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je 5000 fl. Von der älteren Staatsschuld wurden Serien 83 und 332 gezogen.
— Prag. 28 Sept. Wie die Narodni Listy erzählen, begab sich gestern eine Deputation junger Bürger zum Obern der hier anwesenden Jesuiten, erklärte demselben die Unzusriedenheit über deren Anwesenheil und drückte den Wunsch aus. der Orden möge Prag und Böhmen baldmöglichst verlassen. Der Obere sagte: Der Erzbischof veranlaßte die Berufung der Jesuiten; nur e: kann sie wieder entfernen.
Italic». Florenz, 29 Sept. Garibaldi ist nach Capre- ra zurückgekehrt. — Die den Venetianern zur ^Abstimmung vorgelegt werdende Formel lautet folgendermaßen: „Wollt Ihr einen Theil der verfassungsmäßigen Monarchie des Königs Viktor Emmanuel II., Königs von Italien, und seiner rechtmäßigen Nachfolger bilden?" — 30. Sept. Das Dekret über die Auflösung der Freiwilligenkorps ist veröffentlicht. — Der Senat wird demnächst einberufen werden, um über Admiral Persano zu Gericht zu fitzen. — Unter den in Palermo festgenommenen Personen befinden sich viele Priester und Mönche, die smit den Waffen in der Hand ergriffen wurden Die ungefähr 1200 Mann starke Nationalgarde hatte sich entwaffnen lassen. Einige Offiziere sind zu den Insurgenten übergegangen. Diese schlugen sich mit dem Rufe: Es lebe die Republik, es lebe die heilige Rosalia! (Schutzheilige von Palermo.) Die meisten Fahnen waren schwarz mit rothen Kreuzen oder dem Bikd der heiligen Rosalia. Der könig- liche Palast konnte erst nach einem hartnäckigen Kampfe, der die Land- und Marinetruppen viele Leute kostete, genom nen werden. Die Grenadiere, die Becsazlieri und die Marinesoldaten wetteiferten an Tapferkeit und Todesverachtung mit einander. l2 Offiziere sind verwundet worden. — Rom, 29. Sept. Der Papst hat der Kaiserin Charlotte von Mexiko in ihrem Hotel einen Besuch gemacht und eine längere Unteredung mit ihr gehabt.
Frankreich. Paris, 29. Sept. Wie man in der „Patrie" liest, wurde Herr v. Moussier heute vom Kaiser als Minister des Auswärtigen in Pflicht genommen — In Bezug auf die Gerüchte einer eventuellen Verlegung der päpstlichen Residenz von Rom nach Malta glaubt das „Mein, dipl." versichern zu können, daß im Vatikan davon keine Rede sei.
Rußland. Petersburg, 30 Sept. Unter zahlreicher Theilnahme des Volkes und vom herrlichsten Wetter begünstigt, fand heute der Einzug der Prinzessin Dagmar und der gesummten kaiserlichen Familie von Zarskoje Selo statt.
Türkei. Konstantinopel, 30. Sept. Die diplomatische Sendung des Fürsten L-tirbey war ersolglos (soll wohl heißen erfolgreich). Fürst Karl ist als Herrscher von Rumänien definitiv anerkannt. Seine Investitur wird Anfang Oktober stattfinden. — Der Marquis von Moustier hat die Pforte gewarnt, den Agnahafen (?) an Rußland oder Amerika abzutreten.
Griechenland. Korfu, 26 Sept. Die letzten Nachrichten aus Candia melden: Vier östliche Bezirke haben sich dem Aufstand angeschloffen. Die Insurgenten, ihre festen Stellungen verlassend, rückten unter die Mauern Candia's vor. — Nachrichten aus Candia über Triest vom 30. Sept. melden, daß die Insurgenten in einem Angriff gegen die Höhen von Krrumin, welche Ka- nea beherrschen, zurückgeschlagen worden sind. Die Insurgenten haben beträchtliche Verluste erlitten und sich in die Berge zurückgezogen. Es geht das Gerücht, die Spakalioten beabsichtigten sich zu unterwerfen
Amerika. New York, >5. Sept. Des Präsidenten Rundreise durch den Westen, die Konvention der südstaatlichen „Loyalen" in Philadelphia, die National-Union-Demokratic-Konvention in New Bork, unzählige Radikale-Meetings im Norden, dazu die Wahlen in Maine, das alles hat die öffentliche Stimmung in letzter Woche in einem Zustand höchster Erregtheit erhalten. Zu keiner Zeit seit der Beendigung des Krieges herrschte solche Erbitterung, griff rer Parteihaß wehr in das gesellschaftliche Leben ein. Die Gefahr eines neuen Bürgerkrieges wird immer drohender. Auf der Rundreise des Präsidenten, die sich ihrem Ente nähert, wechseln Ovationen mit feindseligen Kundgebungen ab. Die Rundreise ist übrigens durch einen furchtburen Unfall bezeich-
chet. In der Stadt Johnstown hatte sich eine große Menschenmenge versammelt, um seine Ankunft zu erwarten. Eine alte Brücke, über die der Zug kommen sollte, war so dicht von Menschen besetzt, daß dieselbe einstürzte 13 Personen sollen durch den Fall in eine Tiefe von <5 Fuß auf den steinigen, trockenen Boden getörtet und eine große Anzahl verwundet worden sein. — 29. Sept. Johnson ist mit seinem Gefolge wieder in Washington eingetroffen und mit Enthusiasmus empfangen worden. —
. Der Prozeß gegen Jefferson Davis ist auf unbestimmte Zeit vertagt.
