Die Sicherheitsfrage in Genf

Aussprache über dieNichtgewaltanweudung"

Gens» 16. Febr. Im politischen Ausschuß der Abrü­stungskonferenz wurde die sicherhcitspolitische Lage bespro­chen. Zur Debatte stand der englische Vorschlag einer feierlichen Verpflichtung aller europäischen Staaten, bah sie unter keinen Umständen zur Gewalt schreiten werden, und einen gegenwärtigen oder zukünftigen Streit, der sie entzweien könnte, friedlich zu regeln. In der Aus­sprache spielte besonders der Zusammenhang zwischen einer solchen Erklärung und dem Briand-Kellogg-Pakt, dem sog. LriegsächtungSpakt, eine Nolle.

Der englische Vertreter sagte, die englische Negierung habe mit Absicht den AnsdruckN i ch t g e w a l t a n w e n - düng" gewählt, um von vornherein allen späteren Nus- legungSknnststücken und Kontroversen, die über bas Wort »Krieg" entstehen könnten, vorzubeugen. Der russische Außen­minister Litivtnosf beantragte die Ausdehnung der Ver­pflichtung auch auf die außereuropäischen Staaten. Der Ver­treter Italiens, General Cavallaro, erklärte sich mit der englischen Initiative einverstanden.

Botschafter Nadolny stimmte der englischen Initiative uneingeschränkt zu. Es würde, so sagte er, sicher einen wichtigen Schritt vorwärts bedeuten, wenn sich die Negierungen feierlich verpflichten, auf sede Gewaltanwen­dung zur Regelung ihrer Streitigkeiten zu verzichten. Die Ausdehnung der Verpflichtung auch auf die außereuropäi­schen Staaten könne für spätere Zeit in Aussicht genommen werden. Es sei im Interesse des Arbeltsprogramms möglich, diese Frage so lange z u r tt ckz u st e l l en, bis die stcher- hcitspolitischen Fragen, die die europäischen Staaten an- gchen, erörtert würden. Es würde sicher von allen Konfe­renzteilnehmern begrüßt werden, wenn die außereuropäi­schen Staaten sich einer solchen Erklärung anschließen wür­ben. Mit dem englischen Vertreter sei er der Meinung, daß diese Verpflichtung gleichzeitig mit der Abrüstungskonferenz abgeschlossen' werde.

Paul-Boncour erklärte, baß er sich dem britischen Vorschlag anschlicßt, betonte jedoch, daß eine solche feierliche Erklärung in keiner Weise an die Stelle des von Frankreich vorgeschlagenen europäischen SicherheitSpaktcs treten könne. Zu dem englischen Vorschläge sind mehrere Ergänzungs­anträge gestellt worden. Sie wurden einem Nedaktions- komitee überwiesen.

Am Vormittag war der Sonderausschuß für die Vor­bereitung der allgemeinen Verhandlungen über die Heeres­fragen unter dem Vorsitz von Politis zusammentreten. Bot­schafter Nadolny. Paul-Boncour und Eden nahmen an der Sitzung teil. Der Sonderausschuß beschloß, dem Hauptans- schuß die sofortige Eröffnung der Verhandlungen über die Vereinheitlichung der europäischen Armeen und Umgestal­tung der Armeen in Heere mit kurzer Dienstpflicht und geringen ziffernmäßigen Beständen, entsprechend dem fran­zösischen Plan vorzuschlagen. Aus französischer Sette will man die Reichswehr beseitigen und an deren Stelle ein für alle Staaten bindende? Milizsystem setzen.

Aus deutscher Seite wird der Standpunkt vertreten, daß die gegenwärtige Heeresiorm Deutschland im Versailler Ver­trag ausgezwungen ist. und daß für Deutschland nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung in Zukunft die gleiche Regelung des Heeressystems zu gelten habe, wie sür die übrigen Mächte.

