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Nr. 269
Verlag der Schwarzwald.Wacht G. m. d. H. Tal«. Beramwortllch» «chriftlellung: Friedrich Han« Scherl,, für de» Anzeigen»!!: Georg Wurster, «reidlriier. «eichaflSstcllr Calw «Al»« Postamt,. Fernsvrrcher 251. Schluß der Anzeigenannahme 0 Uhr vormittag«. Druck: A. Oelschläger'sche Buchdruckerei Calw.
Freitag, 17. November 1933
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1. Jahrgang
Die deutsch-polnische Verständigung
Lösung der Ostfragen unter Verzicht auf jede Gewaltanwendung Die Rückwirkungen der deutschen Verständigungsbereitschaft
TU. Warschau, 17. Nov. Außenminister Veck hat gestern zu der Unterredung zwischen Reichskanzler Hitler und dem Polnischen Gesandten in Berlin eine Erklärung abgegeben, in der er mit Nachdruck zum Ausdruck bringt, daß er großen Wert auf die Erklärung des Reichskanzlers im Gespräch mit dem Polnischen Gesandte» lege. Da der Gesandte Lipski über die Haltung der polnischen Negierung genau unterrichtet sei, sei die Besprechung als vollwertig und maßgeblich auzusehen. Der größte Wert der Unterredung liege seiner Meinung nach in der Tatsache, daß die Bevölkerungen Deutschlands und Polens darüber aufgeklärt worden seien, daß die beiden Regierungen ansmerksam und entschlossen bestrebt seien, beide Nationen vor jedem Angriff zu sichern und zu bewahren.
Zn dem Besuch des polnischen Gesandten beim Reichskanzler wird in Berlin darauf hingcwicsen, daß bereits vor zwei Monaten der damalige polnische Gesandte den deutschen Reichskanzler aufsuchte und daß bereits damals vereinbart wurde, alle Anstrengungen zu machen, um die deutsch-polnischen Beziehungen in ein normales Gleis zu bringen. Es handelt sich also jetzt um den zweiten Akt dieser Verhandlungen. Es ist erfreulich, daß bereits ein gewisses greifbares Ergebnis erzielt worden ist. Bemerkenswert ist, daß die Verhandlungen ans freier Initiative der Polen entstanden sind,' daß die französische Presse mit ihren gegenteiligen Angaben also nicht das Richtige trifft. Wenn die französische Presse an diese Verhandlungen einige Bemerkungen anknnpft, die dazu bestimmt zu sein scheinen, eine weniger freundliche Stimmung zu schaffen, so ist dazu zu sagen, daß Frankreich sich ein Vorbild daran nehmen könnte» wie man international in direkte Verhandlungen eintritt, ohne erst viele Voraussetzungen und Vorbehalte siir Verhandlungen zu machen und schließlich vor lautcr Bedenklichkeiten überhaupt nicht zum Verhandeln zn kommen. Es können jetzt auf Grund der Besprechungen mit Polen vor allem zunächst die Minderheitenfragen, die verschiedenen oberschlcsischen Probleme und die wirtschaftlichen Fragen behandelt werden.
Am Donnerstagvormittag wurde das deutsch-polnische Zollprovisorium, das am 15. November erloschen ist, neuerdings bis zum 3«. November verlängert. Der deutsche Gesandte in Warschau v. Moltkc wurde von Handclsminister Zarzyski zu einer längeren Besprechung empfangen. Die Unterhaltung stand mit der Fortsetzung der seit mehreren Tagen unterbrochenen deutsch-polnischen Wirtschaftsverhandlungen im Zusammenhang.
