nicht, daß der Elende mir sein Spiel mit dir treibt? Ist eS nicht eine Nie­derträchtigkeit, cin junges Mädchen hin­ter dem Rücken der Mutter zu heimli­chen Liebeleien zu verlocken? Wenn er rechtschaffene Absichten hätte, würde er offen vor deine Mutter hintreten und um deine Hand anhalten. So aber beweist er deutlich, daß er nur dein Un­glück und nicht dein Glück und deine Zufriedenheit will. Gr liebt dich nicht, Antonic! Gr spielt mit dir, und daS End vom Spiele kann nur Elend für dich sein."

»Nein, nein, er liebt mich, von Her­ren/wie ich ihn!" sagte sie.

»Und wenn er dich liebte, was ich aber ,nicht glaube- und nie glauben werde, so ist und bleibt Liebe in Heim­lichkeit, Liebe ohne Segen der Mutter für eis, rechtschaffenes Bürgerinadchen nichts anderes, als Elend und Finch! Und diesem Elende, diesem Fluche will ich dich entreißen. Versprich mir, An­tonie, jeden Umgang mit dem Betrü­ger abznbrcchen, ihm keine Annäbening mehr zn gestatten, ihn standhast von dir zn weifen, und ick wist schwei­gen, will deiner Mutter keine Splbe von meiner unglücklichen Entdeckung sagen. Wo nicht, so erwarte ich sic hier, und sie erfährt Alles! Jezt ent­scheide dich! Du kennst mich wohl, daß jch in meinen Entschlüssen unerschütter­lich bin."

Wie sie sich sträubte, wie sie wein­te, wie sie schluchzte und die weißen Hände rang! Aber sie machte mich nickt irr, sie beugte meinen Willen niebt, ob mir gleich daS Herz blutete bei ih- icm schweren Kampfe. Ja, wenn man liebt und geliebt wird, oder wenig­stens sich geliebt glaubt, da ist'S bars, die Liebe' ansznrcißcn und dem Herzen Schweigen zn gebieten. Aber besser immer ist'S dock', Schmerzen lei­de:!» als Gewissensbisse dulden bes­ser, daö Her; drecken, al'S sich M Gott und Menschen vcrff'indigcu. Ich stellte ihr AlleHe vok-die Folge», die ihre unglückliche Liebelei haben müsse, des Jammei und Zorn ihrer Mutter, deren ganzes- Glück sie- zernichten würde ech derb, ich siebte« ich warnte, ich droh­te endlich, endlich gab sie doch Fach,Weiui such Mit Weinen uiidSchluch- Millch verbrach sie mir mit

Hand und Mund, meinen Bitten und,Gott so innig für die Rettung des ar- Wariillngcn nack'zugebcn, und Theobald mon Mädchens ! Mehrmals besuchte,'ch

nicht wiederzusehen. Sie wollte ihm schreiben, daß Alles vor immer vorbei wäre, wollte ganz und entschieden mit ihm brechen, wollte jede Annäherung fest und standhaft zurückweisen. Da­raus gab sie mir ihr Woik, und nun verließ ich sie beruhigt, vetticß sie in der sicheren Hoffnung, daß sie, wenn auch nicht ans Uebcrzengnng, so doch ans Furcht vor der strengen Mutter den gefährlichenLiebeshandel abbrechc» weide.

Gleichwohl beschloß ick' ans der Hut zu sein, und Antonie wenigstens in der nächsten Zeit sorgfältig zu beobachten. Wenn ich ihr auch den.Willen zutrau­te, recht zu handeln, wußte ich doch nicht, ob sio auch Kraft und Stand­haftigkeit genug haben würde, dem Drängen ihres Herzens und ihres Ge­liebten zu widerstehen. Ein Mädchen­herz, ack Gott, ist ja ein schwaches

sie, um in ihren Angen zn lesen, ob sie die unglückliche Leidenschaft ck'iber- wuiiden habe, und immer kam sie mir offenen BlickeS und mit lächelndem Mun­de entgegen. Ein wenig blaß war sie wohl aber die bleichen Rosen wür­den scheu wieder zn rothen werden, dachte ich, wenn nur erst die Zeit sie Vergessenheit geleint und mildernden Balsam in ihr 'Herz geträufelt habe. Die Zeit, die Zeit! Sic ist und bleibt ja der beste Arzt, wenn eS gilt, die Leiden deö HcrzenS und die Wunden der Seele zn heilen.

So war eS, so blieb. Jch sah und hörte nicktö mehr von Theobald, ich glaubte ihsr vergessen und dachte kaum mehr an ihn. Aber schrecklich sollte ich an den nichtswürdigen Bu­ben crnmert werden.

EineS Morgens ging ich in die Stadt hinab, um meine gute Mutter zu be-

Ding, wenn nicht einen imierlichen, ftichen, sprach aber vorher im grauen gesunden und festen Kern an Gottes- Hanse vor. Jch klopfte an Nic- surck't und Sittsauikeit in sich schließt.!mand antwortete, Niemand ries Ich war nicht ganz überzeugt, daß ick^Herei». Jch klopfte noch einmal, in den Leichtsinn Antonie's vollkommen ge-gder Hoffnung, dio silberne Stimme An- bändigt habe ; sie bedurfte vielleicht tonie's zn vernehmen aber Alles

noch eines WarnerS lind HüterS, um nicht zu wanken und zn straucheln und dieser Warner und Hüter wollte Ich sein.. Jch wollte »berste wachen, wie ein Bruder, und sie nicht aus den Au­gen lassen.

Das lhat ick'. Meine Aufmerksam­keit war stets ans daS giane HanS gerichtet, meine Augen wnrdcn nicht

blieb still, wie zuvor. Eine wunder­liche seltsame Angst überkam mich rasch öffnete ich die Thür da siehe, eben bricktt sie nnker den Schlägen der JinimerinannSart zusammen öffnete sie rasch, sage jch, und fand Niemand im Zimmer, als Antonie's Mutter. Ihr Aussehen erschreckte mich. Sie saß aus ihrem gewöhnlichen Plazc im

müde, zn wachen. 'Aber ich fand keine^ehnstnble, aber ihre sonst nimmer- Ursack'c, an der Festigkeit deö liebenden Hände rnheten, ihr graues Haar

Mädchens zn zweifeln. Theobald kam noch drei oder vier Mal in den späten Nächten, seineEilherklang, seine schmeich­lerischen Lieder lockten aber Anto- nie's Fenster bliob geschlossen, sie gab keine Antwort, kein Zeichen, und der Berfübrer mußte nach vergeblichem Har­ren sich wieder entfernen. Daö lcztc Mal that er's mit einem wilden Flu­che.

»Fluche nur!" dachte ick Lei mir selbst ans der Höhe meines Thurmes. »Dein Fluch wird dem Haupte nicht schaden, aus dem GvtteS-und der Mut­ter Segen ruhet!"

Jch fühlte mich so glücklich, ich dauktel

fiel ungeordnet über ihre bleiche Stirn, ihr Auge blickte starr auf einen Zettel, der vor ihr ihr auf dem Tischchen lag. Sic sah mich nicht, sie hörte mich nicht, sie blickte nicht einmal aus, als mir im ersten Schrecken die Thür ans der Hand glitt und krachend hinter mir Zu­schlag.

»Frau Nachbarin" rief ich und trat näher »was habe» Cie? Was fehlt Ihnen?

(Fortsczung folgt).

Redakteur.- Gustav N i V i ul u 0.

Druck mid Mcrlaq der Nwiuiiiö'schc» Buch- druckerei in Calw.