Abessinien zu Zugeständnissen bereit

Der Kronrat in Addis Abeba bekundet erneut seine Sriedensbereitschast

Der Kronrat, der die ganze Rächt getagt hat, hat dem abessinischen Vertreter in Gens am Montag neue Anweisungen ge­geben. In ihnen wird zum Ausdruck ge­bracht, daß der Kaiser bereit sei, demVöl- kerbund Zugeständnisse zu machen in der Form, daß weitere ausländische Be­rater in die abessinische Regierung ausgenom­men werden. Die Berater können Europäer oder Amerikaner sein.

Der Völkerbund solle Kandidaten Vor­schlägen, der Kaiser behalte sich seine Einwil­ligung vor. Ein Mandat jedoch, welcher Art es auch sein möge, das die Souveräni­tät und Unabhängigkeit Abessi­niens verletzen könnte, wird abgelehnt.

Italien werde der Kaiser Zugeständnisse an der Grenze von Ogaden machen. Außerdem werde er Italien den Ban einer Straße von der Grenze Eritreas nach Gon- dar (etwa 25Ü Kilometer von Eritrea ent­fernt) bewilligen. Ferner solle auch die Frage des Straßenbaues von Addis Abeba nach dem Hafen von Assab im Südosten von Erckrea erneut beraten werden, lieber diese Frage ist bereits im Jahr« 1928 verhandelt worden. Alle diese Vorschläge werden, wie betont wird, nur ge­macht, um nochmals den Friedenswillen des Kaisers kundzutun.

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Ob Italien auf diese Zugeständnisse über- Haupt eingeht, ist eine Frage, da der italie­nische Vertreter in Gens bekanntlich verschie­dentlich zum Ausdruck gebracht hat. daß Italien auf keine Versprechungen Abessiniens mehr reagiere, da Abessinien schon mehrfach sein Wort gebrochen habe. Die Bereitschaft. Zugeständnisse zu machen, hat wahrscheinlich nur den Sinn, die Friedensbcreitschaft Abes­siniens in der Oeffentlichkeit erneut zu doku­mentieren. In der Praxis wird sich unseres Erachtens angesichts der mehrfach begründe­ten Haltung Italiens nicht allzuviel ändern.

Rickett sagk:

Die erteilte Konzession wird ausgenutzt

Das englische Blatt in Alexandrien. EgYptiän Gazette', veröffentlicht am Montag eineUnterredungmitRik- kett, der gegenwärtig in Kairo weilt. Rickett erklärte, daß der Vertrag, den er für die Asrican Exploitation and Development Corporation mit dem Kaiser von Abessinien abgeschlossen habe, ordnungsgemäß unter­schrieben und besiegelt sei. Daher könne der Vertrag auch nicht vom höch» stenGerichtshos für ungültiger, klärt werden. Im Falle eines Sieges werde Mussolini als Ehrenmann den Hstrag achten und als Herr Abessiniens in "" eintreten müssen. Die Konzession brauche st sofort ausgebeutet zu werden, es sei zuxhr eine Frist von 5 Jahren Lehen. Weder in englischen noch in ita- Men amtlichen Kreisen sei von den Ver­klungen, die er seit März führte, etwas ^kännt gewesen. Er könne mit aller Be­stimmtheit versichern, daß die Konzession aus­genutzt werde.

Auf die Frage, wer sein Auftraggeber sei. erwiderte Rickett. er sei nicht ermächtigt, über ihn Auskunft zu geben.

Auf die Frage, wie nach seiner Ansicht ein ttalienisch-abessinischer Krieg enden werde, antwortete Rickett: Mussolini unter­nahm ..ein schwieriges Geschäft'.

Abessinische Truppen beziehen Verteidigungsstellungen

Der Gouverneur der Provinz Arussi er­hielt Befehl, mit 25 v»ü Mann nach Ogaden zu marschieren, um dort auf schnellstem Weg Verteidigungsstellungen zu beziehen. Der Marsch der abessinischen Truppen wird etwa Tage in Anspruch nehmen.

Fünferausschuß plantIraklösung"

Das Natskomitee für den italienisch-abes- sinischen Streitfall hat heute nachmittag eine Sitzung abgehalten, in der die völkerrecht­lichen Grundlagen der abessinischen Frage erörtert wurden. Außerdem wurde weiter­hin über den englisch-französischen Vorschlag von Mitte August beraten mit dem Ziel, eine Lösung zu finden, die sowohl mit der Völ- kerbundssatzung als auch mit der Souverä­

nität Abessiniens im Einklang stehen würde. Der Ausschuß hat ferner beschlossen, die Kolonialsachverständigen der fünf Mächte mit der Prüfung der italienischen Anklage gegen Abessinien und der abessinischen Antwort hierauf zu beauftragen. Diese Einsetzung eines Sachverständigenausschusses wird all­gemein als eine gewisse Genugtuung fürItalien betrachtet. Die Untersuchung der Kolonialsachverständigen soll aber un­abhängig von den Arbeiten des Sonder- komitees durchgesührt werden.

