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rich von Schleswig-Holstein-Augustenburg. — Die österreichische Antwort aus diese Depesche bedingt gemeinschaftliche Vorlagen an den Landtag, das Verbleiben des'Erbprinzen von Augustenburg im Lande während der Session und gesteht das Wahlgesetz von 1848 zu.
— Kiel, 10. Mai. Wie verlautet, werden vom Oberkommando der preußischen Bcsatzungstruppen Vorbereitungen getroffen, um in kurzer Zeit zwei Regimenter Infanterie (sechs Bataillone) und einige Escadronen Kavallerie aus den Herzogtümern nach Preußen verlegen zu können.
Schweiz. Der große Natb von Zürich hat noch keine Luft, die Todesstrafe abzuschafsen. Mit der kleinen Mehrheit von 100 gegen 87 Stimmen verwarf er am 9. das Begnadigungsgesuch hältniss des sechsfachen Kiudermördcrs Götti, welcher heute durch das Fallbeil enthauptet wurde.
Frankreich. Paris, 11. Mai. Persigny hat hierher melden lassen, der Papst sei geneigt, mit dem König von Italien in versöhnlicher Weise in Unterhandlung zu treten. — Rothschild legte einen Theil der italienischen Anleihe zur Subscription aus.
— Der Kaiser hat vor seiner Abreise 'nach Algier Hrn, v. Bismark das Großkreuz der Ehrenlegion erteilt.
— Es geht das Gerücht, Napoleon HI. wolle seinem Kronprinzen den Titel „König von Algerien" verleihen. Man will cs so einrichtcn, daß die europäischen Kolonisten in Algier ehrerbietige Gesuche oder begeisterte Kundgebungen zu diesem Zwecke an den Kaiser bringen, schwer werden.
l'.'Z Amerika. Newstor ff, 29. April. Der Körper des Mörders Booth ist auf Befehl des Kriegsministeriums heimlich jbeer- digt worden. — Der Herald versichert, daß seit der Unterwerfung Lee's die Ausgaben des Staats täglich um 1 Mill. verringert seien. — Man sagt, daß ein Dampfschiff, welches 2000 unioni-
„Kein einziger", bestätigte Burkart. Er dachte in diesem Augenblicke an die Vermutbungen des Richters. Kein Zug in Angustens Gefickt entging ihm. Offen, ruhig sah sie ihn an Nicht das leiseste Zucken ihrer Augenlider.
„Und der junge Karsten hat immer noch nichts gestanden«" fragte sie.
„Nichts", erwiederte Burkart.
„Sollte er nicht trotz alles Verdachtes nnd aller Beweise gegen ihn unschuldig sein?" fuhr sie fort. „Es wäre doch schrecklich, wenn er vcrnrtheilt würde und unschuldig wäre!" ' '
Vurkart wurde irre an ihr. Roth's Vermutbungen mußten unbegründet sein! Wie war es möglich, daß sie über diese Verhältnisse so ruhig, so unbefangen sprach, wenn sie wirklich schuldig war! Aucb er glaubte Menschenkenutniß genug zu besitzen, um seinen eigenen, unmittelbaren Beobachtungen trauen zu können. Er hielt es für unmöglich, daß ein Mensch die Stimme seines Gewissens so ganz unterdrücken könne.
„Cr wird auch nicht verurlheilt werden, wenn er unschuldig ist", erwiederte er. „Der Richter selbst zweifelt noch an seiner Schuld."
In diesem Augenblick bemerkte er ein Anfzucken in Augustens Augen. Schärfer sah er sie an. Cr hatte sich nicht getäuscht. Cs war nicht ein zufälliges Zucken, wie ein trüber Schatten war es über ihr Auge hingezogen, aber es war schon wieder vorüber. „Hat er vielleicht einen andern Verdacht?" fragte sie.
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und dich zu bewerkstelligen wird nicht gar s weit ich den jungen Karsten kenne, möchte ich ihm auch eine solche
That nicht zutrauen. Ec ist nicht schlecht, wenn er auch einen wilden und leicht erregbaren Sinn hat. Nur in der größten Aufregung könnte er die That begangen haben."
Burkart erwiederte ihr, daß er die Lermuthungen des Richters nicht kenne.
