Forstschutzwachter eine Nachexigenz von <482 fl-, und zu Verbesserung der Gehalte der Waldschi'itzen eine solche von 4000 fl. ohne De­batte genehmigt. Die Kammer geht nun zur Berathung der An­träge der Abg. Holder und Steinbuch über. Der erstere bean­tragt eine Steuer-Verminderung von jährlichen 500,000 fl. und will für de» Eisenbahnbau aus Restmitteln eine höhere Exi- genz, als die von der Regierung ausgesetzten 5,000,000 fl. aus­geworfen wissen, zu welchem Zweck er den Antrag stellt, diese Exigenz vor allen Andern zuerst festzustellen. Steinbuch will ei­nen Theil des Restvermögens für Bildung eines Reservefonds zu Gunsten der Steuerpflichtigen verwenden. Nach den Erhebungen der Finanzcommisston ist, da die Finanzperiode sogar mit einem Deficit schließt, eine Steuerverminderung unmöglich, Steinbuch zieht heute den Antrag zurück, um ihn erst bei Berathung der Exigenz für seinen Eisenbahnbau wieder einzubringen. Die Ver­handlung dreht sich daher hauptsächlich um die Frage, ob zuerst die Exigenz für den Eisenbahnbau in Berathung genommen und diese höher, als auf 5,000,000 fl. angesetzt werden soll, wie Höl- der und Oesterlen verlangen, oder ob die übrigen Nachexigenzen vorher berathen werden sollen, und der Ueberrest für Eisenbahn­bauten aussaneu soll. Dem Hölder-Oesterlen'schen Anträge ge­genüber wird namentlich von Mohl, Wiest und dem Minister v. Varnbüler geltend gemacht, daß dadurch dieKammer sich selbst dieHände binden und in die Lage versetzen würde, Exigenzen aus Mangel an Mitteln verweigern zu müssen, welche sie bei näherer Prüfung als nothwendig erkennen würde, ja daß sie selbst eine solche nä­here Prüfung möglicherweise abschneiden würde. . Ließ war bei der Kammer auch durchschlagend, und der Antrag wurde mit 50 gegen 20 Stimmen abgelelmt.

Lautern bei Gmünd, 15. Juli. Der in dem benach­barten Heubach stationirte Forstwächter Heiter, ein Familienvater von 7 Kindern, kam gestern Abend hierher in das Adlerwirths- haus und hatte mit einigen Anwesenden einen höchst unbedeuten­den Wortwechsel. Bald daraus trat in das Zimmer der Mühl­knecht David Grupp. Um dem Streite ein Ende zu machen, ge­sellten sich die Gäste zu dem ganz gut beleumundeten jungen Mann. Aber auch der angetrunkene Forstwächter kam an den Tisch heran, umarmte den Grupp und stieß ihm ohne jedweden Anlaß Len Hirschfänger mit den Worten: David, wir sind die besten Freunde! derart in die Seite, daß der Tod alsbald erfolgte. Dem Land­jäger gegenüber, der ihn gefesselt dem Oberamtsgericht Gmünd überlieferte, soll er geäußert haben: was bedeutet denn das, baß ihr mich schließt und arretirt. Ob diese entsetzliche That die Folge plötzlich ausgebrochenen Wahnsinns, oder überlegte Rache aus al­lem Zwiste her ist, darüber sind die Ansichten getheilt

In dem Jahresbericht über die Augenkranken-Klinik des Hrn. Dr. Knapp in Heidelberg wird ein sehr interessanter Fall von einer in dieser Anstalt vollzogenen Augenvperation mit- getheilt.Der Fall betraf wir lassen den Bericht erzählen einen dreizehnjährigen Knaben aus Königsbach bei Pforzheim, welcher blind geboren war. und zwar an einem vollkom men ausgebildeten Totalstaar, bei sonst gesundem Auge, was eine Seltenheit ist. Beide Augen wurden zu derselben Zeit durch die Methode der Linearextraktion operirt, und zwar mit dem voll­kommensten Erfolg. Schon nach 5 Tagen durfte der Knabe wieder ausstehen, und die Operationen waren so gut geheilt, daß fast keine Spuren mehr davon zu sehen waren. Nachdem jetzt die Pupillen wieder frei und rein schwarz waren, wußte der sonst geistig geweckte Patient doch von Anfang an nicht dcn geringsten Gebrauch von seinem Sehorgan zu machen. Die Hauptfarben nannte er sogleich, denn die Staarkranken unterscheiden ja auch Farben ebenso wie hell und dunkel. Auch die Richtung der Dinge wußte er gut anzugeben und griff immer direkt nach den­selben, aber über Entfernungen hatte er kein Urtheil. Wenn man ihm ein Licht vorhielt, so griff er darnach in derselben Weise, wenn es dicht vor ihm, oder im andern Ende des Zim­mers war. Erkennen konnte er gar nichts, nicht einmal die vor­gehaltene Hand, und wußte nicht ein einziges Ding zu nennen, was er anschaute; sobald er es aber nur leise berührte, konnte er sogleich Alles mit dem Namen nennen. Mir führten ihn vor den Ofen und frugen ihn, was das für ein Ding sei. Er blieb

