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Nationalsozialistische Tageszeitung

tlalwerlagblatt

Nr. 17S

Calw. Mittwoch, 1. August 1SS4

1. Jahrgang

so Sabre deutfKe Revolution

Zum 20. Jahrestag des Kriegsausbruches Von FriedrichWalz- Göppingen

Als am 2. August 1914 2 Millionen Deutsche, Arbeiter, Bauern und Studenten, zu den Fahnen eilten, da fühlten sie in einer dumpfen, noch nicht bewußt gewordenen Ahnung, daß dieser große Krieg, der nun über Europa hereinbrach, mehr war als ein Was« fengang um Erzbecken und Kohlenbergwerke. Sie sahen sich hineingestellt mitten in den Aufbruch einer neuen Generation, die die Gewehre schulterte und sich in Marsch setzte gegen eine altgewordene Formel, einem neuen, erahnten und doch nur dunkel empfun­denen, besseren Ideal entgegen. Alle fühlten es in dem klingenden Rhythmus der marschieren­den grauen Front, und hier und da stand einer auf unter ihnen und gab der nur erfühlten Ahnung das erlösende Wort: Die Umwertung aller Werte beginnt. Revolution ist im An- brnch. Wir nennen jenen 2. August 1914 d i e Geb urts stunde der deutschen Re- volution. Jener Revolution, die den deut­schen Menschen aufrüttclte aus einem immer windschiefer werdenden Staatswesen, aus einer täglich mehr in den Materialismus gleitenden Anschauung, die Kongresse, internationale, blutswidrige Bindungen hinwegfegte wie Spreu, die sein ganzes Dasein Plötzlich wieder groß machte, wieder hineinstellte in die Ge- meinschaft, und mit einem Male das schuf, was, oft in Liedern herbeigesehnt, doch Chi- märe geblieben war: Diedeutsche Nati o n.

Hier war's: Ein Volk, ein Wille, ein Ziel; Deutsch sein!

4 Jahre voll Blut und Schmutz, Opfer und Entbehrung, Grauen und Verzweiflung ver- mochten es nicht, diesem Aufmarsch der deut- scheu Jugend ein Halt z: gebieten. Und als am 9. November 1918 von denen, die da Vor­gaben, das Kommende zu wollen und die doch zum Vergangenen gehörten, die junge Repu­blik aus der Taufe gehoben wurde, als an den schwankenden Masten die alte Kaiserstandarte sank und die neue Fahne hochging, da glaubte und hoffte ein müdegewordenes Volk, dah nun das Tausendjährige Reich angebrochen sei.

Die Novemberrepublik hat es nicht verstan­den, die zitternden Herzen, die noch einmal schneller schlugen als ihre ersten Signale in das kriegskranke Europa hineinschmetterten, mit dem Rhythmus einer neuen Zeit aufs neue in Gang zu bringen. Der Soldat wandte sich von ihr ab, da sie ihm statt Dank nur Hohn und Spott und eine geschändete Ehre lachend vor die Füße warf. Der Arbeiter kehrte ihr den Rücken, oa er in einem dumpfen Verstehen zu erkennen begann, daß ihr Sozialismus eins Phrase war, mit der sie das schaffende Voll zu ködern versuchte, solange sie es brauchte, uni ihm dann statt Freiheit und Brot Knechtschaft und Schmach zu geben. Aus der satten Bür< gerlichkeit des 19. Jahrhundert begann ein« Jugend aufzuerstehen. Sie kämpfte und stari Mit einem Heroismus, den eben nur ein« neuLIdeein Antrieb setzen kann. Ein Voll begann zu ahnen, worum es ging uni wurde dann um zitterndes Ahnen und gläubig« Hoffnung schmählich betrogen. Der erste All der deutschen Revolution, die 1914 begann, endigte im Verrat, und der zweite, der 1918 seinen Anfang nahm, fing an im Chaos.

Mitren unter den Trümmern steht einer auj und reißt eine Fahne hoch, eine Fahne von nil ersehenem, leuchtendem Dreiklang! Hinreißenl m dem Willen, der von ihr ausaeht, mahnen! imd allspornend! Ein Aufruf zum Wi- ierstand! De', eine steht noch einsam und iält die Fahne. Doch bald sammeln sich Sol- taten um ihn, um mit ihm das heilige Tuch !u schützen. Im Chaos bildet 'ich die erste Form. Noch ungeklärt, aber klarer schon im Erkennen, sicherer im Wissen, während rings­um alles zerfällt, formt sich hier ein neuer Kern, eine werdende Bewußtheit.

