Deutschland ist zu Verhandlungen bereit
Lavals Vorstellung von einer deutsch-französischen Verständigung
va sie sich aus dem Deck sc ft gebunden hatte, um nicht fortgespült zu'werden. Um 2 Uhr telegraphierte die „Ncuyork". daß fl« alle Schiffbrüchigen wohlbehalten geborgen habe und dag diese in glücklicher Stimmung seien.
Hierauf traten die übrigen Dampfer ihre Weiterreise an. Daß sich das norwegische Schiff überhaupt so lange über Wasser halten konnte, ist darauf zurückzuführen, daß eS Holz geladen hatte. An der Unglücks- stelle der Sisto" ist in der letzten Woche der englische Dampfer „Nsworth" unterge - gangen und der japanische Dampfer .Viktoria Maru" schwer beschädigt worden.
Die Spende der Nordstern-AG.
Der Hamburg-Amerika-Linie ist von der Nordstern Allgemeine Versiehe- cungs-AG. aus Anlaß der Nettnngstat des Dampfers „Neuyork" folgendes Telegramm zu gegangen:
„In aufrichtiger Bewunderung für daS todesmutige Einsetzen eigenen Lebens zur Rettung ihrer norwegischen Kameraden herzlichste Glückwünsche. Als sichtbares Zeichen unserer Verehrung und des Stolzes auf unsere tapferen Seeleute stellen wir für die Besatzung des Rettungsbootes 3000 NM. zur Verfügung." * ^
Telegramm des Führers a» de» Kapitän der „Neuyork". Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat an den Kommodore Kruse und die Besatzung des Hapag-Damp- fers „Ncuyork" ein Ancrkcnnungstelcgramm für die heldenhafte Rettung der 16 norwegischen Seeleute aus schwerer Seenot gerichtet.
KiirzberWr der RS.-Meffr
Der 55. bis 58. Spendenausweis der Neichssührung des Winterhilfswerkes weist insgesamt l 004 578.42 Reichsmark aus.
EineNeuregelungdesErlasseS von Rundfunkgebühren tritt zum l. April 1935 in Kraft. Gleichzeitig wird die Zahl der gebührenfreien Rundfunkempfangsanlagen um 180 009 erhöht werden.
Zur Kraftwagentruppe nm- gestaltet wird das 3. Regiment der englischen Kvnigshusaren.
Der mexikanische Staat Co- lima hat den H-üratszmang für katholische Jeistliche unter dem 50. Lebensjahr ein- aesührt.
Neueste Nachrichten
Zur Saarabstimmuug. Die beim Obersten Abstimmungsgerichtshof in Saarbrücken eingelegten Einsprüche gegen die Entscheidungen der Kreisbüros über die Eintragungen in die vorläufigen Listen für die Saarabstimmung haben eine Gesamtzahl von 9248 ergeben. Davon sind 2387 (26^ v. H.f gutgeheißen, die übrigen entweder verworfen oder für unzulässig erklärt worden.
Gemeinsame Getreideausfuhrregelung. In Moskau hat eine Zusammenkunft der Vertreter der staatlichen Getreidewirtschaftsstel- lcn Deutschlands, Polens und der UdSSR stattgefunden. Es wurde vereinbart, daß die gemeinsame Ausfuhrregelung durch die Gc- treidewirtschaftsstellen der drei genannten Länder mit dem 1. Januar 1935 beginnen soll.
Neuer Leiter der Reichsgruppe Industrie.
Der mit der Führung der Geschäfte des Rcichswirtschaftsministeriums beauftragte Reichsbankpräsibcnt Dr. Schacht hat nach dem
Die vom französischen Außenminister Lava! in seiner Rede vor dem Senat an Deutschland gerichteten Worte haben im Grunde nichts Neues und nichts sonderlich Greifbares geboten. Er hat unter anderem den Wunsch nach Verhandlungen mit Deutschland wiederholt und als Gegenstand dieser Besprechungen abermals den Plan eines Ost- paltes in den Vordergrund gerückt. Deutschland hat bereits wiederholt zu verstehen gegeben, daß es zu Verhandlungen mit Frankreich jederzeit bereit ist. Es besteht kein Grund, an dem guten Willen der Rcichsregie- rung irgendwelche Zweifel zu hegen.
