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Nr. 41°
Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk Oalw
Freitag, den 19. Februar 1926.
Maßnahmen gegen
Das Programm des Reichsfinanzminipers.
TU Berlin, 19. Febr. Der Haushaltsausschuß des Reichstags trat gestern zu einer Sitzung zusammen, der der Reichskanzler und die Kabinettsmitglieder beiwohnten. Der Zweck dieser Sitzung war die Entgegennahme einer Regierungserklärung Wer die finanzielle Lage des Reiches und über die Stellungnahme zu den sozialpolitischen und wirtschaftlichen Forderungen, die in den anderen Reichstagsausschüssen von den Parteien gestellt worden find. Zu Beginn nahm
Reichssinanzminstter Dr. Reiuhold das Wort: „Ich möchte in den Vordergrund die Tatsache stellen, daß wir uns zu den im Reichstag angekündigten Steuersenkungen nicht deshalb entschlossen haben, weil etwa eine besonders günstige Lag« uns in die Möglichkeit dazu versetzt, sondern weil wir überzeugt sind, dag wir wirtschaftlich so in Not sind, daß zu dem Programm der Reichsregierung auch Steuersenkungen gehören. Die Regierung ist sich aber vollkommen klar, dag durch Steuersenkungen allein die Not nicht behoben werden kann. Außer den Steuererleichterungen hat das Kabinett sich in den letzten Tagen sehr ernsthaft und eingehend mit anderen Fragen beschäftigt, die es möglich machen weiden, die Wittschaft wieder anzukurbeln. Vermutlich wird schon in den nächsten Tagen die Frage zum Abschluß kommen,
daß die Reichsregterung der Reichsbahngesellschaft eine gewisse Summe zur Verfügung stellt, damit die Reichsbahn dringend notwendige Znvestitationen vornehmen kann.
Ich kann nicht einsehen, warum tausende deutscher Arbeiter unbeschäftigt sein sollen, während auf der anderen Seite die Eisenbahnen schon aus Gründen der Betriebssicherheit außerordentliche Neuanschaffungen nötig haben und nur aus Gründen der Finanzierung das scheitert, was Tausenden Brot und Arbeit gibt und die Betriebssicherheit gewährleistet. Das Programm der Regierung beschränkt sich also nicht nur einseitig auf die Steuererleichterung, sondern hat die Behebung der Notlage zum Ziel, und darauf müssen alle Kräfte konzentriert sein. Darum muß sich die Regierung mit dem Reichstag zu einer Notgemeinschaft zusammenschließen.
Zu den Steuererleichterungen ist in der Debatte von einigen Rednern angedcutet worden, sie seien ein Sprung ins Dunkle. Ich mutz deshalb einige Zahlen aus dem Etat Mitteilen. Der Etat 1925 wird vermutlich mit einem, wenn auch nicht erheblichen Ueberschuß abschließcn. Der Ertrag der Steuern wird vermutlich noch etwas über die Schätzungen im Haushalt hinausgehen.
Bei der Vermögens- und Erbschaftssteuer werden die Beträge allerdings nicht erreicht. Aber der Ausfall wird wettgemacht durch die Ergebnisse der Einkommensteuer, die vermutlich etwas höher sein werden und durch die Zölle, die nach dem Januarergebnis mit einen: nicht unerheblichen Plus abschließen. (Hört, hört! links.) Den Minderertrag aus den für 1926 vorgeschlagenen Steuersenkungen habe ich auf etwa 550 Millionen geschätzt. Herangezogen werden der Münzgewinn von 1926 mit 133 Millionen, 47 Millionen Minderausgaben und Mehreinnahmen im Etat der Reichsschuld, 173 Millionen aus verfügbaren Kasfenbeständen unter Mitverwendung des eventuellen Ueber- fihusses von 1925. Der Rest von 197 Millionen ans Anleihen, 127 Millionen des Extra-Ordinariums und 76 Millionen der E- Schatzscheine, das würde dann in einem Nachtragsetat dem Reiibstag vorgeschlagen werden.
