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Nationalsozialistische Tageszeitung

Düwerlayblall

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Amtliches Organ öer N. §. v. N. p.

Alleiniges Amtsblatt für alle S tadt- unS G emeinde-Behörden öes Kreises Latin_

Nr. 171 ^_Lalw. Donnerstag, 26. Juli 1034_ j I, Jahrgang

Ausbruch eines Dolksaufstandes in Oesterreich

Vorübergehende Gefangensetzung der Regierung Bundeskanzler Dollfuß tot Standrecht über Wien verhängtDeutschland lehnt Grenzübertritt der Aufständischen ab

Wie es kam

Nachstehend geben wir die Meldungen aus Österreich in der zeitlichen Reihenfolge ihres Einlaufens wieder:

Mittwoch 13 Ahr: Putsch im Rundfunk

Die Wiener Navag hat am Mittwoch ge­gen 1 Uhr mittags plötzlich das Schallplat­tenkonzert unterbrochen, nachdem kurz vorher Stimmengewirr und Unruhe zu vernehmey waren. Dann erfolgte durch Radio die kurz! Mitteilung.

die Bundesregierung habe deinisiio- niert. Dr. Rintelen übernehme die Ge­schäfte des Bundeskanzlers. Seitdem wurde von der Navag nichts weiter gesendet. Die Hörer vernahmen jedoch laute Geräusche, die wie ein Krachen klangen; das schien darauf hinzudeu­ten, als ob sich im Senderaum etwas Ungewöhnliches ereigne.

Man vermutete, daß eine gewalttätige Stin rung des Sendebetriebs eingetretcn sei. Bei der amtlichen Nachrichtenstelle wurde erklärt, daß von einer Demission des Bundeskanzlers nichts bekannt sei. Es scheine sich bei dev Verlautbarung durch die Ravag um eins Mystifikation zu handeln. Andere amtlichen so besonders des Bundeskanzler-- amts, aber auch die Navag, waren bisher telephonisch trotz aller Bemühungen nicht zu erreichen.

Kurz darauf wurde aus Wien zu dem Zwischenfall im Senderaum der Ravag er­gänzend gemeldet, daß vor dem Bundes­kanzleramt, dessen Tore geschlossen sind, eine Kompanie Heimwehr mit Bajonett und Ma­schinengewehren aufgezogen ist. Es sollte ein Putsch aus die Ravag in der Johannis­gasse stattgesunLeii haben. Alle mili­tärischen Vorbereitungen seien aber getroffen worden, um den Putsch zu unterdrücken. Jedenfalls sieht man in den Straßen Wiens Polizei auf Motorrädern. Vor der Polizeidirektion und anderen öffent­lichen Gebäuden stehen Maschinengewehre und Polizei und Heimwehrleute mit ausge- Pflanztem Bajonett.

Die amtliche Nachrichtenstelle teilte am frühen Nachmittag mit, es seien alle Mel­dungen über die Demission der Regierung eine Mystifikation. Alles sei in vollkommener Ruhe. Ein Communique werde folgen.

16 Ahr: Dollfuß und Fey gefangen

Nach Mitteilung von verläßlich anzusehen- der Seite werden Bundeskanzler Dr. Doll­fuß, der Generalstaatskommissar für Sicher­heit, Fey, und der Sicherheitskommissar Karwinsky im Gebäude des Bundeskanz­leramtes festgehalten. Bei diesen Vorgängen soll geschossen worden sein. Darüber, von wel- cher Seite die Aktion unternommen worden ist, herrscht am Nachmittag noch Ungewißheit. Man spricht davon, daß Angehörige des Bnndesheeres daher eine füh­rende Rolle spielen. Wie man an­dererseits hört, soll es im Ministerrat, der gegen 11 Uhr begann, zu schweren Zu­sammenstößen zwischen Dollfuß und Fey gekommen sein, die sich gegen­seitig mit Verhaftung bedroht hätten. Zu dieser Zeit hätte wie schon ge­meldet eine Heimwehrkompanie das Ge­bäude besetzt und die Tore geschlossen, so daß man Näheres aus dem Bundeskanzleramt nicht erfahren könne, zumal auch die telephoni­schen Verbindungen dorthin gänzlich unter­brochen sind.

