Ger auf dem Felde arbeiten, als die Frauen im Oberland.

Man hat weiter versucht einzuwenden, die Geburtlichkeit sei in katholischen Gegenden größer, deshalb müsse auch die Sterblichkeit größer sein. Eine gewisse Ueberlegenheit der überwiegend katholischen Gegenden ist hin­sichtlich der Geburtlichkeit durchaus feststell­bar, aber sie tritt nicht so mit Abstand zu­tage, wie dies umgekehrt so eindrucksvoll bei der Säuglingssterblichkeit der Fall ist. Wenn beispielsweise das fast rein protestantische Nagold eine Geburtlichkeit von 20.8 und eine Sterblichkeit von 6.08 ausweist. daS benach­barte Oberamt Horb, dessen Bewohner un­ter genau den gleichen Lebensbedingungen stehen, aber keine Geburtlichkeit von 20.5 rnd eine Sterblichkeit von L,12 zeigen, so können hier keine schicksalhaften Ursachen zu­grunde liegen, sondern es muß der zwin­gende Schluß gezogen werden, daß ver- meidbare Ursachen dahinter stehen.

Auf zwei Wegen müssen diese ver- meidbaren Todesfälle in der Zukunft ver­hindert werden: 1. Das Gewissen man­cher Mütter und Väter hinsichtlich ihrer Verpflichtung gegenüber den ihnen geschenk­ten Kindern muß geschärft werden. 2. Tie Fürsorge für Mutter und Kind muß bis in unsere Dörfer hinein ausgedehnt werden.

Mking-m-lerlilia

übernimmt

Tokio, 15. Dezember. Die vorläufige Regie­rung der Republik China hat, w'e Domei mel­det, beschlossen, die Zollverwaltung von Nordchina einschließlich der Zollver- Wallungen von Tientsin, Tschinwangtao und anderen Platzen zu übernehmen und zu diesem Zweck Verhandlungen aufzunehmen. Auch die Stadtverwaltungen von Peking und Tientsin werden in den neuen Regierungsapparat einge- gliedert.

eblneMe Befestigungen bombardiert

London, 15. Dezember. Berichten aus Schanghai zufolge, haben japanische Flieger am Mittwoch früh die Befestigungen der chinesischen Stadt Schuntsch u"n. die etwa drei Kilometer von der britischen Kronkolo­nie Hongkong entfernt ist, mit Bomben belegt. - Wie die Agentur .Domei" aus Schanghai meldet, ziehen sich die chine­sischen Truppen nach ihrem Rückzug aus Nanking nunmehr in Anking, der Hauptstadt der Provinz Anhui, und in

Los von dem Pakt mit Moskau!

Wohlgemeint«, Rat an die Tschechoslowakei

Prag, 15. Dezember. Der französische Außenminister Delbo 8 traf am Mittwoch, nachmittag um 16.55 Uhr in Prag ein. Er wurde im Empfangssalon des Wilson-Bahn­hofs von dem tschechoslowakischen Außen­minister, Dr. Krofta. begrüßt.

Dem Prager Besuch des französischen Außenministers widmet das .Journal de Gendve" einen Leitartikel, worin der Tschechoslowakei und auch Frankreich ge­raten wird, sich gleichzeitig von dsmPakt mit Moskau zu lösen, der diese bei­den Länder isoliere und ihrem Ansehen kähade. Ter Tschechoslowakei sei in ihrem eigenen Interesse der freundschaftliche Rat zu geben, daß sie von sich aus die heikle sudetendeutsche Frage regele und daß sie im Einvernehmen mit Frankreick

DaS Ziel muß sein, daß in jedem Dors über 500 Einwohnern mindestens einmal im Monat eine Mütterberatungsstunde stattfindet, in der alle Säuglinge und mög­lichst auch die Kleinkinder in regelmäßigen Abständen überwacht und betreut werden. Wo aber der Staat mit seinen Mitteln nicht ausreicht, springt die Partei mit ihrem Willen ein. So werden durch das Amt für Volksgesundheit in Zusammenarbeit mit dem Amt für Volkswohlfahrt überall da, wo keine staatlicheMütterberatungsstelle besteht. NSD.- Hilfs stellenMutter und Kind" errichtet die von den zugelassenen Nerz- ten des Amtes für Volksgesundheit ehren­amtlich versorgt werden:

Es handelt sich ja nicht allein darum, die unnötigen Menschenverluste zu vermeiden, sondern auch darum, zu verhindern, daß durch unvernünftige und fehlerhafte Lebens­und Ernährungsweise im Säuglingsalter der Keim zu kommenden Schäden gelegt wird. Alle Schäden, soweit sie nicht in der Erbmasse unabänderlich verankert sind, müs­sen verhütet werden, im Interesse der Gesundheit und Wehrkraft unseres Volkes! Was zu diesem Thema hier gesckrieben wurde, soll keine Anprangerung eines Volks, teiles oder einer Konfession sein, sondern eine ernste Mahnung, die Schäden zu er­kennen und mit allem Eiser zu beheben.

