Fritz Barth mit Michael Barth · Großes FDJ-Ferienlager in Calmbach 1952 von der Lagerteilnahme abgehalten. Der geringe Betrag von 10 DM für drei Wochen Ferienauf­enthalt war für viele Eltern sehr reizvoll und minderte nähere Nachforschungen. Im Bericht werden auch die Lagerärzte genannt: Dr. Anneliese Grosse, geb. 15.7.1921, Waiblin­gen, KPD-Mitglied, und Dr. Eduard Werger, geb. 14.5.1920, Düren, Angehöriger der Orga­nisationGemeinschaftshilfe(Tarnorganisation der KPD). Die Kinder wurden nach Eintreffen von dem der KPD nahestehendem Dr. Manfred Breuninger, Stuttgart-Gablenberg, untersucht. Die Verpflegung war sehr reichhaltig und gut. Die meisten Kinder hätten an Gewicht zuge­nommen. Die Lagerküche wurde von Frau Weidemann geleitet, die vor dem FDJ-Verbot mit ihrem Mann Johann Weidemann längere Zeit auf der FDJ- und KPD-Schule in Hirsau tätig war. Lagerkoch war zunächst der Calm­bacher Metzgermeister Hans Seyfried. Betreut wurden die Kinder von Frauen und Mädchen die demDemokratischen Frauen­bund Deutschland angehörten. Das Personal der Lagerleitung setzte sich aus Jungkommunis­ten, FDJ-Funktionären und wenigen Natur­freunden zusammen. Im Bericht wird die Wahr­scheinlichkeit erwähnt, dass der Lagerleitung aus der Ostzone stammende FDJ-Funktionäre ange­hört haben, die die politische Beschulung der Kinder vornahmen. Durch den ermittelten Sachverhalt wurde davon ausgegangen, dass folgende strafbare Tatbe­stände durch die Tätigkeit der Lagerleitung und die Vorgänge im Lager aufgetreten sind: Ein Vergehen i. S.§ 97 StGB in der Fassung des Strafrechtsänderungsgesetzes vom 30.8.51 (Staatsgefährdung) durch das Verbrennen der Strohpuppen und Bezeichnung des Bundes­kanzlers Dr. Adenauer und Bundesinnenmi­nisters Dr. Lehr alsLumpen in verunglimp­fender Weise durch fortgesetzte Handlung. Verstoß gegen die Interzonen-Einfuhrverord­nung durch Vorführung sowjetischer und ost­zonaler Filme für deren Einfuhr in die West­zone sicherlich keine Genehmigung vorlag. Verstoß gegen die Devisenbestimmungen. Soweit die finanziellen Mittel aus der Ostzone stammten wurde angenommen, dass die Anmeldung bei der zuständigen Landeszen­tralbank nicht erfolgt sei. Verletzung des Briefgeheimnisses durch das unbefugte Öffnen der von den Kindern aus dem Lager geschriebenen und verschlossenen Briefe. Wissendaner verstieß durch seine nicht erfolgte polizeiliche Anmeldung, soweit er sich in Stuttgart aufhielt, gegen die Meldeordnung. Der Bericht wurde unterschrieben vonMeister i. Kr.. Er ging auch an den Oberstaatsanwalt beim Landgericht Tübingen zur Entschließung über die Einleitung eines Strafverfahrens. Über die Durchführung eines Strafprozesses und eventuell verhängte Strafen liegen dem Autor keine Unterlagen vor. Nach dem Volksaufstand in der Ostzone am 17. Juli 1953 stellte die örtliche FDJ-Gruppe ihre Aktivitäten ein und löste sich 1954 auf. Quellen und Literatur Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA2/301 73. Enztäler: Nochmals ‚Ferienlager Calmbach, Zei­tungsausschnitt vermutlich vom September 1952. Volksstimme, Sonderdruck, 1952. Kinder-Echo, 4. September 1952. Herms, Michael: Hinter den Linien: Westarbeit der FDJ 1945–1956, Metropol Verlag, Berlin, 2001. Persönliche Erlebnisse des Verfassers. Alle Abbildungen nach Original-Fotografien des Autors. 86