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Eisenbahnbaucommission entnommenen Zahlendaten keinen Zweifel da­rüber, daß in technischer und finanzieller Hinsicht die erstere den Vor­zug verdient.

Da die Strecke Ostelsheim-Calw beiden Tracen gemeinschaftlich ist, so handelt es sich um die Gegenüberstellung der Linien Stuttgart- Leonberg-Oestelsheim und Stnttgart-Böblingen-Oestelshcim.

Es beträgt mm für diese Strecke

über Leonberg über Böblingen 9,» Stunden

die Bahnlängc .

zu bauende Länge absolute Steigung das Steigungsmaximum:

gegen Ostelsheim

Stuttgart Länge der Steigungen über 1°/»

Betrag der Curven Kleinster Cnrvenhalbmesser Gesammtanlagelösten Anlagekosten per Meile

8,s

807 l:65

Fuß

1:250

O,» Stunden 9,»

1525 Fuß

l1:45 und ' N:50 1:100

O,» Stunden 5,-, Stunden

1917 Grad 2430 Grad

1000 Fuß 1000 Fuß

3,450,000 ft. 5,150,000 st. 390,000 fl. 520,000 fl.

Die Kosten der Linie über Böblingen erhöhen sich um 400,000 fl. auf 5,550,000 fl., wenn die Strecke Stuttgart-Vaihingen der starken Steigung wegen, wie kaum anders denkbar, gleich doppelspurig angelegt wird.

Zu Gunsten der Leonberger Trace kommt weiter in Betracht, daß für den Verkehr gegen Bietigheim nicht nur 2 bis 3 Stunden an Betricbslänge, sondern zugleich die lleberwindnng der starken Steigungen ans dem Stuttgarter Thal nach beiden Richtungen erspart werden.

TaHesnennzkcltcn

Stuttgart. (Kammer der Standcsherren.) In der Sitzung vom 11. Mai beschloß die hohe Kammer, den Beschlüssen der Kam­mer der Abgeordneten zu dem Gesetzesentwnrse wegen Herabsetzung des Alter» der Volljährigkeit beizutreten und nahm sodann den Gesetzesentwurs in seiner jetzigen Gestalt einstimmig an. In der Sitzung vom 12. Mai steht ans der Tagesordnung der Etat des Departements des Innern. Dem Beschlüsse des andern Hauses, die Zahl der Landjäger zu vermindern, vermagZvie hohe Kammer nicht beizutreten und verwilligt deßhalb die volle Re- gierungsexigenz von 744,041 fl. Ebenso tritt Las hohe Haus mehreren Bitten um Einbringung von Nachexigenzen nicht bei. Gen. v. Baur berichtet sodann über mehrere an die Ständekam­mer gerichtete Eingaben in Betreff der Kriegsdienstverhältnisse, insbesondere der Erhöhung des Soldes der Soldaten. Der von der zweiten Kammer beschlossenen Löhnungserhöhung für Sol­daten und Unteroffiziere wird nicht entgcgengetreten, jvielmehr er­klärt sich das hohe Haus bereit, auch den in der jenseitigen Kam­mer vergessen gebliebenen Oberfeldwebeln und den Unteroffizieren gleichen Rangs eine tägliche Löhnungserhöhung von je 3 kr. zu verwilligen. Dagegen vermag die hohe Kümmerndem Beschlüsse, den hierdurch entstehenden Mehraufwand namentlich auch durch Verminderung der Präsens zu decken, ihre Zustimmung nicht zu ertheilen. Den weiteren Bitten der zweiten Kammer -in Betreff der freien Benützung der Eisenbahn durch beurlaubte und Einbe­rufene Soldaten, der Erleichterung des Urlaubs in den deutschen Bundesstaaten und der nutzlosen Wirkung des Loosziehens stimmt sie bei. Schließlich berichtet Gen. v. Baur über die Motion des Abgeordneten Fetzer, die Herstellung eines auf allgemeiner Wehr­pflicht und Wehrhaftmachung des ganzensVolkes beruhenden Wehr­systems betreffend. Die Commission stellt den Antrag, gleich der zweiten Kammer über dieser Motion szur Tagesordnung überzu­gehen. Den weiteren Beschlüssen des andern Hauses, die Mit­glieder der Jugendwehren bei deren Eintritt in das aktive Mili­tär möglichst zu berücksichtigen, vermag sie nicht beizutreten. Frhr. v. Neurath bemerkt, daß man eine tüchtige Landwehr stets im Auge behalten solle, um durch sie die regulären Truppen verstär­ken zu können, wenn es Noth thue. Auch ein minder geübtes Heeer werde sich tapfer schlagen, wenn es sich um das Vaterland handle. Gen. v. Baur: Von Erfolg könnte ein solches Wehr­

system nur sein, wenn sich auch Baden, Hessen und Baiern dem­selben anschlößen. Uebrigens müßte vorher eine ganz andere Or­ganisation unseres Kriegswesens eintreten, durch die der Militär­etat sehr wesentlich erhöht würde. Prinz Friedrich v. Württem­berg stimmt diesem bei. Schließlich werden die Commissionsan­träge angenommen.