Der Kampf um das Ravag-Haus

Am Gebäude der Ravag dauert der Kampf lebhaft fort. Von der Straße wird in das Ge­bäude mit Maschinengewehre,, geschossen. Aus dem Gebäude werden Handgranaten geworfen. Es ist nicht klar ersichtlich, in welcher Form Bundesheer und Heimwehr an den Kämpfen beteiligt sind, besonders, auf welcher Seite sie stehen. Wie undurchsichtig die Lage ist, geht parans hervor, daß man davon spricht, daß von dem Gebäude der Ravaa Kommunisten

Wien, 26. Juli.

Der gestrige Tag hat für das österreichische Volk Ereignisse von größter politischer Be­deutung gebracht, die in ihren Folgen noch durchaus unübersehbar sind. Der österrei­chische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, der tragende Pfeiler des Systems, ist das Opfer eines Volksausstandes geworden. Er ist nach Mitteilungen, die der österreichsiche Minister Schuschnigg über das Wiener Radio gab, den Verletzungen erlegen, die er am Nachmittag im Bundeskanzleramt erlitten hatte.

Soweit sich bisher aus den vorliegenden Meldungen ersehen läßt, lasten sich die Er­eignisse, die zum Tode des Bundeskanzlers Dollfuß führten, in folgender Form übermit­teln: Gestern nachmittag wurde in der öster­reichischen Bevölkerung bekannt, daß daß erste Todesurteil des neuen österreichischen Stand­gerichtes durch den Strang vollzogen werde und daß in den Untersuchungsgefängnissen die Gefangenen mittelalterli^cn Folterungen unterworfen würden. Der österreichischen Be­völkerung bemächtigte sich eine außerordent­liche Empörung »nd Erregung, die zu der­artigen Ansammlungen in den Straßen Wiens führte, daß der um 11 Uhr tagende Ministerrat unterbrochen werden mußte. Gegen 1 Uhr mittags tauchten an mehreren Stellen bewaffnete Formationen auf, die in Uniformen des österreichischen Bundcs- hec res gekleidet waren. Von diesen For­mationen wurde das Bundeskanzleramt am Ballhausplatz in Wien besetzt, wobei es z» den ersten blutigen Zusammenstößen kam.

Die im Bundeskanzleramt befindlichen Ne- giernngsmitglieöer, vor allem Bundeskanz­ler Dr. Dollfuß» der frühere Vizekanzler Minister Emil Fey «nd der Staatssekretär für die Sicherheit Dr. Karmins« sowie eine Reihe anderer österreichischer Minister waren damit in der Gewalt der Bewaffneten» die das Bundeskanzleramt besetzt hatten. Schon die ersten Meldungen über die Besetzung des Bundeskanzleramtes besagten, daß Dr. Doll­fuß verwundet worden war.

Zur selben Zeit drangen Bewaffnete in die Räume des Wiener Rundfunks, der Navag, in der Johannisgasse. Nach der Besetzung des Nundfunkgcbäudes wurde die Meldung von Ser Demission des Kabinetts Dollfuß und die Betrauung des derzeitigen österreichischen Gesandten in Rom, Dr. Rintelen, mit der Regierungsbildung angesagt. Daraufhin wurden die Uebertragungcn öes Wiener Rundfunks unterbrochen, um von einer an­deren Stelle fortgesetzt zu werden.

Die Meldungen über Aktionen in der österreichischen Provinz liefen in widerspre­chenden Formen ein, ließen aber erkennen, daß es sich bei den Vorgängen in Wien nicht um eine lediglich lokale Änsstandsvewegnng gehandelt hat. In Innsbruck z. B. holte eine erbitterte Volksmenge den verhaßten Sichcr- heitsdirektor Hickel aus ieinem Amtshaus und erschlug ihn auf offener Straße. AuS Steyr in Oberösterreich kamen Meldungen, daß Kampfhandlungen im Gange seien. Aus Wien gingen Mitteilungen über Zusammen­rottungen der Bevölkerung in den Außen­bezirken ein.

