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sie sich den Siegespreis hätte entgehen lassen, »wie viel schwerer würde aber der Vorwurf wiegen denn wie viel stärker steht heute die Regierung da! wenn jetzt, nachdem gleich den äußeren Feinden die inneren niedergeworscn sind. dem machtlosen Parla­mentarismus Rechte der Königlichen Souveränetät zum Opfer gebracht werden sollten? I Kann man nur entfernt daran den­ken, daß dasjenige Ministerium, welches Jahrelang unter den schwierigsten Verhältnissen im Einklang mit dem wahren Sinne (? ?) der Verfassung die Königlichen Rechte gegen eine feindliche Partei muthig und entschlossen verrheidigt hat, unter dessen Verwaltung trotz der Widersprüche jener Partei, trotz verweigerter Geldmittel zwei Kriege glänzend geführtsind und Preußen sich eine Stellung erkämpft hat, wie vielleicht noch nie zuvor kann man daran denken, daß dieses Ministerium Königliche Rechte dem Parlamen­tarismus preisgeben und ohne feste und zuverlässige Garantien aus das allgemeine Wahlrecht bauen werde? Es ist dieß. nach unserem Dafürhalten, ebenso undenkbar, als wenn die Grafschaft Glatz dem besiegten Oesterreich abgetreten werden sollte"

Köln, 30. Juli. Der Abgeordnete von Cöln, Klaffen-Kap­pelmann, ladet auf morgen zu einer Bürgerversammlung ein, um eine Eingabe zu Gunsten der schwer bedrängten mit ihrem Ruin bedrohten freien Stadt Frankfurt a. M. zu berathen und die Bundesreform zu besprechen.

Stettin, 30. Juli. Ein preußischer höherer Beamter ist bei dem Kurfürsten von Hessen eingetroffen und hat demselben angekündigt, daß ihm. das kurhesstfche Gebiet ausgenommen, die Wahl seines Aufenthalts nunmehr sreistehe. Derselbe wird vor­läufig nach Rügen reisen.

Wien, 1. August Der König von Preußen ist gestern aus Nikolsburg abgereist" Friedensverhandlungen, welche österreichi- scherseits Baron von Brenner, preußischerseits Werther führen, werden nächstens in Prag eröffnet.

NikolSburg, 2S. Juli. Der Waffenstillstand als solcher hat erst am 2. August beginnen können, weil zu der am 26. Juli Abends Unterzeichneten Vereinbarung über denselben die Zustim­mung Italiens erforderlich war. Durch Verlängerung der Waf­fenruhe bis dahin wur e der Waffenstillstand amicipirt.

Wien, 1. August Die Waffenruhe mit Italien wird um 8 Tage verlängert, um innerhalb dieser Zeitfrist Waffenstillstands­abschluß zu ermöglichen.

Wien, 29. Juli. In. dem 9 Artikel umfassenden Entw rf der österreichisch-preußischen Friedenspräliminarien, welche Gras

mit dem König nach Berlin begibt, bereits un-

O t h m a r.

Eine Criminalgeschichte, erzählt von Heinrich Hensler.

(Fortsetzung.)

Franz Bottmann, der zweite Gesangenwärter, nunmehr vor- gerufen, sagte auf seinen Diensteid gerade so aus, wie die übri­gen Er war am Morgen deS vorhergehenden Tages bei der Re­vision und sah den Gefangenen schlafend in seinem Bette liegen-

Staatsanwalt:Wer besorgte die Reinigung der Klei­der des Angeschuldigten?"

Zeuge:Das war mein Geschäft, doch hatte ich nicht viel dabei zu thun."

Staatsanwalt: Haben Sie gestern früh die Kleider ge­reinigt?"

Zeuge:Herr von M. hatte sich gleich nach seiner Ankunft einen Schlafrock unv Pantoffeln kommen lassen, die er beständig an hatte. In voriger Woche ließ er die Kleider, welche er zuerst, als er kam, trug, mit Genehmigung des Untersuchungsrichters ge­gen die zu vertauschen, welche er heute ungezogen bat. Nachdem der Herr Verwalter sie untersucht hatte, reinigte ich sie. und dann wurden fie ausgehoben und erst heute früh dem Herrn gegeben, welcher also in den letzten 8 Tagen etwa nur den Schlasrock und die Pantoffeln in seiner Stube hatte."

Präsident zu dem Staatsanwalte:Bestehen Sie noch auf dem Anträge, den heutigen Termin auszusetzen?"

Staatsanwalt:Allerdings, es erübrigt noch, die Tochter Marie des Verwalters über diese Verhältnisse zu ver­nehmen."

