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16 Jahren, in den Fluß; aber das Wasser fordert auch noch die­ses Opfer. Leider befand sich augenblicklich zur Hilfeleistung Niemand zur Stelle und erst nach einer Viertelstunde zog man die Mutter mit ihren 3 Kindern als Leichen an's Ufer. Das vierte und jüngste Kind, ein Knabe von 6 Jahren, war schnell nach Hause gelaufen, und hatte dem kranken Vater die Hiobspost gebracht.

Altona, 2. August. DieSchleswig-Holsteinische Ztg," berichtet, die Landesregierung in Kiel habe den Stadteollegien ge­antwortet, sie habe bei der Obcrcivilbchörde beantragt, zu veran­lassen , daß Hr. May der zuständigen Civilobrigkeit übergeben werde; falls gegen ihn etwas vorliege, so werde auf dem Rechts­weg gegen ihn Verfahren werden.

Aus Kiel wird gemeldet, daß die Räthe des Herzogs, um jeden Schein einerNebenregierung" zu beseitigen, sich aus des­sen Nähe entfernt haben. Hr. Franke weilt auf der Insel Föhr, das Seebad gebrauchend, und Hr. Samwer in Gotha. Aus Rendsburg den 1. August wird der Wes. Ztg. telegraphier: May wird demnächst nach Preußen abgeführt, um von einem preußi­schen Gerichte abgeurtheilt zu werden.

Frankreich. Paris. 29. Juli. Man schreibt derNatio- nal-Zeitung: Der Kaiser hat soeben noch sehr unwillkommenes Material" zu seiner Broschüre über Algerien und die dortigen Einwohner erhalten. Es wäre von hier aus Befehl gegeben wor­den, -ein Regiment Turkos nach Mexiko zu schicken. Als diesel­ben eingeschifft werden sollten, weigerten sie den Gehorsam und brachen in offene Empörung aus, so daß die französische Trup­pen alarmirt werden und von den Waffen Gebrauch machen muß­ten. Aus Seiten der Turkos find mehrere gefallen, zahlreiche Verwundungen haben stattgefunden, aber das Regiment ist unter diesen Umständen nicht nach Mexiko gesandt worden. Mar­schall Bazaine hat den Marquis de Montholon, Gesandten in Washington, benachrichtigt, daß, um jeden Confliet mit der Union zu vermeiden, von jetzt ab die mexikanischen Grenzen nicht mehr durch Franzosen, sondern durch kaff mexikanische Truppen besetzt werden sollen.

Aus Italien kommt die Nachricht, daß Garibaldi und Maz- zini gegen fjeden Versöhnungsversuch mit Rom protcstirt haben. Mazzini hat wieder ein Sendschreiben veröffentlicht, in welchem er die neapolitanische Jugend auffordert, sich um Garibaldi zu schaareN, sobald der Tag der That gekommen sein werde, Im Neapolitanischen Hausen die Briganten uoch immer in ihrer Weise, Nach der neapolitanischen Ztg. Patria hat eine Räuber­bande von ungefähr 30 Individuen den Flecken San Petito in der Nähe von Piedimonte d'Alife überfallen und daselbst vier als Patrioten bekannte Männer ermordet. Florenz. 2, Aüg. Das Gerücht von einer Zusammenkunft des Königs mit dem Papst ist grundlos. Man glaubt allgemein, eine persönliche An­näherung des Königs und des Papstes sei erst möglich nach der Nennung RomS durch die französischen Truppen. Ancona, l.'Aug, Gestern 25, heute 22 Todte an der Cholera. (Also lan gsame, Ab nahme. Am 30 . Juli wa ren es 26 Todesfälle.)

Unterhaltendes Ä r ii s i u R o s e nA i.

IRussische Geschickte.

Das erste Friedensjahr nach den letzten europäischen Kriegen war das Jahr meiner ersten Reise von Hamburg, denn mein Oheim bestimmte mich, zu meiner nicht geringen Freude, im Früh­sommer des Jahrs 1316 im Alter von 22 Jahren zn seinem Agenten und Repräsentanten in der FirmaSkinderkin und Comp, in St. Petersburg. Das Haus arbeitete nur in Pelzwaaren und die Zahl der Compagnons war so bedeutend, daß ich nicht mehr im Staude bin, mich der Hälfte ihrer Namen zu entsinnen. Es waren theils in Petersburg selbst, theils in andern europäi­schen Staaten ansässige Russen, Deutsche und Engländer, und mein Oheim fungirte als Compagnon uud General-Agent der Gesellschaft für den Norden von Deutschland in der großen Rei­chenstraße in Hamburg, während sich das Hauptcomptoir in St. Petersburg befand.

Ich sollte die Welt sehen, und natürlich in kurzer Zeit eine große Rolle spielen!

