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Echo« wieder «euer Streik in Paris
Die Gewerkschaftsführer kümmern sich einen Deut um das Staatsgefüge
LIgellberiekt 6er k4 8k>re»s«
8l. Preis. 37. Juli
Es scheint die Absicht des sich „Ministerium der Massen" nennenden marxistischen <Iewerkschastsverbandes zu sein, dem Ministerpräsidenten Chautemps zu beweisen, daß er aus seine Gnade angewiesen ist. Chautemps hatte am Sonntag in einer Rede erklärt, daß seine Aufgabe durch die politischen Kundgebungen der Parteien nicht gerade erleichtert werde. Gewiß wolle die Regierung nicht auf die notwendigen Reformen verzichten, wenn sie auch gezwungen sei, diese zu verschieben, um sie später in einer „Atmosphäre des Friedens und der Arbeit" besser durchzusühren. Die Antwort aus diesen Appell scheint die Streikparole der marxistischen Gewerkschaft in den Pariser Schlachthäusern zu fein, der sich bis Dienstagmittag bereits 90 v. H. der Beschäftigten angeschlossen hatten.
Chautemps hatte am Sonntag das „Verbrechen" begangen, in aller Oeffentlichkeit den Demagogen der „Volksfront" zu sagen, daß die von ihnen fast täglich wiederholten Forderungen auf Erfüllung der einzelnen Punkte des sogenannten „Volksfront-Programms in Anbetracht der augenblicklichen Finanzlage Frankreichs einfach nicht erfüllbar sind. Die marxistischen Drahtzieher antworten mit neuen Streiks, die im Gegensatz zu allen Loyalitätsversicherungen stehen und es ist kein Zufall, daß gerade jetzt von sozialdemokratischer Seite die Phrase kolpoxtiert wird, man hätte Leon Blum nicht die erforderliche Zeit gelaffen, seine Politik durchzuführen.
Diese marxistischen Drahtzieher, an deren Spitze einer der reichsten Männer Frankreichs, der Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes C. G. T. Ionhaux steht, kümmern sich keinen Deut darum, daß die ständigen Arbeitskonflikte und die Durchführung der 40-Stun- denwoche auch das finanzielle Gefüge des Staates dermaßen erschüttert, daß er weder in der Lage ist, die verlangte Verstaatlichung zahlreicher Wirtschaftszweige noch die geforderte Arbeitsbeschaffung zu finanzieren. Die Regierung ist ohnehin mit der Sorge um die Ver-
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Liganberickt 6er öl 8-Presse
eg. London, 27. Juli
Das arabische Komitee hat die Ueber- reichung einer Denkschrift an die Mandatskommission des Völkerbundes, die britische Negierung und den britischen Palästina- Kommissar beschlossen, in der der vielumstrittene Peel-Plan endgültig ab- gelehnt wird. Gleichzeitig wird eine Reihe von Forderungen erhoben, nach deren Erfüllung sich der Großmusti bereit erklären wird, über gewisse Fragen mit Großbritannien zu verhandeln. Das arabische Komitee verlangt: Sofortige Einstellung der jüdischen Einwanderung, sowie allen Landkaufs durch Juden, Verbietung der Versuche zur Gründung eines jüdischen Nationalheims in Palästina, völlige Unabhängigkeit der arabischen Länder, Aufhebung des britischen Mandats über Palästina und Abschluß des Vertrags zwischen England und Palästina, in dem letzteres als selbständiger Staat anerkannt wird.
teidigung der Währ ing und des Gleichgewichts im Staatshaushalt schwer genug belastet und durch die Ermächtigungsgesetze daran gehindert, die Wechselkontrolle ernzuführen. Mit dieser aber wird es allein möglich sein, die Währungsfestigkeit stcherzustellen.
Wenn auch die Parlamentsferien die Möglichkeit einer provozierten Regierungskrise zunächst ausschalten, so ist es doch durchaus möglich, daß beim Zusammentritt der Kammer in der zweiten Oktoberhälste auch die letzte Stunde des zweiten „Volksfront-Kabinetts schlägt. Schon heute rechnet man in gewissen einflußreichen Kreisen mit einem zweiten Kabinett Blum.
