die gewaltsam unterdrückt wurde, in Un­natur umschlug. Das ausgehende Mittelalter war von unbegrenztem Mißtrauen gegen die Lebensführung der Geistlichen beseelt. Der Führer der Bewegung der Geister, die wir die Reformation nennen. Martin Luther, war überzeugt davon, daß er das Beispiel Persönlicher verantwortlicher Rückkehr zur Natur geben müsse, wenn er seine Führer, aufgabe voll erfüllen wollte. Die gleichzeitige Bewegung der Renaissance konnte sich in der Verspottung des Lebenswandels der Geist­lichen nicht genug tun. Die Sittenlosigkeit des 18. Jahrhunderts, die vom Thron der französischen Könige aus, von Ludwig XIV. und Ludwig XV.. ihre höhere Weihe emp­fing. hatte die ehelose Geistlichkeit in ihren wildesten Strudel gezogen. Und die roma­nische Literatur der Aufklärungszeit ist mit dem Klerus womöglich noch schonungsloser umgegangen als die Literatur der Renais- sance.

Wie aber stand zu alldem die katholische Kirche? Sie bcharrte auf dem mittelalter­lichen Standpunkt: daß der sittliche Lebens­wandel ihrer Geistlichen einzig und allein ihrer eigenen, der kirchlichen Gerichtsbarkeit, unterstehe und die weltliche Obrigkeit nichts angehe. Mit dieser Auffassung ist die Kirche auch in das Zeitalter der Nationalstaaten hineingegangen, und das mußte früher oder später zum Zusammenstoß mit der Staats­gewalt da führen, wo diese sich stark genug fühlte, dem vornehmsten Grundsatz staatlicher NechtshoheitGleiches Recht für alle!" Gel­tung zu verschaffen. Das ist auf deutschem Boden so lange nicht der Fall gewesen, als der politische Katholizismus eine Macht war, deren Hilfe der Staat für seine Zwecke nicht glaubte entbehren zu können. Solange die Macht des Zentrums in Deutsch­land ungebrochen war. mußte der Staat auch gegenüber solchen Ansprüchen der Kirche, die seinem eigenen Wesen an die Wurzel griff, nur zu oft beide Augen zu­drücken. Und vollends als das Zentrum in Deutschland auf der Höhe seiner Macht stand unter der Weimarer Republik, war es ganz Undenkbar, daß eine schwache Staatsgewalt gegenüber sittlichen Verfehlungen im Be­reiche der Kirche die Rechtshoheit ohne An­sehen der Person geltend gemacht hätte.

*

Dies also ist das Neue: Wir haben einen Staat, der sich stark genug fühlt, dem GrundsatzGleiches Recht für alle" erstmals unbegrenzt Geltung zu verschaffen, und der sich von der Durchführung dieses Grundsatzes daher auch durch keinerlei Rücksichten auf Bedürfnisse des Politischen Katholizismus ab­halten läßt, die für den Staat von gestern noch unübersteigliche Schranken bedeutet haben. Die Ehelosigkeit der Priester ist für den Staat von heute eine innere An­gelegenheit der katholischen Kirche, in die sich der Staat nicht ein­mischt. Wenn diese innere Angelegenheit der katholischen Kirche aber Folgeerschei­nungen zeigt, die für die Volksgesundheit seelisch wie körperlich . bedrohlich werden, dann schützt der Staat kraft seiner Rechts­hoheit die Volksgesnndheit. ohne zugunsten der Kirche eine Ausnahme zu machen. Einen Staat im Staate, der eine eigene Rechts- Hoheit für sich und seine Gläubigen in An­spruch nimmt, kann der nationalsozialistische Staat nicht dulden. Wohlgemerkt: Er kann nicht, wofern er sich nicht selbst aufgeben will.

Das ist der Standpunkt, von dem aus ein Bürger des Dritten Reiches Stellung zu

Bolksschädlinge wandern ins Zuchthaus

Gerechte Strafe für Fleischverschieber - Gemeine Gewinnsucht verleitete sie

Frankfurt. 17. Mai.

Wie verhängnisvoll sich eine in untreuen Händen, befindliche Nahrungsmittelvertei­lung auswirken kann, haben wir während des Krieges erlebt. Das deutsche Volk stimmt deshalb seiner Staatsführung aus ganzem Herzen zu, wenn sie Verbrechen an der Nahrungsmittelversorgung, sei es nun an der Produktion oder Verteilung, auf das härteste bestraft. Das soeben in Frankfurt am Main gegen sieben Metzger und einen kaufmännischen Angestellten gefällte Urteil dürfte mit Deutlichkeit zeigen, wie in Zu- kunft gegen Volksschädlinge vorgegangen wird.