Die Bemühungen des Sonderkomitees be­wegen sich in der Richtung der in der eng­lischen iind französischen Presse bereits aus- ührlich erörterten sogenanntenJraklösung', d. h., es soll für Italien in Abessinien eine ähnliche rechtliche Stellung geschaffen wer­den. wie sie England gegenwärtig im Irak iunebat.

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tSwrrl Bilderdienst, K.I

Deutsch-Amerikaner legen Verwahrung gegen das Neuyorker Schandurteil ein

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München, 8. September.

Das unerhörte Urteil des Neuyorker jüdi­schen Richters Brodsky in dem Prozeß gegen die Bremen"-Attentäter hat auch in den Ver­einigten Staaten, und zwar besonders unter den dortigen Deutschen Helle Empörung her­vorgerufen. Ein eindrucksvoller Beweis dafür daß man nicht gewillt ist, die Schande dieser jüdischen Unverschämtheit auf dem amerikani­schen Baske sitzen zu lasten, ist ein Telegramm, das derVölkische Beobachter" heute von dem Bund der Freunde des neuen Deutschlands" aus Neuyork erhielt. Das Telegramm lautet wörtlich:

Viele tausend amerikanische Bürger und auslandsdeutsche Volksgenossen werden in der kommenden Woche in Massenversammlungen desBundes der Freunde des neuen Deutsch­land" gegen die unerhörte Beleidigung der uns heiligen Hakenkrcuzfahne durch den jüdischen Richter Brodsky feierliche Verwahrung bei der amerikanischen Regierung einlegen. Seinen Stammesgenosten in Deutschland versichert derBund der Freunde des neuen Deutsch­land". daß die besten Teile des amerikanischen

Volkes in Heller Empörung über diesen jüdi­schen Gerichtsentscheid sind. Das Neuyorker Deutschtum ist sich einig in seiner Verurteilung dieses das jüdisch-kommunistische Zusammen- spiel verratenden Affronts und wird in volks­verbundener Solidarität sich dem Protest der deutschen Regierung anschlietzen.

Walter Kappe. Bundespressewart."

«Newyork Times' bezeichnen in Leit­artikeln das Urteil als unglücklich. Offenbar habe der Richter vergessen, daß sein Amt ihn hätte abhalten sollen, sich in dieser Weise über die Hakenkreuzflagge zu äußern. Zu dem Protest des deutschen Botschafters erin­nert das Blatt daran, daß der Bundesregie, rung ebensowenig Einfluß auf die Hand- lungen städtischer Polizeirichter zustehe, wie aus Bürgermeister. Abschließend bemerkt das Blatt, daß. falls Bürgermeister Laguar- dia dem Richter Brodsky einen scharfen Verweis wegen seiner anstößigen Aeußerun- gen erteile, er innerhalb seiner Befugnisse und in Uebereinstimmung mit den Wünschen .vieler unserer besten Bürger' handeln würde.

Ersvlg des WstidMägers

Die Sejmwahlen in Polen - Zwischenfälle fordern drei Tote

Warschau, 9. September

Die Sejmwahlen am Sonntag sind im all- gemeinen ruhig verlaufen. Zu größeren Zwi­schenfällen kam es in einigen Ortschaften der Woiwodschaften Warschau und Posen, wo nationalistisch - oppositionelle Elemente die Wahllokale zu demolieren ver­suchten. In zwei Fällen mußte die Polizei von der Schußwaffe Gebrauch machen. Drei Verwundete starben an den Verletzungen, ,.,'t Soweit sich die Regierungspresse jetzt schön über das Wahlergebnis äußert, hebt sie her­vor, daß trotz der überaus ungünstigen Wet- terverhältniste die Zahl der gestern ab­gegebenen Stimmen erheblich größer seialsdieZahlderStimmen, die imIahre 1930 sürden Negier» ngs- block gestimmt hätten. Der gestrige Tag habe festgestellt, daß die Idee des Pil. sudski-Lagers, die im Jahre 1933 be- rcits eine Mehrheit im Parlament errang. Die polnischen Behörden haben veranlaßt, daß die Schließung der deutschen Mindcr- heitenschulen entweder verschoben oder rück­gängig gemacht wird.

