Niederschrift über die 5. Sitzung des Kreistags am 15.05.1995
Alle militärischen, sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Gründe sprechen für den Erhalt eines Bundeswehrstandortes im Kreis Calw. In seiner Stationierungsplanung wird sich der Bundesverteidigungsminister für eine ausgewogene Präsenz der Bundeswehr in den Bundesländern einsetzen. Die Landesregierung stellt in ihrer Stellungnahme zur Stationierungsplanung der Bundeswehr vom 25.04.95 fest, daß die geplante Auflösung von Bundeswehrstandorten den "Grundsätzen optimale Präsenz...in ganz Deutschland und damit zusammenhängend heimatnahe Einberufung mit ihrem Stationierungsplan für Baden-Württemberg nicht vereinbar sind".
An die aufgestellten Grundsätze muß sich auch die Landesregierung halten. Sie kann nicht das Calwer Angebot annehmen und damit riskieren, daß in unserem Raum sämtliche Standorte geschlossen werden, während im Kreis Sigmaringen im Rahmen der Stationierungskonzepte Sigmaringen selbst aufgewertet, Mengen und PfUllendorf erhalten werden.
Der Bundesverteidigungsminister will durch die Schließung von Standorten und die Reduzierung der Bundeswehr Steuermittel sparen und den effektiveren Einsatz der Bundeswehr sichern. Calw bietet alle Voraussetzung für eine verzugslose Aufstellung der Krisenreaktionskräfte der Bundeswehr. Eine Verlegung des Standortes nach Pfullendorf würde nach überschlägiger Schätzung der Bundeswehr 45 bis 60 Mio. DM, allein für die Schaffung der in Pfullendorf nicht vorhandenen Einrichtungen für Fallschirmjäger kosten. Dies ist keinem Steuerzahler klar zu machen. Unsere heutige Resolution soll deutlich machen, daß unser Kreis Calw den Erhalt eines Bundeswehrstandortes im Kreis Calw als unverzichtbar ansieht.
Ich danke für die Aufmerksamkeit."
Für die FWV-Kreistagsfraktion gibt Kreisrat Seewald folgende Erklärung ab:
Die Planungen des Bundesverteidigungsministeriums sind nur nach den Zielen (Truppenabbau und Truppenverlagerung), nicht jedoch hinsichtlich der militärischen Begründung bekannt. Sie sind deshalb nur sehr schwer nachvollziehbar.
Tatsache ist jedoch, daß der Bund im Verlauf von mehr als 3 Jahrzehnten im Landkreis Calw Strukturen mitbestimmt hat, die er jetzt völlig und vollständig in Frage stellt. Auf diese Art und Weise werden Bundeswehreinrichtungen für jeden Standort zum ausgesprochenen Unsicherheitsfaktor.
Alternative Nutzungen - vor allem der überbauten - freiwerdenden Flächen durch Wohnungsbau, Industrie bzw. Gewerbe sowie für Infrastruktureinrichtungen sind bisher nicht durch fundierte, mit Zahlen belegte Prognosen gestützt und demnach nicht abgesichert. Der Landkreis Calw wäre bei weiteren Standortaufgaben nach Bad Wildbad und Simmersfeld in seiner Wirtschaftskraft auf Jahre hinaus stark beeinträchtigt. Das geschähe in einer Zeit, in der Betriebsverlagerungen ins Ausland zunehmen. Daß die Bundeswehrpräsenz den Verfassungsgedanken der Landesverteidigung der Zivilbevölkerung näher bringt, ist unbestritten. Die persönliche Betroffenheit der Bundeswehrangehörigen und der zivilen Mitarbeiter, die auch dem bürgerschaftlichen Leben im Landkreis verloren gehen würden, verlangt größte Aufmerksamkeit.
Ohne das Selbstverwaltungsrecht der direkt- und womöglich hauptbetroffenen Standortgemeinden irgendwie in Frage zu stellen, spricht sich die Fraktion mit großer Mehrheit für die Resolution, die im Entwurf vorliegt, aus.