Tübingen im 2. Vierteljahr. Den 19. Juni Anklagesache ge gen den Schneider Ulrich Reutter von Altburg wegen Körperverletzung; den 20. Juni gegen den Hafner Georg Friedrich Schwarz von Neubulach wegen durch Körperverletzung verschuldeter Tödtung; den 21. Juni gegen den Weber Johann Christian Bachteler von Altenstaig wegen Anzündung eines unbewohnten Gebäudes; den 22. Juni gegen den Bauern Anton Hellstern von Empfingen in Preußen wegen Raubs; den 23. Juni gegen den vormaligen Gemeindepfleger Johann Michael Luz von Dccken- pfronn wegen Restsetzung; den 25. Juni gegen Anna Maria, Wittwe des Maurers Jakob Kramer von Feldrennach und Genossin wegen Brandstiftung (St A.)
-- Rastatt, 10 Juni. Heute früh nach 3 Uhr hat das ganze preußische Kontingent die Festung verlassen. Am Bahnhöfe sah man Preußen, Oesterreicher und Badener sich aufs kameradschaftlichste die Hände zum Abschied reichen. Am Dienstag beginnt der Abmarsch der Oesterreicher.
— Frankfurt, 11. Juni. Außerordentliche Bundestaassitzung.
Oesterreich zeigt an, daß die preußischen Truppen in Holstein eingerückt seien, trotz des Protestes des Statthalters, und daß Man- teuffel die Rcgierungsqewalt an sich genommen. Dreß sei ein Bruch des Wiener Vertrags und des Gasteiner Provisoriums, welches Oesterreich bis zur Entscheidung des Bundes fortdauern zu lassen bereit war. Der Kaiser sei den Buntesgesetzen treu geblieben, welche verbieten, einen Streit zwischen Bundesgenossen gewaltsam auszutragen. Preußen aber habe einen Akt der Selbsthilfe unternommen, welchem mit allen Mitteln Einhalt zu thun die Bundesversammlung nack Artikel 19 der Wiener Schlußakte berufen und verpflichtet sei Der Bund müsse sich daher in die Lage setzen, für den Bundesfrieden und die innere Sicherbeit Deutschlands zu sorgen. Oesterreich beantragt schleunige Mobilmachung des ganzen Bundesheeres mit Ausnahme der zur preußischen Areme gehörigeu Korps. Abstimmung nächsten Donnerstag. (Extrabl. d. St A )
Der Artikel 19 der Wiener Schlußakte, auf welchen sich der Antrag am Bunde auf militärisches Einschreiten gegen Preußen bezieht, lautet: „Wenn zwischen Bundesgliedern Thäilichkeiten zu besorgen oder wirklich ausgeübt worden find, so ist die Bundesversammlung berufen, vorläufige Maßregeln zu ergreifen, wodurch jeder Selbsthilfe vorgebeugt und der bereits unternommenen Einhalt gethan werde. Zudem hat sie vor allem für Aufrechthal- tung des Besitzstandes Sorge zu tragen."
Der österreichische Antrag aus schleunige Mobilmachung des Bundesheeres ist der entscheidendste Schritt, der bisher auf diesem Wege gethan worden. Ohne Zweifel ist die Geduld, mit welcher Oesterreich die letzten Schritte Preußens in Holstein sich vollziehen ließ, nur aus dem Wunsch zu erklären, den lorrekten bundes- mäßigen Gang in nichts zu unterbrechen. Die Abstimmung, die auf Donnerstag anberaumt ist, wird daher auch, wie mit Bestimmtheit zu erwarten, die Majorität aus österreichischer Seite finden. Angesichts der neuesten Thatsachen werden sich die Leut schen Staaten der an sie ergangenen Aufforderung unter keinem Vorwand entziehen können.
— Frankfurt. 9 Juni. Die Bundesmilitärkommission hat gestern in später Abendstunde die bezüglich der Besatzung der Bundessestungen noch bestehenden Differenzen beseitigt. Die Besä tzung von Mainz wird gebildet zum größten Theile aus thüringischen, zum kleineren Theile aus baieriscben, die Besatzung von Rastatt aus thüringischen und badischen Truppen. In Frankfurt werden lediglich Baiern verbleiben. Der Ausmarsch der Oester- reicher und Preußen beginnt am 12. Juni, (s. dag. Rastatt.)
— München, 8. Juni. Bei der Adreßdebatte in der heul! gen Sitzung der Kammer der Abgeordneten sagte Hr. v. d. Pford- ten u. A : Wenn Oesterreich uud Preußen in Bezug auf die Berufung eines deutschen Parlaments einig seien, werde Baiern freudig zustimmen; mit einer Macht allein werde sich Baiern nickt einlaffen, weil das die Zerreißung Deutschlands sei. Ein Triasparlament (Parlament von den Mittelstaaten), welches in der Kammer als Rettungsmittel angeregt wo den, adoptire die Regierung. Baiern hege keine Hegemoniegedankeu. Der Standpunkt der Regierung sei: Erhaltung des Friedens, keine Neutralität,
Bekämpfung Dessen, der den Frieden breche, gleichviel, wer zuerst angreife. Die Elbherzogthümerfrage sei nur auf dem Bundeswege lösbar. (Bravorufe.) Völk dankte der Regierung für ihre bisherigen Versuche zur Erhaltung des Friedens
— München, 9. Juni. Die zweite Kammer bat mit 96 .gegen -15 Stimmen die Adresse nach dem Entwurf angenommen. Garantien für Volkswehr, Bundesreform und dem Reckt entsprechende Lösung der Herzogthümerfrage wurde stürmisch gefordert.