Ehe wir uns zu den Steuersenkungen entschlossen, haben wir auch eine genaue Uebersicht über das Etatsjahr 1927 ausgestellt.
Für 1927 rechnen wir mit einer Gesamtausgabe von 4996 Millionen gegen 4782 Millionen im Jahr 1926. Diese Erhöhung ist dadurch notwendig, daß wir für die Reparationsleistungen 965 Millionen einsetzen müssen. Der Bettag für die einmaligen Ausgaben ist von 249 auf 267 Millionen erhöht worden. Die Deckung dieser für 1927 notwendigen Summe ist so gedacht: Für 1926 sind etatistert 4874 Millionen durch Steuern und Zölle, für 1927 nur 4724 Millionen, weil wir den Ausfall an Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen. Dagegen haben wir die Einnahmen erhöht, und zwar die Einkommens- und Kör- Perschaftssteuer um 300 Millionen und die Vermögenssteuer um 50 Millionen. 1926 erbringt aus Steuern aus freiem Einkommen nur 900 Millionen, alle übrigen Steuern sind vorsichtshalber nur mit denselben Beträgen eingesetzt wie 1926. Bon den 4727 Millionen aus Steuern und Zöllen müssen den Ländern und Gemeinden 2421 Millionen überwiesen werden, 34 Millionen mehr als 1926. Die Zölle und Verbrauchssteuern werden sich erhöhen, auch die Biersteuer, deren Erhöhung erst am 1. April in Kraft tritt und deren Erträge erst zu einer gewissen Zeit eingehen. Den Ertrag aus dem Branntweinmonopol haben wir mit 28 Millionen höher eingesetzt. Insgesamt rechnen wir mit einem Ertrag von 200 Millionen aus dem Branntweinmonopol. Die Zölle sollen »inen Mehrbettag von
die Wirtschaftsrwt.
120 Millionen gegen 1926 bringen. Die Verwaltungseinnahmen haben wir für 1927 von 185 auf 233 Millionen gesteigert.
Die Vorzugsaktien der Eisenbahn bekommen wir 1927 voll verzinst. Das macht 18 Millionen mehr. Von der Post erhalte» wir statt 20 Millionen im Jahre 1927: 50 Millionen. Das ergibt insgesamt, daß den Ausgaben des ordentlichen Etats von 4996 Millionen Einnahmen von 4826 Millionen gegenübcrste- hen, so daß sich ein Defizit von 170 Millionen ergibt. Das Reich denkt zunächst nicht daran, an den Anleihemarkt zu gehen, aber wenn wir an ihn appellieren wollen, so glauben die Banksachverständigen, insbesondere der Herr Reichsbankpräsident Dr. Schacht, daß ein solcher Apell mindestens jetzt erfolgreich sein würde.
Selbstverständlich find die gesamten Reparationsleistungen für 1927 mit 975 Millionen in den ordentlichen Etat eingestellt.
Es wird nicht daran gedacht, etwa hier zu einer Pumpwirtschaft zu kommen. Wir wollen lediglich die wirklich werbenden Ausgaben, die in Zukunft wieder späteren Generationen zu Gute kommen, auf dem Wege der Anleihe decken. Wenn wir die Steuersenkungen durchführen, wird unser Etat außerordentlich angespannt sein-Wir werden Mühe haben, mit den vorhandenen Mitteln durchzukommen, aber wir ordnen diese von uns nicht unterschätzten Schwierigkeiten dem großen Ziele unter, jetzt zur Uebcrwindmrg der Krise zu kommen. Wir können dieses Ziel nur dann erreichen, wenn Reichstag und Reichsregierung einig sind, hinter die Erreichung dieses Zieles alle anderen Wünsche zurückzustelle» und nur mit geschlossenem Willen auf diese große Aufgabe zuzugehen.