10 spanische Schiffe beschlagnahmt
Britische Reeder appellierten an die Admiralität
Llßendericvt 6er 148-presse og. London, 27. Juli
Der Vertreter des Valencia-Ausschusses in Cardiff versuchte, zehn in Bilbao beheimatete spanische Schiffe als „Eigentum Valencias" zu requirieren, die gegenwärtig in verschiedenen englischen Häfen liegen. Da die Kapitäne und Mannschaften der Schiffe diese „Enteignung" ablehnten, baten die spanischen Reedereien die britische Admiralität um einstweilige Sicherstellung der Dampfer. Diesem Ansuchen wurde trotz des Protestes des Valencia-Vertreters stattgegeben. Die Gerichte werden vermutlich noch ln dieser Woche über das Eigentumsrecht der Schiffe entscheiden.
Oesterreichische Kommunisten verurteilt
Enthüllungen im Wiener Schutzbund-Prozeß
k i 8 e o b e r I c k t 6er ss8-Presse ek. Wien, 27. Juli.
Die Aktivität der österreichischen Kommunisten, die auch heute noch von Moskau voll, kommen dirigiert werden, beleuchtet ein Pro- zeß gegen 18 rote Schutzbündler, die wegen Verbrechen gegen das Staatsschutzgesetz von einem Schösfensenat des Wiener Landgerichtes zu schweren Kerkerstrafen verurteilt wur- den. Die Angeklagten hatten 1935 die Wie. deraufrichtung des 1933 ver- botenen roten Schutzbundes beschlossen. Die Organisation war besonders im Wiener Arbeiterbezirk Floridsdorf, der schon immer der Hochsitz des republikanischen Schutzbundes war, verbreitet. Floridsdorf bildet den Kreis 7. Ein Kreis entspricht einer Brigade. Leiter der Floridsdorfer Brigade war der Angeklagte Szygedi. Ihm waren zwei Bezirksleitungen mit je einem Regiment des republikanischen Schutzbundes unterstellt. Kommandant des 1. Regimentes war der Angeklagte Schlisser, Kommandant des 2. Regimentes mit dem Ergänzungsbereich Kagran, Kaisermühlen und Stadlau war der Angeklagte Wessely. Das Regiment gliederte sich wie bei dem Heer in Bataillone Komvanien und Züae.
Bei einer Hausdurchsuchung, die bei dem Bataillonskommandanten Bindenitsch in Eßling stattfand, wurde eine ganze Anzahl von Waffen und Munition gefunden. Daraus geht deutlich hervor, daß der ille- gale rote Schutzbund nicht nur militärisch organisiert war, sondern auch mit modernem Kampsmaterial ausgerüstet war. Allgemein bekannt ist, daß Moskau interessante Versuche in Oesterreich anstellt, um eine militärisch organisierte illegale rote Kampftruppe aufzustellen. In diesem Zusammenhang erfahren wir aus Belgrad und Sofia, daß das nächste Ziel der Komintern darin besteht, Wien zu einer Nachrichten- und Kurierzentrale ersten Ranges für den großen Südosten auszubauen.
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Scharfes Durchgreifen gegen den roten Menschenschmuggel
kl i 8 c n t> e r i c v t 6er !48-?resse
äZ. Amsterdam, 27. Juli
In Durchführung der Sonderaktion der niederländischen Kriminalpolizei gegen roten Menfchenschmuggel nach Not-Spanien wurde in Amsterdam der Leiter des Emigrations
dienstes der Kommunistischen Partei, Koe- kenbakker, der einen führenden Posten bei der Internationalen Roten Hilfe bekleidete, in der Jacob-Hans-Lennep-Gade verhaftet. Man fand bei der Haussuchung außerordentlich belastendes Material, aus dem hervorgeht, daß Koekenbakker als Leiter des Emigrantendienstes die Gewährung aus Unterstützung an ausländische, vor allem deutsche, Kommunisten davon abhängig machte, daß die Betreffenden sich zum Kriegs- dienst für die spanischen Roten verpflichteten.