Pengpu, einer anderen bedeutenden Stadt dieser Provinz, erneut zusammen. Wie ver­lautet, wollen die chinesischen Militärbehör­den mit Anking als MZielpunkt eine neue W i d e r st a n d s l i n i e er­richten, die sich auch über die Provinzen Kiangsi und Tschekiaug erstrecken soll. Fer­ner soll der Jangtse zwischen Anking und Kiukang wiederum blockiert und mit einer Minensperre versehen werden.

Die Räumung Han kau? ist in vol­lem Gange. Verhandlungen zur Einrichtung einer Sicherheitszone in dieser Stadt sind eingelcitet worden.

Ne DeutsKrn in Nanking wohlauf

Schanghai, 15. Dezember. Die japanische Botschaft teilt mit, daß sämtliche 27 Aus­länder, die sich innerhalb des Stadtkernes von Nanking aufhalten, wohlauf sind. Unter ihnen befinden sich sechs Deutsche, 18 Amerikaner, ferner ein Engländer und zwei Rüsten. Diplomatische Vertreter frem- der Mächte halten sich nicht mehr in Nan­king auf. In der Sicherheitszone befinden sich noch 150 000 Chinesen.

schnellstens die Bande mit Moskau löse, die sie bei Gelegenheit sogar ausgezeichpe^er- drosteln könnten. Im übrigen beruhe die Sicherheit der Kleinen Staaten nicht nur auf der Unterstützung durch große Verbündete im Falle ernster Gefahren, sie beruhe vor allem auf ihrer eigenen internationalen Politik. Das Genfer Blatt weist in diesem Zusammenhang auf die Haltung Belgiens, Polens, Jugoslawiens, Rumäniens hin. Diese Länder beseitigten Reibungsflächen und befestigten ihre unabhängige politische Stellung.

Die Ergebnisse der Südosteuropareise des französischen Außenministers Telbos werden von dem Budavester AbendblattEsti Ujfag" als reichlich mager bezeichnet. Die Wuckt der Ereignisse der letzten Tage habe die Stimme der französischen Politik über­tönt, so daß Delbos kaum mehr sein eigenes 5ahx verstehen können.

MitDemokratie" h

Was die Novelle zum Prager

Berlin, IS. Dezember. Die Deutsche diplo- matisch-politische Korrespondenz schreibt: Die tschechische Negierung hat am Dienstag im Prager Parlament eine Novelle zum Parteiauflösungsgesetz vom Jahre 1933 vorgelegt, die heute durch­beraten und morgen verabschiedet werden soll. Als Neuerung ist vorgesehen, daß gegenüber dem bisherigen Verfahren, wel­ches ein Parteiverbot von einem Negierungs­beschluß abhängig machte, nunmehr der Landesbehörde Befugnis eingeräumt wird, auf dem Verordnungswege nach freiem Er­messen und in jedem beliebigen Ausmaß, d. h. sowohl in gebietsmäßiger wie in Personeller Hinsicht, Gliedern»- gen bestimmter Parteiorgan i- sationen aufzulösen. Ter Zweck die­ses neuen Gesetzes ist kein anderer als der, die deri verschiedenen Volksgruppen im tschechischen Nationalitätenstaat noch offen gelasteneu Möglichkeiten, für ihre Gleich­berechtigung ciuzutreten und sich organisa­torisch zu behaupten, weiter zu beschneiden.

