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Gersfeld bilden die nördlichste Spitze des Königreichs, östlich von Fulda und gehören zum Rhöngebirge. Der Bezirk Orb, weiter südwestlich gelegen, schnitt ins Hanauische ein, von dem er auf 3 Seiten umgeben war.)
— Würzburg, 19. Aug. Ein heute im „Würzb. An;." ver
öffentlichter Brief an den König ist mit wahrem Heißhunger von den Lesern verschlungen worden. Warum? weil er der öffentlichen Meinung in ungeschminkter Wahrheit die vollste Rechnung trägt. Den Bundesstaaten standen zu Anfang desKrieges circa 200,000 Mann zurVerfügung. während Preußen denselben nur 50—60,000 Mann entgegenstellte. Und dennoch mußten die Bundestruppen unterliegen! Wer war Schuld daran? Das hat der Verfasser des „Offenen Brieses" unumwunden gesagt. Es sprechen aber auch für feine Behauptungen die thatsächlichsten Ereignisse, die wir in der jüngsten Zeit als Augenzeugen erlebt; es sprechen hie- für die offiziellen Mitiheilungen in den öffentlichen Blättern, worin sich die verschiedenen Oberkommandanten gegenseitig anfeinden, und dadurch ihre Unfähigkeit selbst eingestehen. Dieser allein haben, wie dieß selbst die „Bair. Ztg." jüngst zugestand, die Preußen (und auch sie machen kein Hehl daraus), die überraschenden Erfolge aus dem mitteldeutschen Kriegsschauplätze zuzuschreiben. Man müßte ja andernfalls unsere Offiziere und L-oldaten im Verdacht der Feigheit haben, daß sie keine besseren Erfolge errungen. Aber das Zeugniß geben ihnen selbst die gegnerischen Offiziere und Soldaten, daß unsere Truppen sich mit seltener Bravour schlugen, und die großen Verlustlisten an Offizieren und Soldaten beweisen zur Geuüge, wie tapfer sie Stand hielten. Nein, auf unfern Otfizieren und Soldaten ruht nicht der mindeste Makel ihrer soldatischen Ehre! (Aschaffb. Ztg)
— Frankfurt, 19. Aug. Der N.Z wird geschrieben: „Wie man vernimmt, fordert der Fürst von Thurn und Taxis von Preußen für die Ueberlassung der Post in den zur Annexion bestimmten Ländern die Summe von 14 Will. Gulden!
— Berlin, 2t. Aug. Preußen hat den bisherigen Zollverbündeten erklärt, obgleich der Krieg die Zollvereinsverträge zerrissen habe, gestatte es. die Gegenseitigkeit vorausgesetzt, doch eine faktische Fortdauer des Vertrags mit bmonatlicher Kündigunö.
— Berlin, 23. Aug. Die Provinz.-Korresp. sagt: Der Absicht der Regierung liegt eine Personalunion der Annexionsländer ferne. Der König übernimmt die Regierung nicht als König von Hannover . Kurfürst von Hessen u. s w., sondern als König von Preußen Namens des preußischen Staates. Die Verhandlungen zu Prag sührten eine volle Verständigung herbei, die Unterzeichnung des Friedens wird täglich erwartet. Mit Württemberg und Baden ist der Frieden bereits abgeschlossen, mit Baiern und Darmfladt ist inzwischen eine vorläufige Einigung erfolgt. Baiern tritt einige Landstriche zur Abrundung des südlichen Kurhessens ab, Darmstadt tritt Homburg ab und gesteht das ausdrückliche Besatzungsrecht der Festung Mainz zu. Oberhessen tritt in den militärisch-politischen Verband des norddeutschen Bundes ein. Sämmtlicbe Staaten bezahlen Kriegskosten: Baiern 30, Württemberg 8 Millionen Gulden.
— Aus Berlin wird gemeldet, daß nach Abschluß des Friedens eine allgemeine Amnestie verkündet werden wird. Graf Bismarck soll zum Grvßkanzler ernannt werden und sodann eine Rekonstruktion des Ministeriums vornehmen wollen, bei welcher einige Nichthreußen (vermuthlich auch Roggenbach?) zu Ministern ohne Portefeuille berufen werden. Austrrten sollen von den jetzigen Mitgliedern des Ministeriums die Minister Selchow, Graf Lippe und Wühler. Die Landtagssesfion soll nicht über den September hinaus dauern, sodann der „norddeutsche Reichstag" einberufen werden. Vorher, man sagt am 5. September, will man in Berlin beim Einzuge der Garden das Siegesfcst feiern.
— Berlin, 21. Aug In der gestrigen Sitzung der Kommission des Abgeordnetenhauses, die den Entwurf eines Wahlgesetzes für den Reichstag des norddeutschen Bundes zu berathen hat, erklärte der Regierungskommissär, daß für die Berufung des Reichstags und den Eintritt in den norddeutschen Bundesstaat sich Sachsen-Weimar, Altenburg, Koburg-Gotha, Anhalt, beide Schwarz- burg, beide Lippe, Waldcck, Reuß j. L und die 3 Hansestädte durch Bündnißvertrag mit Preußen bereits verpflichtet haben. Mit
Oldenburg und den beiden Mecklenburg stehe der Abschluß eines solchen Vertrages bevor. — Auch mit Braunschweig soll der Abschluß. des Bündnisses erfolgt sein.