Das Gericht verurteilte den Hauptange­klagten wegen fortgesetzter schwerer Untreue. Passiver Bestechung, gemeinschaftlicher, schwe­rer und fortgesetzter Urkundenfälschung und wegen Betrugs zu zwei Jahren Zuchthaus und 200 RM. Geldstrafe. Der frühere stell­vertretende Jnnungsobermeister. der für die Verteilung des Fleisches verantwortlich war, erhielt wegen schwerer Untreue IV- Jahre

Zuchthaus. 200 RM. Geldstrafe und 3 Jahre Ehrverlust; ein gewerbsmäßiger Hehler wurde zu IV-Jahren Zuchthaus und 3 Jah­ren Ehrverlust verurteilt. Die übrigen An­geklagten erhielten Gefängnisstrafen von 4 Monaten bis -: IV- Jahren.

Tie Angeklagten hatten in der Zeit von Oktober 1935 bis August 1936 im Aufträge der zuständigen Reichsstelle das aus dem Ausland zur Deckung zusätzlichen Bedarfs eingeführte Fleisch zu verteilen. Sie hatten die ihnen oder ihren Verwandten gehören­den Betriebe bei der Verteilung in unge­rechtfertigter Weise bevorzugt. Außerdem hatten sie verschiedenen Metzgern gegen Zahlung von Schmiergeldern und Prcis- aufschlägen über das vorgeschriebene Kon­tingent hinaus Fleisch zugeschoben. Schließ­lich hatte ein Teil der mit der Verteilung beauftragten Aiiorklaaten die KlasllfnV- rungsstempel der Neichsstelle unbefugt ab­geändert. um höhere Verkaufspreise zu er­zielen. An der Aufklärung des Falles wirkte der Verein gegen Bestechung in Berlin mit.

Licht - mit gestohlenen

Ein Strafverfahren von grundsätzlicher Bedeutung

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k. t. Hamburg,. Mai.

Gin Strafverfahren von grundsätzlicher Be» deutnng nahm gestern vor dem Hamburger Strafgericht seinen Anfang. Drei Bewoh­ner einer Schrebergarten-Kolo­nie am Fuße des Großsenders Hamburg sind angeklagt, sich widerrechtlich elektrischen Strom angeeignet zu haben, indem sie d. e Hoch- freqnenzenergie des Senders zum Betrieb von Lichtanlagen in ihren Wohn­lauben benutzten.

Obwohl das Gericht die Angeklagten für schuldig hielt, wäre es beinahe nach kurzer Ver­handlungsdauer zu einem Freispruch gekom­men, und zivar eines Formfehlers wegen und weil 'sich die Beschuldigten der Tragweite ihrer Handlungsweise nicht bewußt waren. Der Staatsanwalt betonte jedoch, daß für eine wirksame Unterbindung künftiger Energieent­wendung eine Bestrafung in diesem Falle ein- treteu müßte. Er beantragte deshalb, nähere

nehmen hat zur leider unabsehbaren Reihe der Prozesse, worin die Verstöße katholischer Geistlicher gegen das allgemeine Strafgesetz­buch geahndet werden. Der Staat, der nach dem Rechten, sieht, wo kirchliche Vorgesetzte versagten oder nicht sehen wollten, erfüllt nur eine Pflicht gegenüber der Volksgemeinschaft. Unbegrenzte Machtsülle ist den Dienern der Kirche noch nie und nirgends gut bekommen. Und wie die katholische Kirche innerlich dadurch ge- stärkt worden ist. daß die Reformation ihr die allzu bequeme Alleinherrschaft über die Seelen des Abendlandes nahm, so wird sie eines Tages vielleicht auch erkennen, wie sehr sie dem nationalsozialistischen Staate dafür zu Dank verpflichtet ist, daß er die Macht des Politischen Katholizismus zerbrochen hat. Denn nur eine Kirche, die willig dem Staate überläßt, was des Staates ist, kann auch unter veränderten. Zeitumständen ihr: Lebenskraft beweism.