Nachdem der Reichsfinanzminister seine Rede beendet hatte, wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Demokraten, Kominunisten und der Bayerischen Volkspartci im Gegensatz zu den Wünschen der Regierung mit 15 gegen 13 Stimmen beschlossen, die Aussprache über die Regierungserklärung zu vertagen, bis die Rede im Wortlaut vorliegt, was voraussichtlich am Freitag der Fall sein wird.
Reichskanzler Dr. Luther.
nahm darauf das Wort, um den Ausschuß dringend zu ersuchen, sofort in die Besprechung einzutrcten, da die Regerung möglichst rasch Klarheit Wer die Stellung des Reichstages zu ihren: Programm haben müsse. Dieses Programm sei als eine Einheit zu betrachten, die zerstört würde, wenn aus irgend einem Gebiet zu Mehrausgaben geschritten würde. Die angekündigten Steuererleichterungen würden auch sonst nicht durchführbar sein. So sehr die Regierung die Notlage der Erwerbssolen anerkenne, sei es doch unmöglich, sehr weitgehenden Forderungen auf diesem Gebiet Rechnung tragen. Die Regierung erblicke ihrt Aufgabe darin, statt Eeldunterstützungeu Brot und Arbeit für die Erwerbslosen zu schaffen. Die ganze Politik der Steuerherabsetzung sei natürlich nur möglich, wenn die Wirtschaft sich nicht noch weiter katastrophal verschlechtere. Be: einer Verschlechterung der Wittschaft würden die Wirkungen unübersehbar sein. Wir würden eines Tages mit leeren Kassen dastehen. Der Reichskanzler bat die Parteien dringend, die Mahnung des Finanzministers zur Sparsamkeit bei der Etatsberatung zu beachten.
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns schloß sich den Erklärungen des Reichsfinanzministers und des Reichskanzlers an. Er betonte, auch in seinem Ressort sei es unmöglich, ans irgend einem Gebiet zu erhöhen, wenn nicht das ganze Wittschaftsprogramm der Regierung gefährdet werden soll.
Reichswirtschastsminifter Dr. Curttus verbreitete sich Wer die Maßahmen, mit denen die Regierung, abgesehen von den Steuererleichterungen zu einer Wiederbelebung der Wirtschaft und zu einer Besserung des Arbeitsmarktes beitragen wolle. Der Reichsbahn solle ein Hundermillionen- Kredit zur Inangriffnahme notwendiger Erneuerungsarbeiten gegeben werden. Außerdem sollten 300 Millionen Mark der Industrie als Betriebskredit für die Herstellung von Exportwaren für Rußland zur Verfügung gestellt werden. Weiter soll« der Abschluß der Handelsverträge beschleunigt betrieben werden. Der Minister kündigte ferner Maßnahmen gegen Kartelle an, sowie die Anlage eines Kartellamtes und eines Kartellregisters.
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Neuregelung
der Erwerbslosenunterstützung.
Einigung im Reichstag über Erwerbslosensiitze.
TU Berlin, 19. Febr. Im Reichstag kam am Donnerstag abend nach mehrstündiger Verhandlung Wer die Erwerbslosen- fürsorge zwischen der Regierung und den Regierungsparteien eine Verständigung zustande. Die Regierungsparteien werden daher in der Sitzung des Reichsbahnhaushaltsausschusses am Freitag einen gemeinsamen Antrag einbringen, der auch bereits die Billigung der Reichsregierung gefunden hat. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Beschlüsse des Ausschusses iu diesem Falle
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100. Jahrgang.
Tages-Spiegel.
Der Reichsfinanzminister gab im Haushaltsausschuß Auskunft Wer die Finanzlage deS Reiches.
Im Haushaltsausschuß gaben der Wirtschastsminister und der Arbeitsmiuifter die Pläne der Regierung zur Wiederbelebung der Wittschaft bekannt.
Im Reichstag wurde in die Besprechung des Etats deS Reich- arbeitsmrnifttriums ringetrcten.
Der Reichörat nahm gestern das deutsch-französische vorläufige Handelsabkommen an.