Daß dieses Gesetz in einem Augenblick vor­gelegt wird und durchgepeitscht werden soll, in dem sich in Europa manche Hoffnungen regen, daß auch die Tschechoslowakei ihren längst fäl­ligen Beitrag zur Entspannung liefern möge, läßt die tschechische Aktion besonders schwer­wiegend erscheinen. Zwar scheut nian sich in­folge des bestehenden Interesses im Ausland, dein Chauvinismus den Frontalangriff gegen die für die Belange ihres Volkstumes entschlos­sen eintretcnden und darum von einer über­wältigenden Mehrheit getragenen nationalen Partei frei zu geben. Dafür glaubt inan mit der: Mitteln örtlicher Maßnahinen, d. h. der Auflösung einzelner lokaler Gliederungen an entscheidenden Stellen, also mit Mitteln, die mitDemokratie" nichts mehr zu tun haben, am Ende den gleichen Effekt zu erzielen und dem Verteidigungskampf der Volksgruppen gegen das behördlich mit allen Mitteln gestützte System tschechischer Ver- drangungspolitik das Rückgrat zu bre­chen.

Herr Delbos wird also gerade in einem Augenblick in Prag eintreffen, wo im Scharten der Bündnisse ein weiteres Glied einer Politik angefügt wird, die unter Außerachtlasten so-

Ner sowjetrusMe WMKivindel

Wiener Kritik an dem Moskauer Riesenbluff

Wien, 15. Dezember. Die fowjetrussischen Wahlen" werden von der Wiener Presse einer vernichtenden Kritik unterzogen. Di« Retchspost" schreibt, Stalin habe den Wahlfcldzug" einseitig als einen Kamps ohne Gegner geführt. Dieser Fettung habe zunächst in der vorherigen Ausrottung aller in Betracht kommenden Gegner bestan­den, die entweder erschossen, verbannt, ein- gekerkert oder auf andere Weise zum Schwei- gen gebracht wurden. Ganz Sowjetrußland sei von dicht aufeinanderfolgenden Terror- und Agitationswellen überflutet worden, und was diese beiden dann noch an Wider­stand zurückgelassen hätten, sei durch die skrupellose Fälschung der Wäh- lerverzei chnifse beseitigt worden.

Auch dasNeue Wiener Tagblatt" betont, daß. bevor die Sowjetbürger zurWahl" schreiten durften, die Träger der Opposition mit blutigen MU^ln mundtot gemacht wor. den seien

at das nichts gemein!

Parteiaufiösungsgefctz bezweckt

woyl ver ekngegangenen Verpflichtungen wis der. Menschenrechte den Kampf gegen die' Gleichberechtigung der Volksgruppen im Staate, führt. Diese Politik kann nicht einmal für sich in Anspruch nehmen, als einePolitik des Status quo" im Sinne der rechtlichen Konser- Vierung der Friedensverträge bezeichnet zu werden; denn sie zielt in bestimmter Form dar- auf ab, noch über Versailles, Trianon und St. Germain hinaus die Stel­lung der Tschechen unter Nichtachtung der ver- bürgten Lchensrechte der anderen Nationalitä­ten und unter Anwendunggenügender Mit­tel" ansznbreiten.

Diese Tinge mit Sorge zu beobachten und warnend auf sie hinzuweisen, ist im Hinblick auf alle hiermit zwangsläufig verbundenen Beunruhigungen und Spannungen wahrlich alles andere als ..Einmischung"^ Gerade der Umstand, daß man in Prag in keiner Weise im unklaren darüber ist, welche friedens- störende Wirkung die bisherige Nalio- nalitätenpolitik gxsgelöst hat, läßt in der Tat berechtigten Zweifel nufkommen. inwie­weit überhaupt die tschechische Politik Bei­träge zur Entspannung zu leisten wünscht. In Prag weiß man genau, daß eine Verstän­digungspolitik init dem Reich über das Schicksal der sudetendcutschen Volksgenossen hinweg unter keinen Umständen in Frage kommt. Daher kann der Erfolg einer Politik, wie sie jetzt in der Tschechoslowakei aufs neue wieder kraß in Erscheinung tritt, nur darin bestehen, daß allen praktischen Frie­densbemühungen der Weg in be­denklicher Weise verbaut wird.

