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alledem eine tiefinncrliche, poetische, also immerhin künstlerische Natur. Ihr Genius wird sich nach einer ganz andern Richtung entfalten, als auf dem eigentlichen Kunstgebiete. Sie wird in der rein weiblichen Sphäre ibre künstlerische Natur, ihre Productiv- und Bildnerkraft bethäti- gen, sie wird, hoff' ich, eine treffliche Gattin, eine vorzügliche Mutter werden."

Während die Beiden sich so unter­hielten, fand gar nicht weit von ihnen ein Auftritt statt, der zu den letzten Worten des Schulmeisters bestens stimmte. Auf der Hinterseite des Schulhauses lag ein Grasgarten und in diesem Grasgarten war ein hebe- ähnliches Wesen beschäftigt, Wäsche aufzuheben. Es hat wohl mancher Leser ein lieb goldig und schmuckes Töchtcrlein kennen gelernt, aber so thaufrisch und sonnenwarm, so lilien­weiß und rosenroth, so schlank und zugleich rund, läßt nicht jeder Blick über einen Gartenhag eine Maid ihn sehen, wie da im Schulgarten zu Friedethal in diesem Augenblick sichtbar war. Und es gab zwei Augen, in welche die holde Erscheinung mächtiger leuchtete als selbst der Pur­purglanz der eben hinter den Beer- berg hinabsinkcnden Sonne. Das waren die Adleraugen des ljungen Lehnrichters, der oben am sLer- chenhübel bei seinen Arbeitsleuten stand, die eben im Begriff waren, den letzten Erntewagen für dieses Jahr zu bäumen. Und nicht lange dauerte es, so richteten auch die blauen Augen des schönen Kindes im Schulgarten sich nach dem Lerchen­hübel, und ein holdes Errvthen, ein sanftes Lächeln deutete an, daß es chm gar nicht gleichgültig war, daß jene zwei Augen auf ihm ruheten. Aber wo einmal zwei Blicke so gern sich begegnen, da bleibt's nicht lange bei solch telegraphischer Zwiesprache. Kaum war der Baum fest auf dem garbenschweren Wagen, als der junge Mann seinen Oekonomenstock unter den Arm nabm und wie der Blitz über die Felder nach dem Schul- garten hinab rannte, und eh' das

goldlockige Mädchen darin sich dessen versah, war er über die Weißdorn­hecke gesprungen und hatte ihre beiden Hände gefaßt. Und nun, wie schmol­zen da die Blicke der beiden jungen Menschen liebesüberselig ineinander, wie gaben die verklärten Mienen es hell zu erkennen, daß es hier in zwei Herzen maiete und zum vollsten Entfalten ihres Wesens drängte!

Heut, Klärchen" sprach der junge Mann zu der Jungfrau heut' Hab' ich meine Ernte beendigt, eine herrliche überaus reiche Ernte, und heute muß ich mir zu diesem Gottes-Segen noch einen holen den Segen Deiner Eltern zu unserm Bunde. Komm, laß uns sie darum bitten!"

Jetzt wurde das Mädchen ganz Purpur im Angesicht bis in die Hals­grube hinab.Wie?" flüsterte sie mit bebendem MundeAle­xander Sie wollten Sie könn­ten ich, ein so armes Mädchen"

Ach, wie kommst Du mir denn vor, Klärchen? Hat Dir denn das nicht Dein Herz längst gesagt, daß ich Dich zur süßen Gefährtin meiner Tage erkoren, auch ohne daß ich zu Dir sagte: sei mein Weib? weißt Du nicht, daß du längst in meinem Herzen herrschest, und war es nicht auch bei Dir so, füll' ich nicht auch Dein Her; schon lange aus? Ja es ist so Du liebst michkomm mit szu Deinen Eltern, ich sah sie vom Felde aus unter ihrer Linde sitzen."

Und Klara sank an seine Brust und sagte weinend:Wie Du willst, mein Alexander!"

Bald standen sie droben unter der ehrwürdigen Linde vor dem ver­wunderten Bater und der fast er­schrockenen Mutter; bald kniete das junge Paar vor den sie segnenden Eltern.

Wir können unserem Kinde nichts mitgeben, Herr Walther" sagte Jonasals was sie aus der Hand Gottes empfangen: ein reines Herz, ein frommesGemüth"

Und den unschätzbaren Reich­thum einer unverkümmerten Entfal­

tung dieser Gottesgaben, einer echt­menschlichen Bildung" fügte Ale­xander hinzu.All mein Gilt wiegt nichts gegen diese köstliche Mitgift. Sie geben mir viel, überschwenglich viel und machen mich zu Ihrem ewi­gen Schuldner."

Damit schlang er seine Arme um die liebliche Braut, und Beide weinten Brust an Brust das Uebcr- maß ihrer seligen Empfindung aus. Leise erhob sich der Schulmeister; er hatte noch den Sabbath einzu­läuten, daran dacht' er jetzt, und bald klangen die Glocken feierlich über die glücklichen Kinder und das selige Mütterlein und über das ganze frohe Friedcthal dahin.

Kaum hatte Jonas den Kirche thurm wieder verlassen und sich zu den Seinen gesetzt, die so unerwar­tet um ein Haupt vermehrt worden waren, als ein Mann im Staub­mantel, mit bestäubter Ledertaschc an der Seite den Kirchberg herauf gekeucht kam.Ei, da kommt ja der Ephoralbote ganz spät noch, was mag denn der so Pressantes für mich haben?" sagte Jonas aufstehend und ging dem Kommenden entgegen. Dieser grüßte vertraulich, ward ebenso willkommen geheißen und in's Haus geführt. Frau Hanna folgte und ließ die beiden Verlobten allein un­ter der Linde zurück.

2 .

Ei, wo haben Sie Ihren gu­ten Humor gelassen, Freund Pilz?" fragte Jonas seinen Gast, als sie Beide auf dem Kanapee Platz ge­nommen hattenSie werfen Ihre Tasche da so unwillig auf die Seite, als trügen Sie päpstliche Bannbullen darin."

(Forts, folgt.)

Gold CoiliS.

Frankfurt, den 20. Juli.

il. kr.

Pistolen.9 88S9

Friedrichs»'»» .... 9 58 st,31'/,

Holland. 10 fl.-Stück 9 4849

Dukaten.3 31SS

SVFrankcnfiückc ... 9 29'/,S1'/,

Cngl. Sovereigns ... II 4448 Preußische Kassenscheine. 1 3443'/,

Redigirt, gedruckt und «erlegt von A. Oelschlager.