Der Auswärtige Ausschuß tritt heule zu einer Beratung über die beabsichtigte Vermehrung der Sitze im Völkerbund zusa,::> men.
Während Frankreich nach wie vor für die Zuteilung eines
Ratssitzes an Polen eintritt, hält sich England neutral und a!
wartend.
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Die Finanzkommission des französische» Senats hat gestern d>e Besprechung der einzelnen Artikel »er Vorlage des Fiu«»,.- ministers mit einigen Aenderungen angenommen.
Im englischen Unterhaus brachte am Donnerstag der Kokouial- sekretär Amery den Regierungsantrag ein, der vom Parlament dt« Billigung des zwischen England und dem Irak abgeschlossenen Mandatsverliingerungsvertragts erbittet.
Die Mosel führt steigendes Wasser, das auf Unwette» prrückzu- führen ist, die in den letzten Tage« «icdergeganSen find. Di Mosel steigt stiiudNch um IS Zentimeter, di, Saar sogar um 2V Zentimeter.
Bei einem Lawinenungliick im Staate Utah (Bereinigt« Staaten) sind IIS Personen ums Leben gekommen.
nur ein Gutachten darstellen, da die erwähnten Fragen im Wege der Verordnung geregelt werden sollen. Dieser gemeinsame Antrag besagt folgendes:
Die Unterstützungssätze in der Erwerbslosenfiirsorgr werden in den Ottsüassen L u«d <ü mit sofortiger Wirkung erhöht. Für Alleinstehende unter 21 Jahren um 20 Prozent, für Alleinstehende über 21 Jahre um 10 Prozent, für alle Wrigen Haupt- unterstützungsempfänger, sofern diese bereits 8 Wochen nach einander unterstützt worden sind, ebenfalls um 10 Prozent. Die Höchstgrenzen sind nicht geändert worden. In der Berücksichtigung der Kinderzahl tritt keine Aenderung ein.
Um die Erweiterung des Bölkerbundrates.
Heute Sitzung im Auswärtigen Ausschuß.
TU Berlin, 19. Febr. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags ist auf Freitag vormittag 11 Uhr zu einer Sitzung eiuberufen worden. Auf der Tagesordnung steht als einziger Punkt das Thema „Völker bundsratsfitze".
Die Stellungnahme der Reichsregierung.
TU Berlin, 19. Febr. Zu der in der letzten Zeit viel behandelten Frage der Erweiterung der Ratssitze im Völkerbund wird der Telegraphen-Union von bestunterrichteter Sette noch folgendes mitgeteilt:
Die Reichsregierung hat in den Verhandlungen der letzter: Zeit unverändert ihren Standpunkt dahin gttennzeichnet, daß eine Schaffung neuer Ratssitze bei dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund durch die maßgebenden Mächte des Völkerbundes für die deutsche Regierung eine neue Situation schaffen würde, die die deutsche Regierung vor die Notwendigkeit neuer Entscheidungen stellen würde. Die Reichsregierung hält unverändert an dieser Stellungnahme fest. Sollte tatsächlich eine derartige Lage eintreten, so kann über den Ernst derselben kein Zweifel bestehen. Den alliierten Mächten ist im Laus der letzte» Zeit über den Standpunkt der deutschen Regierung volle Klarheft gegeben worden. Die deutsche Regierung hat auch entgegen verschiedenen anderslautenden Berichten in dieser Frage in keiner Weise irgendwelche Kompromisse getroffen oder Zugeständnisse gemacht.
Frankreich und die Ratsfitze.
TA Paris» 19. Febr. Der an: Mittwoch erfolgte Schritt des deutschen Botschafters am —uai d'Orsay wird immer »och lebhaft von der Presse erörtert. Man mißt der Aussprache größte Bedeutung bei. Die Abendblätter besprechen ausführlich den Stand des Problems der Vermehrung der Ratssitze. Ueberein- sttmmend verlangen die Blätter einen ständigen Ratssitz für Pole». ---