teistaüdpunkt weder für, noch gegen denselben cinnehinen, sondern vom allgemeinen deutschen Standpunkte ausgehen, der uns allein als maßgebend erscheint. -- Betrachten wir zuerst die politische Seile des Handelsvertrags. Preußen hat zuerst im Einverständ­nisse mit den übrigen Zollvercinsstaaten die Unterhandlungen mit Frankreich eröffnet, später aber ohne Vorbehalt der Zustim­mung derselben den Vertrag definitiv abgeschlossen, und erklärt nun, so wie der Vertrag vorliegt, muß er angenommen werden, Abänderungen daran werden nicht mehr gestattet, und wer dem­selben nicht beitreten will, dem wird mit Kündigung des Zoll­vereins gedroht! Woher, fragen wir, nimmt Preußen das Recht zu dieser Sprache? Es geberdet sich wie ein Diktator, der die allei­nige Gewalt an sich gerissen, und nach alleinigem eigenem Ermessen über die materielle Wohlfahrt einer Bevölkerung von 32 Millionen gebieten will! Und seit st wenn der Vertrag ein Muster von Voll­kommenheit wäre, so hätte P ceußcn, ohne von den sämmtlicken Zcll- vereinsstaatcn zum definitiven Abschlüsse bevollmächtigt zu sein, nicht das Recht, diese Sprache zu führen. Preußen hat aber mit dem Abschlüsse des Handelsvertrags, so wie er vorliegt, einen großen politischen Fehler begangen dadurch, daß es nicht vor Abschluß desselben mit Oesterruch wegen dessen gleichzeitigen Eintritts Ver­handlungen eröffnete, und nach dem Abschluß Letzteres sogar förm­lich zucüägewiesen hat. Wir wiederholen, daß wir diese Frage vom deutschen Standpunkte aus auffassen, also weder-preußische noch österreichische Tendenzen verfolgen. Wir begründen dieses Urthcil damit, daß in erster Linie Preußen und Oesterreich Bundesgenossen sind, einander folglich näher stehen sollten, als Preußen und Frank­reich. Es hätte somit auf der Hand liegen sollen, daß bei einem so tief eingreifenden Akte von Preußen in bundcsfreundlicher Weise an Oesterreich die Aufforderung hätte ergehen sollen, sich an den Verhandlungen zu betheiligen. In zweiter Linie hätte sich für den seitherigen Zollverein in Oesterreich ein solch reiches Feld geboten, daß für allenfallsige Verluste, welche auf einer Seite durch den Vertrag mit Frankreich da und dort entstanden wären, auf der an­dern Seite wieder reiche Vorthcile zu erzielen gewesen wären. Da­bei wäre das Band mit Oesterreich fester geknüpft, statt gelockert worden, die gegenseitigen materiellen Vorthcile hätten auch in po­litischer Beziehung reiche Früchte getragen, es wäre ein Schritt weiter für die deutsche Einheit geworden. Fassen wir die Sachlage von dieser Seite auf, so müssen wir sagen, daß Preußen in seiner Handlungsweise nicht zunächst für das materielle Wohl der Zollvereinsmitglieder, sondern für seine eigene politische Stellung in Deutschland sorgen wollte.

Gehen wir nun auf die handelspolitische Seite des Handels- Vertrags über, so müssen wir voranstellen, daß wir in dem Ab­schlüsse desselben im Allgemeinen nichts weniger als ein Unglück sehen können, daß wir im Gegentheile einen bedeutenden Fortschritt darin erblicken. Allein warum sind die Zollsätze herüber und hinüber so verschieden? Warum sollen z. B. um eine der brennendsten Fragen, welche am meisten zur Erbitterung bei.qetra.gen hat, zu be­rühren, die baumwollnen Garne in den Zollverein um einen viel billigeren Zoll eingesührt werden können, als aus den, Zoll­verein nach Frankreich? Wir tadeln nicht den billigeren Eingangs zoll in den Zollverein, aber den Mangel an Gegenseiligkeir tadeln wir, denn was dem Zollverein recht sein soll, das muß auch für Frankreich billig sein. So wie die Sachen jetzt stehen, haben nu­fere zvllvcreinsländischen Spinnereien die französische und englische Concurrenz im Zollverein auszuhalten, wogegen es ihnen aber in solge der für die Einfuhr nach Frankreich festgesetzten viel höhe-

-3ölle nicht möglich ist, ihre Garne nach Frankreich aus- zusuhren. Und das soll doch offenbar der Zweck des Handelsver­trags sein, nicht die inländische Industrie ibeilweise zu ruiniren, sondern derselben neue Absatzwege zu verschaffen, wie ist dieß aber möglich bei solcher Einseitigkeit? Es sind aber nicht bloß die Baum- wollfpinncreien, deren es doch eine erkleckliche Anzahl im Zollverein fmd, sondern noch manche andere Gewerbszweige, deren Besteu- rung bei der Einfuhr nach Frankreich eine höhere ist, als in Len Zollverein. Wenn nun auch andererseits viele Gewerbetreibende durch den Handelsvertrag ein bedeutendes Absatzgebiet sich erschlos­sen sehen, warum sollen denn aber Andere znrückgesctzt werden, die vermöge ihrer kostspieligen Einrichtungen doch sehr viel zur Steuer­kraft beitragen? Es ist deßhalb von Preußen sehr unrecht ge­handelt, wenn es alle Aenderungs-Vorschläge zurückgcwiesen hat,

