Niederschrift über die 10. Sitzung des Kreistags am 13.05.1991

Fixierung auf den Gesetzesvorbehalt diejenigen, die auch andere Lösungen für möglich halten. Ferner halte eine Grundgesetzänderung Menschen, die in Not gera­ten seien nicht davon ab, ihr Land zu verlassen und eine neue Heimat zu suchen.

Kreisrat Glaesser führt aus, daß entgegen dem Wortlaut der Vorlage, der Kultur- und Sozialausschuß am 29.04.91 mit einer Stimmenthaltung beschlossen habe, ei­nen Antrag auf Beschlußfassung einer Resolution zur Weiterentwicklung des Asyl­rechts zu stellen. Nach Aussage von Kreisrat Glaesser ist es ein Skandal, daß sowohl der Bund als auch das Land die Gemeinden mit der Unterbringung der Asy­lanten alleine lassen. Das Asylproblem muß jedoch seiner Meinung im Zusammen­hang mit der weltweiten Flüchtlingsbewegung gesehen werden. So seien nur 8 % al­ler nach Baden-Württemberg eingewanderten Menschen Asylbewerber. Die Entwick­lung der Anerkennungsquote in Deutschland belege (1986: 35 %, 1990: 4,4 %), daß das Asylrecht bereits verschärft worden sei. Eine Resolution, die die Einschrän­kung des Rechts auf Asyl beinhalte, können die Grünen deshalb nicht zustimmen. Kreisrat Glaesser spricht sich vielmehr für folgende Forderungen aus:

-Forderung von Lastenausgleich -Aufhebung des Arbeitsverbots -Sozialhilfe für Asylanten aus Landesmitteln -Aufhebung des Bundesvertriebenengesetzes

In Anlehnung an die Aussagen von Kreisrat Noe führt Erster Landesbeamter Köblitz aus, daß sicherlich Einigkeit darüber besteht, daß das Asylrecht miß­braucht werde. Eine geeignete gesetzliche Regelung sei jedoch erst durch die le­gislative Ermächtigung, den Gesetzesvorbehalt, möglich. Erster Landesbeamter Köblitz erläutert zu den Aussagen von Kreisrat Glaesser, daß die Lösung des Elends in der Dritten Welt nicht über das Asylrecht gelöst werden könne. Zwar sei das Grundrecht auf Asyl ein wichtiger Bestandteil der Verfassung, doch der Gestzesvorbehalt sei auch deshalb notwendig, daß z.B. Asylanten, die kriminell werden, leichter ausgewiesen werden können. Im Hinblick auf die von Kreisrat Glaesser angesprochene Anerkennungsquote legt Erster Landesbeamter Köblitz dar, daß sich die Auffassung der Behörden nicht verändert habe, sondern es 1990 kaum noch Asylbewerber aus den Ostblockländern im Gegensatz zu 1986 gegeben habe.

Kreisrat Noe zeigt sich zwar größtenteils mit den Ausführungen von Erstem Lan­desbeamten Köblitz einverstanden, trotzdem kann er dem Antrag der Verwaltung nicht zustimmen, da dieser verlangt, daß die Opposition im Bundestag auf die in­haltliche Gestaltung des Gesetzentwurfs verzichtet.

Kreisrat Fuchtel ist der Ansicht, daß die Resolution nur dann einen Sinn hat, wenn sie den Kernpunkt der Sache, die Grundgesetzänderung fordere.

Kreisrat Lehmann erläutert, daß emotional geführte Diskussionen den "echten Asylbewerbern" schade.

Kreisrat Trommer spricht sich für eine praktikable Lösung des Problems mit dem Optimum der jetzt gegebenen Mitteln aus. Auch er möchte wie Kreisrat Noe zu der Forderung nach einem Gesetzvorbehalt wissen, was für Regelungen das Bundesgestz konkret beinhaltet. Zudem ist nach seiner Meinung das Asylproblem nicht durch eine gesetzliche Regelung in den Griff zu bekommen. Kreisrat Trommer legt dar, daß er sich nicht am Bau einer "Armutsmauer" beteiligen wolle. Für Kreisrat Trommer ist eine gesetzliche Regelung überfällig, die klar regelt, was für Auf­gaben das Land und was für Aufgaben die Gemeinden bei der Finanzierung und Un­terbringung der Asylanten haben.