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matte Unterhaltung über Tagesneu- igkeitcn, und alles Leben schien aus unserem Kreise gewichen zu sein. Es war, als wenn dem Ganzen ein Dämpfer aufgesetzt worden war, weßhalb wir uns auch bald vom Tische erhoben.
Natürlicher Weise konnten wir uns nicht trennen; dieß Frühstück war nur der Anfang zu einer Reihe Zerstreuungen an diesem Tage, und wir gingen daher aus, um weitere Unterhaltung zu suchen. Inzwischen fand ich leicht einen Vorwand, nach Hause zurückzukehrcn, da ich Helene außer einigen beruhigenden Worten die Meldung machen wollte, daß ich ausbliebe. Im Entree angekommen, hörte ich zu meiner Bewunderung Stimmen in dem daran stoßenden Zimmer.
Ich blickte durch ein Glas in der Thüre. Ein reicher Ungar, der Wildeste in unserem Kreise, saß drinnen auf dem Sopha. Helene ging im Zimmer umher und schien etwas zu suchen.
„Ihr Taschenbuch ist nicht zu finden," sagte Helene endlich und blieb vor ihm stehen. „Haben Sie cs hier vergessen, so soll es Ihnen zu- gcsandt werden. Jetzt rathe ich Ihnen, daß Sie sich beeilen, Ihre Kameraden aufzusuchen."
„Ach, das hat keine Eile!" versetzte der Ungar mit einem unverschämten Lächeln. „Allein suchen Sie nur nicht mehr nach dem Buche, Sie finden es, aufrichtig gesagt, doch nicht; übrigens ist mem Taschenbuch, enthielte cs auch noch so großen Reichlhum, für mich nur ein bloßer Vorwand, um zu Ihnen zurückkehren zu können, da ich das Verlangen, Ihre Schönheit zu bewundern, als den wirklichen Grund dafür nennen kann."
„Sie verlieren Ihre Zeit, mein Herr!" sagte sie mit einer schneidenden Kälte in ihrer Stimme, „und werden nun schwerlich Ihre Freunde wieder finden können."
„Nun denn, da Siewünschen, daß ich keine Zeit verliere," antwortete! er, indem er sie absichtlich mißverstand,
„so will ich rasch zur Sache gehen. Vor ein paar Monaten, kurz nachdem Sie hier angekommen waren, sah ich Sie zufällig in eine Kirche gehen. Sie waren schön genug dazu, selbst einen Katholiken in eine lutherische Kirche zu fübren, und während des Gottesdienstes batte ich Muße genug, Sic betrachten zu können. Seit jener Zeit habe ich nur an Sie gedacht, und, um mit Ihne» näher bekannt zu werden, habe ich mich Pahlen angcschlossen. Jedoch darf ich meine Liebe nicht erst nennen, um darauf einen Anspruch auf die Ihrige zu gründen; es würde weit ungewöhnlicher sein und mir somit ein größeres Recht auf Ihr Interesse geben, wenn es mir möglich wäre, Sie nicht zu lieben. Aber von meinem Reichthum will ich reden : wenn Pahlen Ihnen nur ein Zimmer in einem einfachen Hotel bietet, kann ich Ihnen einen Palast geben, und während er aus seinem halblceren Geldsack kaum nur Thaler herauszupressen vermag, behauptet man, daß es mir, selbst beim besten Willen, unmöglich ist, so verschwenderisch zu leben, daß ich mein ungeheures Vermögen ruiniren konnte. Sie jantwortcn mir nicht, Fräulein? Vielleicht ist mein Geständniß etwas roh, etwas zu plötzlich; aber Sie müssen sich erinnern, daß ich die Minute stehlen muß, die ich in Ihrer Nähe zubringen kann."
Er hatte sich bei den letzten Worten erhoben und ergriff jetzt mit frecher Hand ihren Arm; allein sie zog sich mit einem solchen Abscheu im Blicke zurück, als wenn der reiche Ungar ein giftiges Ungeziefer gewesen wäre.
„Ich bin nur ein armes, unwissendes Machen, mein Herr!" rief sie endlich; „dcßhalb verwundert Ihr Geständniß mich so sehr, denn erst heute lerne ich begreifen, wie ein Edelmann seinem Freunde dankt, der ihm gastfrei und vertrauensvoll sein Haus öffnete."
„Ah, mein Schätzchen!" versetzte der Ungar, „wären Sie Pahlen's Gemahlin oder Schwester, dann würde meine Ehre cs mir verbieten,
Ihre Schönheit zu sehen und zu bewundern ; allein in Ihrer freien, ungebundenen Stellung gibt es, Gott sei Dank, nichts, was Sie am Hören und nicht am Sprechen hindern kann."
Scham und Zorn jagten ihr das Blut wie rothe Wolken über die schönen Wangen, als sie den Mann so reden hörte. „Mein Herr!" begann sie jetzt, „Sie sind ein Fremder, und ich will so höflich sein, Ihnen zu sagen, daß Sie mir nichts weiter als gleichgültig sind. Die Beleidigungen, mit welchen Sie mich während unserer Uuterredung überschüttet haben, haben deßhalb auch keinen Eindruck auf mich gemacht. Wenn dagegen Graf Phalcn, den ich aus tiefstem Grunde meines Herzens liebe, ein solches Wort, wie Sie gesagt hätte, wenn er das arme Mädchen so verhöhnt hätte, das allein, wenn alle Anderen es verachten, sich auf Denjenigen stützen kann, der es zu lieben vorgiebt, so wäre ich doch von ihm, arm und verlassen, in die Welt gegangen, wäre er auch so vornehm und reich, daß er Sie, der Sie so stolz auf ihr Geld und Ihren Rang sind, unter seine Diener zählte."
Der Ungar lachte, aber sein Lachen klang hohl und verstimmt. „Sie glauben also nnbedingt an Graf Pahlen?" fragte er und setzte sich wieder.
Sie war schon bei der Thür, um sich zu entfernen, und ihre Hand berührte-schon den Griff/als diefc Frage sie zum Stillstehen zwang und folgende Antwort hervornef: „Ich vertraute ihm so fest, als ich entschlossen bin, Sie nicht weiter an-
folgt.»
Gold-Cours.
Frankfurt, den 19. Oktober.
ft. kr.
Pistolen.8 3S'/2—33^
Fricdrichsd'or .... 9 54',^
Holland. I« . S 3!>'/2—40>2
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Gottesdienst am 24. Oktober: Vormittags Herr Dekan Heberlc, Nachmittags Herr Helfer Rieger.
Redigirt, gedruckt und verlegt von A. Oetschtäger.