3 «««« Rote gefallen
Ligenberietit 6 sr öl 8. -Press« in. Rom, 27. Juli
Die römischen Blätter lassen sich von ihren Korrespondenten in Spanien eingehend über die letzten Siege der Franco-Truppen über die roten Banden berichten, wobei vor allem die eindeutig überlegene militärische Stellung der Nationalisten unterstrichen wird. Obwohl man in Valencia zunächst versucht hatte, die gewaltige Niederlage von Brunete zu vertuschen, mußte jetzt von den bolschewi- stischen Kommandostellen zugegeben werden, daß sie Sonntagvormittag 1000 Mann, 85 Maschinengewehre und rund 2500 Ge- wehre französischen und sowjetrussischen Fabrikates verloren.
Bei dem zweiten Angriff der Roten auf die Stellungen der Nationalisten, der nicht nur völlig hilflos war, sondern sich bei den Franco-Truppen sogar gelohnt hatte, die die Roten hinter die Ausgangsstellungen zurückwarfen, mußten diese bei dar Flucht ein französisches Geschütz, 24 sowjetrussische Lanks, 12 Maschinengewehre, 8 französische Jagdflugzeuge, 4 Autoambulanzen und 16 Lastkraftwagen zurücklassen. Außerdem verloren die Bolschewisten 14 Flugzeuge, die während der Kampfstunden abgefchossen wurden. Diese von den Roten selbst ange- gebenen Zahlen werden ergänzt durch Feststellungen des nationalen Hauptquartiers, nach denen im Verlauf dieser Schlacht die Verluste der Noten 30 000 Mann betrugen. Diefe Ziffer konnte von Valencia nicht bestritten werden.
Am gleichen Tage wurden bei einem vergeblichen Luftangriff von 24 roten Flugzeugen auf Salamanca 15 Maschinen abgeschof- sen, von denen 7 aus französischen und 8 aus sowjetrussischen Fabriken stammen.
Mße Politik
ln kleinen Solen
Gegen die Teilung Palästinas sprach fick) in einem amtlichen Dementi jetzt auch Emir Abdullah von Transjordanien aus-, uw der arabischen Propaganda entgegenzutrcten.
Die günstige Wirtschaftsentwicklung wird durch den neuen Reichs steuereinnah menausweis bestätigt. Im Juni 1937 betrugen die Reichssteuereinnahmen 1111,3 Millionen Reichsmark gegen 747,7 Millionen im Juni 1936. Vom 1. April bis 39. Juni 1937 betrugen die Reichssteuereinnahmen 3077,5 Millionen Reichsmark gegen 2527,9 Millionen im Vorjahre. Das Aufkommen an Lohnsteuer war 17,6 Millionen höher. Das an veranlagter Einkommensteuer um 95.3 Millionen höher.
Rach zwölfjähriger Verbannung ist der Taschi Lama, der höchste geistliche Würdenträger von Tibet, aus China nach Tibet zurückgekehrt. Er war 1925 von dem seither verstorbenen Dalai Lama verbannt worden.
Der Gouverneur der Bank von Japan,
Seichin Ikeda, der als Vertreter der Großfinanz galt, trat zurück. An seiner Stelle wurde Toyo< tako Juki, der Beamter des Finanzministeriums und Finanzminister war, zum Gouverneur ernannt.
Zu einer blutigen Schlägerei
kam es in Cleveland (Ver. Staaten) zwischen Streikposten der Lewis-Gewerkschaft und Arbeitswilligen der Republik Stahlwerke, wobei ein Todesopfer und 55 Verletzte zu verzeichnen waren. Damit hat der verbrecherische Streikterror, der unter kommunistischem Einfluß stehenden Lewis- Gewerkschast bisher 16 Todesopfer gefordert.
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gl. Paris, 27. Juli.
Der über das Wochenende nach Valencia gereiste französische Gewerkschaftler Jo ritz a u x hatte dort Besprechungen mit den spanischen Oberbolschewisten. Man erörterte die Aussichten einer Einigung im Londoner Nicht- einmischungsausschuß und die Möglichkeit einer allgemeinen europäischen Gewerkschaftsaktion zugunsten der spanischen Bolschewisten. Schließ, lich lud Jouhaux eine größere Abordnung spanischer Marxisten zu der geplanten alljähr- lrchen Antikriegsdemonstration in Paris am 1. August ein.
