Martin Frieß · 40 Jahre Landkreis Calwer der drittgrößte. Auch der Kreistagbekannte sich eindeutig zum Fortbestand des Landkreises Calw. In seinergedruckten Stellungnahme vom 25.Mai 1970 stellte er fest, dass der Landkreis in allen wesentlichen Kriterien denAnforderungen der Landesregierung aneinen modernen Landkreis entspreche.Seine homogene Wirtschaftsstrukturmit ihren spezifischen Schwerpunktenund seine sozio-ökonomische Verflechtungen müssten sich in einer einheitlichen Verwaltung widerspiegeln. Mitseinen Mittelzentren Calw und Nagolddürfe er nicht zum unbedeutendenRandgebiet zweier Großkreise werden.Große Diskussionen gab es auch in denGemeinden. Mit dem„Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden“vom 26. September 1967 wurde die Gemeindereform eingeleitet, die zum Ziel hatte, gleichwertigeLebensverhältnisse für die Bürger zu schaffen undInteressengegensätze zwischen Gemeinden – entstanden aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung – abzubauen. Aus 3379Gemeinden in Baden-Württemberg sollten durchZusammenschlüsse und Eingemeindungen 1101Gemeinden werden. Den Gemeinden, die sichfreiwillig eingemeindeten, gab die Landesregierung Sonderzuschüsse nach dem Finanzausgleichsgesetz. Bedingung war, dass eine Bürgeranhörung bis zum 2. April 1972 stattgefunden habenund die Eingemeindung spätestens bis zum 1.Januar 1973 vollzogen sein musste. Die Welle derEingemeindungen hatte 1971 begonnen, alsAltensteigdorf, Beinberg, Monakam, Unterhaugstett, Unterlengenhardt, Schwarzenberg, Schönbronn, Unterschwandorf, Mindersbach, Pfrondorf, Gündringen, Schietingen und Vollmaringenihre Selbständigkeit aufgegeben hatten.Doch zurück zur Kreisreform: In den Tageszeitungen wurden immer wieder Stellungnahmender Gemeinden mit entsprechenden Zugehörigkeitswünschen abgedruckt. Die Gemeindennördlich und nordwestlich von Neuenbürg wollLandrat Günter Pfeiffer, der von 1963 bis1980 die Geschicke desKreises lenkteten sich dem Kreis Pforzheim anschließen, Neuenbürg selber wollte dagegen bei Calw bleiben,auch weil man die Enztalgemeinden als Einheitsah. Ebenso sprachen sich die Stadt Bad Herrenalb und die umliegenden Gemeinden für einenVerbleib bei Calw aus, statt zum Kreis Karlsruhezu wechseln, nur um einige Beispiele zu nennen.Der politische Protest gegen die Auflösung desLandkreises blieb indes nicht ohne Wirkung. AufAnraten der beiden Sachverständigen-Kommissionen war der Kreis Calw im Regierungsentwurfdes Kreisreformgesetzes vom 10. Januar 1971wieder vorhanden. Dies wurde wie folgt begründet:„Der Landkreis Calw ist nur dünn besiedelt,die Topographie ist schwierig. Er umfasstGebiete mit strukturellen Besonderheiten durchden ausgeprägten Fremdenverkehr. Die besondere Aufgabe der Förderung der Ferienerholung,der Heilbäder und der Kurorte prägten in besonderem Maße den Landkreis, er steht mit ca. elfProzent der Gesamtübernachtungen weit an derSpitze aller Stadt- und Landkreise.“Bei der am 1. Januar 1973 in Kraft getretenenKreisreform war der Landkreis Calw der einzigein Baden-Württemberg, dessen Kreisgebiet sichverkleinerte. Vom Gebiet des früheren Oberamts98