232

steht; muß aber dieses die ganze Classe zu büßen haben? Und Muß sich dadurch ein solch erbärmliches Vorurtheil bilden?

Fest zu behaupten ist soviel:daß selten angetretene Kinder die richtige Erziehung daheim zu genießen haben, und das haupt­sächlich deßhalb, weil einer Mutter bei ihrem angetretenen Kinde, für welches sie, wenn nicht gerade den gleich hohen Grad Liebe, doch gewiß die ganz gleiche Sorgfalt verwendet, weit vher die Hände gebunden sind; hingegen eine Mutter beim eigenen Kinde ungenirt nach eigenem Willen und Gutdünken handeln kann und darf, was ihr Vieles erleichtert, besonders da in gegenwärtigem Zeitpunkt neben liebender Güte auch ernste Strenge bei richtiger Erziehung angewendet werden muß; dieß aber ist sehr schwer aus- zusühren für eine zweite Mutter, wenn sie nicht für eine wirkliche Stiefmutter gelten soll und somit bleibt Manches liegen, was aus­gehoben werden sollte!

Der beste Trost bei dieser wichtigen Aufgabe ist, verbunden mit mächtiger Hilfe von Dem, der die Herzen erforschet,ein gu­tes Gewissen!"

Tagestteuiezkeitcn.

Das erledigte Kameralamt Neuthin wurde,dem Oberrcch- nungskammer-Rcvisor Colb übertragen.

Stuttgart, 18. Juli. (176. Sitzung der Abgeordnetenkammer) Ersten Gegen stand der Tagesordnung bildet die Exigenz von 330,000 fl. für eine Baugewerkeschule dahier. DasBedürsniß einer solchen und die Leistungen dieser vorzüglichen Anstalt werden allgemein anerkannt und es wird auch nach mehr als dreistündiger Debatte die Exigenz mit 48 gegen 28 Stimmen.ungeschmälert verwilligt Ander» verhält es sich mit der Baustelle. Diese hat seiner Zeit das Kriegsmi­nisterium um 2300 fl. von der Finanzverwaltung gekauft, um vas ehemalige Gardercithaus darauf zu bauen, und hat sie nun um 38,800 fl. wieder an sie verkauft, also einen Prosit von 36,500 fl. gem cht, mit. dem ein neues Neithaus hinter der Rei­terkaserne gebaut wurde, ohne daß die Stände hievon ein Wort erfuhren. Deßhalb machte sich die Meinung geltend, daß der Staat sich selbst Nichts abzukaufen brauche, sondern Staatsgüter zu Staatszwecken stets unentgeltlich herzugeben sind, damit Muck- mackeleien, wie sie hier verkamen, vermieden werden, und es wurde der Antrag des Frhrn. v. Gültlingen, für den Bau­platz Nichts zu verwilligen, mit 67 gegen 9 Stimmen angenom­men, das Verfahren des Kriegsministeriums aber als verfassungs­widrig bezeichnet und scharf gerügt. Sodann werden 66,000 fl. für ein physiologisches Institut in Tübingen und 1500 fl. zu dessen Ausmöblirung ohne Debatte genehmigt, und dann geht die Kammer auch zu den Bauten in Witdbad über, für die 300,000 fl. ausgesetzt sind, die aber nicht mehr ganz erledigt werden. 19 Juli. (177. Sitzung.) Der Minister des Innern bringt einen Gesetzesentwurf über die Entschädigung sür Schaden an Gebäu­den ein, der durch Explosionen veranlaßt wurde; derselbe wird an die Commission sür innere Verwaltung gegeben. Die Exigenz von 15,000 fl. sür Wandelgänge in Wildbad mit Verkaufsbuden führt die Kammer nochmals aus die den Tag vorher abge­lehnt e Trinkhalle zurück, welche heute mit 37 gegen 33 Stim­men bewilligt wird. Die Exigenz für Wandelgänge wird mit 36 gegen 34 Stimmen als nicht unbedingt nothwenrig hierauf ab- gelchnt, dagegen die sür den Neubau des Katharinenstisles ausge­wogenen 75,000 fl. mit großer Mehrheit genehmigt. Von der Nothwendigkeit eines Neubaus der Kirche vermag sich die Kam­mer nicht zu überzeugen, es wird also die hiefür ausgeworfene Exigenz von 80,000 fl. abgelehnt; womit die Positionen über Wildbad ihre Erledigung gefunden haben. Es folgt nun die Ve- rathung des Berichts der Finanzcommission über die Exigenz von 920,000 fl. für den Neubau eines Bibliotbekgebäudes und eines Archivs. Die ganze Exigenz wird nach einiger Debatte mit 46 gegen 29 Stimmen abgelehnt, ebenso der Antrag Teffner's, sie für den nächsten Etat zurückzulegcn, mit 50 gegen 25 Stimmen, woraus die sür ein neues Bibliothekgebände ausgeworfene Summe von 520,000-fl. 37 Stimmen für und 37 gegen sich erhält; der Präsident, dem nun die Entscheidung zukommt, stimmt mit Ja, die Bibliothek wird also gebaut; dagegen wird schließlich der Bau eines neuen Archivgcbäudes mit 43 gegen 31 Stimmen abgelchnt.

