Die deutsch-englischen

Zndustrieverhandlungen.

TU London, 8. Nov. Bei den deutsch-englischen Industrie- Verhandlungen sind zwei nebeneinander laufende Aktionen zu verzeichnen. Während die Vertreter der Jndustriellen-Organi- sationen beider Länder bereits Anfang Dezember Zusammenkom­men, ist die Fortsetzung der in Romseh begonnenen Aussprache erst für Anfang April in Aussicht genommen. Dr. Duisberg hat die an den Verhandlungen in Romsey beteiligten britischen In­dustriellen zu diesem Zeitpunkt nach Leverkusen eingeladen. Aus der Tatsache, daß Dr. Duisberg bei den Dezembervcrhandlungen als Präsident des Neichsverbandes der deutschen Industrie teil­nehmen und auch im April in Romseh als deutscher Wortführer auftreten wird, kann irgend ein Zusammenhang zwischen den beiden Aktionen hergeleitct werden. Während es sich im De­zember um dsa Studium der gegenwärtigen Arbeitsmethoden und Organisationsfragen handelt, wird im April die wirtschaft­liche Zusammenarbeit besprochen werden.

Aus aller Welt.

Ueber ein- halbe Million Wechsel gefälscht.

Zn den letzten Tagen sind in Münster Wechselfälschungen von außerordentlichem Umfang festgesdellt worden, als deren Urheber der Holzgroßhändler Alois Schäfer festgestellt worden ist. Der Gesamtbetrag der Fälschungen wird auf 590 bis 700 OVO Mark geschätzt. Schäfer befindet sich zur Untersuchung seines Geistes­zustandes in der Provinzialheilanstalt Maricnthal.

Folgenschwere Brandpanik. .

Wie aus Tompa (Ungarn) gemeldet wird, brach in den Arbeiterbaracken auf einem Gute Feuer aus, das unter den Barackenbewohnern eine ungeheure Panik hervorrief. Alle stürz­ten in großer Eile ins Freie, wobei 2 Frauen totgcireten wur­den. 2 Arbeiter verbrannten. 67 Personen erlitten schwere Ver­letzungen.

10 siebenbürgische Dörfer ein geäschert.

Wie die Blätter aus Bukarest melden, entstand in der Nähe der siebenbürgischen Stadt Nagyenyed ein gewaltiger Brand, der auf 10 nebeneinander liegende Dörfer iibergriff. Hunderte von Häusern wurden eingeäschert. Der Schaden ist unüber­sehbar.

Vorführung der Schlacht bei den Falklandsinseln.

Die Mitteilung, daß eine deutsche Firma an der Darstellung des Films über die Schlacht bei den Falklandsinseln mitgc- wirkt hat, hat in London großes Interesse hervorgerufen. Es ist geplant, alle wesentlichen Vorgänge der Schlacht einschließ­lich den Untergang des Schiffes des Admirals Grafen Spec darzustellen. Die englischen Blätter bringen ausführliche Schil­derungen der Schlacht und heben besonders das tapfere Ver­halten des Admirals Spee und seiner beiden Söhne hervor. Wie die englische Admiralität bekannt gab, ist nicht beabsichtigt, irgend einen Deutschen an Bord englischer Kriegsschiffe an der Darstellung der Schlacht teilnehmen zu lassen.

Geheimnisvoller Tod eines Londoner Großindustriellen.

Der 55jährige Großindustrielle Brunner, Mitinhaber der welt­bekannten chemischen Firma Brunner, Mond u. Co., wurde mit seiner Gattin in der Londoner Wohnung seines Schwiegersoh­nes, des Prinzen Ferdinand Andreas von Lichtcnstoin, erschossen aufgefunden.

Millionenbetrug eines Bankiers.

Der Generalbevollmächtigte (ein gewisser Schultze) der Firma Middle Europe Security Company G. m. b. H., die sich seit meh­reren Jahren mit Darlehensgeschäften befaßt, hat, wie jetzt festgestellt ist, für mindestens 200 Mllionen Zwischenscheine auf Aktien der Vereinigten Stahlwerke in Umlauf gebracht. Als man die Schwindeleien vor einigen Tagen entdeckte, flüchtete Schultze ins Ausland, wo er seine Schwindeleien fortsetzt. Zu­letzt ist er in Rumänien aufgetreten.

