marck: Preußen könne Württemberg nicht als vorzugsweise legi- timirl zu Friedensmahnungen ansehen, da Württemberg neben Oesterreich und Sachsen zuerst durch seine Rüstungen Anlaß zu der gegenwärtigen Spannung gegeben habe. Die Note bebt das Perhältniß der württembergischen Rüstungen zu der österreichiscben Circulardepesche vom 16. März hervor, welche die Bundesstaaten zur Mobilmachung aufforderte. Hiedurch seien auch Preußens Rüstungen veranlaßt und die Kriegsgefahr beraufbescbworen worden Hätten Oesterreich, Sachsen und Württemberg im März nicht gerüstet, so würde die Lage sich schwerlich in kriegerischer Richtung entwickelt haben.
— Berlin 25 Mai. Ein Frankfurter Telegramm berichtet: Der Bund soll wegen der am Kongresse zu behandelnden Frage der Bundesresorm zur Absendung eines Bevollmächtigten eingeladen werden. Mehrere Regierungen sind gegen eine solche Einmischung in die inneren Angelegenheiten Deutschlands. Die Frage soll in der nächsten Sitzung der Bundesversammlung zur Erörterung kommen.
— Berlin, 28. Mai. Der Staats-Anzeiger bringt die schriftlichen Aufzeichnungen der vom preußischen Bundestagßgesandten in der Sitzung des Neunerausschusses vom 11. Mai gemachten vertraulichen Mittheilurg über die preußischen Bundesreform- vorscbläge. Demnach gingen diese letzteren dahin: .O ein Parlament aci Iwc, gewählt nach dem Reichswahlgesetz von 1849; 8. mit diesem Parlament soll vereinbart werden : 1) ein neues Bundesorgan mit periodisch zusammentretender Nationalvertretung; 2) die Erweiterung der Kompetenz dieses Bundesorgans auf alle gemeinnützigen Materien, welche bisher auf freien Konferenzen oder durch Kommissionen verhandelt wurden; 8) allgemeine Zoll und Handelsgesetzgebung in prinzivieller Beziehung; 4) Verkehrswesen zwischen den verschiedenen Staatsgebieten; 5^) Schutz des deutschen Handels im Auslande; 6) Gründung einer deutschen Kriegsmarine; 7) Consolidirung der Militärmacht Deutschlands mittelst durchgreifender Revision der Bundeskriegsverfassung.
— Berlin, 27. Mai Die Hunderte von Friedensadressen an den König beweisen, daß die preußische Bevölkerung den Krieg nicht will. Sie will ihn so wenig, daß zwar Bismarck darum noch lange nicht daran denkt, seine Politik zu ändern, aber Las Volk wird durch die Wahlen im nächsten Monat ein Abgeordnetenhaus mit dem Mandat zu Stande bringen, das aus Aushungerung der ministeriellen Politik hinausläuft. — Gestern Abend batten wir einen Straßentumult. In der zwischen der neuen Königs- und der Landsbergerstraße belegenen engen Gollnows- straße war es zwischen Reservisten oder Landwehrmännern und einem Droschkenkutscher, Abends 8 Uhr, zu einem Streite gekommen, der alsbald immer größere Verhältnisse annahm und durch das Hinzukvmmen vieler Männer, und namentlich auch Frauen, zu einem Tumulte ausartete, der allerlei starke Ausschreitungen im Gefolge hatte. An Widersetzlichkeiten verschiedener Art und Einwerfen von Laternen und anderem Unfug fehlte es nicht. Die berittene Schutzmannschast schritt ein und säuberte, mit Un terstützung eines Militärpikets von 30 Mann die Straßen. Um Mitternacht war die Ruhe wieder hergestellt. (Bedeutungsvollere Ruhestörungen dürften sich voraussichtlich wiederholen.)
—Aus Westphalen, 25. Mai, wird der „Rh. Ztg " ge schrieben: In dem Orte Corschenbroich sind im Laufe dieser Woche zwei Personen unter Erscheinungen gestorben, welche es im höchsten Grade wahrscheinlich erscheinen lassen. daß dieselben dem Brechdurchfall (Cholera) erlegen sind Die erste Person war vorigen Freitag von einer Wallfabrtsreise aus Trier zurückgekehrt und starb Pfingstmontag, den 21.d. M. Eine zweite Frau, welche die Gestorbene gepflegt hatte,, erkrankte vorgestern morgen; sie war gegen Abend bereits eine Leiche und wurde nach ärztlicher Besichtigung ohne Aufschub in derselben Nacht beerdigt. Seitdem sind noch zwei Personen, Verwandte der Erstgestorbenen. erkrankt, doch wird deren Zustand von den behandelnden Aerzten für nicht gefährlich erklärt. Die schon ljetzt allenthalben vereinzelt, wie zur Warnung, auftretende Cholera läßt uns, wenn zu der no orisch ungesunden Witterung des Jahres noch all die krankheitsjöidernden Verhältnisse eines Krieaes
hinzukommen sollten, eine grauenhafte Zukunft für Deutschland fürchten. Wehe dann den Urhebern des gräßlichen Elends!