(Ein Geizhals.) Am 15. Sept. starb in Wien der Private Domincio B im Alter von 72 Jahren, der als Besitzer eines großen Vermögens wie ein Bettler lebte. Alle Monat einmal aß er Fleisch und wohnte in einer schmutzigen Dachkammer; zu seinem Mittagessen suchte er auf dem Markte im Fünfhaus die weg- geworsenen Blätter von Kohl, Kraut rc. zusammen, die er sich selbst kochte. Sein Geld versteckte er in allen Ecken seines Zimmers. Im Anfänge dieses Monats rübrte ihn der Schlag, so daß er nicht ausgehen konnte. Niemand kümmerte sich um ihn, und er starb vor Hunger. Im Fußboden und in den Möbeln fand man bis jetzt 110,000 fl. Nur eine Passion hatte er, und das waren Vögel, von denen über 40 Stück in dem dumpfen Loche gesunden wurden Vor 2 Jahren war er um Verleihung einer Pfründnergabe eingekommen.
Vor einigen Tagen kam der Dichter Friedrich Stolze, der flüchtige Redakteur der „Fcanksurter Latern", mit seiner Gemahlin und einigen Herren aus der Schweiz herüber aus die St. Gebhards-Kapelle bei Bregenz. Entzückt von der wunderbar schönen Gegend, ließ sich der Frankfurter eine Bleifeder geben und schrieb die folgenden humoristischen Verse an die Wand:
O heiliger Gebhard, wie wohnst du so schöu,
Hoch über dm Gipfeln, hoch über den Höhn!
Und schaust auf die Alpen, den See und den Rhein;
Ich möchte wohl auch so ein Heiliger sein!
Der heilige Nimmhard, der Herr in Berlin,
Der trieb zuin St. Gebhard aus Frankfurt mich hin,
O heiliger Gebhard, mein Heil und mein Glück,
O bitt' für mein Frankfurt die Freiheit zurück!
Eine Ausrede seltener Art brachte dieser Tage ein wegen Diebstahls von Pfandscheinen Angeklagter vor dem Berliner Kammergericht vor. Er erklärte nämlich, er habe dem Bestohlenen durch Einlösung der Sachen — eine heimliche Freude machen wollen. Das Gericht hat keinen Sinn für diese Menschenfreundlichkeit gehabt.
(Wie man Bären aufbindel.) Vor dem Zuchtpolizeigericht in Paris stehen nächstens 2 Individuen unter Anklage der Cscco- querie (Gaunerei), ein Bärenführer und dessen Bär. Nachdem der gelehrige „Jack" im Bahnhof zu Lyon, angestaunt von der dortigen Menge, in einen Thierkäfig des Bahnzuges gebracht wor den war, um mit seinem Herrn nach Marseille zu fahren, bemerkte unterwegs, einige Mnlen vor Dijon, ein neugieriger Conduk- teur, daß „Jack" seine Brust ausgeknöpft hatte, aus einer Flasche Wein trank, eine Servelatwurst verspeiste und bisweilen in ein Journal schaute. Sofort Anzeige des Condukteurs beim Zugführer und Arretirung des Künstlerpaars im Bahnhöfe zu Beaume. „Jack" wurde ersucht, aus seinem „Gewand" herauszusteigen, was er auch sogleich that, und leichter thun konnte, als jener „veri- table" Bär, dem einmal vor mehreren Jahrzehnten ein scharfsinniger Polizist in einer baierischen Stadt das Nämliche, wiewohl vergeblich zugemuthet hatte.
Charade.
Auf ersten beide» geht man aller Orten,
Doch trifft man oft sie schmal und schmutzig an;
Die letzten beiden find gewissen Thieren eigen,
Die, wenn verwundet, damit Jäger greifen wüthend an. Das Ganze nennet dir gewisse Lieder, —
_ Gebildeten find sicher fie zuwider.
von A. V»lschti<«r.