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Verlag: Schwarzwald-Wachi IS m. b. H. Calw. Haupt» schristleitung: Friedr. Hans Scheele. Calw Anzeigen« »etter: Georg Wurster, Kreisln., Calw Gefch.-Stelle: Lite- Postamt Fernsprecher SSt. Schluß der Anzeigen« annabme 7.N Uhr vorm. Druck: A. Oelschlä« ger'fche Buchdruckerei, Calw. D A. d. l. M.: SSlill.
Nationalsozialistische Tageszeitung
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Amtliches Organ äer N. §. V. N. p.
Alleiniges Amtsblatt für alle Stadt- und Gemeinde-Behörden des Kreises Ealtv
Nr. 172
Lalw, Freitag, 27. Juli 1934
1. Jahrgang
Das tragische Schicksal Deutsch-Oesterreichs
Starhemberg sührt die Regierungsgeschöfte—Massenverhaftungen von Nationalsozialisten Blutige Kämpfe in Steiermark — v. Papen deutscher Sondergefandter in Wien
kk. Berlin, 26. Juli.
Die blutigen Ereignisse in Oesterreich beherrschen auch am Donnerstag noch ganz Europa. Ein Flammenzeichen im Herzen Mitteleuropas hat der Welt gezeigt, daß hier aus internationalen Machtbestrebungen, die sich gegen ein Volk von 6,7 Millionen richten, ein Gefahrenherd entstanden ist, an dessen Beseitigung die ganze Welt ein Interesse haben müßte.
Seit 17 Monaten steht die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Oesterreichs im schärfsten Gegensatz zu einer Regierung, die nur deshalb zur „autoritären" geworden ist, weil sie das Urteil des eigenen Volkes fürchtete. Um ihre Stellung zu halten, hat diese Regierung zu den brutalsten Mitteln gegrif- sen. Man braucht nur an die Leiden von Hunderten und Tausenden in den Gefängnissen und Konzentrationslagern, an die Ausschreitungen der Heimwehren und Eturmscharen, an die völlige Rechtlosigkeit des deutschen Volkes in Oesterreich zu er- innern — und man wird verstehen, daß eine Explosion möglich war.
Die Männer, die am Mittwoch den Handstreich auf das Bundeskanzleramt ausführ, ren, haben auf eigene Faust und ohne lieber- legung gehandelt; sie glaubten, daß ihre heiße Liebe zum eigenen Volke und ihre Einsatzbereitschaft genüge, um ein ganzes Volk von jenen zu befreien, die mit Gewehrkolben und Ochse n- iemern eine Schreckensherr, chast errichtet hatten.
Noch sind die Folgen dieses Handstreiches nicht abzusehen. Wenn auch menschliches Mitgefühl mit der Faniilie des erschossenen Bundeskanzlers Dr. Dollfuß eine Selbstverständlichkeit ist — es muß doch gesagt werden, daß Dr. Dollfuß das Opfer seiner eigenen Politik geworden ist. Seine Maßnahmen haben den Zündstoff gesammelt, der am Mittwoch so Plötzlich auf- geflammt ist.
Des deutschen Volkes Mitgefühl umfaßt vor allem aber das ganze deutsche Volk in Oesterreich, dessen Weg des Leidens und der Wirrsal noch nicht beendet zu sein scheint. Die strenge Neutralität, die das Deutsche Reich den österreichischen Vorgängen gegenüber bewahrt hat — sofortige Sperre der Grenzen, Abberufung des Gesandten in Wien, weil er für die Aufständischen (übri- ^ns aut ausdrückliches Verlangen österreichischer Hiegierungsmitglieder und um weiteres Blutvergießen zu vermeiden) Zusagen gemacht hat, ohne die Zustimmung der Reichsregierung einzuholen — mag in gewissen interessierten Kreisen deS Auslandes enttäuscht haben, weil diese Kreise es nur allzugerne gesehen hätten, wenn das ringe- troffen wäre, womit sie ihre durch und durch verlogene Greuelpropaganda bisher bestritten haben.