Befriedigung in Polen
In Warschauer politischen Kreisen wird die Erklärung des Reichskanzlers Hitler dem polnischen Gesandten gegenüber als ein wichtiger Schritt auf dem Wege zum Beginn günstiger Beziehungen beurteilt. In einem
Genf hofft auf Verhandlungen
— Gens, 17. Nov. Zur Zeit ist ein vollständiger Stillstand der Besprechungen um die Abrüstungskonferenz ein- getretcn. In Kreisen der britischen und italienischen Abordnung würde man Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich lebhaft begrüßen. Sollten diese in absehbarer Zeit nicht zustande kommen, so glaubt man,daß der britische Premierminister MacDonald die Initiative z« Besprechungen zwischen Großbritannien, Frankreich und Italien ergreifen wird, z« Lenen später auch Deutschland hiuzuge- zogen würde. Sowohl Italien als auch Großbritannien seien bereit, Deutschland in Zukunft bezüglich seiner Forderungen «ach Gleichberechtigung aus dem Rüstnngsgebiet entgcgen- znkommcn.
Die ultimative Forderung Henbersons hat nnnmehr den Erfolg, Latz der englische Außenminister Simon sich heute «ach Paris begibt «nd von dort, gemeinsam mit Pa«l Bonco « r, nach Gens reist, wo sich auch der Hauptvertreter Italiens einsinden wird. Die tote Zeit iu Genf dürste damit vorüber sei».
'Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß Sir John Simon rrllleicht im Sinne der Macdonald'schen Gedankengänge in Genf den Vorschlag für eineViermächtezusammen- kunft machen wird. Man glaubt aber in London, daß er mit einem solchen Vorschlag erst Sann kommen wird, wenn der Gang der Besprechungen in Genf ihn als angebracht und gerechtfertigt erscheinen lasse.
Großbritannien will vermitteln
Wie „Reuter" aus London meldet, hat das britische Kabinett als nächstes Ziel der Abrüstungsverhandlungcn und als Voraussetzung für ein allgemeines Abkommen die Annäherung der Standpunkte Deutschlands und Frankreichs bezeichnet. Man hält es für zweckmäßiger, einstweilen ans Genf z« verzichten «nd die Abrüftungssrage in direkte« Vorbespre chungen zwischen den einzelnen Nationen, insbe-
Kommentar weist das maßgebendste Regierungsblatt, „Ga - zeta Polska", darauf hin, daß der Verzicht auf den Angriff zwischen Nachbarn stets ein Akt von großer Bedeutung sei. Man könne seststcllen, daß eine der Hanptlücken von Locarno nn» beseitigt worden sei. Die Bedeutung des Aktes vom 16. November stehe für den Weltfrieden außer Zweifel.
Erbitterung in Paris
Die deutsch-polnische Gcwaltverzichterklärnng, die am Mittwoch amtlich bekanntgegcben wurde, hat tn Paris sehr überrascht. In diese Ueberraschung mischt sich eine unverkennbare Erbitterung, die klar aus den Versuchen der Presse hervorgcht, die Tragweite der deutsch-polnischen Erklärung zu schmälern und Zweifel in die Aufrichtigkeit der Rcichsregierung zu setzen. In Kreisen, die der Negierung nahestchen, wird betont, daß der Oai d'Orsay über die polnisch-deutschen Verhandlungen ständig auf dem Laufenden gehalten worden sei, so daß im Gegensatz zu anders lautenden Meldungen, die Nachrichten -über die zwischen Warschau und Berlin zustande gekommene Einigung von zuständiger Stelle ohne Ueberraschung und ohne irgendwelchen Unwillen s?) aufgenommenen worden seien. In politischen Pariser Kreise« vermag man sich der Einsicht nicht zn entziehen, daß der deutsch-polnische Schritt logischer- weise einen der hauptsächlichsten Einwände Frankreichs gegen eine Verständigung zwischen Paris «nd Berlin hinfällig macht.
Eine wirkliche Friedensbewcgnug — sagt London
Die deutsch-polnischen Abmachungen, die gegenseitigen Streitigkeiten in Zukunft auf dem Verhandlungswege zu regeln und nicht zur Gewalt zu greifen, findet in London starke Beachtung. Die Presse gibt sie vorläufig ohne Kommentare wieder. Die Ueberschrift des „Star" lautet: „Eine wirkliche Friedensbewegung". Wenn nicht alle Anzeichen tänschen, so heißt es in der Neuttermclüung, dann bedeutet diese Abmachung einen äußerst wichtigen Schritt zu einem stabilen Frieden in Enropa". Der erprobte Mitarbeiter der „Morningpost" meint, Polen könne vielleicht zu einer Aufgabe des Korridors bewogen werden, wenn man ihm dafür Freihäfen in Danzig und Gdingen oder Litauen, sowie Eisenbahndurchgangsmöglichkeitcn durch Ostpreußen und eine Jnternationalisierung der Weichsel zugestchcn würbe.