Nun liegen aber beim Ostpakt die Dinge so: auf die Deutschland seinerzeit unterbreiteten Vorschläge hat die Neichsrcgierung aus^ jährlich geantwortet. Die Unterhaltung könnte in Fluß kommen, wenn die französische Negierung zu dieser Antwort sich äußerte. Wenn Laval zum Ausdruck bringen wollte, daß er ein deutsches Angebot in dieser Beziehung erwartet, ist er dem historischen Verlauf des diplomatischen Gesprächs über den Ostpakt nicht gerecht geworden.
Der Senat schloß sich der außenpolitischen Erklärung Lavals mit einer Entschließung an. die eine Anerkennung für England. Italien und alle anderen Mächte enthält, deren solidarische Haltung die versöhnlichen internationalen Lösungen ermöglicht habe. Durch die Entschließung stimmt der Senat ferner den glücklichen Ergebnissen der letzten Völkerbundsratssitzung zu und nimmt mit Befriedigung von den Erklärungen Lavals über den Ostpakt und die italienisch- französischen Verhandlungen Kenntnis und beglückwünscht den französischen Außen- minister zu seiner Festigkeit und seinen« Takt.
Befriedigung in Paris
Die Erklärungen de? Ministerpräsidenten Flaridin in der Kammer über die Notwendigkeit der Landesverteidigung und der außenpolitische Bericht Lavals «m Senat stehen im Mittelpunkt der allgemeinen Erörterungen. Beide werden als Ausdruck des Sicherheits- und gleichzeitig Friedenswillens Frankreichs gewertet. Tie Bewilligung der zusätzlichen Militärkredite ln Höhe von 800 Millionen Franken durch die Kammer und die Glückwiinichadrefle des Senats an Laval
Rücktritt Krupps den Leiter der Rcichswirt- schaftskammcr, Rcgterungsrat a. D. Ewald Hecker, gebeten neben seinem Amt als Leiter der Reichswirtschaftskammer auch die Leitung Ser Reichsgruppe Industrie zu übernehmen.
Weihnachten bei der Reichsbahn. Der Verkehr der Reichsbahn erhält auch in diesem Jahre in den Wcihnachtstageu wieder seine besondere Note und seine besonders festliche Stimmung. Die meisten Bahnhöfe tragen den Schmuck leuchtender Weihnachtsbäume und in den Speisewagen wird an den Feiertagen der Christbaum gleichfalls nicht fehlen.
Drillinge in Westfalen. In der Ortschaft Gosenbach bei Siegen wurden dem Ehepaar Friß Schmidt Drillinge geboren. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat sich bereit erklärt, die Ehrenpatenschaft zu übernehmen. Der Vater der Familie kann heute 17 Kinder um sich versammeln.
Der Terror gegen das Deutschtum in der Tschechoslowakei. In Brünn in der Tschccho-
gelten als einmütige Zustimmung der Na- tion zu den Grundsätzen die beide am Dienstag vertreten haben. Tie Presse ist deshalb des Lobes voll. Sie hebt besonders hervor. daß der Anerkennung des Senats für Laval eine ganz besondere Bedeutung zukomme. weil seit dem Bestehen der dritten Republik bisher nur ein Mann. George Cle- meneeau im Jahre 1919 eine ähnliche Ehrung durch den Senat erfahren habe. Das beweise die hohe Achtung, die Laval im Parlament genieße, und das verleihe ihm am Vorabend wichtiger Verhandlungen, die die Negierung im Hinblick aui eine engere Zusammenarbeit mit Italien und für den Abschluß eines Ostpaktetz zu führen habe, ein erhöhtes Ansehen und die notwendige Autorität. »m im Namen ganz Frankreichs mit der wünschenswerten Energie anszutreten. Tie Italien- und Ostpaktverhandlungen find nach Auffassung der Presse die beiden Trag- pseiler. auf denen das franröstsche Friedens- gebäude errichtet werden müsse. Die Ausführungen Lavals über die Verhandlungen mit Deutschland in diesem internationalen Nahmen linden die Zustimmung der Blätter allerdings nur deshalb, weil dabei die Annahme des Lstpaktes durch Deutschland zur Bedingung gemacht worden sei.
