Unweit der Föhre am Abgrund der „Galerie" loderte eine Art Sonnenwendseuer und schwärzte die aufstarrenden Felsen; an dem Brande entzündeten fort und fort Männer, die kamen und gingen, bethecrte Stangen, um den übrigen im Wechsel von Lickt und Dunkel unheimlich erscheinenden Gestalten zu einer eben so vorbedachten als hastigen und gefährlichen Arbeit zu leuchten.
Die stärksten Aeste der Föhre wurden mit langen unzerreißbaren Seilen umschlungen und deren Enden gegen die r ckwärts befindlichen Felsen hin an Pfosten, Felszacken und starken Wurzeln befestigt; um den Baum nicht in bedenkliche Bewegung zu
die dem unteren Stamme zunächst befindlichen kaum einige Schuh aus dem Boden ragten und die Bestimmung hatten, den sinkenden Stamm zu stützen, bevor er sich heftig überschlug, während die Entfernteren, aus dem Boden hoch ausragenden, die Aeste und Krone fassen und vor dem Sturze bewahren sollten. Gelang das Werk» wie es wohlbedacht angelegt und vorsichtig in Angriff genommen war, so blieb der Baum in einer stark schrägen Richtung bergeinwärts aus Len angebrachten Hindernissen ruhen, Polkh und sein Söhnlein schwebten in nicht großer Entfernung über dem sicheren Boden des Thurmgangs und konnten mit leichter
bringen, wurde diese Arbeit trotz der sichtlichen Eile mit aller! Mühe erreicht und sicher herabgeholt werden.
Vorsicht vollführt und war endlich so weit gelungen, daß der obere! Nur noch ein banger Moment lag zwischen der Absicht die- Theil des Baumes gegen einen Sturz in den Abgrund gesichert ses Unternehmens und ihrer Ausführung, blieb. Allein das war nur der eine Theil der begonnenen Rettungs-i Die Männer an den Seilen zogen nun von zwei Seiten arbeit; um auch den unteren Theil des Baumes in derselben' straff und mit gleichmäßiger Kraft an und zwangen den oberen Weise zu sichern, umwand man ihn ebenfalls mit Seilen und Theil des Baumes in gerader Richtung sich auf die Pallisaden Ketten, deren Enden man im Boden und an allen Widerstands- zu senken; der Umstand, daß der Stamm des Baumes nicht ganz fähigen Gegenständen befestigte. Um das Abgleiten der Seile durchsägt war, trug nun wesentlich dazu bei, daß der Fall des und Ketten zu verhindern, wurden lange, schwere Eisennägel, Baumes nicht zu leicht und plötzlich erfolgte.
Eggenzähne und dergleichen zwischen denselben in den Stamm ^ Nun ein kaum drei Secunden währendes Splittern und
getrieben, dieser blieb dadurch für alle Fälle vor einer Rutschung in den Abgrund bewahrt.
Als die Arbeit bis zu diesem Punkte gediehen war, entstand eine wundersame, tiefe, erschütternde Stille.
Die Männer, welche die Arbeit bisher vollsührt und diejenigen, welche dazu ihre Brände hatten leuchten lassen, traten einen Augenblick wie auf ein gegebenes Zeichen in eine halbrunde Gruppe zusammen und richteten ihre Blicke lautlos nach den Zwei in grauenerregender Dämmerung über dem Abgrund hängenden Aesten, auf welchen Polkh und sein Söhnlein Uli angebunden schwebten.
„Der Herr hat das Werk bisher gefördert, der Herr helfe die Rettung vollbringen!" sagte die Stimme des Geistlichen, der aus dem nächsten Orte mit herausgekommen war.
„Amen!" sagte« die Männer zugleich und bewegt.
Und nun in Gottesnamen vorwärts!" hörte man nach kurzer Pause die Stimme des Wüdprethändlers sagen; zu gleicher Zeit trat er gegen die Föhre vor und winkte zwei Männern mit breiten Schultern, ihm zu folgen, Einer von diesen trug eine Baumsäge in der Hand und stellte sich, den Wink des Wildpret- händlers wohl verstehend, so neben der Föhre aus, daß er seinem Begleiter auf der Seite gegen den Abgrund zu das Ende der Säge reichen konnte. Indem nun diese beiden den Stamm der Föhre knapp über dem Boden durchzusägen begannen, traten die meisten Männer zu den an den Aesten festgeschlungenen Seilen, um den Wipfel des Baumes im geeigneten Augenblicke langsam auf den breiten sichern Grund des Thurmgangs herüber zu ziehen. Lautlose Stille herrschte in der Versammlung, während die Säge leise kreischend tiefer und tieser in das Holz eindrang; Mancher hörte seine Adern an den Schläfen von banger Erwartung schlagen.