— Wien, 26. Mai. Die Königin Olga von Württemberg ist heute Mittag hier eingetroffen und, vom Kaiser am Bahnhof empfangen, in der Hofburg abgestiegen.
— Wien, 27. Mai, Abends. (Authentisch.) Die Pforte zeigte am Freitag den Großmächten an. sie werde sofort die Donau- fürstenthümer militärisch ckkupiren, was wahrscheinlich bereits geschehen.
— Wien, 28. Mai. Die Nachricht von dem Einrücken der Türken in die Donaufürftenthümer ist ungenau — Die Oesterr. Ztg. schreibt, Oesterreich Werke den Kongreß beschicken, ohne den Rechten und der Ehre des Landes Eintrag zu thun. Oesterreich werde keine Ansprüche mit bewaffneter Hand erheben, aber es werde auch gegenüber den Ansprüchen anderer Mächte nicht entwaffnen.
— Wien, 27 Mai. Der Kaiser sagte in seiner Ansprache bei der gestrigen Garnisonsrevue: er habe mir Befriedigung die Kriegsbegeisterung der Truppen wahrgenommen, dieselbe sei ein großer Faktor zur möglichen Friedenserhaltung. Sollten jedoch die Bestrebungen, den Krieg abzuhalten, scheitern, so werte die Kriegsbegeisterung nicht minder ein segensreicher Faktor für die Armee, die Völker und das Vaterland werden. — Der Prinz von Hohenzollern hat den Mächten seine Thronbesteiguug als Hospo- dar von Rumänien angezeigt.
Schweiz. Dem „Handels Courr " wird aus Eriswhl (Can- lon Bern) ein schauderhafter Raudansall mitgetheilt. Am 20. Mai, etwa um 9 Uhr, Abends, passirte Lehrer Geiser von Hornbach auf seinem Heimwege von Eriswyl her den Tunnel auf der Erizenberghöhe. Zwei in Blonsen gekleidete Individuen schlugen ihn dort plötzlich mit Knitteln zu Boden, beraubten ihn seiner Ubr und Baarschaft, sowie sämmtlicher Kleidungsstücke mit Ausnahme von Hosen und Hemd. Die Mordgestllen banden ihm nun die Hände auf den Rücken und steckten ihm ein Stück Holz in den Mund In diesem Zustand schleppten sie den Hilflosen auf eine Anhöhe und nagelten ihn dort vermittelst eines großen eisernen Nagels in liegender Haltung durch den einen Fuß an eine Tanne In diesem jämmerlichen Zustand, halb nackt, von der empfindlichen Kälte und gräßlichen Schmenen gepeinigt, mußte Geiser ausharrcn bis am Morgen, wo es ihm endlich gelang, das durch Len Mund gezogene Stück Holz zu zernagen und um Hilfe zu rufen. Nur dem Zufall ist es zu verdanken, daß ein Mann das Gewimmer des Unglücklichen hörte und denselben seiner Fesseln befreien konnte. Lehrer Geiser soll sich in einem zu den ausgestandenen Leiden verhättnißmäßig befriedigenden Zustande befinden, doch sind die Folgen seiner Fußwunde noch nicht zu ermessen. Es steht zu hoffen,, daß die Behörde mit größter Energie die Spur der Verbrecher verfolgen wird, damit dieselben ihrer Strafe nicht entgehen
Italien. Florenz, 24. Mai. Admiral Persano hat sein Kommando angetreteu und einen Tagesbefehl veröffentlicht, worin er den baldigen Beginn des Feldzugs ankündigt Man will wisse , die preußische Flotte solle gleichfalls ins adriatiscke Meer kommen und zur Befreiung Venetiens Mitwirken. (?)— Auf Befehl der Regierung ist der Telegraph zwischen Neapel und Rom abgerissen worden Man will jede Verbindung mit den Reaktonä rcn von Neapel und Rom, wo ihr Hauptquartier ist, abschneiden. — 26. Mai. Oesterreich trifft Vorkehrungen für den Fall, daß es einige Städte Venetiens räumen und seine Truppen in das Viereck zurückzieben müßte. Ein den Verwaltungsbeamten zugegangenes Rundschreiben legt, für diesen Fall, den Beamten die Pflicht auf, der Armee zu folgen, und erklärt diejenigen als Ver räther, welche nichtösterreichischen Behörden folgen würden.
Frankreich Paris, 29 Mai Identische Einladungsschreiben zu drn Ministerkonferenzen wurden heule nach Wien, Berlin, Florenz und an den Bundestag übergeben Als Bevollmächtigte können die Gesandten fungiren. Von England, Rußland, Preußen erscheinen wahrscheinlich die Premierminister. In die deutsche Reformfrage, soweit sie die Bundesverfassung betrifft, wird keine Einmischung beabsichtigt. Die Zuziehung deö Bundes wird für erforderlich erachtet, weil durch die venetianische, schleswig-holstei-