Der Eindruck in Moskau
Die Aussprache zwischen Reichskanzler Hitler und dem neuen polnischen Gesandten Lipski hat in Moskau großen Eindruck gemacht. Man erklärt, daß die Unterredung als Fortsetzung der seinerzeitigen Aussprache zwischen Hitler und dem polnischen Gesandten Wysocki bezeichnet werden müsse. Die Anssprache habe wiederum hauptsächlich dem Ausgleich der politischen Schicrigkeiten zwischen den beiden Ländern gedient.
sondere zwischen Deutschland und Frankreich, zu erörtern. London wird als geeigneter Ort für eine solche Zusammenkunft bezeichnet, da Genf als Zusammenkunftsort aller Nationen so länge nicht in Frage komme, als die Frage der Deutschland versprochenen Gleichberechtigung nicht vollkommen geklärt sei.
Die britische Regierung hat inzwischen Fühlung mit den Regierungen Frankreichs, Italiens und der Vereinigten Staaten genommen,- man glaubt, daß auch mit der deutschen Negierung Besprechungen eingelcitet worden seien, um Deutschland womöglich wieder zur Abrüstungskonferenz und zum Völkerbund zurückzubringen.
Politische Vrunnenvergiftung
Eine gemeine Lügenmeldung des „Petit Parisien"
TU. Berlin, 17. Nov. Amtlich wird mitgeteilt: Der „Petit Parisien" veröffentlicht eine angebliche Instruktion über die deutschen außenpolitischen Ziele, die an alle Auslandsvertretungen von einer hiesigen Propagandastelle gegangen sein soll. Diese angeblichen Instruktionen tragen so offensichtlich den Stempel freier Erfindung, daß ein Dementi, wie cs hiermit in aller Form und in jeder Richtung gegeben wird, für einen einigermaßen kritischen Leser kaum erforderlich erscheint. Das Blatt ist offenbar auch selbst seiner Sensationsmeldung nicht ganz sicher, da es seine Leser auf ein zu erwartendes Dementi schon vorbereitet.
Es ist im übrigen zu bedauern, daß gerade angesichts der Entwicklung der letzten Tage ei« weitverbreitetes sranzö- stsches Blatt sich z« einer solchen Brnnnenvergiftnng -ergibt.
Amerikanisch-russische Einigung
TU. Washington, 17. Nov. Präsident Roosevelt «nd Anßenkommiffar Litwinow erzielte« gestern abend ein Uebereinkommen, das nnnmehr alle strittigen Frage« umfaßt. Die beiderseitige« Abordnungen arbeiten znr Zeit
Tages-Spiegel
Auf Veranlassung -es Reichs«« nistcrs für Ernährung und Landwirtschaft Darre sind aus den Mitteln des Arbeits- beschasfungSprogramms zehn Millionen ^2-« für die Zwecke der landwirtschaftlichen Kleinsiedlung bercitgcstellt worden.
Im Reichsarbeitsministerinm fand eine Reichskonserenz mit den Vertretern der Wohnnngsministerien der Länder statt» in welcher die Frage der Altstadtsaniernng besprochen wurde.
Die Reichsregierung hat veranlaßt, daß die nnter Tage beschäftigten Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus von Spenden für das Winterhiifswerk befreit werden.
In Hamburg sind löll SchutzhLstlinge mit Rücksicht ans die Volksabstimmung entlasten worden.
Die Landesleitnng der NSDAP des Saargebiets hat an den Reichskanzler nach der Ernennung v. Paxcns zum Saarbevollmächtigten ein Danktclegramm gesandt.
In Wien wurde» abermals IS Nationalsozialisten ausgebürgert.
Der Besuch des polnischen Gesandten bei Reichskanzler Hitler hat besonders in Frankreich großes Aufsehen und Verbitterung hervorgerufen.