In einer Unterredung mit einem Mitarbei­ter derZeit" wandte sich der Vorsitzende der Vereinigten Madjarischen Parteien, Esterhazy, gegen die beabsichtigten Verschärfungen des Parteiauflösungsgesetzes und wies darauf hin, daß alle bisherigen derartigen Gesetze und nun auch diese Regelung zum Parteiauflösungs- gesetz durchaus antidemokratisch seien. Auch der Vorsitzende der Slowakischen Volkspartei, Pater Hlinka, erklärte, die Slowakische Partei würde gegen diese Vor­lage kämpfen. Sie werde ihr Recht verteidigen, wenn es sein müsse, auch mit dem Leben.

politische Kvr-rrachrichterr

800 Millionen Franken für die französischen Kolonien

Bei der Beratung des Haushalts deS französi­schen KvIonialminksteriirmS in der Kammer teilte Minister' Moutet mit, daß er für enen Drei» jahresdlan 800 Millionen Franken benötige. Von marxistischer Seite wurde enedeutliche Antwort" auf die deutschen Kolonialforderungen verlangt.

16 Milliarden Franken Handelsdefizit Die französische Außenhandels, bilanz schloß im November mit einem-Defizit von t.5 Millionen Franken ab. Damit erhöhte sich das Gesamtdefizit in der Feit von Januar biS November auf rund 18 Milliarden Franken, von denen 3 Milliarden auf den passiven Handel mit den französischen Kolonien entfalle.

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8

Bäuerlein hört Plötzlich ein fernes Geschrei und Pferdennehern in der Nacht, zuckt zu­sammen. löWt erschrocken das Talglicht. be- kreuzigt sich und denkt weiter: vor zwei Mo- naten gingen mit Sack und Pack die Deut­schen fort und nahmen ihre fremde Ordnung mit - der Zar ist tot. den Zusammenfüger der russischen Erde haben die Roten erschla- gen. seit er tot ist. ist auch Rußland tot . ..

Moskau aber lebt. Die Deutschen gingen

hinter ihnen her aber kommt mrt seinen Reitern Moskau es sind n.cht mehr die kaiserlichen Reiter vom Lager Kurtenhvs mit den lachenden Bauerngestchtern und den gro. ßen. blanken Pferden und dem Borsänger und dem Schwadronsziegenbock an der Spitze

ach. dies sind die Teufel auf elenden Schindmähren, sie singen des Teufels Lieder und haben des Teufels Gesichter, sie haben vor drei Tagen in Lipki den Grafen erschos­sen. und es werden ihrer immer mehr, und durch die Nacht traben sie nach Westen, sie find um Mitternacht da wie der Bös« selbst und klopfen mit der Nagaika ans Fenster: Heda. Bauer, hast du eine Kuh?"

Und der Bauer springt auS dem naßkalten Bett, schlürft auf Holzpantinen m die Nacht hinaus:Ja. meine lieben Herren, eine Kuh

aber waS für eine! Nur solch magcreS Kuhchen und so viel Kinder . . . ack. liebe Herren. kckont dock di« Armut!' S«« «der

sind schon im Stall, drängen sich um die Kuh. klirren schon mit der Kette herum. Genug geweint", schreit der Führer,fünf- hundert Rubel wollen wir . . . kauf sie dir zurück für fünfhundert, oder du wirst schauen!"

Und der Bauer fällt auf die Knie, be­kreuzigt sich und schwört sich die Seele aus dem Leib, er habe doch kein Geld, sieht aber dann, wre sie das Kuhchen schon aus dem Stall zerren, besinnt sich, läuft in die Hütte und holt vom Deckbalken her ein Bündelchen Regenbogen". sWegen ihrer bunten Farben hießen so rn Rußland die Hundertrubel- scheme.1 Handelt, weint, bettelt, bekommt schließlich für dreihundert seine Kuh zurück..

Geht dann schluchzend, als sie fortgeritten sind, in seine Hütte, weiß doch ganz genau, daß morgen eine zweite, eine dritte, eine vierte Patrouille kommen wird: jeder wirb er dreihundert Rubel geben müssen, in drei Tagen wird er weder Geld noch ein Kuhchen haben . . . ach. und wovon soll man denn leben im strengen Winter, ach Jesus, ja. ach grobes Erbarmen.

