4

8 v-

Hilfsmaßnahmen für die Stadtgemeinde Wildberg.

Die Beteiligung der Stadtgemeinde Wildberg am Ausbau desSchlosses" zu einem Sana­torium hat sich nun ins Gegenteil dessen umgekehrt, was bei der Veräußerung im Dezember 1926 erhofft werden konnte. Die Stadtgemeinde ist seit April 1928 wieder Eigentümerin ihres Schlosses und hat das Sanatorium in Eigenbetrieb übernommen. Der Eemeinderat mußte aber jetzt, um die unhaltbare, traurige Finanzlage der Stadtgemeinde vor einem Zusammenbruch zu retten, an Staat und Amtskörperschaft wegen Gewährung niederverzinslicher Darlehen heran­treten. Die Eesamtschuldenlast beträgt z. Zt. 642 000 R.M.

In einer am 23. Juni 1928 abgehaltenen Besprechung zwischen Vertretern der Stadt­gemeinde Wildberg, der Amtskörperschaft Nagold, des Innen- und des Finanzministeriums so­wie anderer Behörden ist unter Vorbehalt der Zustimmung durch die zuständigen Körperschaften der Weg festgelegt worden, wie die Stadtgemeinde vor dem Aeußersten bewahrt werden könne. Danach gewährt das Finanzministerium der Stadtgemeinde Wildberg ein Darlehen bis zu 200 000 R.M. auf 3 Jahre, vorläufig verzinslich zu jährlich 4V- v. H. unter der Voraussetzung, daß die Amtskörperschaft Nagold ein weiteres Darlehen in Höhe der Hälfte der staatlichen Zu­wendung, also 100 000 R.M., zur Verfügung stellt und daß hiefür keine günstigeren Bedingungen verlangt oder vereinbart werden dürfen, als sie für das Darlehen des Staats gelten. Die Dar­lehen werden auf dem Wildberger Eemeindewald sowie auf dem Sanatorium dinglich sicher­gestellt.

Der Bezirksrat hat dieser Notstandsmaßnahme nach eingehender Aussprache am 27. Juni 1928 tz 1 schließlich zugestimmt und mit Rücksicht auf die Dringlichkeit genehmigt, daß 50 000 R.M. sofort ausbezahlt und durch Geldentnahme bei der Oberamtssparkasse Nagold zu 9"/« Jahreszins beschafft werden. Der Finanzausschuß des Landtags hat den Vorschlag der beteiligten Ministerien am 5. Juli 1928 genehmigt. Das staatliche Darlehen mit 200 000 R.M. ist inzwischen der Stadt­gemeinde Wildberg ganz ausbezahlt worden.

Der Vorsitzende trägt die Entwicklung dieser zu einer Bezirkssorge gewordenen Wildberger Finanzgebarung im einzelnen vor. Er beleuchtet auch den ein sehr kostspieliges Ereignis geblie­benen Wildberger Traum, die mißliche Finanzlage auf dem Umweg über das Schloß Hohen- buchau bei Wiesbaden zu retten. Schließlich weist er darauf hin, die Zustimmung zu den verein­barten Hilfsmaßnahmen sei für den Bezirksrat insofern erleichtert worden, als bei der erwähnten Besprechung in Stuttgart habe erreicht werden können, daß die Amtskörperschaft Nagold den Er­lös des im Stadtwald Wildberg alsbald vorzunebmenden außerordentlichen Holzhiebs mit 3000 Festmeter erhalte und so mit mindestens der Hälfte ihres Darlehens spätestens in 1 Jahr wieder abgedeckt sei.