Nach dem Tode des Bundeskanzlers Doll­fuß trat die Besatzung des Bundeskanzler­amtes mit den Mitgliedern des früheren Ka­binetts Dollfuß in Unterhandlungen. Beide

oder vielleicht auch Nationalsozialisten Besitz ssrgriffen haben und nicht die Heimwehr, wie zuerst gemeldet worden war. Jedenfalls sollen pie Eindringlinge den Sprecher mit vorgehal­tenem Revolver gezwungen haben, die Ver­lautbarung abzugeben, daß die Regierung Dollfuß demissioniert und Rintelen das Kanz­leramt übernommen habe. Bei dem Kampf uin die Ravag sollen bisher ein Toter auf seiten der Polizei sowie fünf Verletzte zu verzeichnen sein. Die Feststellung der tatsächlichen Vor­gänge wird dadurch erschwert, daß

von keiner maßgebenden Stelle nähere Auskunft zu erhalten

Parteien wandten sich an den deutschen Ge­sandte» in Wien mit der Bitte um Vermitt­lung. Es kam zu der Abmachung, daß das Bundeskanzleramt wieder sreigcgeben, die Gesangengesetztcn sreigelassen und dafür der Besatzung freies Geleit an die Grenze -«ge­sichert wurde.

Am späten Abend sprachen dann der wie­der freigelassene Minister Fey, der Staats­sekretär Karwinsky und Minister Schuschnigg im Wiener Sender, in dem sie in ihren Reden den Tod des Bundeskanzlers Dr. Dollfuß bestätigten. Weder über die Frage der Neubildung des österreichischen Kabinetts noch über die Situation in der österreichi­schen Provinz liegen weitere Nachrichten vor. Durch die Entsetzung des Bundeskanzleramts scheint die Aktion, soweit sie im Wiener Re­gierungsviertel vor sich gegangen ist, zum Abschluß gekommen zu sein.

Über die weitere Entwicklung der Gesamt­situation in Österreich lassen die vorliegenden Meldungen keine Vorhersage zu.

Sperrung der deutschen Grenze

Amtlich wird aus Berlin mitgeteilt:

Die deutsche Reichsregiernng hat bei Be- kanutwerden der Unruhen in Österreich die deutschen Grenzen «ach dorthin gesperrt, nm z» verhindern, daß Reichsdeutsche oder in Deutschland weilende österreichische Flücht­linge die Grenze überschreiten, um während der Unruhen dorthin znrückzukchreu.

Die deutsche Negierung kündigt die Verhaftung der Aufständischen an

Aus Darstellungen des Wiener Rundfunks bezw. amtlicher österreichischer Nachrichten­stellen geht hervor, - zwischen den öster­reichischen Aufständischen und österreichischen Regierungsstelle» Abmachungen getroffen worden sind, für einen freie» Abzug der Auf­ständische» nach Deutschland. Diese Abmachun­gen sind für das Deutsche Reich belanglos «nd behalten für die deutsche Reichsregierung keinerlei rechtliche Verbindlichkeit. Die deut­sche Reichsregiernng hat daher den Befehl ge­geben, die Aufständische« im Falle einer Überschreitung -er deutschen Grenze sofort zn verhaften.

Der deutsche Gesandte in Wien abberufen

Der -entsche Gesandte in Wie«, Rieth, hat ans Anforderung österreichischer Regie­rungsstellen bezw. der österreichische« Ans­ständischen sich bereitfinden lasse«, einer zwi­schen diesen beide« getroffene« Einigung be­züglich freien Geleites «nd Abzuges der Auf­ständischen «ach Deutschland ohne Rückfrage bei der dentsche« Reichsregiernng feine Zu­stimmung zu geben. Er wurde daraufhin so­fort von feinem Posten abberufe«.

Deutsches Beileid für Dollfuß

Reichsaußenminister Freiherr von Neu­rath hat der österreichischen Bundesregierung zum Tode des Bundeskanzlers Dollfuß tele­graphisch das Beileid der Reichs­regierung übermittelt.

Der Reichskanzler Adolf Hitler wird mit Rücksicht auf die traurigen Vorgänge in Oesterreich von einem weiteren Besuch der noch ausstehendcn drei Aufführungen der Bayreuthcr Festspiele absehen.

ist. Zur gleichen Zeit meldet Reuter aus Wien, daß die Führung der Heimwehr die Mobi­lisierung der Heimwehr ange­ordnet hat.