Völkerbund im Völkerbund

^ Berlin, 16. Febr. Die Außenminister des Kleinen Ver­bands lTichechoslowakci, Siidslawien und Rumänien) haben in einer Beratung in Gens ein Abkommen beschlossen, das sich als den Versuch barstellt, gegenüber den Bestrebungen auf Abänderung der Friedensverträge den für Europa un­möglichen französischen Konstruktivplan aus Osteuropa zu übertragen. Der Kleine Verband mit seinen politisch­militärischen Bündnissen soll in einen Staatenbund mit ständigem Nat und ständigem Sekretariat in Genf umge- staltet werden, der sich als ein Völkerbund im kl et- neu barstellt mit genau denselben Zielen, die Frankreich im großen und in wechselnder Taktik mit seiner Völkerbunds­politik, seinen europäischen Föderationsplänen und schließ­lich mit dem Konstruktivplan verfolgt hat. Der organisa­torische Rahmen ist nichts anderes, als ein neues In- strumenl in dem Kampf des Versailler Sy­stem» gegen die Aenderunasbestrebungen, denen besonders der tschechoslowakische Außenminister Benesch, der auch der Schöpfer der neuen Organisation ist und wahrscheinlich künftig als ihr Vertreter austreten wird, in letzter Zeit öffentlich den Kamps angesagt hat. Die Sicherung des fetzigen Stands, die unvevhüllt als Ziel des neuen Blocks hervortritt, beruht freilich bei den drei Be­teiligten auf einer viel größeren Gemeinsamkeit der Inter­essen als seine zweite Aufgabe, die wirtschaftliche Organi­sierung.

Englische und französische Kommentare heben hervor, baß der Zusammenschluß der Kleinen Entente sich gegen die Balkanpolittk Italien» richte. In italienischen Kreisen hat die neue Blockbildung des Kleinen Verbandes größtes Aufsehen erregt, da man übereinstimmend darin eine deut­liche. gegen die italienische Balkanpolitik gerichtete Orien­tierung sieht. Es wird in Genf allgemein angenommen, daß der neue Allianzvertrag auf starken diplomatischen Widerstand stoßen und weitgehende internationale Fol­gen in der Richtung eines engerenZusammenschlus- fes anderer Mächte nach sich ziehen wird.

Die Frauen wollen ln den Völkerbund. Der General­sekretär des Völkerbundes empfing eine Abordnung von Vertreterinnen sämtlicher großen internationalen Frauen­verbände. Sie forderten eine entsprechende Vertretung der Frauen im Völkerbundssekretariat und den Ausbau der Völkerbundstätigkeit auf den die Frauen besonders inter- essierenden Fragengebieten. Der Generalsekretär erwiderte, daß eine Berücksichtigung dieser Wünsche tm Nahmen der von der Völkerbundsveriammlung verlangten Sparmaßnah­men erfolgen werde.

Die deulsch-polnischen Beziehungen

TU. Warschau, 16. Febr. Der polnische Außenminister Beck sprach im Auswärtigen Ausschuß des Sejm über die polnische Außenpolitik. Er verwies auf die deutschen Revistonsbe st Hebungen und erklärte, es sei bisher noch niemand gelungen, de» Zustand Europas mit Worten zu ändern. Nachdem die englische Presse den Namen des Reichskanzlers mit diesen Bestrebungen in Zusammenhang gebracht hatte, sei es zu begrüben gewesen, daß die amtliche Lelcgraphen-Agentur dieser Stellungnahme der englischen Presseeine zulässige Form gegeben habe". Derartige Stel­lungnahmen müßten immer eine Rolle tu den unmittelbar deutsch-polnischen Beziehungen spielen. Das Verhältnis Polens zu Deutschland und zu den deutschen Angelegen­heiten werde genau dasselbe sein wie das Verhältnis Deutsch­lands zu Polen. Praktisch gesprochen, erklärte der Außen­minister, hänge in dieser Beziehung mehr von Berlin ab als von Warschau.

Italien und Frankreich

Gegen französische Lügeunachrichten

TU. Mailand» 16. Febr. Mussolinis BlattJl Popolo d'Jtalia" nimmt in einem aus Nom datierten Leitartikel noch einmal zu den französischen Behauptungen über einen i t a l i e n t s ch - d e u t j ch - u n g a r i s ch e n Ge- hetmvertrag in ungewöhnlicher Schärfe Stellung. Man habe in diesem unqualifizierbaren französischen Mystifika- tions- und Lügenversuch ein ausgesprochenes Attentat auf den Frieden vor sich. Wer eigentlich könne ange­sichts der Verbreitung solcher Stickgase, die bestimmt seien, die europäischen Völker in Verwirrung und Alarmzustand zu bringen, noch an die Aufrichtigkeit der französischen Friedensliebe und an dir Ernsthaftigkeit der Absichten, die französisch-italienischen Beziehungen zu bester», glauben?