Ermittlungen über den erwähnten Formfehler den die Reichspost im Jahre 1936 bei ihrer Verwarnung machte anzustellen. Entspre­chend diesem Anträge wurde dann das Verfah­ren bis zu einem neuen Termin ausgesetzt.

Die Tatsache, daß es möglich ist, mit Rund­funkwellen nicht allein die entsprechenden Emp­fangsanlagen, sondern auch elektrische Geräte anderer Art zu betreiben, hat die Techniker selbst überrascht. Sie protestieren ganz ener­gisch. So eüvas gebe es nicht.Dann hätten wir ja alle unsere Ueberlandzentralen sparen können . . . die Leute, die es verstehen, mit Rundfunkwellen ihre Glühlampen zu Heizen, dürften nicht bestraft, sondern müßten noch be­lohnt werden für ihre kuriose Erfindung." So also sprachen die Fachleute. Wir Laien wollen aber abwarten, wer in diesem Falle recht be­hält, die Techniker oder die Juristen.

MsntkönMttreAn in Aix-ies-Bainö

Erklärung Oberlindobers imParis Soir"

Paris. 18. Mai

DerParis Soir" veröffentlicht eine Er­klärung des Reichskriegsopferführers Ober- lindober bei der Frontkämpfertagung in Aix-les-Bains: Nur die, die den Krieg nicht mitgemacht haben, sprechen vom Kriege. Wenn die ehemaligen Frontkämpfer vom Frieden sprechen, so fordern sie einen voll­ständigen, für alle Völker gültigen Frieden. Tie junge Generation must, in gedanklicher Gemeinschaft mit uns. die Ehre und oie friedliche Kraft unserer Länder fördern. Ist es denn nicht möglich, gute Nachbarschaft zu halten und unsere Eigenschaft als gute und tapfere Soldaten nicht immer wieder auf die Probe stellen zu müssen? Frankreich ist stark und Deutschland ist wieder stark geworden. Franzosen als Freunde und gute Nachbarn würdsn wohl noch stärker sein. Beim Schluß­bankett der Frontkämpfer erklärte der Pen­sionsminister Rivitzre u. a., die franzö­sische Regierung unterstütze das Werk der ehemaligen Frontkämpfer und billige deren Kundgebungen.

Va 8 ^eue 8 te in kürze

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Am Donnerstag nachmittag wird der eng­lische König ans der Rede von Spithead zwi­schen der Insel Wight und der Südküste Ir­lands die größte Flottenparade der letzten 28 Jahre, wenn nicht der Geschichte über­haupt, abnehmen. An dieser einzigen Schm: sind nicht weniger als 145 britische Kriegs­schiffe und 16 Kriegsschiffe ausländischer See­mächte beteiligt.

Eine größere Gruppe deutscher Frontsolda­ten aus Trier traf gestern in Reims ein, wo ihr von Seite» der französischen Frontkämpfer ein herzlicher Empfang zuteil wurde.

Korpssührer Hühnlein wurde gestern nach­mittag vom italienischen Regierungschef Mussolini empfangen. Der Duce erkundigte sich eingehend nach den Eindrücke», die der Korpssührer in Italien und insbesondere in Tripolis empfangen hat und zeigte lebhaftes Interesse für die Einrichtungen und die Tä­tigkeit des NSKK.

Ein schweres Berkehrsunglttck ereignete sich gestern Abend aus der Landstraße Paderborn- Bielefeld. Ein nach Bielefeld fahrender Per­sonenkraftwagen fuhr ans einen ihm entge­genkommenden Lastkraftwagen ans. Bei dem furchtbaren Anprall wurde der Personen­kraftwagen fast vollständig zertrümmert. Dabei wurden drei Personen sofort getötet und ein Insasse schwer verletzt.

4 SS MM M AllMMM

X Salamanca, 18. Mai

An der Biscaya-Front sind die national­spanischen Truppen nach der Eroberung von Chano, der Einsiedelei San Miguel, von Epalza, Enacha, Arrinda und Zadagoitia mit ihren Vorposten bis 400 Meter vor Amo- rebieta vorgedrungen. Die Bolschewisten ver­loren viele Tote, 130 Gefangene (davon 80 freiwillig übergelaufene) lind reiche Mengen von Kriegsmaterial.

MeinmisvMr M

des ehemaligen zaristischen Polizeichefs Paris. 18. Mai.