„So — jetzt ein wenig langsamer" — hörte man endlich den Wildprethändler zu den Männern bei der Säge sagen — und denjenigen bei den Seilen rief er zu: „Bereithalten zu Ziehen! Daß es keinen heftigen Ruck gibt!"
Und seine Erinnerung wurde treulich befolgt.
Sachte begann man hierauf den oberen Theil des Baumes nach der dem Abgrunde entgegengesetzten Seite herüber zu ziehen, das weitere Durchsägen des Stammes wurde ganz eingestellt und dem Zug der Seile und der eigenen Schwere des Baumes der plötzliche Fall überlasten. Dies würde aber ohne sorgsame Vorkehrung unfehlbar auch der Augenblick einer schweren Katastrophe geworden sein. Die Gewalt des Niederschlages mußte die beiden Opfer an den Aesten heftig gegen den Stamm, wenn nicht gar mit sammt den Aesten gegen die nahe Felswand schleudern und sie wurden so, anstatt gerettet, nur um so sicherer dem Tode überliefert.
Dagegen war man aber bei Zeiten bedacht gewesen.
Vom untersten Theile des Stammes an waren gegen den Felsen hin in wohlbereckneten Entfernungen von einander zwei Reihen sehr starker Pfosten in den Boden getrieben, von denen
Breche« der größtentheils Lurchsägten Stelle des Stammes — ein kurzes Sausen und Rütteln der Aeste und Zweige der Krone — und die Föhre lag in schräger, durch die Pallisaden bestimmter Richtung bergeinwärts da und Volkh und Uli waren dem gähnenden Abgrunde entrückt und schwebten über festem, sicherem Boden. . . .
Tie Aeste, an welche die Beiden gebunden waren, hatten ihre lebhaften Schwankungen noch nicht beendet, als bereits von mehreren Seiten her die Retter nahe zu kommen suchten, um die Unglücklichen aus ihrer Lage und von den nur zu lange schon umschlingenden Banden zu befreien. Der Wildprethändler war der Vorderste in dem löblichen Eifer zu retten, und ehe die klebrigen bis zu den Opsern gelangen konnten, war er bereits beschäftigt, die Stricke zu lösen oder zu durchschneiden, welche Volkh auf dem Aste festgehalten. Bald hatte man diesen Alt der Befreiung auch an Uli begonnen und enthob nun Beide langsam ihrer fürchterlichen Unglücksstelle. Hilfreich und vorsichtig von Hand zu Händen gereicht, gelangten Vater und Söhnlein auch nach kurzer Zeit auf den festen Boden des Berges und wurden sanft auf eine wollene Decke niedergelassen, die man neben dem Felsen ausgebreitet. Volkh setzte man aufrecht, mit dem Rücken an den Felsen gelehnt, Uli, welcher sein junges Leben bereits ausgehaucht zu haben schien, legte man der Länge nach rücklings aus den Boden und glaubte im Sinne des regungslos Lasitzenden und mit weitoffenen Augenj sta>-r schauenden, Vaters zu handeln, indem man den Kopf des Knaben sachte auf den Schoß desselben legte.
(Fortsetzung folgt.)
Viersylbige Charade.
Ist bei der Unvollkommenheit kienieoni,
Wo Alles nichtig und vergänglich ist.
Ein treuer, lieber Freund von Dir geschieden,
Den Derne Seele nur zu schwer vermißt:
Dann hast die Ersten Du, doch sei nur stille,
Die Wunde bellt. Dein Schmerz, er wird vergeh'»;
Es war des ewig Unnahbaren Wille,
Nach kurzer Trennung folgt das Wiederseh'».
Wenn kalte Winde durch die Felder wehen,
Wenn hingeschwunden ist des Sommers Lust,
Wenn blätterlos im Wald die Bäume stehen Und Du den warmen Herd verlassen mußt,
Co holst die Letzte» Du von ihrem Orte,
Sie nebmen Dich in ihren treuen Schulz;
Durch sie behütet, trittst Du aus der Pforte Und bietest kühn den WittrungSlaunen Trutz.
Das Ganze war, wie alle seinesgleichen,
Ein Wesen von gar unscheinbarer Art;
Doch wie ganz anders wird cS Dir sich zeigen,
Wenn cs mit Fluges Kraft die Schönheit paart.
Ein leichtes, fröhliches bewegtes Leben Ist es eiu Sinnbild der Unsterblichkeit.
Bon B um' zu Blume stehst Du's weiter schweben,
Bis FcindcShand dem Kchmerzenstod es weiht.
vedigirt, gedruckt und verlegt von A. V et schlägcr.