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— Die deutschen Oesterreicher haben mit den Ungarn selten aus gutem Fuße gestanden, wünschen ihnen aber jetzt dennoch den Sieg. Sie sehen es als ein unschätzbares Glück an, wenn die Ungarn ihr altes und neues Versassungsrecht gegen die Regierung durchsetzen; denn sie spekuliren darauf, daß man ihnen dann auch ihr Recht nicht länger vorenthalten könne. Ein alter Wiener Bürger drückte das in öffentlicher Wahlversammlung so aus: „Uns Oesterreichern hat man drei Verfassungen verliehen und bald wieder genommen; unsere vierte Constitution, vie Februarverfassung, ist zwar nur fistir», aber auch so gut wie todt. Uns Deutschen in Oesterreich ergeht es wie een sanften, stillen Kindern, denen man wenig oder gar nichts gibt, weil man alle Gaben und Geschenke dazu verwendet, um den lärmenden und schreienden Kindern das Maul zu stopfen." „Wir Deutschen," setzte er mit unwiderstehlicher Logik, die rauschenden Beifall fand, hinzu, „wir sollten daS Beispiel der andern Völker nachahmen."
Italien Aus Rom, vom 17. wird gemeldet: Der russische Gesandte von Meyendorff ist abgereist; er ließ bloß einen offiziösen Agenten beim hl. Stuhle zurück. Cardinal Amonelli soll erklärt haben, daß alle Beziehungen mit Rußland jetzt unmöglich seien von wegen der gegen die Katholiken in jenem Reiche gerichteten Verfolgungen. - Der Papst hat alle Bischöfe der Christenheit auf Juni 1867 nach Rom einberufen, um der achtzehnten Säkularfeier des Martyriums St Peters beizuwohnen. — Florenz, 23. März. In der Abgeordnetensitzung bekämpft der Minister des Innern Mazzini's Wahl in Messina aus gesetzlichen und politischen Gründen. Die Wahl wird annullirt mit 191 gegen 107 Stimmen.
Türkei. Briefe aus Konstantinopel vom 14. März melden, daß die Pforte Angesichts der Ereignisse, welche in Rumänien vor sich gegangen find, die Soldaten ihrer Reserve ein zuberufen beabsichtigt. — Ein Erdbeben hat in Avlona (einem türkischen Hafen am adriatischen Meer) 200 Häuser zerstört. — Konstantinopel, 17. März. Der Pfortengesandte in Paris erhielt den Auftrag, gegen jeden die vertragsmäßigen Rechte der Pforte beeinträchtigenden Konserenzbeschluß zu protestiren, eventuell dir Konferenz zu verlassen Admiral Simon, Kommandant des französischen Levantegeschwaders, ist an die syrische Küste beordert.
Polen. Warschau, 17. März. Mitten in der allgemeinen politischen Ruhe, die jetzt hier herrscht, macht es um so größeres Aufsehen, daß viele katholische Geistliche in der letzten Zeit verhaftet und in der Citadelle festgehalten werden Besonders hat überrascht die Verhaftung des Geistlicken Kolian, der als entschiedener Gegner der Revolution überhaupt und als talentvoller Redner von der Kanzel herab gegen alle revolutionären Bestrebungen unaufhörlich gekämpft hat. Er wurde bis jetzt seitens der Regierung mit großer Zuvorkommenheit behandelt. Die Ursache dieser Verhaftungen von Geistlichen wird verschieden angegeben; die richtige Aufgabe dürste jedoch diese seil,, daß es sich um eine Untersuchung handelt wegen eines päpstlichen Schreibens, das der hiesigen Diöcese ohne Vermittelung .der Regierung zugegangen ist. Das Schreiben betras die Angelegenheit der Leitung der hiesigen Diöcese.
Unterhaltendes.
O t h m a r.
Ein« Hriminalgeschlchte, erzählt von Heinrich Hen«ler.
(Fortsetzung )
Nach mehr als Jahresfrist kam endlich wieder rin Brief mit der Nachricht, er sei im Begriff« sich zu verheirathen, er habe sich mit der Tochter eines reichen Kaufmanns in Rio verlobt unv bedürfe, weil er ein großes Landgut in der Nähe der Stadt erkauft habe, eine bedeutende Summe, deren baldiger Uebersendung er entgegensehe, um seine eingegangenen mannigfachen Verbindlich- keiten erfüllen zu können.
ters hatte er genannt, es war ihm nur um das Geld zu thun,
— das war unveik nnbar.
