Uwe Gast · Das Kloster Hirsau und seine mittelalterlichen Glasmalereien Heiligen Sebastian lehrt, auch szenische Heili­gendarstellungen. Diese voneinander abwei­chenden Systeme einerseits Standfiguren, andererseits szenische Darstellungen wurden formal von Astwerkbaldachinen zusammengehal­ten, die Figuren und Szenen bekrönten. 47 1490/1500 in Erwägung gezogen. 49 Hauptstif­ter war ohne Zweifel Abt Blasius Scheltrub. Die nicht identifizierbare Stifterfigur im linken unteren Eck der Sebastiansscheibe lässt aber vermuten, dass auch Laien Adelige oder Patri­zier an den Fensterstiftungen teilhatten. 50 Es ist natürlich müßig, darüber zu spekulieren, wie das Dreifaltigkeitsbild es mag auch ein Bildthema für die Altartafel gewesen sein ausgesehen haben könnte. Zu erwähnen ist gleichwohl Folgendes: In der Sebastiansscheibe, der großartigsten im erhaltenen Bestand, fällt auf den ersten Blick die Christoformitas des Heili­gen auf, dessen Ähnlichkeit mit dem leidenden Christus: Sebastians Körper ist mager und ausge­zehrt, er hängt, von Pfeilen durchbohrt, mit zur Seite gefallenem Haupt an dem Baum, an den er gefesselt ist. Er erinnert darin einerseits an zeitge­nössische Sebastiansdarstellungen, andererseits aber auch an Darstellungen des Gnadenstuhls, wie z. B. in Jan Polacks Blutenburger Retabel (1491/92, Abb. 14). 48 Es dürfte beabsichtigt gewesen sein, für den andächtigen Betrachter der Glasmalereien eine augenfällige Beziehung zwi­schen Christus und Sebastian herzustellen. Die Glasmalereien aus der ehemaligen Allerhei­ligenkapelle können dank des überlieferten Weihedatums um 1487 datiert werden. Es gibt keinen Anlass, davon abzurücken, was aber ohnehin nur an der Figur des Hl. Nikolaus diskutiert wurde; für sie hatte Becksmann eine etwas spätere Entstehung die Zeit um Ausgeführt wurde die Kapellenverglasung laut Becksmann in einer in Speyer oder in Heidelberg ansässigen Werkstatt eine Lokalisierung, die sich leichter historisch, das heißt mit der Zuge­hörigkeit Hirsaus zum Bistum Speyer, als anhand von Werken in bzw. aus einer der Städte begründen lässt. 51 Grundsätzlich sollte das El­sass, und hier natürlich insbesondere Straßburg, als Entstehungsort nicht ausgeschlossen werden. Zwar ist der stilistische Abstand zu den zahl­reichen Arbeiten der Straßburger Werkstattge­meinschaft um Peter Hemmel von Andlau ebenso groß wie zu der mit Speyer in Verbin­dung gebrachten Farbverglasung aus der Pfarr­kirche in Dühren (Stadt Sinsheim) und den Arbeiten der Heidelberger Kamberger-Werk­statt 52 , doch ist mit einer Scheibe mit dem Hl. Wendelin in Darmstadt ein elsässisches Werk aus dem frühen 16. Jahrhundert erhalten, das in dem ausgezehrten, leicht karikierenden Figurentypus und in der malerischen Anlage der Landschaft wie die stilistische Weiterentwick­lung der Sebastiansdarstellung anmutet (Abb. 15). 53 Und so ist es vielleicht kein Zufall, dass die Komposition des Sebastianmartyriums in einem oberrheinischen Relief aus Kloster Villingen(?) ein spätes Echo findet (Abb. 16). 54 Quellennachweis und Anmerkungen * Der vorliegende Beitrag ist eine leicht veränderte, um Anmerkungen erweiterte Fassung des Vortrags, den ich am 26. April 2013 in Hirsau gehalten habe. Ich danke Herrn Dr. Klaus-Peter Hartmann vom Verein Freunde Kloster Hirsau e.V. für die Einla­dung und die Möglichkeit, den Vortrag an dieser Stelle publizieren zu können. Wertvolle Hinweise gaben mir meine Kollegen Dr. Hartmut Scholz und Dr. Daniel Parello, Corpus Vitrearum Deutsch­land, Freiburg i. Br. 1 Vgl. hierzu den knappen Überblick in: Klostermu­seum Hirsau. Führer durch das Zweigmuseum des Badischen Landesmuseums, bearbeitet von Brigitte Herrbach-Schmidt und Claudia Westermann, Karlsruhe 1998, S. 35f. 2 Justinus Kerner, Das Wildbad im Königreich 117