5 Tote bei einem Ausbruchvcrsuch ans dem Gefängnis.

3 Schwerverbrecher, die im Newyorker Untersuchungsgefäng­nis saßen, versuchten einen tollkühnen Ausbruch aus dem Ker­ker. Sie hatten Krankheiten simuliert und sollten dem Gefäng­nishospital zugeführt werden. Auf dem Gefängnishof zogen sie plötzlich Revolver heraus und schossen ihre Wärter nieder, von denen zwei sofort tot waren, während der dritte schwer verletzt wurde. Die Schüsse alarmierten das gesamte Gefängnisperso­nal. Es entspann sich ein halbstündiger Kampf. Ms die Ver­brecher keinen Ausweg mehr wußten, richteten sie ihre Waffe gegen sich selbst. Zwei von ihnen waren sofort tot, während der dritte sterbend ins Hospital gebracht wurde.

Schweres Grubenunglück in Amerika.

Wie aus Jshpeming (Michigan) gemeldet wird, sind dort durch eine Grubenexplosion 50 Bergleute verschüttet worden. ES besteht wenig Hoffnung auf Rettung.

Aus Stadt und Land.

Ealrv, den 8. November 1926.

2Sjiihriges Dienstjubiläum.

Postbote Jakob Bitzer feierte am vorletzten Sonntag in Dachtel sein 25jühriges Dienstjubiläum. Oberpostmeister Walz von Böblingen überbrachte dem Jubilar die Glückwünsche der Postbehörde sowie ein Jubiläumsgefchcnk; auch Postagent Kübler von Deufringen halte sich zur Beglückwünschung des allgemein hochgeschätzten Jubilars eingesunken. Am Montag Abend ehrte der Gesangverein Dachtel den Gefeierten, als langjähriges Mit­glied des Vereins, durch ein Ständchen, wonach der Dirigent des Vereins, Herr Paul Hahn, die Glückwünsche des Vereins über­brachte und in einer Ansprache die hohe Arbeitsleistung des Ju­bilars im Dienste der Allgemeinheit anerkannte.

Sitzung des BezirkSrat»

Ueber die Sitzung des Bezirksrats vom 27. Oktober 1926 geht uns folgender Bericht zu:

Ms Vertreter der bei der Gebäudebrandversicherungsanstalt versicherten Gebäudeeigeniümer werden für die drei Kalender­jahre 1926 bis 1928 wiederum gewählt: Ludwig Wagner, Säge­werksbesitzer, Ernstmühl, und als dessen Stellvertreter Architekt Köhler, Calw. Nachdem Oberamtsbaumeister Riderer den Vor­sitz im Verwaltungsausfchuß des Arbeitsamts niedergelegt hat, ist zum Vorsitzenden Jugcndrat Stiefel bestellt worden. Ober­amtsstraßenmeister Glatzlc wird mit der ordentl. Jahresschätzung für 1926 für die Gebäudebrandversicherungsanstalt in der Stadt­gemeinde Calw beauftragt. Die Oberamtssparkasse erhält Genehmigung zur Anschaffung eines feuer- und diebessicheren Kontenschranks. Die Oberamtssparkasse wird ermächtigt, die Aufwertungsguthaben an bedürftige alte Personen, soweit die vorhandenen Mittel ausreichen, schon vor dem 1. Januar 1932 zur Auszahlung zu bringen. Zur Vcrsehung der Dienste der Bczirksfürsorgerin beim Jugendamt wird bis auf weiteres Frl. Luise Staudt von hier bestellt. Die frei gewordene Woh­nung im Gebäude der Landwirtschaftlichen Winterfchule wird Hausmeister a. D. Widmann zugewiesen. Der Vorsitzende gibt Kenntnis von einem Projekt der Forstdirektion über den Neubau der Kleinenztalstraße Calmbach-Simmersfeld. Die Durchführung dieses Projekts würde einen Gesamtaufwand von 650 000 verursachen. Weitere Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Amtskörperschafien und Gemeinden sind im Gange. Die Anschaffung eines Diathermieapparates für das Vezirkskrankcnhaus wird genehmigt. Der Gemeinde Holz­bronn wird zu ihren Straßenbaukosten ein vorläufiger Beitrag von 4000 ^ bewilligt. Dem landwirtschaftlichen Bezirks­verein wird für Tierzuchtzwecke bis auf weiteres ein jährlicher Beitrag von 500 gewährt.