Die gewünschte sehr bedeutende Summe umfaßte beinahe den ganzen Erbtheil, den Theodor dermaleinst zu hoffen hatte, und obschon keine Verpflichtung für seine Eltern vorlag, bei ihrem Lrben überhaupt einen Theil des Vermögens, am wenigsten aber eine so große Summe herzugeben, so würden sie sich Loch mit Freuden vazu entschlossen haben, wenn sie die Ueberzeugung gehabt hätten, damit bas Glück ihres Sohnes begründen zu können. Sie hatten jedoch alle Ursache, > dieser Geschichte nicht so kurzer Hand vollen Glauben zu schenken vielmehr fürchr.ten sie, das Geld möge verloren sein. Sie verlangten also erst genauere Auskunft v:n Theodor, während sie sich zugleich an ein Handlungshaus in Amsterdam wendeten, das mit Brasilien in Geschäfts-Verbindung stand, und dieses ersuchten, an Ort und Stelle zuverlässige Nachrichten einzuziehen und ihnen mitzutheilen.
Die Nachricht kam, — sie war aber höchst unerwartet. Theodor hatte auch in Rio Händel angefangen, und war in einem Duelle getödtet worden I
Der Schmerz der Eltern, ihren Sohn zu verlieren, und dazu noch auf solche Art.fs rvar außerordentlich. Sie suchten aus demselben Wege genauere Auskunft zu erhalten; — Alles was sie erfahren konnten, war Folgendes: Theodor hatte mit zwei brasilianischen Offizieren an einem öffentlichen Orte einen Wortstreit geführt, der mit emer Forderung aus Pistolen endigte. Die Duelle halten aber seit einiger Zeit in Brasilien so überhand genommen, daß erst vor Kurzem ein geschöntes Mandat dagegen erschienen war. Die Duellanten trafen sich deßhalb in einer entfernteren Gegend, — die Offiziere waren später zurückgekchrt, Theodor nicht, er war verschwunden Man erzählte sich in den Kreisen, die er während seines Aufenthaltes in d°r Hauptstadt vorzugsweise zu besuchen Pflegte, er sei nach Europa zurückgereist. Er hatte nämlich alle seine Effekten mitgenommen und diese Nachricht bei seinem Wirthe hinterlaflen. Den eifrigen Nachforschungen des darum dringend angegangenen Handlungshauses war «» jeroch gelungen, den Sekundanten deS jungen Deutschen zu erfahren, and dieser gab unter dem Siegel des Geheimnisses gegen Verpfändung des Ehrenwortes die bestimmte Versicherung, Theodor sei erschossen worden, schon der erste Schuß habe seine Brust durchbohrt; und er sei alsbald lautlos verschieden.
Alle Bemühungen, einen Todtenschein zu erhalten, waren unter diesen Verhältnissen natürlich vergebens. Der Vater bezahlte die hinterlassenen bedeutenden Schulden seines SohneS, und ließ in dortigen Zeitungen zu allem Ueberflusse entsprechende Aufforderungen veröffentlichen und von Zeit zu Zeit wiederholen,
— er setzte sogar eine bedeutende Belohnung für den aus, der ihm Nachricht von dem Leben, oder auch nur bestimmte, zuverlässige Nachricht von dem Tode seines Sohnes verschaffe, — aber Alles war vergebens, und somit mußte man der Aussage seines Sekundanten Glauben schenken
Etwa zwei Jahre nach diesem Ereignisse heirathete Othmar v M. die Schwester Theodors, die nun daS einzige Kind deS Baron B und somit dessen alleinige Erbin war.
Dem alten Herrn hatte, wie man sich denken kann, die Aufführung und dieses Ende seines einzigen Sohnes und des Stammhalters der Fami ie B. jederzeit gar vielen Kummer gemacht, — er zog sich nach und nach von allen Gesellschaften zurück und vermied fast ängstlich jede Zerstreuung, unv war überhaupt für die Freuden dieses Lebens völlig abgestorben. Nur ein seit vielen Jahren ihm befreundeter Nachbar, der Gutsbesitzer Florenti« von D, besuchte ihn fortwährend und ließ sich nie abweisen. Das geschah aber keineswegs aus Freundschaft, sondern wie nach und nach hervortrat, aus selbstsüchtigen Absichten. Er wollte nämlich die reiche Erbin für seinen Sohn gewinnen, da aber der ihr zugedachte Bräutigam dem Mädchen nickt gefieljund gleichzeitig Othmar mit mehr Glück als Bewerber austrat, so lehnte der Vater die ihm zugevachte Ehre einfach aber sehr entschieden ab, indem er, um jedes weitere Drängen abzuschneiden, die Verlobung
In dem Briefe stand aber kein Wort von einer Bitte um . .
die Einwilligung der Eltern zur vorhabenden Heiratk, — nicht per jungen Leute rasch gestattete und absichtlich veröffentlichte.
einmal den Namen der Braut oder des kün ftigen Schwie gerva _ (Forlfttzuvg folgt)
V edigirr, »»drucke uud verleg» von AVelschläger. ^ "