Möge ein gütiges Geschick eS wollen, daß lauch dem deutschen Volke in Oesterreich bald Idie Befreiung von seinen gegenwärtigen Leiden und Friede werde; möge vor allem
Das Neueste in stürze
Vizekanzler Starhemberg wurde vom Bundespräsidenten zum vorläufigen Regierungschef ernannt.
In Wien scheint nach den vorliegenden Meldungen Ruhe zu herrschen, wogegen die Kämpfe in Steiermark am Donnerstag abend noch nicht beendet waren.
Die österreichische Regierung hat einen Militärgerichtshof eingesetzt» gegen dessen Urteile es keine Rechtsmittel gibt Die Strafen «erden sofort vollzogen.
Die Vorgänge in Wien «erden im Ausland ruhig beurteilt. Irgend ein gemeinsamer Schritt der Großmächte ist nicht z« erwarten.
Der Führer hat Vizekanzler von Papen znm Sondergesanöte» in Wie« ernannt. Landesinspektenr Habicht wurde seines Anises enthoben.
dem Nachfolger des Dr. Dollfuß die Einsicht kommen, daß dieser Friede mit einem Schlage gesichert werden kann — durch eine freie und unbeeinflußte Volksbefragung, in der das deutsche Volk in Oesterreich sein Schicksal selbst bestimmen kann.
Starhemberg vorläufiger Regierungschef
Der österreichische Bundespräsident Mik» las hat seinen Sommeraufenthalt an! Wörthersee abgebrochen und ist Donnerstag früh nach Wien zurückgekehrt, wo er sofort die Verhandlungen über die Neubildung de» Regierung ausnahm.
Auch Starhemberg, der noch in Venedig weilte, ist noch am Mittwoch mn einem Flugzeuge nach Oesterreich zurück« gekehrt. Da der Pilot aber im dichten Nebel die Orientierung verlor, mußte das Flugzeug nach Venedig zurückkehren, so daß des Vizekanzler erst am Donnerstag mit des Eisenbahn in Wien eintreffen konnte.
Schon vor seinem Eintreffen in Wien trat unter dem Vorsitz des Unterrichtsministerl! Dr. Schuschnigg ein Ministerrat zusammen, der zunächst die Aufbahrung der Leichs des Dr. Dollfuß in der Volkshalle des Wiener Rathauses und die Abhaltung eines Staatsbegräbnisses beschloß.
Dann wurden dem inzwischen eingetros- fenen Vizekanzler von Dr. Schuschnigg die Rcgierungsgeschäste übergeben.
DNL. Berlin» 27. Juli. Reichskanzler Adolf Hitler hat aus Bayreuth an Vizekanzler v. Papen nachstehendes Schreiben gerichtet:
Sehr verehrter Herr v. Papen! In Verfolg der Ereignisse in Wien habe ich mich gezwungen gesehen, dem Herrn Reichspräsidenten die Enthebung des deutschen Gesandten in Wien Dr. Rieth von seinem Posten vorzuschlagen, weil er auf Aufforderung österreichischer Bundesministcr bezw- der österreichischen Aufständischen sich bereitfinden ließ, einer zwischen diesen beiden getroffenen Abmachung bezüglich freien Geleites und Abzug der Aufständischen nach Deutschland ohne Rückfrage bet der deutschen Reichsregierung seine Zustimmung zu geben. Der Gesandte hat damit ohne jeden Grund bas Deutsche Reich in eine interne österreichische Angelegenheit hinein- gczogen.
Das Attentat gegen de» österreichischen Bundeskanzler, das von der deutschen Reichsregierung ans das schärfste verurteilt und bedauert wird, hat die an sich schon labile politische Lage Europas ohne «nsere Schuld »och weiter verschärft. Es ist daher mein Wunsch» wenn möglich z« einer Entspannung der Gesamtlage beizntragcn «nb insbesondere das seit langem getrübte Verhältnis zu dem deutsch-österreichischen Staat wieder in normale und freundschaftliche Bahnen geleitet z« sehen.
Aus diesem Grunde richte ich die Bitte an Sie, sehr verehrter Herr von Papen, sich dieser wichtige» Aufgabe zu unterziehe», gerade weil Sie seit «userer Zusammenarbeit im Kabinett mein vollstes und uneingeschränktes Vertrauen besaßen und besitzen.