Konzert des Calwer Liedrrkranz.

Am vergangenen Samstag hatte der Liedcrkranz seine Mit­glieder zu einem Koirzert in den Saal des Bad. Hof eingcladen, woselbst sich eine überaus zahlreiche Hörermenge eingffunden hatte. Der Vorstand des Vereins, Wagnermeister Stüber, be­grüßte in herzlicher Ansprache die Erschienenen und stellte ihnen den neuen Chorleiter des Vereins, Musikdirektor Fritz Schrafft von Pforzheim vor. Sodann eröffnete der Mannerchor mit dem Sängergruß die stattliche Vortragssolge, in welcher der neue Chorleiter in schönster Weise den Nachweis seiner hohn Befähi­gung erbrachte. Unter seiner straffen Stabführung sang der gut disziplinierte Chor zunächst die Wmgeiische Sonntagsfeier in einer vorbildlichen Weife. Besonders fiel die sichere Tongebung und die dynamisch fein ausgeglichene Art des Vortrags auf. Chö­ren von Pfusch und Neßler folgte der SchefflersicheKreislauf des Weines" in frischer, wirkungsvoller Straffheit zu Gehör ge­bracht und mit starkem Beifall ausgenommen. Nach der volks- liedhaftcn KompositionDrei Wünsche" sie wurde nach präch­tigem Vortrag dem Wunsche der Hörer gemäß wiederholt gesun­gen rundeten zwei Perlen deutscher Sangeskunst, Neubners Stündchen" und BeethovensFahr wohl du goldne Sonne" die Folge der Chorgesänge in stimmungsvoller Weise ab. Starker Beifall rief den Chorleiter wiederholt vor die Rampe und be­zeugte ihm und seinen Sängern Anerkennung und Dankbarkeit für ihre Leistungen. Besonders wertvoll und genußreich gestaltete sich das Konzert nicht zuletzt durch die Darbietungen der Piani­stin Berta Schrafft-Eeiger, Pforzheim, am Flügel. Die stark begabte Künstlerin gab in mehreren Vorträgen (Beethoven, Nicode, C. Mayer) eine schöne Pwbs ihres trefflichen Könnens ab und erntete reichen und verdienten Beifall. Als äußeres Zei­chen der Anerkennung wurden der Künstlerin Blumen überreicht. Das Konzert des Liederkranz, an welches sich noch ein sehr ge­mütliches Beisammensein bei Musik und Tanz in sämtl. Sälen des Bad. Hof anschloß, hat wiederum gezeigt, daß. der Chor des Vereins sich auf einer schönen und erfreulichen Höhe befindet und in seinem neuen Leiter einen rührigen Förderer gefunden hat, der wohl befähigt ist, über das Werk seines langjährigen, verdienten Vorgängers, Rektor Beutel, hinaus weiter aufzubauen und den Chor des Liederkranz neuen Erfolgen entgegenzuführen.

Bo,, der Handwerkskammer Reutlingen.

Wie wir hören, haben sich zur Meisterprüfung, die anfangs Januar beginnt, 420 junge Handwerker angemeldet. Die Vorbc- reitungskurse zur Meisterprüfung sind im Gange in den meisten Bezirken. Die Hsrbstgssellenprüfungen sind in der Hauptsache abgeschlossen. Etwa 1000 Lehrlinge haben sich der Prüfung un­terzogen.

Woran erkennt man die Tollwut?