Der ehemalige Chef der zaristischen Poli» zei, Nikolaus Preobrash enski ist in einem Pariser Heim der Heilsarmee verstor-. ben. Die Polizei stellt zur Zeit über die Um­stände des Todesfalles eine Untersuchung an. PreobrashenskEiWnämlich im Verlaufe einer Politischen Auseinandersetzung aus dem Fen­ster geworfen w orden . Als verdächtig er­scheint, daß' djeM'Dorfall von dem Leiter dekfHeilE^wtMr Major der Heilsarmee, der Polizei nicht gemeldet worden war.

poliLifcheKurzrmchrjchierr

Fast sechs Millionen Reichsmark

spendete die Wehrmacht in bar und Naturalien an das Winterhilfswerk 1986/37 (genau: 5 913 991 Reichsmark), um über zwei Millionen mehr als im Vorjahre. U. a. wurden nicht weniger als 2 331059 Essensportionen an Hilfsbedürftige ab­gegeben.

85 v. H. der österreichischen Eier-Einfuhr

sind nach einer Aufstellung der Wiener Nach­richtenstelle der Katholischen Aktion in jüdischen Händen. Daß gerade diese Nachrichtenstelle dies vermerkt, beweist die wachsende Judengegnerschaft in Oesterreich, der sich auch die Katholische Aktion .nicht mehr entziehen kann.

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Und doch mästen Sie Ihre Gründe haben", erklärte Dr. Jsel.Ich kann auf eine Antwort nickst verzichten. Sie betonen das Wortoffiziell". Ich würde vielleicht auch ein inoffizielles Mandat anerkennen, ich bin nicht engherzig."

Nehmen Sie also an", sagte Philipp,daß ich mich in die Kranke verliebt habe."

Das habe ich mir ohnehin gedacht", sagte Dr. Jsel.Aber es kam mir seltsam vor. daß der Anblick eines Bildes genügt, ein Gefühl wiederzuerweckeu. das sechs Jahre geschlum­mert hat. Andererseits haben Sie in Wien, in Klosterneuburg und sogar in Feldkirch nachgeforscht und allerhand Mühen und Kosten auf sich genommen, unanzweifelbare Beweise der Stärke dieses Gefühls. Ich werde Sie also über den Fall unterrichten."

Er öffnete die Mappe.

Die Kranke ist hier am 23. Dezember 1918 von ihrem Bruder Josef Hild übergeben wor­den. Papiere: Heimatschein der Kranken. Heimatschein und Amtslegitimationen des Bruders. Hier ist der Abgangsschein der Psychiatrischen Klinik. Diagnose: Trauma­tische Neurose. (Eine durch eine Verletzung hervorgerufene Nervenzerrüttung.)

Der Bruder zahlt die Pslegekosten für ein volles Jahr voraus, wie ich schon erwähnt habe. Er erklärt, daß er der einzige Ver­

wandte der Kranken sei und gab seine Adresse an. Am 10. Dezember überwies er von Wien aus aus unser Postsparkastenkonto noch ein­mal den gleichen Betrag. Er war nie mehr in Feldkirch gewesen, hatte nie geschrieben, niemand hatte die Kranke besucht. Am 3. März 1921 fragten wir wegen der Pflege­kosten für das dritte Jahr an, und der Brief kam, wie Sie wissen, mit dem Vermerk Adressat gestorben" zurück.

Nun muß ich Ihnen erklären, warum ich die Kranke hier behielt, obwohl für sie nicht mehr bezahlt wurde. Und das hängt mit ihrer Krankheit zusammen. Die Diagnose Traumatische Neurose" war sicher falsch. Diese kleine Kopfverletzung kann unmöglich eine derart lange nachwirkende Gedächtnis- störung verursacht haben.

Da habe ich die Kranke Hunderte Male untersucht, sie fast allen Fachleuten, die meine Anstalt besuchten, vorgestellt, sie auch Jahre hindurch stets beobachtet. Sie ist vollkommen gesund. Jedoch von einem bestimmten Tage an. der kurz vor dem 30. Oktober 1918 liegen muß, ist ihr Gedächtnis rückschreitend erloschen. Sie erinnert sich an nichts mehr, was vor diesem Tage liegt, hin­gegen an alles, was seit dem 30. Oktober ge­schehen ist. Sie hat erst lesen und schreiben lernen müssen, das ging aber so rasch, daß die Wirkung des Rückerinnerns deutlich sicht- bar wurde. Das gleiche gilt von ihrem Pfle­gerinberuf. Ich begann um sie zu beschäf- tigen sie als Pflegerin auszubilden, und nach wenigen Tagen war sie so weit wie eine andere Pflegerin nach ebenso vielen Jahren. Das heißt: alle Gedankenverknüpfungen, die in ihrem Gehirn jetzt wieder aufgefriHt wer- den. behält sie und vergißt sie dann nimmer. Das gilt von Büchern, die sie schon einmal gelesen hat und jetzt wieder liest, von Bil­

dern. die sie früher gesehen hat, von Hand­lungen. die sie einmal getan hat und nun wieder tut und so weiter.

