durchgezogen und Kostenberechnungen aufgestellt.Leute, die mit Zuschussanträgen umgehen konnten,haben diese umgesetzt und zum Regierungspräsidiumgetragen. Dieses hatte die vorhandenen Fördermaßnahmen zu bewilligen und wollte, wie gewohnt, auf keinenFall die nicht benötigten Fördermittel zurückgebenmüssen. Deshalb ist es schon vorgekommen, dass, wenndie in wenigen Wochen zusammengeschusterten Planungsunterlagen mit einem ordentlich formulierten undaussehenden Zuschussantrag im August eingereichtwurden, der Bürgermeister Anfang Oktober einen Anrufvom Regierungspräsidium bekommen hat, er möge bitteerscheinen, bewaffnet mit seinem Dienstsiegel undseinem Berater oder Ingenieurbüro. Es wurden dann dortin einer Stunde die Auszahlungsanträge mit der Versicherung, innerhalb eines halben Jahres die Verwendungsnachweise nachzureichen, fertig gemacht. Keinezwei Wochen später waren dann Millionenbeträge aufdem Girokonto der Gemeinde oder des Verbandes. Undwenn es ordentlich zuging und die Beratung sauber war,sind die Mittel dann von dort sofort auf ein Festgeldkontoabgewandert. Es soll auch Fälle gegeben haben, wo dannmit dem Fördergeld für Kanäle Straßen gebaut wurden.Für den Kanal war nachher das Geld fort.Diese mehr oder weniger aufgedrungene Großzügigkeithat dieselbe Behörde jedoch nicht gehindert, Jahrespäter, wenn der endgültige Verwendungsnachweis vorgelegt wurde, auf den Punkt genau von den EmpfängernZinsen zu verlangen für vorzeitig in Anspruch genommene Fördermittel.Spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem die Fördermittelfür die Bauvorhaben aufgebraucht waren, wich sehrschnell die Realität der Aufbruchstimmung. Man mussteeinsehen, dass Investitionen gut und notwendig sind,dass aber auch bei 90% Zuschuss eben10% Eigenmittelerforderlich sind. Ferner musste eingesehen werden,dass die Investition der Beginn eines Betriebes ist. DerBetrieb und die Unterhaltung der Anlagen kommen aberhinterher, wozu ebenfalls Geld gebraucht wird. Also kamman um die Notwendigkeit der Beitrags- und Gebührenerhebung nicht herum. Lagen bei den Investitionendie Berührungspunkte mit dem einzelnen Bürger beizahlreichen Grundstücksverhandlungen, so wurde dieBeziehung mit der Gebühren- und Beitragserhebung zujedem Grundstückseigentümer äußerst intensiv. DieNotwendigkeit einer Kalkulation und der Inhalt derselbenwaren schon in den einzelnen Beschlussgremien nurschwer zu vermitteln. Bürgerversammlungen über dieseFragen, die da meist durchgeführt wurden, artetenteilweise in tumultartige Szenen aus. Erschwerend kamhinzu, dass dem Vortragenden bereits beim ersten Satzdeutlich anzuhören war, dass er nicht„von uns“ ist,sondern ein„Wessi“, der gekommen ist, uns abzuzocken.Es ist in der Tat schwer, jemandem beizubringen, wasder Unterschied zwischen einer Gebühr und einemBeitrag ist und warum die Höhe des Beitrags sich nichtam Abwasseranfall ausrichtet, sondern an derGrundstücksgröße.Als dann die ersten Bescheide verschickt und ggf.beigetrieben wurden, kamen mit ca. zwei Jahren Verspätung so langsam auch die Verwaltungsgerichte in dieGänge. Mit dem ersten Urteil wurde bekannt, dass dieSatzung, auf Grund derer die Gebühren und Beiträgeerhoben wurden, nichtig sei. Nun aber nicht deshalb,weil es nicht zulässig war, Gebühren und Beiträge zu erheben, sondern weil festgestellt wurde, dass der Zweckverband auf der Grundlage des Reichszweckverbandsgesetzes nicht ordnungsgemäß gegründet war und somitnicht Bestand hatte. Ein nicht vorhandener Zweckverband kann aber keine Satzung erlassen. So ist dieseSatzung nichtig und alles, was darauf fußt, ebenfalls.Nun kommt die typische obrigkeitsdenkende OssiReaktion, die dieses Urteil nicht im Einzelfall betrachtet,sondern zum Anlass nimmt, sämtliche Satzungen,Zweckverbandsgründungen und Globalberechnungenaufsichtsrechtlich überprüfen zu lassen. Beauftragt hierzu wurde für ganz Sachsen ein Rechtsanwaltsbüro ausBaden-Württemberg, das festgestellt hat, dass mit einerAusnahme alle Satzungen nicht den notwendigen Anforderungen stand halten. Also wurden sämtliche Satzungen nach den Angaben dieses Rechtsanwaltsbüros umgebaut und erneut verabschiedet, teilweise nach einerNeugründung des Verbandes. Die Bürgerinitiativen bekamen Oberwasser, und die Verbände waren landesweitunverschämte rechtswidrige Abzocker.Mit diesem Thema könnte man ein abendfüllendesProgramm gestalten. Zur Abrundung nur noch dieMitteilung, dass die Verwaltungsgerichtsurteile auch solangsam beim Ober-Verwaltungsgericht ankamen. Beimersten einschlägigen Urteil hat sich herausgestellt, dassdieses Gericht eine andere Rechtsauffassung hatte alsdas mit der Überarbeitung aller Satzungen beauftragteRechtsanwaltsbüro.Sie können sich nun ausmalen, was danach in Ganggesetzt wurde. Wenden wir uns aber nun abschließendder Frage zu:Wen trifft die Gebühren- und Beitragserhebung und inwelcher Situation?Es trifft schwerpunktmäßig die Grundstücksbesitzer, dieschon vorher, zu DDR-Zeiten, gegenüber den Mieterndie Vorzüge nicht genossen haben, sondern mit vielMühe ihre Häuschen unterhalten mussten. Nachdem esnach der Wende alle Baustoffe in Massen und zuerträglichen Preisen zu haben gab, wurden die meistenHäuser grundlegend saniert vom Dach bis in den Keller.Man hat hierzu auch von der Möglichkeit der Kreditaufnahme Gebrauch gemacht – und nun kommen dieVerbände und wollen auch noch einen Beitrag in vierbis fünfstelliger Höhe, je nach Größe des Grundstücks,haben. Aber auch die Mieter, die früher gewohnt waren,ihr Bier am laufenden Wasserhahn zu kühlen, wurdenbei Umlage der Gebühren über die Mietnebenkosten mitden Gebühren voll getroffen.21