Im Oberamt Göppingen ist neuerdings die Tollwut bei Hunden aufgetreten. Die Bekämpfung dieser für Menschen und Tiere so sehr gefährlichen Seuche stößt deshalb auf erhebliche Schwierigkeiten, weil manche Tierbesitzer es verheimlichen, daß ihr Hund oder ihre Katze unter verdächtigen Erscheinungen er­krankt oder verendet sind und wetl die Erhebungen, ob und welche Tiere von den Kranken cchgeraust worden sind, durch große Zurückhaltung erschwert werden. Die Angst vor einer Sperre und ihrer Verlängerung, sowie die Rücksicht auf Hunde und Katzen ist leider oft größer als die Rücksicht auf die gefähr­deten Menschen. Die Tollwut entsteht nur durch Bißverletzun­gen von wutkranken Tieren oder durch Verunreinigung Keiner Wunden durch Speichel von solchen. Ist das Wutgist in den Körper gelangt, so vennehrt es sich- Bis zum Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen vergehen zwei bis acht Wochen, manchmal noch längere Zeit. Die ersten Erscheinungen sind ein launenhaftes, mürrisches, schreckhaftes, manchmal auch auffal­lend freundliches Benehmen. Die gewöhnlichen Nahrungsmittel werden verschmäht, dagegen unverdauliche Gegenstände ver­schlungen (wie Stroh, Erde, Leder, Lumpen und devgl.). In dein sich anschließenden Erregungsstadium zerreißen und zer­beißen die Hunde, was sie erreichen können, beißen ihren eige­nen Herrn oder zerfleischen sich selbst und bekunden einen hef­tigen Drang, zu entweiche«. Menschen und Tiere, die ihnen in den Weg kommen, werden angefallen und abgerauft. Der Blick verändert sich, er wird schielend und unheimlich. Statt des gewöhnlichen Bellens lassen die Hunde ein heiseres Heiklen vernehmen. Der Gang wird schwankend, oft brechen die Tiere

im Hinterteil zusammen, der Unterkiefer hängt herunter und das Maul kann nicht mehr geschlossen werden. Bei der sogen, stillen Wut" fehlen di« Rasereianfälle, doch sind auch bei die­ser Wutform die Veränderungen des Blickes, die Lähmung des Unterkiefers und des Hinterteils und das Unvermögen, zu schlucken, Erscheinungen, welche dem aufmerksamen Hundebe­sitzer nicht entgehen können. Die Krankheit führt unter zuneh­mender Entkräftung zum Tode. Wutkranke Katzen sind beso.r ders gefährlich. Sie verkriechen sich gerne in dunkle Winkei aus denen sie dann herausschleichen und auf vorboigehende Personen oder Tiere losgchen, wobei sie ihnen mit dr» Zähnen und Krallen oft schwere Verletzungen beibringen. Auch die Katze zeigt bei der Wuterkrankung heisere Stimme, Schlingbe­schwerden, Speichel und Abmagerung.

Wetter für Dienstag und Mittwoch.

Die bei Schottland aufgetretene starke Depression nimmt ihren Weg ostwärts. Nur Randstörungen beeinflussen die Wetterlage in Süddeutschland, sodatz für Dienstag und Mittwoch zeitweise bedecktes, wenig regnerisches Wetter zu erwarten ist.

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STB Pforzheim, 7. Nov. Ein Schlosser wollte an einem Hause der Westlichen Karl-Friedrichstraße ein Firmenschild Hoch­ziehen, wobei sich an der Hausfaßade ein Stein löste. Der Schlosser wurde von dem Stein aus d.m Kopf getroffen und mußte in bewußtlosem Zustand ins Krankenhaus eingelicfert werden.

SLB Stuttgart, 7. Nov. Am Samstag vormittag wurde in den Ausstellungshallen auf dem Jnterimstheaterplatz die wunder­bare Chrysantemum-Schau der Eärtnervereinigung Stuttgart und Umgebung eröffnet. Unter den Gästen bemerkte man Justizmini­ster Beyerle und zahlreiche Vertreter staatlicher und städtischer Behörden, sowie der Landwirtschaftskammer.

SCB Stuttgart, 7. Nov. Der Finanzausschuß des Landtags unternahm gestern eine Waldbesichtigung in den staatlichen Forstbezirken Freudenstadt und Oüertal. Besichtigt wurde der Staatswald Hirschkopf und weiterhin die Staatswaldungen des Forstbezirks Obertal. Die Besichtigung ließ erkennen, daß die württ. Staatssorstvcrwaltung mit Erfolg bemüht ist, unter Aus­nützung aller in Betracht kommenden Umstände die größtmög- iichc Wirtschaftlichkeit zu erzielen. Beabsichtigt ist noch eine Be­sichtigung der Forstbezirkc Baindt, Mochenwangen und des Schönbuchs.