Ich habe schon erwähnt, daß ich sie als Pflegerin ausbildete. Später merkte ich. daß sie weit über den Durchschnitt gebildet und klug gewesen sein mußte. Ich verwendete sie für meinen Briefwechsel, sie bewährte sich sehr gut und heute ist sie meine Sekretärin, eine ausgezeichnete Sekretärin. Sie wünschte und brauchte Beschäftigung, und da sie mir schon nach wenigen Monaten, zuerst als Pflegerin, dann als Sekretärin eine wert­volle Hilfe war. begnügte ich mich im ersten und zweiten Jahr mit dem Pflegegeld des Bruders, obwohl die Verpflegesähe durch die Kronenentwertung immer höher wurden, der Bruder aber den ihm im Dezember 1918 ge­nannten Betrag bezahlte.

Als dann die Todesmeldung kam, stellte ich ihr frei, die Anstalt zu verlassen und einen Beruf zu suchen, oder als meine Sekretärin gegen Ent­gelt hier zu bleiben. Sie wählte das letztere und ist wie gesagt noch heute hier.

Nun wieder zum Medizinischen. Daß ein echter Gedächtnisschwund vorliegt, ist klar. Nicht feststellbar ist. wodurch er hervorge­rufen wurde. Dazu müßte man Zeugen haben, jemand, der m jenen kritischen Tagen vor dem 30. Oktober an ihrer Seite war. Der Bruder, den ich darüber befragte, hatte keine Ahnung. Sie selbst erinnerte sich an nichts. Ich schrieb daher ans Note Kreuz, dem ja die freiwilligen Krankenschwestern unterstem- den. um Standort. Truppenkörper. Feld- spital und so weiter, zu ermitteln. Hier ist die Antwort: Eine Hilde Hild war nie frei­willige Pflegerin."

Sehen Sie", rief Philipp,der Name ist falsch."

Das muß nicht sein. Sie kann schließlich unter falschem Namen Dienst gemacht haben, nicht wahr?"

Das ist wohl etwas abenteuerlich", meinte Philipp.

An diesem Fall ist nichts abenteuerlich, mein Lieber. Der zahlende Bruder mußte für mich eine stärkere Beweiskraft haben als die Auskunft des Noten Kreuzes, da ich ja nichts Böses wähnte. Erst heute, durch Ihre Mit­teilung vom Tode des Bruders rm Jahre 1917 gewinnt diese Auskunft wieder Wert."

Nichtig, Herr Medizinalrat, aber da möchte ich erwähnen. Sie sagten doch, daß sie sich an früher gebildete Gedankenverknüpfun­gen wieder erinnert, wenn sie diese neu er­lebt. Wie ist's da mit dem Namen Hilde Hild? Als sie ihn wieder hörte, mußte sie sich doch seiner erinnern, wenn sie wirklich Hilde Hild ist."

Sie denken scharf und richtig", sagte Dr. Jsel beifällig.Ich habe auch daran gedacht. Aber Sie vergessen, daß sie diesen Namen schon in Wien bei der Uebernahme hörte. Dabei waren wir nicht anwesend, konnten also nicht feststellen, ob eine Erinnerung ge» weckt wurde. Als sie hier ankam. gehörte dieser Namen schon zu ihrem neu erworbenen Gedankengut. Sie nahm als selbstverständ­lich an, daß sie io beißt. Das gleiche gilt auch für die Frage, ob sie ihren Bruder er­kannt hat oder nicht. Wir wissen nicht ob sich eine Erinnerung regte, als sie ihn wieder­sah und er erklärte, daß er ihr Bruder sei."

Und als sie hier ankam, betrachtete sie ihn als rechtmäßigen Bruder?"

Ja, so wie sie ihren Namen als recht­mäßig empfand. Aber, wie gesagt, das ist kein Beweis."

(Fortsetzung solgt.) , >