Moskauer Schachzüge in London
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°-eg. London, 27. Juli
Englische Wirtschastskreise stellen eine un- heimliche Aktivität sowjetrussischer Elemente in England fest. Die Handelsvertretung des Rätebundes versucht, durch Zusicherung grö- ßerer Bestellungen die englische Geschäftswelt im Sinne Moskaus zu beeinflussen. Im ersten Halbjahr 1936 zahlten die Sowjets nur 4,58 Millionen Pfund Sterling für englische Lieferungen; im ersten Halbiahr 1937 erreichen die Sowjetbestellungen die Summe von fast 11 Millionen Pfund Sterling.
NMWor Dampfer aufgebracht
London, 27. Juli
Der britische 2500-Tonnen-Tampfer „Mi- rupanu" wurde auf der Höhe von Gijon in spanischen Hoheitsgewäffern vom nationalspanischen Kreuzer „Ciudad de Valencia" aufgebracht und nach Ferrol geleitet. Es ist dies das dritte von nationalspamschen Schiffen aufgebrachte britische Schiff.
Roman von V/aiter lalln:
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Ein Weilchen schweigen beide, mit ihren Gedanken beschäftigt. Sie gehen unwillkürlich langsamer. Noch immer.begleitet sie der schwere süße Dust des Jasmins, lieber ihnen steht am Himmel der Große Wagen im schimmernden Glanze seiner sieben Sterne.
„Hast du Sorgen. Haus?" fragt Inge vorsichtig.
Sorgen? Hans bleibt eine Weile stumm. Ach ja. denkt er. und eine Sekunde lang ist er in Versuchung, zu sprechen. Doch er besinnt sich. Helsen kann sie ihm ja doch nicht. Wozu da sprechen?
„Sorgen?" wiederholt er Inges Frage. „Wer hat keine Sorgen?" Er fühlt, daß er irgendeine Erklärung schuldig ist. „Man setzt mitunter alle Hoffnung auf eine bestimmte Sache, und wenn sie sich dann nicht erfüllt — na ja. Wenn du's so meinst-"
„Wenn ich dir helfen kann. Hans —?"
..Nicht nötig. Ich komme schon durch", lacht er. aber eine warme Zärtlichkeit erfüllt ihn. Mit einer unbewußten Bewegung legt er seinen Arm um ihre Schulter. „Nimm mir's nicht übel. Inge, aber ich bin nun mal der Meinung, man soll seine Angelegen- heiten mit sich allein abmachen und sie aus keinen anderen abwälzen."
„Aber wenn doch der andere gern daran teilhaben möchte. Hans!" Ihre Stimme klingt ein wenig traurig.
Er muß sich räuspern, ehe er zum Sprechen ansetzt. „Das ist natürlich etwas ande- res. Also du kennst ja — ich meine, du hast gewiß schon im Verein davon gehört, daß ich eine Erfindung gemacht habe, eine Verbesserung für Schleifmaschinen. Es handelt sich um eine neuartige Zubringevorrichtung, die nicht nur zwei ganze bisher notwendige Arbeitsgänge einspart, sondern auch gleichzeitig ein viel größeres Maß von Arbeitssicherheit gewährleistet. Sie wirkt in doppeltem Maße, einmal, indem sie die Produktion beschleunigt und verbilligt, und dann, indem sie viel genauer arbeitet als die bisherigen Einrichtungen. Wir werden damit auf dem Weltmarkt konkurrenzlos dastehen. Ich weiß nicht, ob du das verstehst —?"
Er wartet Inges Nicken ab und fährt fort: „Die Sachlage ist nun einfach so, daß die Fabrik, mit der ich über den Ankauf verhandelt habe, im letzten Augenblick zurückgetreten ist, weil ihr das Ganze doch noch nicht genü- gend durchkonstruiert erschien. Du wirst ver- stehen, daß das. wenn man schon so lange an einer Sache arbeitet, eine Enttäuschung bedeutet, die man erst überwinden muß."
„Kannst du sie denn nicht an anderer Stelle anbieten?"
„Ich möchte nicht. Denn ich habe eingesehen. daß die Leute recht haben. Es sind wirklich noch verschiedene Verbesserungen möglich, mit deren Ausarbeitung ich jetzt beschäftigt bin. Erst wenn ich alles endgültig fertig habe, biete ich die Erfindung wieder jemand an."