Ich habe daher dem Herrn Reichspräsidenten vorgeschlagen, daß Sie unter Ausscheide« aus dem Reichskabinett «nd Entbindung von dem Amt als Saarkommiffar für eine befristete Zeit in Sondermission ans den Posten des deutschen Gesandten in Wien bernsen werden. I» dieser Stellung «erden Sie mir unmittelbar unterstehen.
Indem ich Ihnen auch heute noch einmal danke für alles, was Sie einst für die Zn-
Militärgerichtshof eingesetzt
Im österreichischen Ministerrat ist ein Gesetz über die Einführung eines Militärgerichtshofes beschlossen worden, der als Ausnahmegerichtshof für die Aburteilung der mit dem Umsturzversuch vom 25. Juli im Zusammenhang stehenden strafbaren Handlungen zuständig erklärt worden ist. Der Militärgerichtshof tritt an die Stelle -er Standgerichte «nd der ordentlichen bürgerlichen Strafgerichte für alle Handlungen, die mit dem Umsturzversuch in Zusammenhang stehen. Die Strafen find sofort z« vollziehen.
Noch keine Klarheit Wer die Schuldigen
Die polizeilichen Nachforschungen nach den Schuldigen am Tode des Bundeskanzlers Dr. Dollfuß find bisher ohne Ergebnis verlausen, da, wie mitgeteilt wird, bei der Ermordung keine Zeugen anwesend gewesen seien. Der einzige An- wesende, der Kanzleidiener des Bundeskanzlers, Hedwicek, der Dollfuß geraten hate, das Zimmer zu verlassen, erklärte, sich nicht an den Mann erinnern zu können, der den Todesschuß gegen den Kanzler abgegeben habe.
Die verhafteten Teilnehmer des Aufstandes verweigerten bei der Einvernahme alle Angaben sowohl über die Vorbereitung wre über die Durchführung des Putsches. ebenso wie über den Mann, der
sammenführung der Negierung der nationalen Erhebung und seitdem gemeinsam mit uns für Deutschland getan Haben, bin ich Ihr sehr ergebener
(gez.) AdolfHitler.
*
Landesinspektenr Habicht seines Amtes enthoben
Amtlich wird aus Berlin mitgeteilt: Noch in der Nacht zum Donnerstag wurden von der Reichsregierung Untersuchungen angestellt, ob sich irgend eine deutsche Stelle im Zusammenhang mit den österreichischen Vorgängen eine direkte oder indirekte Beteiligung hat zuschulden kommen lassen. Die im Laufe des gestrigen Tages abgeschlossene eingehende Prüfung und Vernehmung ergab, daß keine deutsche Stelle in irgendeinem Zusammenhang mit den Ereignissen steht, sowie baß alle nach Bekanntwerden der Vorgänge erlassenen Anweisungen sofort und restlos durchgeführt wurden.
Insbesondere erfolgte, um jedes unerwünschte überschreiten der Grenze zu verhindern, eine durchgehende Absperrung sämtlicher Straßen nach Österreich, während den Insassen der Anhaltelager der österreichischen Flüchtlinge und Emigranten jedes Verlassen der Unterkünfte untersagt wurde. Es ist daher weder vor- «och nachher eine Grenzüber- schreitnng von anch n«r einer Person vorgekommen, die in Verbindung mit diesen Ereignissen gebracht werde« könnte.
Bei schärfster Überprüfung gelang es, nur einen einzigen Fall festzustellen, bet dem durch eine nicht gründlich genug erscheinende Kontrolle von Meldungen, die aus Österreich kamen und weiterverbreitet wurden, ein vielleicht gegenteiliger Eindruck hätte erweckt werden können. Der für die über den Münchener Sender gegangenen Meldungen verantwortliche Landesinspektenr Habicht wurde daraufhin heute vormittag 10 Uhr seines Postens als Landesinspektenr enthoben «nd znr Disposition gestellt
Dollfuß den tödlichen Schuß beigebracht hat.