So traurige Tinge denkt er. will hinter sich schon die Tür verriegeln und in sein Bett znrückschlüpfen. hört es plötzlich stöhnen und schnauben in der Nacht, sieht aus der von den Tenlschen im Kriege gebauten, seit Wochen nun schon verödeten Eisenbahnstrecke einen kilometerlangen Zug kriechen jämmerlich stöhn» vor der überlangen finsteren Wagen, reihe die ausgeleierle. viel zu kleine Maschine, und aus ihrem Kamin der Flammenstoß ist an diesem Zuge das einzige Licht, und sonst könnte man ihn wohl für einen mitter­nächtigen Geisterzug halten. Der Bauer aber bekreuzigt sich, weiß Bescheid. Aus Moskau kommt dieser Zug. die Hauptmacht der Roten fährt i» ihm mit Pferden und Maschinen­gewehre« durchs Land, so ziehn sie her H«D»

den Deutschen, werden morgen ihre Truppen ausladen. das ganze Land überschwemmen wie ein Heuschreckenschwarm. Ta kriecht denn der Bauer tief verzagt in seinem Herzen zu­rück m die Hütte, schließt ab bekreuzigt sich. Mag Gott ihnen allen nun gnädig sein.

Ter Zug aber stöhnt durch die Winter- nacht westwärts aus Mitau zu vorn in dem verdunkelten Wagen erster Klasse sitzen mit ihren brillantbehangenen Damen in ihren rotseidenen Schlafröcken die Kommis­sare. dahinter, in der endlosen Reihe der Tepluschken (Eisenbahnlore), sriert, schwatzt, schläft Fabrikarbeiter, mobilisierte Bäuer­lein. Grusinier. Letten und chinesische Bahn- arbeiter bunt durcheinander die rote Kavallerie. Im letzten Wagen, wo man aus dem Holzboden ein Feuer angezündet hat und frostklappernd um die dürftige Flamme hockt, liegt in der Ecke auf einem dürftigen Stroh­haufen ein Mann. Ein herkulisch gebauter, breitschultriger Mann. Baron Äwgostjin Nikolajewitsch Prack, weiland Schwahronchei im kaiserlich russischen Regiment Garde ä cheval, nun Kommandeur des roten Reiter­regimentsBakunin". Mit geschlossenen Augen liegt der Prack, scheint ja wohl zu schlafen . . .

Am Feuer, das langsam in den Holzboden der Tepluschke sich frißt, wärmen sie die er- starrten Finger, gespenstisch huschen über die Decke des Wagens ihre verzerrten Schlag­schatten. Ein junger, ein wenig pockennorbi. ger Soldat, der wie ein großer Junge und vielleicht auch wie ein verkleidetes Mädchen aussteht, nimmt vom Feuer den verbeulten Aluminiumkessel, steht auf.Macht nun Platz. Genossen.' Man mustert sie mit wohlge- fälligen und auch mit anzüglichen Blicken, man macht immerhin Platz:Geh nur. Ninotschka." Und jeder weik. dak Ninotschta

ein Mädchen ist. wie es viele Mädchen gibt im Reiterregiment Bakunin. Ninotschka aber mit ihrem Teekessel geht zu dem Schlafenden, rüttelt ihn:ES ist, Ew. Hochwohlgeboren, schon sieben Uhr . .

Es heißt nicht mehr", keift vom Feuer her ein aufgeregter Lette.Ew. Hochwohl­geboren. es heißt Genosse."

Man wird in einer halben Stunde in Mitau sein", sagt Ninotschka.

Zu Äwgostjin Nikolajewitsch". beruhigt ein tiefer freundlicher Baß.kannst du ruhig Ew. Hochwohlgeboren' sagen, er ist auch ohne euch ein guter Kamerad." Prack hört eS. dreht sich auf die andere Seite, dem Tee zu. trinkt aber nicht, grübelt. Rittmeister im kaiserlichen Regiment Garde ä cheval, nun Kommandeur des Regimentes Bakunin. Im Sommer 1917 hat ihn in Minkk der Flecktyphus erwischt, und noch in der Rekon­valeszenz. als man noch z»m Skelett abge­magert war. hat ihn dann ein roter General­stäbler auch ein ehemaliger Kaiserlicher gefragt, ob er ein Kommando unter der neuen Negierung übernehmen wolle.Ich rate Ihnen, ja zu sagen", hatte dieser Gene­ralstäbler mit einem ganz eigentümlichen Unterton gesagt. Prack hat den Unterion wohl verstanden, hatja" gesagt ... es gibt ja nun keinen Zaren mehr, man weiß auch nicht mehr, wohin man gehört, man gehört auch nicht mehr in den Frieden... es ist übrigens in all dem Elend alles schon ziem­lich gleich.

Ja. so war da? damals gewesen! Und draußen der Zug fährt langsamer, leiser wird daS Räderstampfen, man hört von den vor­deren Magen her das Schnauben und daS Hufstampsen der Pferde.

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