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Wien, 2 Sept. Wie verzweifelt die inneren Zustände Oesterreichs seien, bezeichnet eine Korrespondenz der A. A. Ztg. mit den Worten:Die Politik, die wir für jetzt als die richtige erkennen, möchten wir mit einem Wort als die Politik der Er­holung bezeichnen. Oesterreich befindet sich im Zustande eines Rekonvalescenten, der eine gefährliche Krisis überstanden. Die politische Atmosphäre ist die einer Krankenstube, der Patient noch schwach und erschöpft Soll er vollständig genesen, so wissen wir nur ein Mittel: Hinaus mit den Mixturen, herein mit der frischen freien Luft. Und wenn die Riegel an den Fenstern ein­gerostet sind, so muß man eben einige Scheiben zerschlagen." Ja wahrlich, frische freie Lust thut dem Staate Oesterreich sehr^Noth. Bisher wurden mit allen nur aufzubietenden Mitteln alle frischen Luftströmungen abgewehrt Und was es in einer Stube, die seit 300 Jahren nicht mehr gelüftet wurde, für eine Atmosphäre gibt, läßt sich unschwer erkennen.

Italien. Florenz, 3t. Aug. DieJtalie" schreibt:Die venetianische Spezialschuld, welche Italien übernehmen soll, beträgt etwa 230 Mill. Frcs. Da die Gesammtschuld des österreichi- chen Kaiserreichs 6-/- Milliarden beträgt, so würde, wenn man die Bevölkerungszahl zu Grunde gelegt hätte, Italien mehr als 450 Mill zu übernehmen gehabt haben. Der in den österrei­chisch-preußischen Vertrag auf Italiens Verlangen aufgenommene Vergleich ist uns also ungemein günstig." 5. Sept. Die Jtalie versichert, die Regierung werde 120,000 Mann beurlauben, ohne die Unterzeichnung des Frievensvertrages abzuwarten Das Gerücht von der Auflösung der Kammern gilt für ircthümmlich Die Verhandlungen wegen der Abtretung Venetiens haben zwischen Leboeus und den österreichischen Behörden begonnen. Die offizielle Ztg. schreibt: In Folge des Erscheinens der Cho­lera in Obersriaul bat die ital. Regierung ihre Truppen von der Grenze zurückgezogen.

Frankreich. Paris, 14. Sept. In Folge der Annexion Hannovers, Kurhessens, Naffau's und Frankfurts an Preußen sind die französischen Repräsentanten dieser Staaten autorisirt worden, ihre Posten zu verlassen DerTrinps" meldet, daß Herr v. Goltz nur nach Paris kommen wird, um sein Abberufungsschrei' ben vorzulegen. Dieser Diplomat soll Hrn. v Werther in Wien! ersetzen, der zum Unterstaatssekretär im Ministerium des Auswär­tigen in Berlin ernannt wäre. Man bezeichnet als Nachfolger des Hrn. v. Goltz in Paris den ehemaligen Preußischen Bundes- lagsgesandten Hrn. v. Savigny. Wie dieFrance" meldet, wird der neue Minister des Auswärtigen. Hr. v. Moustier, erst zum 18. d M. in Paris erwartet.

England. London, 3 Sept. Von Valentia wird tele- graphirt, daß das Kabel von 1865 gestern glücklich aufgefischt u. eingespleißt worden ist. Es fignalisirt vortrefflich. Die weitere Legung geht ohne Störung fort.

Türkei und Griechenland. Der A. Z. wird über die anti­türkische Bewegung geschrieben: An dem Bestehen eines über die ganze Balkan-Halbinsel und die Insel des ägäischen Meeres ver­breiteten Komplottes zur Befreiung der christlichen Bevölkerungen in der Türkei von der Herrschaft der Pforte, mit anderen Wor­ten: zur Bildung eines großgriechischen Reiches aus den Trüm mern der europäischen Türkei kann kaum mehr gezweiselt werden. Die Pfortenregierung hat die Beweise dafür in Händen und kennt die Verzweigungen der Verschwörung und deren Hauptleiter, die auf Rhovus ihren Sitz aufgeschlagen haben, und mit Komite's in Verbindung stehen, welche zu Athen, Bukarest, Belgrad, ja in Konstantinopel selbst thälig sind. Der Ausbruch des Ausstandes gus Tandia gibt der Pfertenregierung Anlaß, den Vertretern der Großmächte ,n Konstantinopel eine ausführliche Darlegung des ganzen Getriebes und der Thätigkeit jener großgriechischen Pro­paganda zu unterbreiten und den Gesandten zu erklären, daß der Sultan, zum Aeußersten entschlossen, mit dem ganzen Aufgebot seiner Macht die Integrität des türkischen Reiches zu schützen be­strebt sein werde. _

O t h m a r.