Der Platz vor dem Bunde kanzleramt ist in weitem Umkreis abgesperrt. Hingegen ist vor dem Gebäude der Ravag ununterbrochenes Rattern der Maschinengewehre zu hören. Von dem Gebäude des Finanzministeriums, das der Ravag gegenüberliegt, wird mit Maschinenge­wehren und Gewehren auf die Ravag geschos­sen. Zwischendurch hört man das dumpfe Auf­schlagen der Handgranaten. Noch immer weiß man nicht, welche politische Gruppe eigentlich in die Ravag eingedrungen ist. Die Sendun­gen der Ravag sind wieder ausgenommen wor­

den und scheinen über eine Reservestation am Rosenhügel geleitet zu werden.

Amtlich wird ausgegeben:Die Ravag hat die Sendungen wieder ausgenommen. Die vor Abbruch der Sendung ausgegebene Meldung über den Rücktritt der Regierung und die Uebernahme der Geschäfte des Bundeskanzlers durch Dr. Rintelen ist unrichtig. Eine kleine Gruppe von Terroristen hat sich der Ravag be­mächtigt, und diese unwahren Meldungen aus- gegeben. In ganz Oesterreich ist ausnahmslos Ruhe und Ordnung."

Der Kampf um die Ravag ist erst nach einer Dauer von drei Stunden beendet wor­den. Ein Polizeibeamter ist tot, mehrere wurden verletzt. Ebenso find unter dem Personal der Ravag-Nn- gestellten Verletzte zu verzeichnen. Einige junge Leute sind blutüberströmt aus dem Gebäude der Navag herausgebracht und in Autos verladen worden.

18 Uhr: Ausdehnung auf die Provinz

Eine gegen 18 Uhr ausgegebene Zusam­menstellung der bisher aus Oesterreich ge­meldeten amtlichen und Privaten Meldungen ergibt folgendes Bild der Lage:

Kurz nach 13 Uhr fuhren vor dem Ge­bäude der Ravag, der Oesterreichischen Sendegesellschast in der Johannisgasse in Wien ein Trupp Bewaffneter in Bundes­heer-Uniform vor und besetzte das Gebäude.

vnockeskaorler llr. OnIIkuki (links) mul 8Ieker- keltsinlnlster (reckt»)

Oie beickeiiDiktatoren" Oesterreieks, gegen sie sick cker Volkssturw ricktet.

Einer der Teilnehmer an dieser Unterneh- mung gab eine Rundfunkmeldung des Im Halts durch, daß die Negierung Dollfuß zu­rückgetreten sei. Unmittelbar danach wurden die Sendungen unterbrochen.

Zur gleichen Zeit besetzte eine mit Bundesheer stark untermischte Truppe das Bundeskanzleramt, schloß die Tore und sicherte das Gebäude durch Aufstellen von Maschinengewehren.

In dem Gebäude selbst befanden sich zur Zeit des Ueberfalls nach sicheren Meldungen Bundeskanzler Dr. Doll­fuß, Bundesminister Fey, der Staats­sekretär für das Sicherheitswesen, Hof­rat Karwinsky, die von den Auf. ständischen gefangen genommen wur­den.

Um das Gebäude der Navag entspann sich ein Kampf, der nach dreistündiger Tauer mit der Kapitulation und Gefangennahme der Aufständischen endigte.

Das Bundeskanzleramt selbst, ebenso der Bundeskanzler und die beiden genanweu Minister, befinden sich nach wie vor in den Händen der Aufständischen. Ueber das Schicksal der übrigen Regierungsmitalicder ist zur Stunde noch nichts zu erfahrend

In den Vororten Wiens, ebenso wie in verschiedenen Teilen der Provinz, sollen sich starke Ansammlungen regierungsfeindlicher Massen zusam­menziehen.

Ueber die Hintergründe des Aufstands ver­lautet bis jetzt, daß in der Bevölkerung eine unerhörte Erregung darüber entstanden sei, daß die vordaS Standgericht gebrachten Nat-o- nalsorialist-n in geradezu mit-