Uwe Gast · Das Kloster Hirsau und seine mittelalterlichen Glasmalereien len Darstellung Christi, der Anima die Krone des ewigen Lebens aufsetzt, war nicht vorgesehen. Anneliese Seeliger-Zeiss hat wohl zu Recht vermutet, dass die Konzeption der Kreuz­gangverglasung auf Abt Bernhard von Gernsbach zurückging. 35 Früh müsste also die Entscheidung gefallen sein, die Fenster dreibahnig zu gestalten, um das Schema der Biblia pauperum ideal umsetzen zu können. Allerdings ist unsicher, wann die Verglasung im Einzelnen ausgeführt wurde. Doch es ist naheliegend, dass dies in vier Kampagnen geschah, die im Wesentlichen an die bauliche Fertigstel­lung der Kreuzgangflügel gebunden waren, also, wie oben bereits angedeutet, um 1482/83(Ostflügel), 1489(Südflügel) und bald nach 1493(Westflügel). Mit dem letzteren Datum ließe sich die Dar­stellungChristus vor Pilatus, die aus dem Westflügel stammt, hervorragend in Beziehung setzen. 36 Der Nordflügel war nach seiner endgültigen Fertigstellung um 1494/95 noch nicht farbig verglast. Hier­auf ließe sich die Nachricht von Martin Abb. 14: Gnadenstuhl. Jan Polack, München, 1491/92. Crusius beziehen, Abt Johannes Hannß­Blutenburg, Schlosskapelle. mann von Calw habe die Verglasung auf Bitten der Brüder in seinem 14. Amtsjahr um im Jahr 1503 in ihm bestattet wurde. 38 Fenster­1517 vollendet. Allerdings gibt es auch anders­stiftungen bzw. Glasmalereien werden jedoch lautende Nachrichten: Zum einen soll in den nirgendwo erwähnt; weshalb das so ist, ist unklar. Fenstern XV und XVII des Nordflügels jeweils die Jahreszahl 1533 gestanden haben, zum ande­Die Kapelle wurde in dem Winkel zwischen ren im vierbahnigen Fenster XIII eine Inschrift, nordöstlichem Nebenchor und Nordquerhaus der zufolge Abt Johannes Schultheiß es war, der errichtet, der Zugang erfolgte wohl über den 1534 die nördliche Fensterreihe vollendet habe. 37 Chor. Der einschiffige, mit einem Netzgewölbe versehene Raum besaß einen 3/8-Chorschluss mit Im Unterschied zur Verglasung des Kreuzgangs, dreibahnigen Fenstern, auf der Nordseite schloss die in zahlreichen Quellen überliefert ist, gibt es sich eine Reihe vier ebenfalls dreibahniger Fenster zu gemalten Fenstern in der Dreifaltigkeits- und an, je ein weiteres, abermals dreibahniges Fenster Allerheiligenkapelle so der vollständige Weihe­gab es im Süden und im Westen. Der Außenbau titel keine Nachrichten. Bekannt ist lediglich, wurde durch massive Strebepfeiler gegliedert, die dass der Bau im Jahr 1487 geweiht wurde, sein möglicherweise die Funktion hatten, den Mauer­Altar Reliquien zahlreicher Heiliger enthielt, und schub von Chor und Querhaus abzuleiten. Reste ferner, dass Abt Blasius eine Altartafel und ein dieser Strebepfeilerarchitektur sind noch bis auf Gestühl in dem Bau hatte errichten lassen und eine Höhe von circa 7 m erhalten(Abb. 2). 114