Die Wahrheit sei die, daß Frankreich nicht abrüsten wolle und auch nicht abrüsten werde. Es werde keine einzige Flinte aufgeben. Aber um sich vor der Welt ein Alibi zu schassen, versteige es sich zu Phanta­stereien über Geheimbündniffe und Kriegsgefahren jenseits des Rheins und jenseits der Alpen. Der Artikel fährt wört­lich fort:

Wir kennen jetzt den, der den Frieden will und -en, der einen Krieg vorbereitet, um Europa zu beherrschen. Tie Verantwortlichkeit liegt jetzt fest. Kein Mensch bedroht Frankreich. Aber es ist Frankreich, bas mit seinen ins Un­ermeßliche angcwachfcnen Rüstungen, mit seinem Geist der Intrigen, mit seinem Ehrgeiz, mit seinem wilden, wenn auch nicht heiligen Egoismus, mit seiner ungeheuren uralten Ignoranz hinsichtlich der Bedürfnisse anderer Völker, mit seinen Bündnissen und mit seiner von der Kanonenfabrika­tion finanzierten Presse Europa und die Welt bedroht."

Kleine politische Nachrichten

Die Frage einer Notpolizci in Preußen nicht aktuell. Die LondonerTimes" hatte behauptet, daß der Neichskvmmissar für das preußische Innenministerium Anweisung für die Bewaffnung der SA. gegeben habe. Von zuständiger preußi­scher Stelle wird hierzu erklärt, daß von einer Bewaffnung der Verbände selbstverständlich keine Rebe sein könne. An sich sei es gesetzlich zulässig, bei ganz besonderen Notständen zur Hilfe und zur Unterstützung der Polizei eine Notpolizei zu bilden, die sich aus zuverlässigen Leuten zusammensetze. Diese Frage sei aber nicht aktuell.

Seine Reichspropagandastell-. In der Presse ist behaupt tet worden, die Neichsregierung beabsichtige, den national sozialistischen Abgeordneten Dr. Göbbels zum Leiter eine Reichspropagandastelle zu machen, der der Rundfunk unter stellt werden solle. Wie von zuständiger Stelle mitgeteih wird, ist die Schaffung einer solchen Stelle im Neichskabincli nicht besprochen worden.

Atlantikfahrtcn der KreuzerLeipzig" undEmden" Amtlich wird mitaeteilt:Die KreuzerLeipzig" undEm­den" werden Ende des Monats auf Befehl des Chefs der Marincleitung, Admiral Dr. h. c. Naeder, zur Durch­führung artilleristischer Erprobungen un Atlantik von W:i helmshaven auslausen. Die Rückkehr der beiden Schiffe h für Mitte März vorgesehen "

Dav'.ger Nationalsozialisten fordern Stückgliederung Da»> zigs an das Reich. Im Volkstag forderte der nationalsozia listische Fraktionsführer Greiser die Einreichung einei Schadcnsersatzklage der Danziger Negierung gegen Polen wegen der Schädigung des Danziger Hafens durch GS/nqe,, und erklärte, es müsse eine Kursänderung elntrcten au M breitester nationaler Grundlage mit dem Ziel der NückMede R rung Danzigs an das Deutsche Reich. Die Wirtschaft?- uni Zollunion mit Polen, die Danzig zu Grunde richte, müsst gelöst werden.

Auflösung der holländischen zweiten Kammer. Dir zweite holländische Kammer ist aufgelöst worden. Nach de» Niederlage, die die holländische Regierung in der ziv-eiien Kammer bet der Beratung eines Gesetzentwurfs über T;>ar> Maßnahmen auf dem Gebiet der Rechtspflege erlitten hatte war dieser Ausgang zu erwarten. Die Neuwahlen sind au> 26. April festgesetzt.

Die belgische Ncgteruug zurlickgctreten. Die belgische Re­gierung ist zurückgetreten. Die Kabinettskrise hat ihre Ur­sache in Meinungsverschiedenheiten wegen der Nichtigkeits­erklärung der Gemeindewahlen von Hastiere, einer Ge­meinde in der Provinz Namur. Der König hat das Ruch triktsgeiuch des Kabinett, abgelehnt. Die liberale Gruppe erklärte, daß sie bereit sei, eine Negierungsneubildung aus der Grundlage der früheren Negierung durchzusühren.

