234

Besorgnisse hegen, daß, wofern der Himmel hier nicht ein Wunder wirke, der näckstkommende Herbst sein fal­bes Laub auf das frühe Grab ihrer Tochter streuen werde.

Thom und Anne kannten die Ur­sache von Conrad's plötzlichem Ver­schwinden, denn Aennchen hatte ihr Herz am Mutterbusen erleichtert, und wer konnte es demnach den beiden Alten verdenken, daß sie den guten Conrad sehnlichst herbei, den unglück­seligen Herrn Anton aber zu den Seevttern im Zirknitzer See wünsch­ten. Aber Conrad kam nicht, und Herr Anton ließ sich seither auch nicht weiter im Dorfe mehr sehen. Aenn- chcn steckte täglich mehr dahin, und ihr besorgter Vater wußte zuletzt keinen AuSweg mehr, als daß er sich vornahm, sein Kind von jenem Orte, der für Aennchen nur traurige Erinne­rungen bot, zu entfernen, und einige Zeit zu einer Base in's Erzgebirge zu bringen, wo sie durch Verände­rung ihrer Umgebung unddesKlima's an Herz und Leibe wieder aufleben könne.

Und so stand denn eines schönen Sammeltages vor dem Thore des großen Hofes ein Wägelchen mit dem Flechtcndacke, und mit dem mu- thigen Falben des alten Pächters Thom bespannt; der Alte rückte sick neben seinem Aennchen die grüne Reisedecke zureckt, grüßte noch ein­mal zu seiner Anne hinab, und rollte nun mit seinem still in sich gekehr­ten Äenncken die Bergstraße entlang.

Es war Sonntag, und zwar jener schöne Soiinragsmorgen, wo die Christenheit die Erinnerung an das Fest der feurigen Zungen, welche die Gaben des Geistes über die ersten Wächter im Weinberge des Herrn krackten, feierte.

An diesem Tage pflegt nament­lich in Norddeutschland der Bürger und Landmann im Kreise seiner Lie­ben ein Fest der Ruhe und Erhe­bung von den Mühen des Sommers zu feiern.

Auch in dem Städtchen Z*** in der Oberlausitz hatten sich vor

dem Stadtthore viele Bürger und Landleute in den öffentlichen Gär­ten zusammengefunden, aßen, tran­ken, und unterhielten sich auf ihre Weise, während wohlbesetzte Musik- Orchester bekannte Volksweisen zum Besten gaben.

In einem der Gartenpavillons saßen bei Punsch-Bowle und Kna­sterrohr drei junge, fein gekleidete und einen ebenso feinen Anstand verlachen­de Männer im eifrigen Gespräch be­griffen.

Ich bin Assessor geworden!" sagte der Eine mit sonderbarem Gc- sichtsausdrucke.

Sonderbar," meinte der Andere dagegen.

Und noch sonderbarer," fuhr der Erste fort,daß sogar mein An­stellungsdekret genau von jenem Tage dalirt war, als es der Zeisig vor­aussagte."

Der auch meinen Namen und meine Verhältnisse so genau zu de- tailliren wußte?'

Der sogar memenNamen wußte, obgleich ich den Mann nie gesehen hatte," bemerkte der Dritte.

Merkwürdig bleibt die Sache immerhin," begann der Erste wieder, indem er nachdenkend die blauen Rauch­wolken in die Lüste wirbelte,irgend­wo müssen wir mit dem Botaniker doch schon zusammengetroffen sein, sonst hätte er denn ein Hexen­meister ist er denn doch nicht unser t'eoloZomt'NU nicht dergestalt im kleinen Finger gehabt, um uns Alle dupiren zu können.

Und ich," bemerkte Alfred, der Jüngste im Klceblatte, lasse mir es nicht nehmen, daß wir selbst am Zirk­nitzer Seegestade das Gesicht des grünen Botanikers nickt zum ersten Male gesehen. Der Mann kam mir bekannt vor sehr bekannt, er trug die Züge von von ja ja von" (Forts, folgt.)

Kleiner Jrrthnm.

Herr von Jvuy, eine literarische Größe aus der Zeit der Restauration, hatte (im Jahr 1840) auf dem Dtiü-

ütrv kertnykü« Dumas'Oliurlun VH." gesehen, traf einige Tage später in einer Gesellschaft mit dem Dich­ter zusammen, und als sich ihm der­selbe vorstellen ließ, empfing er ihn mit dem größten Wohlwollen. Im Verlaufe des Gesprächs machte er, nachdem er dem jungen Dichter vor­her viele Lobsprüche über sein Ta­lent gemacht, aus viele Mängel und üble Gewohnheiten aufmerksam, die derselbe zu beseitigen haben werde.

Dumas, bescheiden das Lob ab­lehnend, dem Tadel willig Gehör gebend, erwarb sich dadurch das Wohl­gefallen des alten Mannes in solchem Grade, daß er ihm schließlich vor­schlug, als Secrctär mit 100 Louis- d'or Gehalt in seine Dienste zu tre­ten, indem er noch hinzusetzte, Dumas könnte nur dabei gewinnen,da er bei ihm in eine gute Schule käme."

Das glaube ich wohl," ent- gegnete ihm Dumas,darum werde ich auf Mittel sinnen, um Ihr gü­tiges Anerbieten annehmen zu kön­nen." Der alte Mann begriff nicht, was den jungen Mann abhalten könne, bei einem Gehalt von 100 Louisd'or noch zu zögern, und fragte ! um die Ursache.

!Ja, lieber Gott" , antwortete Dumas,entscheiden Sic selbst. Zu­erst müßte ich, um Ihr Secretär werden zu können, die meiniqen ent­lassen."

Die Ihrigen? Also haben Sie mehrere!"

In diesem Augenblicke nur drei! Und dann möchte ick der 100 Louisd'or wegen die 60 bis 80,000 Francs, die ich jährlich verdiene, nicht gern einbüßen."

Hr. von Jouy begnügte sich, Dumas den Rücken zuzuwenden, da er glaubte, derselbe treibe seinen Spott mit ihm.

Erst als er sich näher erkundigt hatte und völlig aufgeklärt worden war, ließ er seinen Groll fahren, eilte zu Dumas, bat ihn um Ent' schuldigung und setzte schließlich hin­zu:Wenn ick nicht so alt wäre, würde ich Sie bitten, mich als Se- ^ cretär bei sich aufzunehmcn."

Revigin, gedruckt und verlegt von A. Oelschlager.

»