selb, um die Illusion seiner Ueberlegenheit aufrecht zu erhalten. Deutschland bezweckt dadurch, die Neu­tralen zu beeinflussen hinsichtlich der Abwendung der letzten Katastrophe, wenn Erschöpfung und Ueber- drutz infolge der Verlängerung der Kriegsdauer ein- treten. Die Solidarität der Verbündeten wird jedoch hier Einhalt tun. Sollte es aber notwendig sein, die Neutralen gegen vorzeitige bei ihnen erweckte Friedenswünsche zu schützen, so wollen wir hoffen, daß wir nicht die Erfahrung machen, daß wir dieses Gebiet allzu lange vernachlässigen, das der Gegner von langer Hand bearbeitet.

Dielieben" Verbündeten.

(W.T.V.) London, 25. Okt. DieTimes" mel­den aus Toronto: In Egina ist eine Bewegung im Gange, die darauf hinzielt, belgische Landleute in Saskatchewan anzusiedeln.

England hat also tatsächlich die Absicht, die wir andeutungsweise in der Freitagnummer brachten, die Belgier nach Nordamerika zu bringen. Saskatchewan liegt zwischen dem 52° und 55° nördl. Breite. Das Gebiet liegt zwar zwischen den gleichen Graden wie England, jedoch hat es territoriales Klima, d. h. heiße und kurze Sommer und lange, strenge Winter. New-Pork, das 11 Breitegrade südlicher liegt und noch dazu durch das Meer eine mildere Temperatur besitzt, hat oft unter der Hitze und der Kälte des nordamerikanifchen Klimas zu leiden. Dazu kommt noch, daß wenige Bahnen in jenes Gebiet führen, die Bewohner also abgeschlossen sind. Das Land ist zwar reich an Bodenschätzen und das Gebiet ist auch für die Feldwirtschaft sehr günstig, aber ob die Bel­gier sich in diesen wilden Gegenden heimisch fühlen werden mag, dahin gestellt sein. Auf jeden Fall ler­nen die Belgier ihre Bundesgenossen immer besser kennen.

Die Zahl der Kriegsgefangenen in England

(W.T.V.) London, 25. Okt. (Nicht amtl.) Die Times" schreiben: Bald werden sich alle polizeilich registrierten dienstpflichtigen Deutschen und Oester­reicher in den Gefangenenlagern befinden. Ihre Zahl beträgt 40 000 in London und 70 000 im vereinigten Königreich.Daily Telegraph" berichtet über die Behandlung der Internierten in der Olympiahalle zu London: Jeder hat eine Holzpritsche, worauf er Matratze und Deckkissen legen kann. Die Leute dür­fen lesen, Karten spielen und musizieren. Zeitung­lesen ist verboten. Ihre tägliche Ration besteht aus einem halben Pfund Fleisch, anderthalb Pfund Brot, acht Unzen Gemüse, einer halben Unze Tee oder einer Unze Kaffee, zwei Unzen Zucker, einer Unze Mais­mehl, einem halben Pfund kondensierter Milch, dazu Salz, Pfeffer und Gewürz. Die Offiziere erhalten eine regelmäßige Gage für Rechnung des Deutschen Reiches, das mit den gefangenen englischen Offi­zieren ebenso verfährt. Die Frage der Beschäftigung der Gefangenen bereitet Schwierigkeiten, da die Kon­kurrenz mit englischen Arbeitern vermieden werden soll. Die Gefangenen können jedoch beim Wegebau, der Kanalisierung u.s.w. beschäftigt werden. Sie er­halten für ihre Arbeit 4 bis 6 Pence täglich, dürfen zweimal in der Woche Briefe schreiben und unbe­schränkte Briefe empfangen. Besuche sind nur in Ge­genwart eines Dolmetschers gestattet.Daily Chronicle" schreibt: Die Ausrüstung der neuen Armee Kitcheners hat das Kriegsamt wegen der Lieferung der Uniformen in eine schwierige Lage ge­bracht. Die Kakhilieferanten der Armee konnten der Nachfrage nicht genügen. Das Kriegsamt kaufte da­her das Kakhi, wo es immer diesen Stoff fand, mit dem Ergebnis, daß die neuen Uniformen aus Shoddy hergestellt sind, einem Stoffe, der sich bald abnützt und dem Wetter nicht standhält.