Marie stand schweigend daneben. Auch Auguste schwieg einige
stische Gefangene an Bord halte, aus dem Mississippi verbrannt Augenblicke, daun reichte sie ihr noch einmal die Hand.
ist; 1400 derselben seien zu Grunde gegangen. — Jefserson Davis mit einigen seiner Gefährten hat Südkarolina erreicht; seine Gefangennahme vor Ueberschreitung des Mississippi wird erwartet. — 3. Mai. Tick-Taylor hat sich unterworfen; man versichert, Kirby-Smith unterhandle. Die zerstreuten L-treitkräste der Rebellen unterwerfen sich. Der Krieg wird als beendigt angesehen. Grant ist nach Washington zurückgekehrt. Die Verminderung des Heers hat begonnen. 400,000 Mann sollen entlassen werden. Johnson hat die dem inneren- Handel im Süden auferlegten Beschränkungen aujgehoben. Es heißt, Davis sei bei Charlotte gesehen worden. Die Bundesreiterei hat Befehl, ihn ohne Unterlaß zu verfolgen. Man versichert, Seward, Stanton und Welkes wollen sich am 1. Juli vom Kabinet zurückzichen; sie sollen durch Adams, Preston und Formest ersetzt werden. Johnson wird wohl nächstens eine Proklamation erlassen, welche die Bedingungen enthalten soll, unter denen die Bevölkerung des Südens zur Gesetzlichkeit znrüükehrcn kann. Der Gouverneur von Südkarolina ist verhaftet. Der Marinesekretär der Rebellen hat sich ergeben. Der Prozeß gegen die Mitschuldigen Booths wird nächste Woche beginnen. Zahlreiche Verhaftungen. Es heißt, neuerdings jsei eine Verschwörung in Kanada angczettelt und in Richmond gebilligt worden.
Mit in das Grab.
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Marie blickte sie erstaunt an.
„Ich habe keine Briefe mehr," erwiederte sie.
„Grunert trug sie ja bei sich, als er bei Ihnen war," fügte Burkart hinzu. „Und die Brieftasche, in welcher die Briese waren, hat die Hand, die ihn getödtet, geraubt."
„Er sprach von den Briefen", bemerkte Auguste. Waren das alle Briefe, welche ich an ihn geschrieben?"
„Alle," gab Marie zur Antwort.
„Die Brieftasche ist ja gesunden," fuhr Auguste fort. „Und von den Briefen ist noch kein einziger entdeckt worden?"_
„Vergib mir, Marie," sprach sie, „wenn ich Deinem Bruder Unrecht gethan habe." Ihre Stimme klang mild, weich. Burkart hatte sie osl früher gesehen, nie war sie ihm so sanft und weiblich, als in diesem Augenblicke erschienen. Cr fühlte fast Mitleid mit ihr.
Zögernd wollte Marie die dargereichte Hand erfassen. Zusammenschauernd wandte sie sich ab.
„Ich kann es nicht!" rief sie. „Die Hand — die Hand...!"
Sie vollendete ihre Worte nicht.
Wieder bemerkte Bnrkart jenes eigenthümliche Zucken in Augustens Auge. Einen Blick des Hasses warf dieses auf Marie.
„Nuu — ich will Dick nicht zwingen," sprach Auguste. „Du wirst vielleicht später Deine Gesinnung noch ändern!"
Mit leichtem Gruße gegen Vurkart verließ sie den Garten.
Ungewiß, zweifelnd stand Burkart da. Es schien ihm unmöglich, daß dieß Mädchen den Mord begangen haben könnte, und doch, wenn er au das Zucken ihres Auges dachte, stiegen die Vermuthungen des Richters wieder in ihm auf und er mußte ihnen Recht geben.
Der Abend war hereiugebrochen. In dem Walde herrschte bereits starke Dämmerung. Sollte sie es wagen, in oiesem Halbdunkel allein an der Stelle vorüber zu schreiten, wo Grunert erschossen war, wo vielleicht ihre eigene Hand — sie war nur ! ein Mädchen, sollte sie ganz die Furcht des Weibes von sich banalen können!
! Ein Gedanke tauchte in ihm auf. Er wollte ihr folgen, von ihr unbemerkt. Beobachten wollte er sie, wenn sie an jene Stelle kam. War sie wirklich schuldig, dann mußte die Angst an jenem Orte jede Verstellung von ihr scheuchen.
„Geh in's Haus Marie," sprach er hastig. „Ich komme wieder — noch einmal muß ich in den Wald — ich habe heute vergessen — bald kehre ich zurück!"
Hastig verließ er den Garten. Auf einem Nebenwege wollte er Auguste zuvorkommen, da bemerkte er durch das Gebüsch, daß ihr Diener ihr entgegenkam, um sie zu holen. Seine Absicht war vereitelt. Langsam kehrte er zu Marie zurück. Die Ungewißheit mit sich selbst u nd s einen Vermuthungen peinigte ihn. (Forts, f.)
Uedizirt, gedruckt und verlegt von A. Delschlä-er
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