Fanfaren schm->ttern! Die junge Front setzt sich in Bewegung. Noch weiß sie nicht alles. Noch hängt sie mit einigen Fasern am liebge- wordenen Alten. Noch ist sie nicht durchgebil- det in den raffinierten Praktiken einer unter- gehenden liberalen Welt, noch schaudert sie da­vor zurück, alle Brücken hinter sich abzubre­chen. Der junge Nationalismus marschiert noch lieben der Reaktion, zwar im anderen Flügel, doch durch Tuchfühlung mit ihm verbunden. Eine Gruppe an der Spitze gibt das Tempo an. Je schärfer sie ausholt, desto größer wird der Abstand, der zwischen ihr und dem Patrio­tismus der Bürgerlichkeit klafft. Hier brechen »um ersten Male die Risse auf, die die junge

Front von der Bourgeoisie trennen. Sie wer- den hier zum ersten Male gesehen, erlebt, empfunden und gewußt. Noch ist es nicht so weit, daß man dem auch in der politischen Praxis Ausdruck gäbe. Zwei Fronten marschie­ren nebeneinander durch Abgründe voneinander getrennt! Am 9. No­vember 1923 fällt die Entscheidung. Sie fällt, wie sie fallen muß. Ein letztes Aufbegehren einer sinkenden bürgerlich-liberal-marxistischen Welt. Und unter den Salven der Reaktion wird die Avantgarde des erwachenden jungen Deutschland nieserkartätscht.

Der Sozialismus wird vom Marxismus, der Nationalismus von der Reaktion in einem un­gleichen Waffengang zu Fall gebracht. Der Vor­hang sinkt; der zweite Akt der deutschen Revo­lution ist zu Ende. Wieder versinkt die Form im Chaos. Die Anfänge einer jungen Front der Bewußtheit enden in einem Ruinenfeld. Müde flattert die Fahne am schwankenden Mast. Ringsum nur Verzweiflung und Skep­sis. Deutschland ist saniert. Das deutsche Volk hat keine Zeit zu Revolutionen. Das deutsche Arbeitertum muß schuften für seine Unter­drücker. Die Sozialdemokratie, die uns den so­zialistischen Staat bringen wollte, unterschreibt eine blutige Ironie des Schicksals den Dawes-Pakt, den Z)oung-Plan, alle jene teuf­lischen Diktate der Weltfinanzen, die allem Sozialismus ein Ende machen mußten.

Deutschland sinkt aufs neue in schweigende

Lethargie. Die große Pause beginnt zwischen den Akten . . . Aber schon schmettern erneut Signale. Der dritte, der letzte Akt beginnt. Die Revolution erwacht aufs neue. Ihre Geg­ner sind die gleichen geblieben: Die Trümmer einer sterbenden bürgerlichen Welt und die seelenlosen Organismen einer marxistischen Konstruktion stehen hindernd auf ihrem Weg.

Doch mehr und mehr wird das unklare Ge­fühl der jungen Deutschen in allen Lagern zu der klaren Erkenntnis, saß der Wirrwarr, der Zufall der bisheriger, politischen, wirtschaft­lichen und kulturellenOrdnung" nur ein sichtbarer Ausdruck einer tiefergehenden Um­gestaltung ist, die revolutionären Wehen einer neuen Weltanschau­ung. Mehr und mehr wird eS das Wissen größerer Kreise, was das Fühlen der Massen des deutschen Volkes längst schon ist, daß jene Versuche, die alteRuhe und Ordnung" des 31. Juli 1914 wieder einzuführen, teils dumme, teils verbrecherische, in jedem Fall aber vergebliche Reaktion ist, da mit dem 1. August 1914 eine R-Volution ausbrach, die in schwersten Erschütterungen und Kämpfen eine neue Welt erstehen läßt, die jene durch die französische Revolution geschaffene Welt nach lövjährigem Bestehen ablöst und über­windet.

Aus Ahnung ist Erkenntnis, aus Erkennt­nis ist Bewußtsein geworden. Oft miß­braucht und viel mißhandelt sammelt sich l': ginge Front zum letzten verzweifelten Versuch.