I« Palästina ist eine Grenzsperre gegen unerlaubte jüdische Einwanderung errichtet worden.
Das Washingtoner Schatzamt hat den Antrag der amerikanischen Stahlindustrie» deutsche, französische und saarländische Stahlwarcn wegen der Dumping-Gefahr mit einem Zusatzzoll z» belegen, abgelehut.
Der amerikanische Stratosphärenslieger Scttle will heute vom Flughafen Acron ans zum Stratssphärenslug auf- steigcn.
eine« Vertragsentwurf aus, der voraussichtlich von beiden Seiten gebilligt werden wird.
In Washingtoner Kreisen verlautet, baß Präsident Noose- velt und Außcnkommissar Litwinow in allen zur Verhandlung stehenden Hauptfragen außer in der Schuldensrage ein Kompromiß erzielt haben. Offizielle Kreise hoffen, daß auch Sie Schuldenfrage innerhalb der nächsten 24 Stunden geregelt wird. Die de-jure-Anerkcnnnng Sowjetrußlands durch die Vereinigten Staaten wird voraussichtlich unmittelbar nach der Regelung der Schuldenfragc erfolgen.
Bau von 115 Schnelltriebwagen
Großzügiges Fahrzeugüeschassungsprogramm der Reichsbahn
TU. Berlin» 17. Nov. Die Deutsche Reichsbahngesellschaft hat soeben ein großzügiges Fahrzcngbcschaffungsprogramm fcrtiggcstellt. Es sollen bis etwa August 1934 116 schwere und leichte Schnelltricbwagen gebaut und in Dienst gestellt werden. Der weitaus größte Teil dieser Fahrzeugbauten entfällt auf leichtere Schnelltricbwagen für Nebenbahnen mit Höchstgeschwindigkeiten von IVO bis 110 Kilometer. Daneben wird aber auch eine ganze Reihe modernster schwerer Schnelltriebwagen in Arbeit gegeben.
Reichsbaudarlehen für Eigenheime
^ Berlin, 17. Nov. Vaulustige, die über ein Baukapital von 39 v. H. des Bau- und Bodenwertes verfügen, können vom Reiche für den Eigenheimüau Darlehen zu günstigen Bedingungen erhalten. Sofern der Beiverber bereits eine schuldenfreie Parzelle besitzt, wird der Wert dieses Grundstückes auf das Eigenkapital angerechnet. Anträge auf Reichsbaudarlehen, die zu günstigen Bedingungen gewährt werden und als erste oder zweite Hypothek einzutragen sind, müssen an die von den Ländern bestimmten Siellcn gerichtet werden sGemeindevorsteher, Landratsämter). Um die Bautätigkeit auch im Winter möglichst ausrechtzuerhalten, hat der Reichsarbeitsminister in einem Nunderlaß die beschleunigte Bearbeitung dieser Anträge und eine großzügige Auslegung der Bestimmungen angeordnct.
Weniger Feste!
Die Reichspropagandastelle Württ.-Hohenzollern teilt mit: Es ist in der letzten Zeit üblich geworden, angeregt durch den „Tag der nationalen Arbeit", irgend welche Feste zu feiern und sie mit der Bezeichnung: „Tag des Radfahrers", des „Jägers" n. dgl. zu versehen. Das Volk wünscht derartige Dinge nicht und versteht sie nicht. Es wird deshalb de» Vereine» nahcgelegt, von der Veranstaltung derartiger Feste nnd feierlichen Tage abznsehen. Vereinen und Personen ist «aheznlegen, die für solche Feste vorgesehenen Gelder für das Winterhilfswerk und andere wohltätige Einrichtungen abzugeben.
Sogenannte Wohltätigkeitsveranstaltungen, deren Ueber» schuß an das Winterhilfswerk abgesührt wird, entspreche« in gar keiner Weise der Würde des Winterhilfswerks, zumal bei derartigen glanzvolle» Festen meistens nichts übrig bleibt. Veranstaltungen in dieser Weise haben nur einen Wert, wenn von vornherein ein angemcffeuer Betrag der Bruttoeinnahme für das Winterhilkswerk festgclegt rvird^