v. Neurath über den „Ostpakt"
In einem Interview über die Saarfrage und den Ostpakt, das Reichsaußenministcr von Neurath einem Vertreter des „Mes- saggero" gegeben hat, sagte der Minister über den Ostpakt: Es handle sich hier um einen Brei, der im großen Kessel der Vermutungen koche, ohne daß bisher die bescheidenste Torte dabei herausgekommcn sei. In seiner weitesten Form wäre der Pakt mit seinen mittelbaren und unmittelbaren Verpflichtungen eine rätselhafte und unendlich komplizierte Angelegenheit Eines allein sei sicher: Wenn man unter dem Ostpakt die Verpflichtung für Deutschland verstehen wolle, im Falle des Konfliktes zwischen drei oder mehreren Ländern der zahlreichen voraussichtlichen Paktteilnehmer bewaffnet einzugreifen und den gesamten territorialpolitischeu Zustand Osteuropas für die Ewigkeit zu garantieren, das würde Deutschland niemals mitmachen könne n. Er glaube, daß man für den europäischen Frieden besseres und konkreteres tun könne.
slowakei wurde ein 18jähriger Gymnasial- schülcr zu zwei Tagen Haft und 50 Kronen Geldstrafe verurteilt, außerdem wurde er vom weiteren Besuch der Lehranstalt ausgeschlossen, weil ier von einem Besuche bei Verwandten aus Deutschland ein Exemplar der „Berliner Illustrierten Zeitung" mitgebracht hatte.
Neue Revolution in Havanna. 20 Bombenanschläge, die an verschiedenen Stellen der kubanischen Hauptstadt Havanna verübt wurden, deuten nach Ansicht der Regierungsbehörden auf eine neue, kurz vor dem Ausbruch stehende Revolution hin.
Der Kommunist Heinz Nenman«, der in Zürich wegen Führens eines falsche» Namens verhaftet wurde, ist wegen Gebrauchs falscher Ausweispapiere zn 2 Wochen Gefängnis vernrtcilt worden.
Opker 8in<j Lsn8teills kür eine neue 2ukunkt!
Der Tag der MW
Die Polizei bringt dem Führer ein Ständchen Berlin, 19. Dezember.
Der Platz vor der Reichskanzlei in der Wil- Helmstraße war heute nachmittag auf eine halbe Stunde von Menschen dicht gefüllt. Es war bekannt geworden, daß anläßlich des Tages der deutschen Polizei eine Hunde-tschaft der Lan- despolizeigruppe „General Göring" dem Füh- rer ein Ständchen bringen würde. Mit klingendem Spiel zog die Hundertschaft in den Ehrenhof vor der Reichskanzlei ein. Während der Präsentiermarsch erklang, erschien, jubelnd begrüßt, der Führer um offenen Mittelfenster des ersten Stocks. In seiner Umgebung befanden sich u. a. Neichsminister Dr. Goebbels, der Befehlshaber der deutschen Polizei, General Daluege, General der Landespoli- ;eiWecke und andere hohe Polizeioffiziere, so- wie der erste Adjutant des Führers, Obergruppenführer Brückue r.
Die Hundertschaft brachte zunächst zwei Soldatenlieder zum Vortrag. Während der Gesangsvorführung erschien auch Ministerpräsident General Göring und begab sich zum Führer, der ihn herzlich begrüßte. Dann -c- schien der Führer unter dem Glasdach des Hausportals und nahm die Meldung entgegen, begrüßte die Truppe mit öeü und schritt ihre Front ab. In diesem Augenblick brach die vielhundertköpfige Menge erneut in brausende Heilrufe aus. Der Führer richtete an die Truppe die Worte: „Ich möchte Ihnen und der ganzen Polizei im Namen des ganzen Volkes dafür danken, daß Sie sich ebenfalls so für das Winterhilfswerk einsehen." Unter den Klängen des Badenweiler Marsches zog die Hundert, schüft wieder ab. Der Führer blieb bis zum Schluß unter dem Glasportal stehen.
Während der Veranstaltung waren die Damen der Polizeioffiziere, insbesondere Frau Wecke, Frau Daluege, Frau Iacoby, Frau Hall emsig und mit sichtlichem Erfolg tätig, Sperr- den für das Winterhilfswerk einzusamnieln. Ihnen bereitete der Führer eine besondere Freude, indem «>r die Frauen zu sicl, in die Reichskanzlei kommen ließ und ihnen Spenden überreichte.