Bsütmfammluna des Völkerbundes eröffnet

Vorläufig kein Ausschuß für Abrüstungsfragen Genf, 9. September.

Unter stärkerem allgemeinem Intereste als in den letzten Jahren ist heute im Genfer Gene­ralratsgebäude die Vollversammlung des Völ­kerbundes eröffnet worden. Die meisten euro­päischen Staaten haben zu dieser Tagung ihre Außenminister als Hauvtdelegierte entsandt.

Der Präsident der Äölkerbundsversamm- lung, Dr. Benesch, hielt eine kurze Ansprache, in der er für das ihm bewiesene Vertrauen dankte und die Treue seines Landes zum Völ­kerbundsgedanken betonte.

Die Versammlung faßte anschließend eine Reihe von Beschlüssen über ihre Tagesordnung und ihre Arbeitsmethode. Von einigem Inter­esse war der Beschluß, vorläufig den Pro­grammpunktAnaleichung der Völkerbunds­satzung an den Kelloggpakt", der schon auf der Tagesordnung der letzten drei Versammlungen gestanden hatte, aber unerledigt geblieben war, nicht zu behandeln. Benesch begründete die­sen Vorschlag damit, daß das Komitee, daS einen Beschluß vorbereiten sollte, noch nicht zusammengetreten sei.

Ohne Widerspruch wurde beschlossen, auch in diesem Jahrevorläufig" keinen Aus­schuß für die Abrüstungsfrage einzusetzen, da eine neue Tagung des Büros der Konferenz bevorstehe, deren Ergebnis man zweckmätziger- weise abwarten müsse.

Englisches Kabinett hinter Eden

London, 9. September. Reuter meldet aus Genf: Der Staatssekre­tär des Aeutzercn. Sir Samuel Hoare. der gestern auf dem Luftwege in Genf eingetrof- sen ist. brachte eine Botschaft für den Völker­bundsminister Eden mit. in der dieser der vollen Unterstützung Baldwins unddesKabinettsin dem von ihm in der abessinischen Frage befolgten Kurs ver­sichert wird. Dies ist besonders bemerkens­wert angesichts der in Rom und Paris aus­gesprochenen Vermutung, daß Mussolini ge­neigt sein könnte, einer neuen Dreimächte- kon'ferenz mit England und Frankreich in Stresa lieber zuzustimmen, als dem Fünfer- Ausschuß des Völkerbundes.

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Z) Covvriabt bv Karl-Dunker-Verlag, Berlin

Der letzte Brief war kürzer, eine einfache Bestätigung.

..So'..sagte Agnes, und sie atmete tief auf. Alles fertig.'

Sie gab ihm die Füllfeder in die Hand, di? sie leise auf die Unterschristsstelle an- fetzte.

«Bernhard Fredersen unterschrieb.

;Anen Brief nach dem anderen legte sie so hjukeß waren acht Stück, die Arbeit von drei Stunden.

bist so gut und besorgst die Post nicht wahr. Kind?'

Natürlich. Bernd.'

leg' mich jetzt 'n bißchen hin. Wenn Ist. können wir heute abend im Speise- ^^sten statt hier im. Zimmer.'

nach, als er nach dem Schlaf, »immer ging. Dann setzte sie sich wieder an dlHMaschine und tippte die Umschläge zu den Briefen.

-Tie Tür zum Schlafzimmer stand offen. Als sie mit den Briefen fertig war, stand sie auf und schloß die Tür leise.

Tann begann sie die Kopien sorgfältig, fast pedantisch in die Negistermappen einzu­ordnen. . . . -

Sie ergriff die Originale und die Um­schläge, kegle sie übereinander und riß sie mittendurch. Ein-, zwei-, dreimal, so geräusch­los wie möglich.

Foerster saß In der Hotelhalle hinter der ..Times'.

Das riesige Zeitungsblatt füllte den gan­zen Horizont aus. es war eine Art von Schutzmittel gegen die Menschen, das Hotel und die ganze Stadt.

Also er ist es wirklich', sagte eine schlep- pende Stimme. Foerster ließ seinen Horizont sinken. Er erkannte den großen untersetzten Herrn, der dahinter zum Vorschein kam, nicht fogleich.

Sein Erinnerungsvermögen summte ein Paarmal vergeblich hin und her wie ein aus­gescheuchtes Insekt, und flog dann sausend zurück, weit zurück, auf ein Sand­feld mit rostigen Konservenbüchsen und Pa- Pierabfällen. Ein großer untersetzter Junge mit einem breitlippigen Mund und listigen Augen sah ihn an. Er trug einen Matrosen­anzug und sein Hals war nicht sehr sauber.