Venn Frankreich hätte sich ganz gewiß zu Modifikationen yerleige- lassen, wenn solche von Prcuß.n befürwortet Worten warn. Von ! Seite der Freunde des Handelsvertrags ist es aber rbriifoschr uu- ! recht gehandelt, wenn sie über vie Gegner desselben als Sa utzck ll ner hersallen, während doch Frankreich lelbst in den Tarifen des Handelsvertrags tbeirweise das Schutzzollsystem ver,olgi Wa ! rum soll denn der Zollverein so sehr gejällig gegen Fee,nrrUei sein, seinerseits das Freihandelssystein einzusühre», während Franireiev ungleich höhere Zölle stipulirl? Tieß wäre doch die Gemüthliakeil etwas zu weil getrieben! Also dahin geht unsere Ansicht: nicht Verwerfung des Handelsverirags, sondern Benützung seiner vor- theilhaiten Seiten für ten Zollverein, und mögliche Modisikaiio- nen seiner nachtheiligen Punkte, denn bloß durch volle Gegen- lseitigkeit kann die nationale Ehreund Wohlfahrt befördert werden.

Aber Preußen besteht ja auf der unveräuterten An­nahme! Es will ja den Zollverein kündigen, wenn der Handels­vertrag nicht buchstäblich angenommen wird! Es mag Preußen im Augenblicke Ernst damit sein, allein cs wird bestimmt nicht so weit gehen Wir haben es bei Preußen schon zu oft erlebt daß der Elephai.t eine Maus geboren hat, und hier kommen Preußens eigene materielle Interessen sehr bedeutend ins Spiel, denn bekanntlich ist unser süddeutscher Markt für Preußens Judu- strie ein so ausgiebiger und vorlheilhastcr, daß es selbst mindestens ebensogroßen Nachtheilen ausgesetzt würde, als unsere Industrie. Jedenfalls gehen noch zwei Jahre darüber hin, bis die Auslösung des Zollvereins vor sich gehen könnte, und da in Preußen Vieles sehr wandelbar ist, so dürfen wir mit Bestimmtheit erwarten, daß wenn die bornirte Jlinkrrberrschaft daselbst wieder ihr Ende er­reicht hat, auch vernünftigere und deutschere handelspolitische Grundsätze Platz greisen, und dem nationalen Unglück oder Sprengung des Zollvereins vorgebcugt werde. Sollte aber wirk­lich der Zollverein sckcn vorher gekündigt werden, so sind wir fest überzeugt, laß in Preußen selbst die öffentliche Meinung sich so entschieden für die Beibehaltung desselben aussprceben wird, daß die Regierung ihrem Worte Kraft zu geben nicht im Stande sein wird.---

Es ist gewiß im Interesse der Sache, wenn sich über diesen hochwichtigen Gegenstand noch weitere. Stimmen hören lassen, da­mit die Ansichten, die durch verschiedenerlei Einflüsse z» bearbeiten versucht werden, irr nüchterner und unbefangener Weise sich ab- klares können.

^ ? -O Tagesereignisse

Calw, 23. Fcbr. In der letzten Freitag auf die Aufforvc-

rung des Herrn Er. Widenmann in Teinaw in Nr 13. d Bl. Pm Thudium'schen Saale stattgefundenen Versammlung Behufs - Besprechung der preußischen Intervention in Polen, welche von einer Anzahl Mitglieder des deutschen Nationalvereins, wie auch von Nicklmitgüederii desselben, besucht war, einigte man sich über fol­gende Resolution:In Erwägung, daß die Erhebung des Polnischen Volkes gegen seine russischen Dränger ebenso berechtigt ist, wie die Erhebung Deutscklands gegen die französische Fremdherrschaft im Jahr 1813; in Erwägung, daß das deutsche Volk ein schweres an dem polnischen Nachbarvolk begangenes Unrecht zu sühnen bat. und es ein deutsches Interesse ist. durch Wiederherstellung Polens die Macht Rußlands zu verringern; in Erwägung, daß die Un­terlassung auch des Wenigsten, was Polen von uns.erwarten kann'. Einhaltung strengster Neutralität unserem. westlichen Nach­bar den längst gewünschten Vorwand zu einem" Streit mit uns geben würde; erklären wir es als ernste Pflicht-aller deu'.schcn Regierungen, gegen das dermalige Verfahren der preußischen Regierung die entschiedenste Einsprache zu thun, und vrücke» zugleich unsere volle Anerkennung für die preußische Abgeordnetenkammer aus, welche in dieser Frage mit der gleichen Pflichttreue für das Interesse des deutschen Volkes einsteht, mit welcher es das kurhesfische Verjas- sungsrccht zum Siege geführt hat." Nachdem noch einige An­wesende ihren Beitritt zum Nationalverein erklärt hatten, trennte man sich in der Absicht, solche Zusammenkünfte regelmäßig zu wiederholen. :>

Stuttgart. Die Einberufung des Landtags svll na» dem Anträge des Ministerralhs, der uiitcr Vorsitz Sr.K. Hoh'-desKrrnprin- zcn sich überdicsc Frage bcrathen, wozu der König, in Nizza noch die Genehmigung zu crtheilen hat, für die Woche nach'Oskern erfolgen. Man glaubt, die Session werde etwa drei Monate dauern; ein