— München, 11. Juni. Der Generalstabschef der mobilen Armee, Generallieutenant v. d. Tann, ist heute Nacht in besonderer Mission nach Wien gereist.
— Wien, 12. Juni, Abends. (Neue Presse): Zwischen Oesterreich und Len Mittelstaaten haben Auseinandersetzungen stattge- funden bezüglich künftiger parlamentarischer Vertretung, wornach Oesterreich bereit wäre, auf direkte Wahlen einzugehen. Statt des Fünserdirektoriums wird ein Dreierdirektorium zugestanden mit einem nach bestimmtem Turnus wechselnden Vorsitz.
— Wien, 9. Juni. Gestern ist eine Protestnote an den Grafen Karolyi gegen den Einmarsch der Preußen in Holstein und gegen die Behauptung abgegangen, Oesterreich habe durch die Erklärung am Bunde den Gasteiner Vertrag gebrochen. Oesterreich überantwortet darin die Verantwortlichkeit für die Folgen Preußen, indem es sich volle Freiheit der Entschließungen vorbehält.
— Prag, 9 Juni. Vorgestern zogen preußische Truppen, die, von Breslau kommend, gegen Sachsen vorrückten, in solcher Menge bei Waldenburg vorbei, daß die Kohlenfuhrwerke nach anderthalb- stündigem Warten nur dadurch die Straße passiren konnten, daß man ihnen die Durchbrechung des Militärzuges gewährte.
— Berlin, 8. Juni. Auf Anregung einiger Damen, sowie der Herren Virchow, Twesten rc. wird hier ein Centralkomite zur Beschaffung wohlfeiler und guter Nahrungsmittel für Minderbemittelte gebildet, und sollen Volksküchen errichtet werden, wozu das Stammkapital durch öffentlichen Aufruf beschafft wird. — Wie man hört, wird fortan und bis auf Weiteres wiederum eine polizeiliche Revision ankommender Eisenbahnzüge, wie sie unter dem Regime Hinckeldep's gewaltet, eingeführt werden. Gestern Abend wurden die auf dem Anhaltischen und Potsdamer Bahnhofe angekommenen Schnellzüge revidirt, und es waren wohl 60 Polizeibeamte dazu verwandt worden. — Der Geh. Kommerzienrath Krupp hat einem Freikorps, dessen Bildung hier vorbereitet ist, 6 gezogene 6-Psünder zum Geschenk gemacht.
— Berlin, i2. Juni, Abends. Der österreichische Antrag war dem preußischen Bundestagsgcsandten nicht Tags zuvor, wie geschäftsordnungsmäßig, mitgetheilt worden, was dieser in der Sitzung konstaiirte und für Verweisung des Antrags .an den Ausschuß stimmte. Die österreichische Antwort vom 9 Juni auf die preußische Depesche vom 3 Juni ist heute hier übergegen worden. Sie trägt nach Form und Inhalt nahezu den Charakter der Kriegserklärung. Man erwartet die Abberufung der beiderseitigen Gesandten.
— Berlin, 11 Juni. Oesterreich regte vertraulich bei den deutschen Regierungen in Frankfurt die zu beantragende Mobilmachung der Bundeskontingente an. Tie Antworten waren keineswegs überall zustimmend Alle Aussichten auf friedliche Lösung sind noch keineswegs abgeschnitten. (Tel.d.SchwM.)
— Ein Ehepaar in Böckum, das am 5. d. M. seine goldene Hochzeit feiern wollte, begab sich zur Kircke, um dem Herrn sein Dankopfer darzubringen Da in dem Augenblicke — als die Jubilarin an der Seite des Jubilars aus den Händen des Priesters die heilige Kommunion empfangen will, sinkt sie zusammen — und ist eine Leiche.
— In Itzehoe fand am 8. Juni eine von 1500 Männern besuchte Versammlung statt, in welcher unter stürmischer Begeisterung folgende Resolutionen einstimmig gefaßt wurden: 1) Angesichts der bedrohten Lage des Landes wiederholen wir Las Ge- löbniß, nach wie vor an dem Recht unseres Landes auf seine Selbstständrgkeit unter dem angestammten und erkorenen Fürsten, Herzog Friedrich, festzuhalten. 2) Wir erklären, daß weder Drohungen noch Lockungen, weder List noch Gewalt uns verfübren sollen, durch Abfall von diesen unfern Gelöbnissen unser Ge-
! wissen zu beschweren. 3) Wir erklären, daß wir viclmebr bereit