worden eine kl ine Lektion mußte Er doch haben das nächste Mal aber gibt's blaue Bohnen wenn Er wieder bei Nacht und Nebel in der Haide herumreunt. Ein courageuser Kerl ist Er übri» gens das muß ich sagen* , fuhr der Offizier lächelnd fort, hat unverzagt in di: Büchsenmündungen hineingeschaut!«

Nach diesen Worten wandte er sich wieder zu seiner Com pagnie:Kehrt!" und marschirte in's Dorf oiaeiir. (Forts.folgt.)

Nrvigir», -rvruckt unv vuli-t »»n A «V »lschlä -er.