In schwerer Arbeit stampfen einige hundert Männer hunderttausende von Menichen aus -er Erde. Bewußte Deutsche! Formen iie neu, richten sie, stellen ihr Auge auf andere Vlickweite und dann geht die Front wieder in Stellung. Bewußt getrennt von Marxismus and Reaktion sammelt sich das deutsch geblie­bene junge Deutschland unter den Fahnen des Nationalsozialismus. Hier marschiert ver erwachende deutsche Sozialismus neben dem wiedererstandenen deutschen Nationalis­mus. Hier findet das 20. Jahrhundert seinen letzten Sinn, seine endgültige Deutung, seine programmatische Klarheit. Der dritte Akt der deutschen Revolution hat zum Siege geführt. Wir stehen wieder aus der Bühne des Lebens. Das Chaos lauft aus in unserer Form. Wir geben dem Jahrhundert die sinnvolle Gestalt. Es sinkt der Unwert, getroffen vom Sckwert- schkag einer neuen Wertung. Aus dem Wider­sinn der Vergangenheit Wirt» der Sinn der Ge­genwart und Zukunft. Die Revolution ist zu Ende. Der Nationalsozialismus hat gesiegt.

lieber Deutschland flattern unser« Fabnen.

So sühlten wir Jungen den Herzschlag ve, deutschen Revolution pochen. Und heut« empfinden wir demütig-stolz die Auserwählb heit mitkämpfen, mitsiegen zu dürfen de« Kampf des 20. Jahrhunderts und jetzt han­delnd sich erfüllen zu sehen, den Sinn bei Krieges und unsere? Kampfes:

Das D' fite Reick».

Zwei Todesurieile in Oesterreich

Rätsel des Wiener Aufstandes durch Dollsuh-Prozeh nicht gelöst

Wien, 31. Juli.

Ueberraschend begann am Nlontag vor dem Militärgerichtshof in Wien die Ver­handlung gegen die Anführer des Handstreiches auf das Bun­deskanzleramt am 25. Juli, gegen den 34jährigcn Otto Planetta und den 29jährigen Franz Holzweber, die des Hochverrates und des Mordes an Bundeskanzler Dr. Dollfuß angeklagt sind. Zur Bewachung des Ge­richtsgebäudes wurde eine Kompanie Infan­terie aufgeboten. Den Vorsitz in der Ver­handlung führt Oberst Kubin. Staatsan­walt ist Dr. Trupp y.

Nach der Feststellung der Personalien der Angeklagten, die ergibt, daß beide unbe­scholten sind, erhebt sich der Staatsanwalt zur

Anklagerede

Er schildert zunächst die bereits bekannten Vorfälle im Bundeskanzleramt am 25. Juli, Wobei er feststellte, daß Dr. Dollfuß gegen 15.45 Uhr seinen Verletzungen erlegen ist. An seiner Leiche wurden zwei Schußver- letzungen festgestellt. Der Tod ist in­folge Verblutung eingetreten. Planetta habe erklärt, nicht die Ab- sicht gehabt zu haben, den Bun­deskanzler zu treffen, geschweige denn zu töten, da ausdrücklich die Parole ausgegeben worden sei, daß keinerlei Gewalttaten, insbesondere keine Erschießun­gen vorgenommen werden durf» t e n, ausgenommen in den dringendsten Not- fällen. Nach der Anklagerede des Staatsan­waltes wurde die Verhandlung unterbro­chen, um den Angeklagten die Möglichkeit zu einer Rücksprache mit der Verteidigung zu geben.

Auf Befehl" geputscht

Nach der Wiederaufnahme der Verhand­lung wurde vom Militärgerichtshos der Haiiptangeklagte Planetta zuerst ver­nommen. Auf die Frage des Vorsitzenden, warum Planetta in das Bundeskanzleramt eingedrungen sei. erwiderte der Angeklagte: Auf Befehl!" Er gab jedoch nicht an, aus wessen Befehl. Der Angeklagte erklärte sodann, daß er dem Bundesheer bis zu seiner Entlassung wegen verbotener Betäti­gung für die Nationalsozialistische Partei bis zum Jahre 1932 angehört habe. Zuletzt sei er Stabswachtmeister gewesen.

Planetta gab nun eine genaue Darstel­lung seiner Anordnungen. Am Vormittag des 25. Juli um 5 Uhr früh begann er die ihm als TruPPsührec unterstehenden Leute zu verständigen, daß sie zwecks einer Aktion

in einer Turnhalle im 7. Bezirk sich einzu- finden hätten. Um 11.30 Uhr kam er selbst in die Turnhalle. Um 12.45 Uhr ziehen sie daun mit Kraftwagen vor das Bundeskanz- leramt. Sein Kraftwagen war der letzte, und als er dort ankain, war die Wache bereits überwältigt. Planetta schilderte dann ein­gehend, wie er die Schüsse auf den Bundes­kanzler abgegeben habe. Als er den Kanzler niederfinken sah. sei er sofort aus dem Zim­mer gelaufen, um Verbandwatte zu holen. Am Schluß seiner Vernehmung erklärte Planetta. es tue ihm sehr leid, daß er den Bundeskanzler erschossen habe.