Stuttgart, 11. Mai. (.146. Sitzung der Abgeordneten­kammer.) Eine Note der Ministerien des Aeußern und der Finanzen in Betreff des Zoll- und Handelsvertrags zwischen den deutschen Zollvereinsstaaten und der Schweiz wird an die volks- wirtbschaftliche Commission zur Berichterstattung verwiesen. Probst berichtet nunmehr Namens der Finanzcommission über mehrere Positionen im Etat des Kriegsministeriums, wie sie sich durch die Beschlüsse des Hauses ergeben haben. Die Tagesordnung führt nun zu Berathung des Berichtes der Justizgesetzgebungscommission über Len Antrag Becher's aus Abschaffung der°Strafe der körper­lichen Züchtigung. Die Commission beantragt einstimmig, die Regierung um einen dießfallsigen Gesetzesentwurf zu bitten und die Kammer tritt diesem Anträge ohne olle Debatte mit 69 gegen 4 Stimmen bei. Mit Nein stimmten: Müllerschön, Geigle, Hirt, Wächter. Schließlich erstattet Zeller Namens der Commission für innere Verwaltung Bericht über die Motion des Abg. Fetzer auf Aushebung der Kreisregierungen. Die Commission beantragt, an die K. Staatsregierung die Bitte zu richten, sobald als mög­lich, jedenfalls aber bei dem nächstmaligcn Zusammentritt der Stände, denselben einen Gesetzesentwurs, wodurch die Kreisregie­rungen aufgehoben werden sollen, vorzulegen. Präl. v. Mehring stelle den Antrag, die Regierung um Umgestaltung der Kreisre- gierungrn im Geiste einer dccentralisirenden Selbstverwaltung zu bitten. Nach einiger Debatte wird der Antrag v. Mehring's mit großer Mehrheit abgelehnt, der Commissionsanlrag - dagegen mit 76 gegen 5 Stimmen angenommen.

Als Geschworene bei dem Schwurgericht in Tübingen ha­ben im zweiten Quartal 1865 unter Anderen zu sungiren: Ahr, Phil. Jak., Gemeinderath in Gräsenhausen, OA. Neuenbürgs Alber, Friedr., Rößleswirth in Conweiler, OA. Neuenbürg; Büchsenstein, Simon, Gemeinderath in Neusten, OA. Herrenberg; Hosch, Karl, Schultheiß in Calmbach,. OA. Neuenbürg; Keppler, jg. Friede., Bauer in Heselbronn, OA. Nagold; Landenberger, Wilh., Revierförster in Hildrizhausen, OA. Herrenberg; Laux- mann, Christoph, Schultheiß in Möttlingen,. Calw; Lust- nauer, Gustav, Seifensieder in Neuenbürg; Steimle, Lorenz, Do­mänenpächter in Untcrschwandorf, OA. Nagold.

Ludwigsburg, 11. Mai. Nachdem in letzter Zeit kurz hinter einander folgend drei Selbstmorde von Civilpersonen durch Erschießen in hiesiger Stadt vorgekommen waren, so versuchte heute eine als Wäscherin hier sich aufhaltende Weibsperson im untern Anlagesee sich zu ertränken, wurde aber von zwei zufällig vorübergehenden Handwerksburschen rechtzeitig entdeckt, herausge­zogen und vom Schlamm, mit dem sie überzogen war, befreit.

In dem im Amtsbezirk Hechingen liegenden Dorfe Sikin- gen schlug der Blitz ein, ohne jedoch zu zünden, aber zwei Per­sonen, die anwesend waren, wurden vom Blitze getödtet.

Die Zeitungen enthalten noch immer viele Berichte über das Gewitter am 9. Mai und den theils durch Hagel, größtentheils aber durch den damit verbundenen Sturm angerichteten Schaden. In der Umgegend von Oe bringen sind 4 Menschen umgekom­men, indem sie durch umgestürzte Bäume over Gebäuvetheilc er­schlagen wurden. Aus einem Hofgut in Kocherthal wurde der Schafstall niedergeworfen und 40 Stück Schafe getödtet. In Hall wurden Dächer und Dachstühle stellenweise abgehoben und stürzten Schornsteine zusammen; in Hohenholz bei Hall stürzte eine Scheuer ein und verletzte den Sohn des Eigenrhümers ge­fährlich.

Frankfurt a. M., 11. Mai. Friedrich Hecker, welcher sich gegenwärtig hier aufhält, besuchte heute Vormittag mit seiner Familie die Paulskirche, an die so reiche Erinnerungen sich für ihn knüpfen.

Wien, 11. Mai. Die letzte preußische Depesche fordert Ge­stattung der Einzelverhandlung der beiden Mächte mit den schles­wig-holsteinischen Ständen und die Entfernung des Herzogs Fned-

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