stumm. Als man ihm sagte:Greis einmal darnach", so führte er die Hand langsam tastend hin, und sobald er nur mit den Fingern daran rührte, rief er laut:ein Ofen". Man brauchte .ihm aber die Dinge nicht oft zu nennen, er erkannte sie sehr bald !mit den Augen wieder. Jeden Tag lernte er eine große Anzahl Gegenstände kennen, wobei er immer seinen Tastsinn als Lehr­meister für sein Gesicht benützte. Auch hatte er sehr viele Unter­richter, denn den andern Patienten gewährte es große Freude, einem Menschen, welcher sah, aber doch nichts kannte, die gewöhn­lichsten Dinge im Haus anzugeben. Er blieb 3 Wochen in der Anstalt, mit deren Räumlichkeiten er sich während der Zeit ganz vertraut gemacht hatte. Bei seiner Entlassung bedurfte er nicht mehr des führenden Arms seiner älteren Schwester, sondern war ein fest auftretender, selbstständiger Mensch geworden. 2 Monate später kam er noch einmal zu Besuch. Er sprang voll Vergnügen im Haus umher und hatte für denHausdoktor" und die Wär­terinnen Blumensträuße mitgebracht. Ich selbst erhielt zwei. Er zeichnete sich durch Lebhaftigkeit und ungeheure Lernbegierde aus. Die 2 Monate hatte er benutzt, uni neben den vielen neuen Ent­deckungen, welche er stündlich auf der Straße und überall machte, das Alphabet zu lernen, und konnte auch bereits ganz leidlich buchstabiren."

Berlin, 13. Juli. Das Verbot des AbgeordnetcnfcsteS soll kurzer Hand von Karlsbad aus der Kölner Polizeibehörde vom Minister v. Bismarck befohlen worden sein. Es ist noch nie­mand gelungen, die Maßnahme mit dem Gesetz in Einklang zu bringen. Die Polizeibehörde zieht, nicht wie sonst üblich, einzelne Paragraphen, sondern das ganze Gesetz vom 11. März >850 an, um das Verbot zu motiviren. Dasselbe paßt aberi in keiner Be­ziehung auf die projektirten Festlichkeiten. Man liest eben aus dem Gesetz heraus, was nicht darin steht; cs soll, um mit der Provinzial Korrespondenz zu reden,durch Thaten die Kraft deS Parteitreibens überwunden und gebrochen werden", und hierbei ist dann die Wahl der Mittel nicht allzu ängstlich vorzu­nehmen.

Berlin, 14. Juli. Es wird hier erzählt, das Verhalten des Hrn. v. Zedlitz in den Herzogthümern fände nicht die voll­kommene Zustimmung der königl Staatsregie-ung, und es seien demselben neuerdings von dem Hrn. Ministerpräsidenten wichtige und ganz specielle Instructionen ertheilt Worten, deren Inhalt jedoch noch nicht bekannt ist.

Berlin, 15. Juli. DieNationalzeitung" bringt nach­stehende Mittheilung aus Florenz: In einer Note an ihren Gesandten in Berlin wies die italienische Regierung die Bemerken Sachsens über eine Trennung der politischen und der commerciellen Fragen in den Unterhandlungen zwischen dem Zollverein und Italien zurück und beharrte darauf, in keine Unterhandlung ein­zutreten, der nicht die Anerkennung Italiens vorangegangen sei

Berlin, 17. Juli. Nach v^ficiösen Mittheilungen wird auf nächsten Samstag eine Zusammenkunft des Kaisers von Oesterreich und des Königs von Preußen ohne die beiderseitigen Ministerpräsidenten in Salzburg erwartet. Je nach Ergebniß dieser Zusammenkunft werden Verhandlungen Oesterreichs mit Italien über Aenderung des Züricber Friedens beginnen. Der Großherzog von Oldenburg wird demnäclst seine Residenz nach der vldenburgischcn Enclave Eutin in Holstein verlegen (Scbw. M )

Hamburg, 17. Juli. Laut einer offiziösen Berliner Kor­respondenz desAltonaer Merk." und derHamb Börsenhalle" wird die preußische Regierung in der Angelegenheit der Entfer­nung des Herzogs Friedrich, falls Oesterreichs Entschließung noch länger verzögert werden oder entgegengesetztn Sinnes ausfallen sollte, mit den ihr unbedingt erforderlich erscheinenden Maßregeln selbstständig Vorgehen, zu welchen sie sich auch ohne vorgängige Genehmigung des Mitbesitzers befugt erachtet, da dieser Schritt zur Erhaltung des gemeinsamen Besitzes unabweislich geboten er­scheine.

Amerika. Newyork, 30. Juni. Ein Ereigniß der Wocke ist der Schluß des Washingtoner M o r d p r o c e s s c s. Das Resumo der Anklage wurde von Herrn Bingham gegeben. Er ging die Zeugenaussagen ausführlich durch und legte dar, daß alle Angeklagten Mirverschworcne bei dem Plane waren, den