Sondersteuer sür Beamtengehälter in Frankreich. Der Finanzausschuß des Senats hat aus der Finanzvvrlage ein­stimmig den Artikel über die Krisensteuer abgelehnt. Als Ersatz für diesen Artikel hat der Ausschuß eine Steuer von S Prozent auf alle Vruttogehältcr der Beamten von über 7066 Franken im Jahre vorgeschlage». Die Abgeordneten­diäten und Sonderleistungen für die Beamten, mit Aus­nahme der Kinbcrznlage, sollen nm 16 Prozent herabgesetzt werden.

Eine Neinigungsaktion bei den russischen Genossenschaften. Auf Veranlassung der Negierung der Sowjetunion findet demnächst eine Neinigungsaktion bei den russischen Genossen­schaften statt, aus denen alle sowjetfeindlichen Elemente ent­fernt werden sollen. Man rechnet in der gesamten Sowjet­union mit 166 666 Entlassungen. Die Maßnahmen sollen anfangs Marz in Angriff genommen werden.

Erste Kampfhandlungen zwischen Kolumbien und Peru. Der Oberbefehlshaber der kolumbischen Streitkräste stellte, wie in Bogota amtlich mitgcteilt wird, am Mittwoch ein Ultimatum an die peruanischen Truppen in Tarapaca, Bon einem kolumbianischen Truppendampser wurden unter Artillericdeckung 866 Mann in der Nähe von Tarapaca an Land gesetzt. Sie gerieten in ein erbittertes Gefecht mit veru> «irischen Streitkräften, bet denen es auf beiden Seiten schwere Verluste gab.

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Von der Schwäbischen Türkei

Von Richard Busch-Zantner.

In dem weiten Flachland zwischen Donau, Dran und dem Plattensee, also um Fünskirchen herum, stehen Orient und deutsches Bauerntum wenigstens dem Namen nach dicht nebeneinander. Tie Tolnau und die Baranya sind die großen Ebenen, die heule das Siedlungsfcld dertürkischen Schwaben" bilden. Tie Schwäbische Türkei hm auch Berge, das Mccsek- Gcbirge. Aber da seine Gipfel nur die Höhe von 500 Meiern erreichen, ist der Eindruck deS Flachlandes auch hier über­wiegend.

Türkei" heißt dieser urdeutsche Volksboden darum, weil feit dem 16. Jahrhundert das ganze Südnngarn ja türkisch geworden war. Dir schöne alte Stadt Fünskirchen, in der anfangs säst nur deutsche (sächsische) Bergleute hausten und die schon seit 1367 eine nicht zum wenigsten deutsche Universität besaß, wurde anno 1526 von den Osmanen erobert und ver­wandelte sich unter deren Herrschaft langsam in ein morgen­ländisches Nest. Als 1686 Fünskirchen wieder frei wurde, blieben ihm bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Ueberblcibsel aus der Türkenzcit. Etliche Moscheen mit ihren MinarrtS riß man nicht ab, sondern Pflegte sie aus Pietät. Solcherart haben sich denn auch anderwärts in der Gegend da und dort mitten unter den deutschen Dörfern hin und wieder Neste au- der Zeit der Mohammcdanerherrschaft verborgen gehalten, die dann Pate stehen mußten für den sonst wohl nicht gerade naheliegenden NamenSchwäbische Türkei".

Als Ende des 17. Jahrhunderts die Kaiserlichen Truppen das Land von den Türken befreiten, bekamen eS meistenteils die Feldherrn als Lehen. Es war wenig fruchtbarer, trostlos verkommener Sumpf, Oedland im gediegensten Sinne des Wortes.

Und um hier nun den ersten Schritt zur Kultivierung zu tun, holten sich diese Grafen und Barone von Deutschland den Ueberschuß an Bauernvolk heran, zweit- und drittgeborene Söhne, Heimat- und schollenZP im Reich, die hier, frisch an- aesiedelt, zu Besitz und Wohlstand zu kommen reichlich Ge­legenheit hatten. Nicht nur reine Schwaben allein haben diese Kolonien gebildet; es waren freilich viele Württemberg?! und Badenser unter diesen Deutschen, aber ebenso auch Rhein­länder, Hessen und Nassauer. Zwischen 1722 und 1730 brachte der Graf d' Argenteau den Haupttn pp herunter, doch zog sich die Kolonisation noch länger hin und kam erst gegen 1760 zum Stillstand.