(S.C.V.) Berlin, 26. Okt. DasHamburger Fremdenbl." bringt Einzelheiten über unerhörte Rohheiten bei der Behandlung der in England ein­geschlossenen Deutschen. Der Erzähler war mit vielen anderen Deutschen auf einem holländischen Dampfer aus Brasilien zurückgekehrt und im Lager Newbury in einem Rennstall untergebracht. 810 Deutsche lagen in einer Pferdebox in altem Stroh beisammen. Sie erhielten je zwei dünne Decken, weiter nichts. Um 5 Uhr nachmittags mußte alles ins Stroh krie­chen. Ihr Essen mußten sich die Gefangenen selbst kochen und zwar im Freien in einem Graben. Der Tee wurde durch alte Säcke gegossen, sodaß er völlig schmutzig war. Die Wassersuppe mit einem geringen Zusatz von Fett enthielt vielleicht für jeden Gefan­genen einen Kubikzoll Fleisch. Die Ernährung war vollkommen unzureichend. Beschwerdeführende wur­den 3 Tage bei Wasser und Brot eingesperrt. Die englische Militärverwaltung soll die Kantinen für die Gefangenenlager gegen hohe Pachten an einen Londoner Unternehmer vergeben haben.

(S.C.B.) London, 25 Okt.Daily Chronicle" berichtet, die Massenverhaftungen der Deutschen seien notwendigerweise zumj Stillstand gekommen, da die vorhandenen Militärlager nicht ausreichten

und alle Vorbereitungen für die Aufnahme nicht ge­troffen seien.

Die Kreuzfahrt der Emden.

(W.T.B.) London, 25. Okt. DieTimes" schreibt: Der kühne deutsche kleine KreuzerEmden" ist wieder erschienen. Diesmal in der arabischen See und hat eine gute Beute gemacht, die an Tonnen­gehalt den Wert der von der Emden in der Bucht von Bengalen gemachten Beute noch übertrifft. Die Em­den versenkte diesmal 5 Schiffe, darunter ein ganz neues der British East Jndia Cy., ein großes mit Kautschuk und Zinn beladenes Schiff der Holt Line und ein wertvolles Baggerschifs. Sie beschlagnahmte ferner das mit Kohlen beladene Schiff Exfort, um ein verlorenes Kohlenschiff zu ersetzen. Das britische Publikum war bisher geneigt, die Kreuzfahrten der Emden mit Amüsement und Toleranz zu betrachten, besonders weil die Offiziere sich als gute Sportsleute erwiesen. Die Zeit ist aber gekommen, die Admi­ralität zu fragen, wann sie beabsichtigt, der kecken Laufbahn des Kreuzers Emden ein Ende zu bereiten. Sein Auftreten an der Küste von Koromandel hat Birma abgefchnitten und den Handel Kalkuttas ge­lähmt. Es kostete England über eine Million Pfund Sterling. Das Wiedererscheinen des Kreuzers bedeu­tet den direkten Verlust einer zweiten Million, so- daß wir in wenigen Wochen nahezu den Preis für einen Dreadnought verloren haben. Die Emden ist ferner verantwortlich für die gegenwärtige hohe Versicherungsrate für die Routen nach dem Orient und sie kann uns ev. den indischen Postdienst unter­brechen. Wir wünschen nicht, die gegenwärtige Ten­denz mitzumachen und hochgestellte Seeleute anzu­greifen, aber wir müssen die wachsende Unzufrieden­heit mit den Maßnahmen der Admiralität verzeich­nen. Es besteht allgemein das Empfinden, daß die Admiralität den Anforderungen auf der hohen See nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt. Eine amphi­bische Kriegführung mag Anziehungskraft besitzen, aber wir ziehen es vor, daß die Flotte vor allen Din­gen mit dem Ozean beschäftigt ist. Die Nation ist gleichzeitig mißverstimmt, zu sehen, daß so viele deut­sche Kreuzer noch ungestört die Meere durchfahren und, daß das mit so viel Reklame geschaffene Minen­feld das Erscheinen feindlicher Unterseeboote bei Ost­ende nicht verhindert. Die Nation fürchtet, daß bei der Admiralität die Tendenz herrscht, ihre Tätigkeit zu sehr zu zersplittern und sie würde den Nachweis begrüßen, daß die Admiralität sich ausschließlich auf ihre eigentlichen Ausgaben konzentriert.