Die Kundgebung wurde auf den Deutschlandsender übertragen und von den Frlmwochen- schauen ausgenommen.
Meteor von seltener SOSnvelt
Meseritz, 19. Dezember.
Am Dienstag abend wurde ein großer Meteor beobachtet, der von Westen nach Osten zog und mit lautem Knall zerplatzte. Der Meteor tauchte die Gegend sekundenlang in Helles Licht. Beim Zerspringen ging ein feuerwerkähnlicher Ster- nenregen nieder. Die Himmelserscheinung wurde aucki in den Nachbarorten beobachtet
Ner SWS von WIWMS
Kamps um Piratengold
Guayaquil, 19. Dezember.
Nach den letzten Berichten des Kapitän- Hancock sollen die geheimnisvollen Todes- fälle auf den Halapagosinseln in einem Streit um einen Piratenschatz ihr« Aufklärung finden. )r. Ritter habe den Versteck des Schatzes gekannt ui.d sei deswegen ver giftet worden. Die Baronin Wagner und Philipps»« feie.« auf der Flucht verhun- geri. Ritter habe vor seinem Tode der Frau Körwiv Mitteilung von dem Schatz gemacht. Hancocks will nun auf Grund der Angaben der Frau den Schatz im Inner»- derFloreaner Insel suchen.
Von t/I^X dlkkl.
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elf
„Dann lügt der Zeuge. Der Mörder wird sie verloren haben, nicht ich."
Als Paul wieder abgesührt worden war. meinte Gitta mit einer gewissen Siegermiene:
„Na. sehen Siel"
„Jawohl, ich sehe das, was ich vorausgesagt habe: er wird leugnen, weil er eine Ge- fahr wittert. Ich habe nichts anderes erwartet", sagte Dr. Sämi in sarkastischem Ton.
„Geben Sie mir die Brieftasche. Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe", erklärte Gitta energisch und mit großer Entschiedenheit.
Dann breitete sie ihren plötzlich gesüßten Plan vor den beiden Herren aus.
Der Untersuchungsrichter bewegte den runden Kops hin und her.
„Fräulein Lindt. Sie setzen da etwas viel aus eine Karle. Würden Sie das nicht bester dem Herrn Kriminalinspeklor überlasten?"
„Nein, das kann nur ich. Um meinen Zweck zu erreichen, bedarl es eines persönlichen Kontaktes, den ein anderer nicht besitzt. Also vertrauen Sie nochmals auf meine Geschicklichkeit, die Sie ja schon einmal lobend erwähnt haben", gab sie zurück und nahm die Brieftasche an sich.
„Wir^wollen Ihnen nicht im Weg stehen, wenn Sie glauben. Licht in die Sache bringen zu können" enigegnete der Unter- suchungsrichier etwas skeptisch, wenn auch mit sichtlichem Wohlwollen,
Aber Dr. Römer halte Bedenken.
„Das. was 2>e Vorhaben, ist nicht ohne Gefahr für Sie. vorausgesetzt, daß Sie mit Ihrer Vermutung recht haben sollten. Aber man muß auf Zwischenfälle vorbereitet sein. Darum werde ich die nötigen Anordnungen treffen zu Ihrem persönlichen Schutz."
Er reichte ihr die Hand.
„Ich danke Ihnen, meine Herren", sagt« Gitta. „Morgen um tl Uhr vormittag ... Lonradstraße 8, vierter Stock."
Dr. Römer schrieb sich die Adresse auf.
„Aber nicht voreilig sein. Inspektor", warnte Gitta. ..sonst könnte leicht alles verdorben werden."
„Selbstverständlich ... aber ich bin gewiß, daß ich nicht in Aktion zu treten brauche, weil Sie sich «n diesem Fall bestimmt irren", antwortete Dr. Römer.
„Nun. versuchen müsten wir eS WylerS wegen. Wie die Sache ausgeht, steht in Gottes Hand."
Sie nickte den beiden zu und entfernte sich.
Fünfzehntes Kapitel
Am nächsten Morgen brachte die Post Meinhardt einen Brief von Gitta Lindt, der ihn nicht nur überraschte, sondern auch neue Hoffnungen in ihm auskeimen ließ. Immer wieder las er. als wollte er Gewißheit haben, daß es Wirklichkeit sei, was in dem Brief stand, die wenigen Zeilen:
„Sehr geehrter Herr Meinhardtl Erwarten Sie mich morgen ll Uhr bei sich in Ihrer Wohnung. Ich habe etwas Wichtiges mit Ihnen zu besprechen.