SCB Stuttgart, 5. Nov. Die Frau Abg. Planck (Dem.) har folgende Kleine Anfrage im Landtag gestellt: Ist der württ.Re­gierung bekannt, daß 1. einer größeren Anzahl der völlig verarm- ren alten notleidenden Rentnern eine Vorzugsrente bewilligt ist, daß sie bnen aber nicht ausbezahlt wird, obwohl der hiefür eingesetzte Ter. in längst verstrichen ist. Es sind ihnen wegen der Rente andere Unterstützungen entzogen worden, sodaß sie sich heut« in der bittersten Not befinden; 2. einer anderen, ebenfalls großen Zahl von a.t. Rentnern auf ihr Gesuch um Gewährung einer Vorzugsreate noch nicht einmal ein Bescheid zugegangen ist? Was gedenkt das Württ. Staatsministerium zu tun, um den Rentnern wenigstens zur Durchsetzung der so äußerst bescheidenen Ansprüche zu verhelfen, die das Aufwertungsgesetz ihnen zugebilligt hat?

Kunst und Wissenschaft.

Schiller: Kabale und Lreve.

(Zur Aufführung der Württ. Dolksbühn-e am 5. November.)

Ein vornehm-schlichter Rahmen, nur wenig Möbel, Hinter, gründe, die Räumlichkeit rurd Zeitstil eben andeuten, das Sicht­bare nur als Beiklang zur Dichtung verwendet: so spielte die Württ. Volksbühne Schiller. Eine Schar von jungen Künstlern voll schönen Eifers, von dem Willen beseelt, mit der Zunge des Dichters zu reden, seinen heiligen Atem über die Menge fahren zu lassen, nahm Herzen und Augen in Bann. Schillers Jugend- werkKabale und Liebe" wurde Gestalt und Gefühl.

Der Leiter des Spiels Ernst Immanuel Schweizer trieb der Dichtung Wucht hervor, ihren lleberschwang, ihre Sen­timentalität, die Revolution in ihr, die Flammen der Liebenden, den gedrückten Alltag des Bürgers, die Verworfenheit der Gro- ßen, alles Gemeine, das in ihr schleicht, alles Hohe, das in ihr glüht. Man saß wahrlich vor Schiller. Ein schlichtes Um und Auf, aber Menschen darin, die leben und lieben und leiden. Re­gieleistungen: An kleinen Einzelzügen spürte man oft in feiner Weise die gesteigerte Ahnung des Trauerspiels. Luise Moos- mann gab die Luise mit einer schönen uM> reinen Natürlichkeit und rührte so an den Zauber jener rührend-holden Mädchcngn- stalt. Gerhart Just als Ferdinand besitzt den schönen Vorteil ju­gendlichen Feuers, noch aber trägt ihn die Rolle, ohne daß er dar­über hinaus zu wachsen vermag. Walter Richter als der Schurke Wurm entfernte sich in angenehmer Werse von der Sffablone des Böfswichts und verstand es, seine Dialektik mensch­lich anzuwären. Die Milford Ingrid Fernolts war klug uiä» interessant angelegt. Besonders die Erzählung der Lebensge­schichte verriet ein gutes Talent, dem es an Schwung und Weich, heit nicht gebricht. Den Musikus Miller wußte Klaus M. Krause den Hörern menschlich näher zu bringen, am stärksten in den Momenten der Verlorenheit seines tragischen Geschicks. Käthe Steinitz spielte die Millerin mit guter Gestaltungskraft und witterndem Instinkt. Hans Brackebus chs Präsident war von guter geistiger Haltung, die Darstellung litt jedoch unter der allzu starken Abhängigkeit von der Souffleuse. Werner Stock spielte den Hofmarschall im Glieder pnppeifftil und mit recht wirk­samer Komik; tüchtige Kleinarbeit boten Maria Arndt, ein gutes und kluges Zöschen, Ernst Schweizer, der den Kammer­diener-Auftritt bedächtig ernst trug, und Hermann Weckler als Bedienter.

Gewiß war an der Arrfführung nicht alles vollkommen, aber die schöne Hingabe, die Leiter und Künstler erfüllte, der starke Impuls, der von ihr ausging, hoben sie empor. Denn in ihr lebte der Wille und die Gewißheit, mit dem Geiste der Kunst der sittlichen Befreiung zu dienen, die nach den Wortei: Schillers die Vorstufe zur bürgerlichen Freiheit ist.

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