(W.T.B.) London. 25. Oft. (Nicht amtlich.) Die Tätigkeit der Emden erweckt, obwohl sie äußerst hinderlich ist, bei dem englischen Volk eine gewisse Bewunderung, insbesondere da der Kommandant, dessen Tapferkeit und Unerschrockenheit unbezweifel- bar ist, bei jeder Gelegenheit Menschlichkeit und Rit­terlichkeit bewiesen hat. Jedoch herrscht in der ganzen britischen Marine allgemein das Gefühl, daß die Zeit nahe sei, wirksame Maßnahmen für die Wegnahme des Schiffes zu treffen.

DieEmden" und der englische Handel.

(W.T.V.) London, 24. Okt. DieMorn.-Post" meldet aus Bombay: Die anglo-indische Presse ver­langt Maßregeln zur Herstellung der Schiffahrt nach Indien, deren gänzliche Hemmung durch die Tätig­keit derEmden" die indische Volkswirtschaft schä­dige. Die indische Handelsstatistik für September weise gegen September 1913 einen ernsten Rückgang auf, wofür die Emden in höherem Maße verantwort­lich sei, als der bloße Kriegszustand. Allein der Im­port von Baumwolle aus Manchester sank im Sep­tember um 2 Millionen Pfund Sterling. Calcutta litt besonders unter dem Rückgang der Ausfuhr von Rohjute und Juteprodukten, der allein im September mehr als 3 Millionen- Pfund Sterling betrug. Die Ausfuhr von Reis, Weizen, Häuten und Fellen sank um je eine halbe Million, die von Rohbaumwolle und Baumwollgarn um 114 Millionen, die von Säme­reien um 900 Pfund Sterling. Gleiche Klagen kom­men aus dem Innern. Der Touristenverkehr hat gänzlich aufgehört. DieTimes of Jndia" deutet an, daß die Erfolge der Emden auf die Stimmung der Eingeborenen einwirken könnte.

(W.T.B.) London, 25. Okt. DemDaily Tele­graph" wird aus Kalkutta gemeldet: Infolge der letz­ten Leistung des deutschen KreuzersEmden" sind die amerikanischen Aufträge für den Jutemarkt am 21. Oktober zurückgezogen worden. Man fürchtet, daß mit den argentinischen Aufträgen dasselbe geschehen wird.

Würdige Gesinnung.

(W.T.B.) London, 26. Okt. (Nicht amtlich.) Times" melden aus Toronto: Der britische Kreuzer Rainbow" ist mit dem britischen DampferLowther Range", der verdächtig sein soll, den deutschen Schiffen im Stillen Ozean Kohlen verkauft zu haben, in Equimault eingetroffen.

Einfuhrverbot für Zucker in England.

(W.T.B.) London, 25. Ott. (Reuter. Nicht amtlich.) Die Regierung hat beschlossen, ein zeit­weiliges Einfuhrverbot für Zucker zu erlassen, um die verstärkte Einfuhr deutschen und östereichischen Zuk- kers oder von Zucker aus neutralen Ländern zu ver­hindern, der dort durch die Einfuhr deutschen und österreichischen Zuckers frei werden könnte. Das Ein­fuhrverbot wurde durch in jüngster Zeit von der Re­gierung vorgenommene Ankäufe ermöglicht, die es gestatten, den Preis für eine Reihe von Monaten unter dem tatsächlichen gegenwärtigen Stand zu hal­ten. Die Arbeiterklassen beginnen Interesse an dem Kampf gegen den deutschen Handel zu nehmen. Die vereinigten Eisen- und Stahlarbeiter haben an ihre Mitglieder Aufrufe gerichtet, in denen sie dazu auffordern, sich des deutschen Eisen- u. Stahlgeschäfts zu bemächtigen, das, wie sie behaupten, auf unfairen, hinterhältigen und skrupellosen Methoden beruhe. In London werden deutsche und österreichische Waren ausgestellt, die ebensogut in England hergestellt wer­den könnten.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