Gitta Lindt."
Meinhardt strich mit den Fingern ein Paarmal nervös über das Kinn. Er konnte ein K.iüht unbestimmter Angst nicht von sich abschütteln.
„Was mag sie mir Wichtiges zu sagen haben?" überlegte er, während er in dem kleinen, unaufgeräumten, nur mitdemAller- nolwendigsten ausgestatteten Zimmer, dessen einstmals wcißgetünchte Wände durch den Rauch des eisernen Oefchens eine schwärzliche Farbe angenommen hatten, in seine Gedanken verlieft auf und ab ging. „Sollte Sie endlich zur Erkenntnis gekommen sein, daß sie es war. die mich durch ihre herzlose Abweisung aus meiner Existenz hrnausge- stoßen hat? Wollte sie das wieder gutmachen, wenn auch nur aus Mitleid? Frauenzimmer haben ja die angeborene Neigung, zu bemuttern. und dieses Gefühl ersetzt bei ihnen oftmals die Liebe. Nun, mir kann es gleich sein, aus welchen Empfindungen heraus sie zu mir kommt, die Hauptsache ist. daß sich damit ein Weg anbahnt, der mich vielleicht noch einmal knapp vor dem gänzlichen Untergang einem neuen, besseren Leben zusühren könnte."
In seinem Kopf tauchten unwillkürlich freundliche Bilder auf. Er sah sich wieder ausgenommen in den Kreis der bürgerlichen Gesellschaft, sah sich in einem netten Heim an der Seite Giltas. sah sich wieder anstän- big gekleidet, von einem wenn auch bescher- denen Wohlstand umgeben, ein zufriedenes Leben führen, an das dre Schatten der Vergangenheit nicht heranzureichen vermochten.
Diese Aussichten begannen ihn langsam zu erheben und in ihm ernstgemeinte Vorsätze zu erwecken. Er schwor sich, daß dann nie mehr ein Tropfen Alkohol über seine Lippen kommen sollle. Er wollte sich Arbeit suchen, er wollte wieder ein anständiger Mensch werden.
Aber dann stiegen wie Blasen auS einem moorigen Grund Mißtrauen und Zweifel in ihm aus. Jeder Mensch trägt in seiner Brust
einen Maßstab, mit dem er seinen Nächsten mißt, und dieser Maßstab war bei Meinhardt das Mißtrauen, von dein er immer weniger loskain, je tiefer er sank.
Er sing an, das Erscheinen Gittas von einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten.
„Hing ihr Kommen vielleicht doch mit dieser Brieftasche zusammen, sie will mich wohl vor Gericht schleppen, wo ich das mit der Brieftasche beschwören soll, damit dieser Wyler endgültig unschädlich gemacht wird."
Diese Auslegung bereitete ihm eine Enttäuschung. Aber sofort liefen seine Erwägungen wieder in einer anderen Richtung. Er sagte sich: um ihm mitzuteilen, daß man sein Erscheinen vor dem Untersuchungsrichter verlange, brauchte sie ihn doch nicht amzu- suchen. Man würde ihm einfach eine Vorladung schicken. Damit hatte Gitta gar nichts zu tun. Sie mußte also doch einen anderen Grund für ihr Kommen haben. Er vermochte diesen Grund nur in seiner Person unfeinem Schicksal zu entdecken.
Allerdings war es ihm höchst peinlich, Gitta in diesem dürftigen, wenig einladenden Raum empfangen zu müsten. DaS schmale Bett mit dem Strohsack und der unsauberen Decke war noch zerwühlt. In der Schüssel des eisernen Waschtisches befand sich noch das schmutzige Master. Die Scheiben deS einzigen Fensters, das auf den Hof hinaus- ging. waren lange nicht mehr geputzt worden. Sein Mantel und Hut lagen auf den verblichenen Stühlen herum. Er selber war nur halb angekleidet. Er machte eilig Toilette, griff nach einer Bürste und putzte hastig Nock und Weste und glättete vor einem kleinen zerbrochenen Spiegel seine Haare. Dann begann er Ordnung im Zimmer zu machen, so gut eS eben ging.
tFortleßuna iolatl