Einc Criniinalgeschickte. erzählt non Heisch Hcnsier.

(Fortsetzung.)

Es foizie nun ein durchaus objektiv gehaltenes Resume des

stcdigirt, gedruckt uns ver!

Präsidenten, worauf den Geschwornen die Frage vorgelegt wurde:

Ist der Angeklagte schuldig, den Herrn v. D. rechtswidrig ohne Vorbedacht, indem er die That im Affekt beschlossen und ausgesührt hat. durch einen Schuß getödtet zu haben?"

Der Staatsanwalt beantragte, noch die Frage zu substitui- ren, sür den Fall, daß die erste verneint würde:Ob die That wie angegeben, aus Fahrlässigkeit geschehen sei?" Der Gerichts­hof genehmigte dieses ungeachtet des Widerspruches des Ver- theidigers.

Die Geschworenen zogen sich zurück, hatten sich aber schon in einer Viertelstunde für beide Fragen zu einemNichtschuldig" ge­einigt, ein Wahrspruch, der von der ämfftlich Lauschenden Menge mit so lautem Beifall begrüßt wurde, däß der PrMdent sich zu energischer Mißbilligung mit Bedrohen de^RDmung des Saa­les veranlaßt sah. G H

Der Angeschuldigte wurde sofort sreigespWDUW entlassen das Publikum empfieng^ihn mit le^haftellpM^bel und beglei­tete ihn im Ämilliphe dis zu dem Hauff Selbig, wo

die Familie in «dtlicher Beioranilbb^die^von Minute zu Minute sich steigerte, auf den Ausgang dsk^'ul^nsttnng. gewartet hatte und nun den Freigesprochenen mit Freudenthnmen empfieng.

Der geneigte Leser wünscht wohl einen Blick hinter die Cou- lissen zu werfen, um die Maschinerie zu untersuchen, welche den so unerwartet erscheinenden und so einflußreichen Doppelgänger zu rechter Zeit auf die Bretter brachte. Das Arbeitszimmer des Dr. Selbig ist die Werkstätte, und alle Fäden, mit deren Hilfe die überraschende Scene dargestellt wurde, lausen in der Hand dieses Mannes zusammen.

Selbig gab sich viele Mühe, einen Ausweg für seinen Clien­ten zu finden, und dachte besonders anhaltend darüber nach, ob nicht ein Alibi herzustellen sein möge; er mußte aber verschie­dene nach und nach von ihm entworfene Pläne wieder bei Seite legen, iudem er sie bei genauerer Prüfung theils als unausführ­bar, theils als unzureichend erkannte.

Da aber, wie oben erzählt, Vas Resultat der Untersuchung der Befürchtung Raum gab, es werde aller Vermuthung entgegen eine Verurtheilung res Angeschuldigten stattfinden, so trat die Nolhwendigkeit, einen Ausweg zu ersinnen, in den Vordergrund.

Die Idee mit dem Doppelgänger war sofort die Frucht eif­rigen Nachdenkens und Selbig ging sogleich an das Werk, wo­bei ihm der Zufall mehrfach besonders günstig war.

Othmar mußte ein drittes war nicht möglich in ei­ner der betreffenden Schwurgerichtssttzung vorangehenden Nächte das Arresthaus verlassen, und an einem, mehrere Stunden ent­fernten Orte in der Art anftreten, daß diese seine Anwesenheit vollständig bewiesen werden konnte. Es mußte dieses höchstens 2^obeL 3 Tage vorher geschehen, um es nicht auffallend erschei- nenrzu lassen, daß dxe Mengen nicht früher vorgeladen worden warell.' ^ (Forts, folgt.)

Notizen über P*M>tz*MMcht der verMeiknen Getreidegat­lungen nach dell^AhM^ew-Ergebniß vom 1. Sept. 1866.

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Gottesdienste. Sonntag. den 9. Sept. Vorm. (Predig,): Herr Tel..:-, decd! er. Kinderiehre mit de» Löhnen t. Klaffe. Nachm. (Pred.): Herr Heller Schmidt. ^

gt von A. Getschtäger.