Stuttgart, 20. Juli. Die erste Kammer hat die Staats­verträge mit Preußen und Baden, den Zollvereinsvertrag und die Uebereinkunst mit Frankreich wegen des Schutzes des literarischen Eigenthums einstimmig genehmigt.

Frankfurt, 21. Juli. Die Bundescommission sür Aus­arbeitung eines Gesetzes zur Einführung gleichen Maaßes und Gewichtes in Deutschland ist zu ihrer ersten Sitzung zusammen­getreten.

Tie Bair. Z. veröffentlicht das Gesetz, durch welches für ganz Baiern ein gleichmäßiger Portosatz von 3 Kreuzern für den Brief eingeführt wird. Auch können vom 1. August 1865 an alle Briefe von 1 Lolh Gewicht bis zu 15 Loth (>/, Zoll­pfund um die Taxe von bloß 6 Kreuzern im ganzen Umfang des Königreichs befördert werden.

Regensburg, 22. Juli. Gestern hat hier ein preußischer Ministerconseil hinter Vorsitz des Königs Wilhelm stattgefunden, woz i sämmtliche Minister und der preußische Gesandte in Paris, Hr. v. Goltz, hierher berufen waren.

Berlin, 20. Juli. (Schw.M.) Oesterreich gegenüber tritt jetzt eine Nachgiebigkeit Preußens, jedoch in beschränktem Maß, hervor. Die neueste preußische Depesche nach Wien ist versöhn­lich in der Form, beharrt jedoch auf den bekannten preußischen Forderungen. Oesterreich billigt den neuestens projekiirtcn mit­telstaatlichen Bundesantrag. Es setzt unter Vermittlung Frank­reichs seine Verhandlungen über die Neutralität Italiens fort.

Dem budgetlosen Zustand, der in Preußen seit 3 Jahren bestehr, hat der König durch eine Verordnung aus Karlsbad vom 5. Juli eine provisorische Abhilfe gegeben. Die Verordnung lautet: Ta es nicht gelungen ist, ein Gesetz über den Staats­haushalt des Jahres 1865 mit dem Landtage zu vereinbaren, so bestimme ich aus den Bericht des Staatsministeriums vom 4. Juli, daß die hierbei zurückerfolgcnde Nachwcisung der für das laufende Jahr zu erwartenden Staatseinnahmen und der zu leistenden Ausgaben als Richtschnur für die Verwaltung dienen soll Zu­gleich will ich dem Marincminister hiedurch eine Summe bis zu 500,000 Thlr. zur Beschaffung von schweren Gußstahlgeschützen für rie Flotte zur Verfügung stellen, über deren Verwendung resp. Verrechnung Mir von dem Marine- und dem Finanzmini­ster am Schlüsse dieses Jahres Bericht zu erstatten ist. Diesen Erlaß nebst Anlage und den vorliegenden Bericht hat das Staats- ministerinm durch denStaatsanzeiger" zur öffentlichen Kenni- niß zu bringen.

Im Hannövcr'sehen sind an verschiedenen Orten Petro- leumguellen entdeckt worden. Nun wirds nicht lange dauern, so werden auch in Deutschland Petrcleuwactien zu haben sein.

Bremen. 20. Juli. Der Gesammtausschuß des deutschen Schützenbundcs hat beschlossen, das nächste Schützenfest im Jahr 1868 in Wien abzuhaltcn.

Aus den Märkten in Tyrol werden schon reife Trau­ben feilgcbolen.

Von der Schweizer Grenze, 2l. Juli. Burgdorf im Kan­ton Bern steht iu Flammen. Diesen Morgen waren bereits 40 Häuser abgebrannt.

In Spanien hat's die Königin auch mit der Clerisei verdorben, weil sic sich hat dazu bestimmen lassen, das Königreich Italien anzuerkeunen. Tie Jntrigucn, die gesponnen werden, gehen so weit, daß man die Königin zur Abdankung drängen will.

Türkei. Aus Konstantinopel wird vom 12. berichtet, daß die Cholera daselbst sich verbreitet. Dir Gesammtanzahl betrug 32 im Marinehospital und 1l in der Stadt. In Galatz soll die Cholera ebenfalls ausgebrochen sein.

Amerika. Ncwyork, 12. Juli Tie Negierung hat den Befehl zur Entlassung der ganzen (Potomakarmee gegeben. Prä­sident Johnson weigert sich, den Paragraphen aus der Amnestie- Proklamation zu streichen, welcher Insurgenten mit 20,000 Dol­lars Vermögen von der Amnestie ausschließt. Es geht das Ge­rücht, in Folge neuer Beweise von Mitschuld an dem Morde des Präsidenten Lincoln werde Jesferson Davis vor ein Militärgericht gestellt werden. ___

Briefkasten. Herrn I. Q, in G.: Ihr Art kel konnte heute noch nichl ausgenommen werken._ , ^

Htedi-irt, -kvr»Set un> nrrl»At »»n A. Gtlkchläfi«k