Präsident:Da die vier zuletzt vernommenen Zeugen übereinstimmend aussagen, diesePerson sei schon einigeZeit bettlägerig krank, so dürfte ihre Vernehmung um so mehr überflüssig erschei­nen, als es doch wohl keines weiteren Beweises bedarf, daß der Angeklagte wohl verwahrt war."

Staatsanwalt:Entweder die Zeugen, welche die An­wesenheit des Angeklagten in L in d er Nacht von vorgestern auf gestern beschworen haben, oder die zu letzt vernommenen Zeugen, welche seine Anwesenheit in dem Arresthause in gleich feierlicher Weise behaupten, müssen sich geirrt, sie müssen notwendig falsches Zeugniß abgelegt haben. Es scheint somit unbedingt- thig.baß mit äußerster Vorsicht verfahren und nicht das Geringste versäumt wird, was Licht in diese sonderbar sich gestaltende Sache zu bringen im Stande ist. Jedenfalls muß ich den Antrag stel­len, die Kranke durch den Kreisarzt untersuchen zu lassen."

Präsident:Was bat der Herr Vertheidiger dazu zu sagen."

Vertheidiger:Nach Ansicht dieses Zeugnisses dürfte der

oder doch weg-

Karolyi, der sich ,

terzeichnet nach Nikolsburg überbrachte, ist den einzelnen Mittel­staaten keine namentliche Erwähnung gethan, ein Beweis, daß! man die Frage der künftigen Organisation des norddeutschen Bun- Antrag wohl als erledigt zurückgezogen werden des offen lassen will; nur der Ausschluß Oesterreichs ist definitiv fallen." stipulirt. In unfern offiziösen Blättern, welche noch vor weni­gen Tagen das Verbleiben Besterreichs bei Deutschland als die unerläßliche -Bedingung der Machtstellung Oesterreichs prokla- mirten, beweisen deute bereits dieselben Federn mit gewohnter Wet­terfahnenatur. daß der Ausschluß Oesterreichs diesem keinenNachtheil bringe, und die Stellung im Bunde für Oesterreich niemals von Lortheil war Ueber die Kriegsentschädigung erfahre ich. daß fie 40 Millionen beträgt, von welchen jedoch 15 Millionen als Entschädigung für den schleswig holsteinischen Besitz Oesterreichs in Abzug gebracht werden. Zwanzig Millionen sind baar zu er­legen. während der Rest von fünf Millionen sür dielErhaltung der preußischen Armee auf unserem Gebiet entfällt. Der defini­tive Friede, glaubt man. werde schonen 8 bis 14 Tagen ge

Zugleich überreicht er dem Präsidenten ein Papier. Es ist ein Zeugniß des Gerichtsarztes, daß er Marie, die Tochter deS Arresthausverwalters Braunek, seit einigen Wochen an einer star­ken Lähmung der untern Extremitäten behandle, und daß dieselbe, weil sie ihre Füße nicht gebrauchen könne, seitdem er sie in Be­handlung genommen habe. fortwährend, wie sich auch von selbst verstehe, zu Belte liege.

Der Präsident verliest das Zeugniß und reicht es dann dem ! Staatsanwalte, deres nachgenauer Anstchtzurückgibtund dann sagte:

! Der Herr Vertheidiger hat sich in allen Stücken gut vor­gesehen, lautes Anerkenntniß kann ich ihm nicht versagen, laber eben diese Thatsache gibt mir die Ueberzeugung, daß er ein ! besonderes Gewicht darauf legt, es im Ungewissen zu lassen, ob

schlossen, und gleichzeitig Böhmen und Mähren von den Preußen! der Angeschu'.digte in der erwähnten Nacht hier in dem Arrest­geräumt werden. Unter den nachträglich in kriegsgerichtliche Hause in L oder auf der Kirchweihe war Es wird schwerlich Untersuchung gezogenen höheren Offizieren soll sich auch rer hier! Jemanden von uns klar sein, wie diese Tdatsachen^ den vorlie- bereits eingetroffene Feldzeugmeister Benedek befinden Das genden vollständig erhärteten Beschuldigungen gegenüber zu einer plötzliche Auslaufen der französischen Flotte von Toulon bringt Vertheidigung oder gar Exculpation benutzt werden sollen, man mit den militärischen Bewegungen in den Donausürstenthü- aber gerade diese Ungewißheit ist mir dringendste Veranlassung

mern in Verbindung, und allgemein herrscht die Besorgniß, daß jetzt die orientalische Frage zum offenen Ausbruch gelangen dem deutschen Krieg der orientalische folgen werde (Allg Z.)

darauf zu beharren, daß mit der weiteren Verhandlung eingehal- , ten und die ganze Sache an den Untersuchungsrichter zurückver­wiesen wird, um durch weitere Zeugenvernehmungen die vorhan­den Widersprüche auszuklären " _ (Forts, folgt.)

Nrdigiri, gedruckt und verlegt von A Verschlage r.