— Berlin, 23. August. Der Ausschuß zur Berathung des Reichswahlgesetzes nahm die Paragraphen 1 dis 4 unter Ausdehnung des Wahlrechts und der Wählbarkeit auf alle Bundesangehörigen an. (Es handelte sich darum, ob z. B. in Oldenburg bloß Oldenburger u. s. w. gewählt werden können, was damit vorerst wenigstens im Konnte abgelehnt wäre.)
— Berlin, 21. Aug. Die betreffende Kommission des Abgeordnetenhauses empfiehlt Annahme des italienisch«« Handelsvertrags und des englischen Schifffahrtsvertrags einstimmig.
— Potsdam, 2t. Aug. In der Stadtverordnetenversammlung wurde heute der Antrag gestellt, „daß Potsdam zum Sitze des Reichtstages für den norddeutschen Bundesstaat ausersehen und von den städtischen Behörden diese Bitte in einer Petition an den König ausgesprochen werde."
— Karlsbad, 21. Aug. Ein kön. Telegramm an den General Falkenstein weist denselben an, keine Truppen bei Disloci- rung derselben nach Karlsbad zu legen.
— Aus Leitom ischl, Böhmen (Stadt mit etwa 8000 Einwohnern) : Was wir hier im Ort und in der nahen und weitern Gegend ausgestanden haben, noch ausstehen und etwa bis Ende noch zu bestehen haben, ist nnt den grellsten Farben nicht möglich zu schildern. Nicht nur daß alles materiell ruinirt ist, so ist Jeder geistig und körperlich so erregt und abgespannt, daß die Menschen wie die Fliegen von der Cholera weggerafft werden. Täglich mindestens 30—35 Leichen seit 4 Wochen ohne Abnahme, Liesen Sonntag mit nahen zur Pfarrei gehörigen Ortschaften 72 begraben. Die Stadt ist ziemlich gelichtet, nichts als Trauer. Ganze Häuser sind ausgestorben, ein jammervolles Bild, das noch das Unglück des Krieges übertrifft.
— Prag, 22 Aug. Bis zum 15. September soll die gänzliche Räumung Böhmens von den Preußen ersolgen. Der Bau der Eisenbahn von Wildenschwert über Schwadowitz nach Glatz soll späteren Vereinbarungen Vorbehalten bleiben.
— Wien, 18. Aug. Tie sächsische Division, seit dem Waffenstillstand in der Umgebung von Wien concentrirt, beginnt heute ihren Rückmarsch in die Heimatb.
— Wien, 21. Aug. Gestern um 8 Uhr Abends ging mittelst eines Separatlastzugs der Nordbahn das als Kriegsentschädigung für Preußen bestimmte Silber im Betrag von 20 Will. Thalern in Begleitung von 10 Bankbeamten, 12 Dienern und 30 Feldjägern von hier über Prag nach Berlin ab. Das Geld ist in Fässern verladen, und das Abzählen, welches von 20 Beamten vorgenomnlen wurde, erforderte 6 Tage. Das Geld besteht durch- gehends aus Reichsthalern.
— Wien, 22 Aug DaS „Vaterland" veröffentlicht ein Schreiben aus Pesth, wornach die Regierung beabsichtigt, unmittelbar nach dem Friedensschluß ein verantwortliches ungarisches Ministerium von hervorragend konservativem Charakter zu ernennen. Durch dieses Ministerium soll der ungarische Landtag Ende Septembers eröffnet werden. Baron Sennyey wird in demselben eine hervorragende Stelle einnehmen.
— Hamburg, 20 Aug; Aus guter Quelle erfahren die „Hamb. Nachr", daß eine Aushebung der jungen Mannschaft in den Elbherzogthümern in diesem Jahre nicht stattfinden wird, obgleich die Vorarbeiten für eine solche schon längst beendet sind, weil im preußischen Kricgsministelium eine Acnderung des Re- krutirungsgesetzes beabsichtigt wirr, in welchem die allgemeine Wehrpflicht, wie sie das Staatsgrundgesetz von 1848 vorschreibt, und eine einjährige freiwillige Dienstzeit als Grundlage dienen sollen.
— Altona, 21. August. Die gestrige zahlreich besuchte Versammlung von Vertrauensmännern aus den Elbherzogthümern, darunter Mitglieder der Stände und der Ritterschaft, protestirte gegen die Annexionsadnss, n und die Abtretung Nordschleswigs und verlangte, daß die Stimme der Landesvertretung endlich gehört werden möge.
Den „Alt Nachr." wird aus Nordschleswig berichtet, daß die Stimmung daselbst nichts weniger als erfreulicher Na-