Der Innsbrucker Attentäter verhaftet
Zu dem Anschlag auf den Polizeistadthauptmann Hickel in Innsbruck wird noch bekannt, daß der Täter nach dem Anschlag flüchtete, später aber von einem Gendarmeriebeamten verhaftet werden konnte. Es handelt sich um den 26jährigen nach Linz bei der Donau zuständigen Handelsangestellten Friedrich Wurnig aus Innsbruck. Zwei Mitbeteiligte wurden ebenfalls festgenommen. Auch sie sind Oesterreicher. Die Täter werden sich vor dem Standgericht in Innsbruck zu verantworten haben, das bereits in den nächsten Tagen zusammentreten wird.
Im Laufe des heutigen Tages wurden in Innsbruck und in Hall zah l r e i ch e Nati o- nalsozialistenin Gewahrsam genommen.
Beileid des Reichspräsidenten
Reichspräsident von Hindenburg hat an den österreichischen Bundespräsidenten Mi klas folgendes Beileidstelegramm ge- richtet:
„Tief erschüttert durch die Nachricht, daß Herr Bundeskanzler Dollfuß einem verabscheuungswürdigen Anschlag zum Opfer gefallen ist, spreche ich Ew. Exzellenz meine herzlichste Anteilnahme aus." ,
Frau Dollsutz ist im Flugzeug in Wien eingetroffen.
Sämtliche Gesandtschaften m Wien haben die Fahnen auf Halbmast gesetzt, selbstver- stündlich auch die deutsche Gesandtschaft. Auch die öffentlichen Gebäude sind schwarz beflaggt.
Maffenverhastungen
von Nationalsozialisten in Wien
Noch in der Nacht und im Lause des Donnerstag sind in Wien viele Hunderte von Nationalsozialisten verhaftet worden. Auch in der Provinz scheint man mit aller Schärfs gegen die Nationalsozialisten vorzugehen, obwohl die NSDAP, mit dem Handstreich auf das Bundeskanzleramt nichts zu tun hat.
Die ersten Maßnahmen der österreichischen Regierung seit gestern abend scheinen über- Haupt nicht darauf abgestellt zu fein, zuö Milderung der tiefen innerpolitischen Gegensätze beizutragen. Starhemberg hat durch den Rundfunk alle Mitglieder seiner Heimwchr aufgefordert, sich unverzüglich in Uniform und voller Ausrüstung zu melden. Der erste Ministerrat am Donnerstag vormittag hat: die Errichtung eines Militärgerichtshofes als Sondergericht zur Aburteilung der Teilnehmer am Handstreich und gleichzeitig die Til - gung aller Vorstrafen der an der Niederkämpfung des Februaraufstandes be- teiligten SchutzkorvZmänner beschlossen.
Der auf die Nachricht vom Handstreich aus das Bundeskanzleramt nach Wien gekommene österreichische Gesandte Dr. Nin tele n hat nach seiner Mittwoch abend erfolgten Verhaftung einen Selbstmordversuch unternommen ...
Zugleich mit Dr. Rintelen wurde der Präsident der Luftverkehrs A.-G., Wagner, ein ehemaliger Mitarbeiter Rintelens in Graz, und Hofrat Dr. Böhm aus dem Bun- deskanzleramte, ein enger Freund Rintelens, verhaftet.
„Vaterländische Front" hetzt
Der Bundesleiter der Vaterländischen Front, Dr. S t e P a n, hat namens der Bun- desleitung und der Landesleitung dem M:< nisterrat fünf Forderungen unterbreitet. Darin wird erklärt, die Vaterländische Front verlange die sofortige standrechtliche Aburteilung der im Bundeskanzleramt Festgenommenen. Ferner ver- lange die Vaterländische Front, daß die ..führenden Staatsfeinde. Nationalsozialisten und Kommunisten", allerorts unverziig- lich in Schuhhaft genommen würden. Die oft geforderte Säuberung des Beamtenapparates, insbesondere bei der Exekutive, müsse unverzüglich undrüMchtslps", durch-
v. Papen Sondergefandter
in Wien
Ein Schreiben des Führers an den Vizekanzler