Inge nickt. Dann sagt sie zögernd: „Ver-
steh mich, bitte, richtig. Hans-hast du
vielleicht kein Geld mehr?" Und nun rasch
und warm: „Ich würde dir gern helfen, soweit ich irgend kann. Wenn dir mit ein paar
hundert Mark gedient ist-ich weiß ja
nicht, wieviel du brauchst — du darfst es nicht falsch auffassen — —"
„Nein", sagt Hans und ist erfüllt von einer starken Freude, „um Gottes willen, wie kann ich das falsch auffassen, Inge!" Er merkt plötzlich, daß er seine Hand noch immer auf ihrer Schulter hat und nimmt sie fast verlegen fort. Er spricht hastig weiter: „Etwas habe ich ja selbst noch, und ich denke, es wird reichen."
„Aber wenn es nicht reicht, Hans —"
„Sprechen wir noch über deinen Vorschlag. Abgemacht." Hans bleibt unvermittelt stehen und wendet sich ihr zu. Mit beiden Händen umspannt er ihre Arme. Dann sagt er rasch und froh: „Leid tut es mir aber doch, daß es mit dem Verkauf noch nicht geklappt hat. Denn ich habe mir nun mal in den Kopf gesetzt, die Sache müßte erst in Ordnung sein, bevor ich das tue, was ich vorhabe —"
Sie fragt unsicher: „Ich weiß ja nicht, was du vorhast?"
„Vielleicht dich etwas zu fragen!" sagt er mit angehaltenem Atem.
„Du kannst mich ja auch später fragen, Hans", lacht sie leise und glücklich.
In manchen alten Straßen kann man. besonders in den äußeren Stadtteilen, auch heute noch vereinzelt altmodische Villen antreffen. schlichte einstöckige Gebäude, erbaut zu einer Zeit, in der die ganze Gegend noch so gut wie „vor den Toren" lag. Die Ruhe und die Abgelegenheit sind längst dahin, die Gegend ist von der Stadt verschluckt, wo früher Wiesen lagen, laufen straßenlange graue Häuserblocks, alles ist anders gewor
den, und nur die alten Villen behaupten zäh und schmucklos ihren angestammten Platz.
In einer solchen Villa wohnt Karl Möl- lendorsf mit seinem Sohn. Früher war auch noch Luise Möllendorff dabei, Rudis Winter. sie starb vor einigen Jahren, und seitdem führt eine Wirtschafterin den Haus- halt. Die Maschinenfabrik, die Karl Möllendorff aus kleinsten Anfängen heraus ausgebaut hat, liegt in der Schönhauser Allee, eine halbe Fahrstunde mit der Untergrundbahn entfernt. Es wäre auf jeden Fall bequemer. besonders da sich der alte Möllcn- dorff durchaus nicht zur Anschaffung eines Privatwagens entschließen kann, in eine moderne Etagenwohnung in der Nähe der Fabrik zu ziehen. Aber er kann sich nun ein- mal nicht dazu entschließen, die Villa auf- zugeben. Hier hat er mit seiner Frau gewohnt. hier ist der Junge groß geworden, hier ist ex ungestört in seinem Garten, und hier will er bleiben. Schluß damit. Später, wenn er einmal nicht mehr ist. soll der Junge machen, was er will . . .
. . . Als Rudi Möllendorff an diesem Morgen erwacht, ist sein erster Gedanke die Niederlage des vergangenen Tages. Mit ungeschwächter Deutlichkeit durchlebt er noch einmal jeden einzelnen Vorgang — den Lauf, das Geschlag'nwerden. den Jubel um den anderen, die n leidigen, kür ihn bestimmten Blicke, die Szene während der Sitzung — und alles stößt aufs neue seinen Ehrgeiz wund. Während er sich anzieht, grübelt er verbissen darüber nach. Vielleicht wäre alles halb so schlimm für ihn. wenn es sich nicht in Inges Beisein abgespielt hätte: erst daß sie es mit angesehen hat. macht ja die Demütigung so unerträglich.
(Fortsetzung folgt.)