Zwischen den deutschen Dörfern sind immer wieder in kleinen Inseln verstreut auch Ungarn ansässig, Kroaten, Serben, Slowaken und Zigeuner; alles Kolonisationsvolk, das man hier bodcnfest machen wollte. Man hakte auch die stille Hoffnung, das überwiegende deutsche Element würde die anderen anfsangen; aber so sehr auch Kroaten, Serben und Slowaken verschwanden, dir Ziaeuner blieben, und di« Un­

garn nahmen jogar aus Kögen des Deuljchtums zu. -rrohüem haben noch heule rund 120 Orte der Schwäbischen Türkei eine absolute deutsche Mehrheit, und seitdem der stark kulturelle, nationalbewußte Geist im ungarländischen Deutschtum nach Sem Weltkriege so recht erwacht ist, darf man sicherlich er­warten, daß dieser Stand nicht mehr unter-, sondern wohl eher noch überschritten wird. Insgesamt sitzen jetzt in der Schwäbischen Türkei 170 000 Teutjche, wovon aber infolge, deS Diktats von Trianon ein kleiner Teil von 13 066 Köpfen an Jugoslawien fiel. Die neue Grenze geht etwas südlich der Höhe von Mohac quer über die Spitze de» Dreiecks zwischen Plattensee, Drau und Donau.

Dir Oberflächengestaltung de» BerglandS von Mecsek und dann der Abdachung hinunter zum Plattensee hat milgewirkt, das Deutschtum hier besonders lebenskräftig zu halten. Die Siedlungen sind samt und sonders Straßendörfer, langgestreckt, kilomctcrlang. Die ebenerdigen Häuser sichen wie Soldatcif stramm nebeneinander; die Straßen sind breit, maßlos breit, nur selten mit kleinen, dürftigen Bäumen alsAllee" bewachsen.

Das Hügelland teilt sich in zahlreiche kleine Bach- und Flußtälchen auf, die oftmals parallel nebeneinander fließen, durch Hügel, die mitunter bewaldet sind, voneinander ge­schieden. DaS Straßennetz ist ebenfalls in der Längsrichtung hin zu diesen Tälchen orientiert, selten schneidet die Verkehrs­linie über die Höhenrücken. Selbst nur wenig voneinander entfernte Dörfer, sofern jede» für sich in seinem Tal liegt, führen ihr stark betontes Sondcrlcben, unabhängig von der Nachbarschaft, unbeeinflußt in Sprache. Spiel, Dialekt und Brauchtum. Dazu war das Land hier ja seiner ganzen Ent­stehungsgeschichte nach von je feudaler Großgrundbesitz. Hast« doch der Graf d' Argenteau die Hauptsache der ganzen Koloni­sation auf seinem eigenen Grund begonnen und geleitet. Und da in der Schwäbischen Türkei erst 1843 die Leibeigenschaft aufgehoben wurde, kann man sich denken, daß die Seßhaftig­keit, das Verwachsenst!« mit dem Boden, daS Hängen und Kleben an der Scholle hier ganz besonders nachhaltig ist. ko kommt es, daß die Schwäbische Türkei, obwohl mitunter stark gefährdetes Kolonialland, im ganzen eine Reservatzelle dar­stellt, in der sich weitaus mehr Volkstümliches erhalten hat als in manchen Teilen der Heimat selbst.

Die Großsiedlungen sind freilich mehr oder minder ver­städtert; das Kino und anderer Zivilisationskram hat sich m" breit gemacht, das Bauerntum ist aber immer noch bc.m alte« geblieben, heute mehr Venn je. Von Ort zu Ort sind bcA" ' weise die Volkslieder verschieden, die Spiele, Brauche, Sitten. Ta Schwaben und Rhcinfranken beisammen sitzen, so ist dem gemäß auch das Bild des Brauchtums mehr als bunt, /vo sind heute noch im Reich die Christkindlspiele, Parade,sspicle. :-as Treikönigsspicl, das Spiel vom Samson und das von oer Genoveva so gut erhallen wie in den Dörfern der Schwab«, jeden Tnrkeil