-.Schliebach' fragte er zögernd.

>,Na also na endlich. Tag. Foerster.'

Guten Tag.'

Da standen sie nun. zwei Herren, die sich fünfzehn Jahre lang nicht gesehen hatten, und die vor fünfzehn Jahren zusammen zur Schule gegangen waren. Sie musterten sich ohne jede Scheu. Mit dem Jungen im Ma- trosenanzug hatte der Schliebach von heute ja nicht mehr viel Aehnlichkeit. Er trug einen Londoner Anzug allererster Klaffe. Und Par­fümiert war er auch, zart, aber eindringlich. Sein Gesicht war breiter geworden, es war ein gnießendes sehr selbstbewußtes Gesicht, blak und mit einer Neiauna »um Fettwerüen.

Hans Joachim Foerster'. sagte Schliebach langsam. Er kostete den Namen aus.Aus Kindern werden Leute.'

Foerster lächelte. Es war kaum zu glauben, daß die beiden Männer so ziemlich gleich­altrig waren. Anfang dreißig. Foerster hatte braune vergnügie Augen, ein Grübchen in der rechten Wange und einen Jungensmund. Er wirkte zehn Jahre jünger als Schliebach.

Mensch', sagte er.Die Sandgrube in Schöneberg'

Ja. wo die .Schwarze Hand' ihre Sitzun- gen abhielt'

Die Sandgrubenzeit da hatten sie noch miteinander gespielt. Später wurde das dann anders. Schliebach war eine Klasse höher. Außerdem waren sie nie so recht be­freundet gewesen.

Also du bist Journalist, Foerster'

Ja woher weißt du denn das?'

Aus der Hotelliste. Daher weiß ich auch, daß du da bist. Was machst du denn in London?'

Ich bin bei der Westdeutschen Verlagsan- stakt', sagte Foerster ruhig.Korrespondent für London.'

So. so. Ist ja großartig. Seit wann denn?'

Heute ist mein erster Tag.'

Es war doch auf die Dauer ein seltsames Gefühl, sich mit Schliebach zu duzen. Was verband ihn und diesen Menschen, von dem er nichts wußte, überhaupt nichts

Was machst d u denn eigentlich?'

Ich bin nur auf der Durchreise hier. Ich fahre übermorgen nach Südafrika weiter."

Nach Südafrika-'

Es war doch merkwürdig. Immer mußte Schliebach einen übertrumpfen. Das war von jeher so gewesen.Hast du da geschäftlich zu tun?' - - ,

Ja ich war jahrelang Privalsekretär bei einem großen Tier da unten bei Spencer Townletgh. Der ist jetzt gestorben, in Nauheim, und ich ich rücke in der Fir­ma ein bißchen nach vorn.'

Ich dachte, du warst in einer Bank'

War ich auch. Ist aber schon lange her. Seit fünf Jahren bin ich in Kapstadt.'

Sie gaben sich beide ganz fremd, sie fanden nicht den richtigen Ton.

Foerster hatte es satt, in das blasse, leicht verfettete Schliebachgesicht zu sehen, und ließ seine Augen wandern.

So sah er. daß ein alter Herr den Kopf aus seiner Zeitung herausgehoben hatte, und nach der gleichen Richtung starrte wie zwei andere Herren, die plötzlich aufhörten, zu plaudern. Ter Portier, bisher mit Eintra­gungen in ein dickes Buch beschäftigt, schloß sich ihrem Beispiel an-

Eine junge Frau ging quer durch die ver­zauberte Halle. Es war Plötzlich sehr still.

Das ist eine der besten Eigenschaften der Menschen, daß sie still werden, wenn sie etwas Wunderbares sehen.

Die junge Frau schritt ziemlich nahe an Foerster vorüber. Er sah ihr voll ins Gesicht. Aber ihr Blick glitt an ihm vorbei. Und nun sah er. daß sie heftig zusammenzuckte.

Ein leichtes knarrendes Geräusch hinter ihm. Er sah. wie Schliebach gerade wieder in den Ledersessel zurücksank. aus dem er sich erhoben hatte, um zu grüßen. Als er sich zu- rückwandte. war die junge Frau schon ver­schwunden.Kennen Sie kennst du die Dame?' fragte er heiser.

Warum denn nicht', erwiderte Schliebach gleichgültig.Eine Frau Fredersen. Aus Ber­lin.' Er stand langsam auf.Wir sehen uns ja noch öfters', meinte er mit seiner schlep­penden Stimme und schleuderte davon.

. (Fortsetzung solat.) >