Der Gratulationen und guten Rathschläge von Seiten der Meinigen war kein Ende. Meine jungfräulichen Tanten ermahn­ten mich, die Grenzen der Schicklichkeit innezuhalten, meine Groß­mutter warnte mich vor Stolz und Uebermuth, und der Pastor, welcher mich consirmirt hatte, beschwor mich, unserem Glauben treu zu bleiben und mich nicht zur griechischen Religion bekehren zu lassen.

Eine Reise von Hamburg nach St. Petersburg war zu je­ner Zeit ein langwieriges nnd keineswegs gefahrloses Unternehmen; doch langte ich endlich wohlbehalten an meinem Bestimmungsorte an. Das Geschäftshaus von Skindcrkin und Comp, in welchem zugleich das Comptoirpersonal domicilirt war, übertraf an Ge­räumigkeit in der That meine kühnsten Erwartungen, und lag in einem abgelegenen Staditheile hart an der Neva. Zu Peters Zeit hatte sich hier der Adel Paläste erbaut, während der Regie­rung Catharina's II. diese Gegend (vielleicht wegen der dortigen häufigen Überschwemmungen) jedoch wieder gänzlich verlassen, wo­rauf sie von dem Kaufmannsstandc in Besitz genommen worden war. Die Paläste verwandelten sich dann in Speicher und Comp- toire, deren Miethzins einen nicht unbedeutenden Theil der Neve - nüen ihrer adeligen Eigenthümer hildete.

In einem der größten und prächtigsten derselben hatte Slin- derkin und Comp, den Schauplatz ihrer Thäligkeit ausgeschlagen, Niemals wohl haben so herrliche Säle, Gallerten und Cocridore kaufmännisches Walten in ihren Raumen gesehen, wie diese, und meine kühnsten Träume hätten sich nimmer zu de» enormen Quan­titäten Pelzwerk aas Finnland, Lappland und Sibirien verstiegen, welche ich hier aufgespeichert, notirt und verladen sah. Dennoch aber belehrte mich meine Stellung in St. Petersburg 'sehr bald von der Wahrheit des alten Sprüchwortes, daß nicht alles Gold ist, was glänzt. Unser ganzes Etablissement war völlig nach dem allrussischen Fuße eingerichtet, das heißt, wie zu Zeiten des Feu- dalsystems, wo jedes Waarenlager zugleich Festung, und jeder Kaufmann auch zugleich Kriegsknecht sein mußte. Wir alle ar­beiteten, wohnten und speisten zusammen in unserem kaufmänni­schen Palaste, doch geschah das Ejne wie das Andere immer in feierlicher, ernster Weise, stumm und mit restgnirter Miene, als gälte es Bußübung für schwere Sünden. Unser ganzes häusli­ches Leben schmeckte ln der That theils nach dem Kloster und theM nach dew Kasernen. Alle Stunden wurden mit der. pein­lichsten Genauigkeit innegehalten, und die Mahlzeiten durch oine große Glocke eingeläutet, welche wahre Grabestöne von sich gab. Jeder Pult und jeder Sessel war von dem andern durch eine hohe, dichte Einfriedigung geschieden, so daß jeder Comptoirisk wie ein Gefangener in feiner Zelle saß, während Alle eben genug von einander sehen könnten, "üm sich gegenseitig zu beobachten. Mit meinerGlanzrolle unter den englischen und russischen College» war es ebenfalls nichts, da Keiner von ihnen auch nur ein Wvrt Deutsch verstand, und ich cs genau ebensoweit im Russischen ge­krackt hatte. Nur eins wurde mir bald genug klar. Man be­ehrte mich "mit der gründlichsten Verachtung, und zwar lediglich, weil mein Oheim von allen Compagnons den geringsten Antheil im Geschäfte hatte: -

Liese letztere Thatsache wurde mir durch die Stellung mei­nes Seniors im deutschen Geschäfte, meines einzigen Mitarbeiters in meiner Branche bald noch klarer. Der Mann war aus Leip­zig gebürtig. sein Name lautete Franz Stark nnd der letztere mußte vermulhlick für die russischen Ohren - einen etwas aristokratischen Klang haben, denn besonders diese Nationalität unserer Kollegen begegneten ihm stets mit der größten Zuvorkommenheit und Ehr­erbietung _ (Forts, folgt.).

(Eine Gastwirths-Speknlallon.) Ein neues Mittel, die Leute in das Gasthaus zu locken, hat ein Wirth in Lerchenfeld erfunden. Derselbe läßt allabendlichKnödel mit Sckwarzsleisck" für seine Gäste bereiten. In einem der elfteren befindet sich eine Marke von Metall. Derjenige Gast, welcher diese Marke in seinem Knödel findet, erhält durch acht Tage Knödel mit Schwarzfleisch gratis..

Ucvigirt, -edruckr und vcr>e«t v»n A. Geltchläger