(S.C.B.) Wien, 25. Okt. (Nicht amtlich.) Amt­lich wird verlautbart am 25. Oft. mittags: Auf dem

nordöstlichen Kriegsschauplatz stehen nunmehr unsere Armeen und starke deutsche Kräfte in einer fast un­unterbrochenen Front, die sich von den Nordabfällen der östlichen Karpathen über Stary-Sambor, das öst­liche Vorgelände der Festung Przemysl, den unteren San und das polnische Weichselland bis gegen Plozk erstreckt, im Kampf gegen die Hauptmacht der Russen, die auch ihre kaukasischen, sibirischen und turkestani- schen Truppen hrranfiihrten. Unsere Offensive über die Karpathen hat starke feindliche Kräfte auf sich gezogen. In Mittelgalizien, wo beide Gegner befe­stigte Stellung innehaben, steht die Schlacht im all­gemeinen. Südöstlich Przemysl und am unteren San errangen unsere Truppen auch in den letzten Tagen mehrfach Erfolge. In Russisch-Polen wurden beider­seits starke Kräfte eingesetzt, die seit gestern südwest­lich der Weichselstrecke Jwangorod-Warschau kämpfen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höfer, Generalmajor.

Auf der ganzen Front entbrennt der Kampf, der sich in eine Reihe erbitterter Einzelkämpfe, die für uns erfolgreich sind, auflöst.

(W.T.V.) Wien, 26. Okt .Der Kriegsbericht­erstatter der Sonn- und Montagszeitung meldet :Bei Przemysl steht der Kampf. Bei Jaroslau und Stary- Sambor sind Teilentscheidungen zu erwarten. Von mir befragte russische Gefangene erzählen, daß die Verluste der Russen in den letzten Kämpfen sehr groß waren. Lemberg war anfangs Oktober noch unbe­schädigt. Bei dem Sturm auf Przemysl haben die Russen die Juden und Polen aus einigen Regimen­tern ausrangiert und zuerst zum Sturmangriff vor­getrieben. Die Behandlung der nichtrussischen Sol­daten in der russischen Armee ist schlecht. Die öster­reichischen Gefangenen sind genügend verpflegt und werden zu Staatsarbeiten verwendet.

Deutsche Flugzeuge über Warschau.

(S.C.B.) Berlin. 26. Okt .DerBerliner Lo­kalanzeiger" meldet aus Haag: Wie aus Warschau gemeldet wird, haben deutsche Flugzeuge auf die Stadt Bomben geworfen und an einem Tage 44 Per­sonen getötet. An einem anderen Tage fielen den Bomben 62 Personen zum Opfer.

(S.C.B.) Berlin, 26. Okt. DasBerliner Tage­blatt" meldet aus Amsterdam: Der Petersburger Korrespondent desDaily Telegraph" meldet über die Kämpfe an der Weichsel: Die heftigsten Kärnpse haben nur wenige Meilen von Warschau entfernt stattgefunden und zwar südwestlich dieser Festung. In den Wäldern wurden verzweifelte Bajonett­gefechte geliefert. Hierbei sollen besonders die kau­kasischen Truppen sich ausgezeichnet haben. Da die Laufgräben voll Wasser waren und die Deutschen aus sehr günstig liegenden Stellungen ihre Granaten abschossen, seien die russischen Verluste dort sehr schwer gewesen.

Der Meuchelmord, die neueste Waffe der Russe«.

(W.T.B.) Wien, 26. Ott. (Nicht amtlich.) Die gesamte Presse spricht ihre tiefste Entrüstung über den verabscheuungswürdigen Plan Rußlands aus, einen hohen Preis auf den Kopf eines österreichisch-unga­rischen Heerführers zu setzen und erklärt, diese ver­abscheuungswürdige Tat werfe ein grelles Licht aus die Kriegsmethode Rußlands. Einige Blätter er­klären, nur ein Feind, der daran verzweifle, mit ehr­lichen Waffen zu siegen, könne aus den Gedanken kommen, vom Meuchelmord Erfolg zu erhoffen. Dre Reichspost" sagt: Die russische Armee, deren Tapfer­keit in Oesterreich immer anerkannt worden ist, hatte