Der Prozeß nahm nunmehr bei der Ver­nehmung des Angeklagten Holzweber eine

aufsehenerregende Wendung.

Es kam zunächst das Abkommen zwischen den Putschisten und den eingeschlossenen Regie­rungsmitgliedern auf freien Abzug zur Sprache. Der Verhandlungsleiter fragte den Angeklagten Holzweber: Hat bei der Ueber- gabeverhandlung Minister Fey schon von der schweren Verletzung des Bundeskanzlers ge­wußt? Angeklagter: Der Minister hat davon gewußtund auch denBun- deskanzlerin seinemBlut liegen sehen. Auch Minister Neuftädter-Stürmer hat durch Fey von der schweren Verletzung des Kanzlers Kenntnis erhalten. Minister Feh hat auch an das Heeresmini­

sterrum um 14.30 Uhr telefoniert, daß der Kanzler im Sterben liege. Minister Fey hat erklärt, daß diese Sache ..dienstlich" beigelegt werden solle; dies sei auch der Wunsch des Kanzlers. Minister Fey habe auch sein Soldaten- ehrenwortfür die Einhaltung des freien Abzuges, an den keine Bedingung geknüpft war. gegeben. Der An ge- klagte Holzweber erklärte noch, daß er angenommen habe, die ganze Aktion sei legal.

Minister Feh erklärte bei seiner darauf­folgenden Vernehmung, daß die Angabe des Angeklagten Holzweber rich­tig sei; er habe

das freie Geleit mit Soldakenehrenwort zugesicherk

wenn die Putschisten die Waffen streckten. Zu dieser Zeit habe er von dem Tode des Bundeskanzlers bereits gewußt. Die Ver- teidiger beantragen die Vernehmung des Gesandten Dr. Rieth. Minister Feh schil- derte die schon bekannten Ereignisse von der Besetzung des Bundeskanzleramtes und die verschiedenen Gespräche mit dem sterbenden Bundeskanzler, besten letzte Worte gelautet hätten:Kein Blutvergießen, es soll Frieden gemacht werden!" Der Minister fuhr fort: Am späteren Nachmittag ist dann Minister Neustädter-Stürmer vor dem Gebäude des -Schluß auf Seite 2.!

Der Reichspräsident erkrankt

Die Mitteilungen der Aerzte lauten befriedigend

Neudeck, 31. Juli (9.05 Uhr vorm.)

Der Herr Reichspräsident, der seit einigen Monaten an einer Blasenerkrankung leidet, hatte in Neudeck wesentliche Erholung ge­funden. In völliger geistiger Frische und er­freulicher körperlicher Verfassung erledigte ei seine Dienstobliegenheiten und war noch Mon­tag in der Lage, Vorträge entgegenzunehmen. Eine leichte körperliche Schwäche, die seit eini­gen Tagen sich bemerkbar machte, hat jedoch in dieser Nacht zugenommen. Bei dem hohen Alter des Herrn Generalfeldmarschalls ist da­her ernste Besorgnis begründet. Die behandeln- den Aerzte sind in Neudeck anwesend.

Zu Mittag wurde von den Aerzten folgende Mitteilung über das Befinden des Reichspräsi­denten ausgegeben:

Der Herr Reichspräsident nahm am Vor­mittag einen Morgeuimbiß außerhalb des Bet­tes zu sich. Hierbei war er voller Teilnahme kür keine Umgebung. Rach Rückkehr in das

Bett trat ein ruhiger Schlaf ein. Fieber ist nicht vorhanden. Puls kräftig, zahlenmäßig erhöht.

(gez.) Prof. S a u e r b r u ch mit Dr. K ra, Dr. Adam. Prof. Kauffmann.

Jin Zustand des Herrn Reichspräsidenten ist um 17.15 Uhr keine Verschlechterung ein­getreten. Zu Mittag erfolgte eine geringe Nah- rungsaufnahme. Kein Fieber. Puls zufrieden- stellend. Für die behandelnden Aerzte

gez. Dr. Sauerbruch. *

Das ganze deutsche Volk nimmt in tiefer Be­sorgnis herzlichen Anteil am Befinden des er­krankten Reichspräsidenten und hofft zuversicht­lich, daß es den Aerzten gelingen wird, den Schwächezustand des Kranken überwinden zu helfen und seine Gesundheit bald wieder herzu­stellen. Einer der behandelnden Aerzte des Reichspräsidenten. Dr. Krauß, ist ein gebürst- aer Lalwer.