Öffentliche Sitzung des Kreistags am 8.3.1982
Es sei deshalb unumgänglich notwendig - so führt KR Lehmann weiter aus - davon auszugehen, daß der Kreisumlagehebesatz für ein Rechnungsjahr nicht automatisch dem des Vorjahres angepaßt werden müsse. Das Haushaltsrecht gehe mit der Verpflichtung zur alljährlichen Festsetzung der Hebesätze gerade davon aus, daß damit automatisch auch eine Überprüfung des alljährlichen Finanzbedarfes und damit der Höhe der Hebesätze verbunden sein müsse. Deshalb bleibe es dabei - und das sei die Meinung der Fraktion - daß die Steuerkraftentwicklung bei den Städten und Gemeinden bei Beibehaltung des bisherigen Umlagehebesatzes zu einem gravierenden Mitnahmeeffekt bei den Landkreisen zu Lasten der Gemeinden führe, ohne daß hierfür ein umkreisbarer Bedarf bestünde.
So hätte der Landkreis bei gleichbleibendem Hebesatz von 17 % eine Mehreinnahme von 3,3 Mio. oder rund 21 % zu verzeichnen. Bei 16 % würden die Mehreinnahmen sich immer noch auf 2,2 Mio. DM oder 13,75 % belaufen. Außerdem gäbe er zu bedenken, daß selbst bei 15 % Kreisumlage die Mehreinnahme immer noch über 1 Mio. bzw. rund 6,6 % betragen würde, ln gar keinem Verhältnis dazu stehe die Entwicklung der Gemeindeeinnahmen in diesem Jahr. Auch die zahlreich vorgebrachten Argumente, wonach die Landkreise durch den Entwurf des zweiten Haushaltsstrukturgesetzes des Bundes erhebliche Ausgabenausweitungen bzw. Einnahmekürzungen erfahren würden seien in diesem Umfange nicht mehr zutreffend. Das jetzt verabschiedete zweite Haushaltsstrukturgesetz, in der vom Vermittlungsausschuß erheblich veränderten Form, habe auch aus der Sicht der Fraktion erfreulicherweise die Befürchtungen nicht bestätigt. So sei die ursprünglich erwartete Erhöhung des Sozialhilfebedarfs um rund 1 Milliarde DM zwischenzeitlich reduziertauf ein bundesweites Mehr in Höhe von 150 Mio. DM. Auch der durch die ursprünglich vorgesehene Einschränkung der Erhöhungsmöglichkeiten für Krankenhauspflegesätze befürchtete Anstieg der Krankenhausdefizite um rund 1 Milliarde DM falle nach dem Gesetz nun weg.
Im Hinblick auf § 1 der Gemeindeordnung, in dem es unter anderem heiße, daß der Landkreis die kreisangehörigen Gemeinden in der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstütze, sei hierfestzustellen, daß die desolate Finanzlage des Bundes und der Länder, die seit einem Jahr stark in der öffentlichen Diskussion ist, auch 1982 voll auf die Gemeinden durchschlage. Hauptursache dafür sei, neben der schwachen Konjunkturlage, das Bestreben des Bundes und der Länder eine Konsolidierung ihrer Finanzlage zumindest teilweise dadurch zu erreichen, daß Ausgaben nicht wirklich eingespart, sondern von der Bundes- oder Landesebene auf die kommunale Ebene verlagert würden. Gerade steuerschwache Gemeinden, deren Haupteinnahmequellen nicht eigene Steuern sondern Beteiligungen an Bundes- und Landessteuern sind, würden dadurch besonders hart getroffen. Wenn der Landkreis nicht erheblich seine Kreisumlage senke, reihe er sich auch in die Gesellschaft des Bundes und des Landes ein und schwäche die Gemeinden damit noch weiter, ln vielen Gemeinden habe sich die seit einigen Jahren zu beobachtende langsame, aber stetige Verminderung der Finanzkraft nicht kontinuierlich, sondern mit einem gravierenden Einbruch fortgesetzt. Die Fraktion der Freien Wähler sei deshalb der Meinung, daß die Kreisumlage auf 15,5 % gesenkt werden müsse und dieser Antrag werde hiermit gestellt.
Die Senkung auf 15,5 % lasse dem Landkreis noch ausreichend Spielraum zur eigenen Aufgabener- füllung, ohne daß diese gefährdet sei. Die FWV-Fraktion wolle in diesem Zusammenhang auch davor warnen, daß der Landkreis sich selbst freiwillig neue Aufgaben auferlegt, die nachher zu Lasten der Kreisumlage finanziert werden müßten.
KR Lehmann weist dann noch darauf hin, daß ein nicht geringer Teil der FWV-Fraktion der Meinung sei, daß 15 % Kreisumlagehebesatz ausreichend wäre. Mehrheitlich sei die Fraktion jedoch dann zu der Meinung gekommen, daß über den Hebesatz nicht gehandelt werden solle, sondern daß von Anfang an der Wert ins Gespräch gebracht werden müsse, den die Fraktion für angemessen halte, nämlich 15,5 %.
Auf einige spezielle Punkte eingehend führt KR Lehmann weiter aus, daß nur 1 1/2 Jahre nach Errichtung des Modellprogramms für die offene Psychiatrie nicht nur der Kreiskämmerer sondern auch die Freie Wählerfraktion die Befürchtung habe, daß das Land den Landkreis nach Ablauf der 5-jährigen Modelldauer finanziell im Regen stehen lasse.