An der Aussprache beteiligen sich außer dem Vorsitzenden die Abgeordneten Wagner-Spiel- berg, Rau-Wildberg, Maier-Nagold, Widmann-Eültlingen, auch gibt der gleichzeitig als Zuhörer anwesende neugewählte Ortsvorsteher von Wildberg, Stadtschultheiß Schmelzte, Auskunft über einige Fragen. Schultheiß Wagner, der sich nicht grundsätzlich gegen die Hilfsmaßnahme ein­stellen will, führt unter allgemeiner Zustimmung aus, daß der Druck, den die Regierung durch Hinweis auf die im Gesetz über die Verwaltung der Gemeinde Schloßberg der Amtskörperschaft Neresheim sr. Zt. auferlegte Verpflichtung glaube ausüben zu sollen, kein geeigneter Weg sei, aus die durchaus selbständige Amtsversammlung irgendwie Eindruck zu machen, und besser unter­blieben wäre; er weist insbesondere aber darauf hin, daß ein Vergleich Schloßberg-Wildberg inso­fern vollständig hinke, als jene Gemeinde von jeher arm gewesen, diese aber durch eigene Miß­wirtschaft in die jetzige traurige Lage hineingeraten sei; schließlich wirft er noch unter Hinweis darauf, daß doch nicht bloß der frühere Wildberger Ortsvorsteher für die verhängnisvollen Be­schlüsse verantwortlich sein könne, die Frage auf, ob und inwieweit andere Personen zur Ersatz- pslicht herangezogen werden können. Abg. Rau verteidigt in längerer Gegenrede die Ein­stellung des Eemeinderats Wildberg und gibt sich Mühe, diesen von der Beteiligung an den ver­hängnisvoll gewordenen Finanzmaßnahmen reinzuwaschen; er macht daraus aufmerksam, d'Argent habe die Stadtgemeinde oft ohne Verständigung des Gemeinderats finanziell verpflichtet, ja sogar sich oft über Gemeinderatsbeschlüsse hinweggesetzt, dazu auf Anfragen aus der Mitte des Ee­meinderats mit Ausflüchten geantwortet, die erst spät als solche erkannt worden seien, insbes. habe er den Hohenbuchauer Spekulationsgedanken, ohne den das Sanatorium Wildberg mit 360 000 R.M. Schulden hätte gehalten werden können, letzten Endes, d. h. als er den energischen Widerstand des Gemeinderats erfahren habe, auf seine eigene Kappe genommen; für solche Eigenmächtigkeiten könne doch der Gemeinderat nicht verantwortlich gemacht werden. Rau's Bemerkung, die Belastung der Amtskörperschaft durch den Zinsunterschied für 100 000 R.M. sei nicht unbillig, wenn man sich daran erinnere, daß ja die Amtsversammlung vor Jahren die Er­stellung je eines Bezirkskrankenhauses in Altensteig, Haiterbach und Wildberg beschlossen und zu­dem der Stadtgemeinde Altensteig vor nicht zu langer Zeit einen Beitrag zur Erstellung eines städtischen Krankenhauses in Aussicht gestellt habe, wird vom Vorsitzenden unter Hinweis auf die unumstößliche Tatsache, daß ein Sanatorium niemal-- mit einem Krankenhaus verglichen wer­den könne, als vollständig abwegig zurückgewiesen. Aus weiteren Bemerkungen des Abg. Rau und des Stadtschultheißen Schmelzte geht hervor, daß gegen d'Argent und Reinöhl Anzeige wegen Unterschlagung, Betrug usw. erstattet worden ist, daß beide schon verhaftet, aber wieder freigelassen worden sind, daß die Staatsanwaltschaft ihr Verfahren noch nicht abgeschlossen hat, daß aber ein strafrechtliches Ergebnis infolge geschickter Machenschaften der beiden Hauptbetei- ügten sehr fraglich ist. Stadtschultheiß Maier teilt u. a. noch einiges aus der eingangs er­wähnten Besprechung zwischen den beteiligten Behörden und Körperschaften mit, weist auch darauf hin, daß man Wildberg nun (so schwer es auch sei) eben helfen müsse und es nicht darauf ankommen lassen dürfe, ob und inwieweit die Amtskörperschaft vielleicht durch ein Gesetz ver­pflichtet werde. Schultheiß Widmann gibt seiner Ansicht über die sehr bedauerliche Tatsache