Flurkarten und Ortsgeschichte Horst Roller, Stammheim Vorbemerkung Wer befasst sich heute mit Flurkarten? Jeder Bauherr benötigt für das Baugesuch einen amtlichen Lageplan, der auf einer Katasterkarle (Flurkarte) basiert. Land­wirte kommen heute ohne Flurkarlenausschnitte nicht aus. Verkehrs- und Bauplanungen sind ohne Flurkar­ten nicht denkbar, auch der Naturschutz benötigt sie. Für die Heimatforschung sind eher die nicht mehr aktuellen Ausgaben von Bedeutung, die frihere Zt­stände darstellen. In diesem Bericht soll die Entwick­lung vor der Zeit der Flurkarten bis zum heutigen Stand dargestellt werden. Durch die Karten war es erstmals möglich, die Lage eines Grundstücks durch eine Flurstücksnummer eindeutig zu bezeichnen und eine exakte Flächenberechnung, auch für die Festset­zung der Grundsteuer, herzustellen. Aber wie kam man vorher mit der Grundstücksverwaltung ntrechl? Unordnung im Steuerwesen Im Tübinger Vertrag von 1514 wurden Rechte und Pflichten des Herzogs und der ,,Landschaft", so auch die Landsteuer, festgelegt. Die Landschaft, vergleich­bar mit dem heutigen Landtag, hatte an der Verwen­dung der Landsteuer durch den Herzog oft zu kritisie­ren, dass sie nicht nach den Richtlinien des Verlrags verwendet wurde, sondern ...,,lediglich in seinen Seckel empfangen worden sel." (Reyscher). Herzog Johann Friedrich dagegen wies 1624 auf Ungleichhei­ten durch unrichtige oder unbrauchbare Angaben der Besteuerlen, den Gemeinden, hin. ,,... der Landesfilrst könne dieser Ohnordnung nit lcinger zusehen." Er wol­le deshalb ein verbesserles Steuersystem einführen. Festgehalten war die Steuer in so genannten Flecken­büchem, Steuerbüchern, auch als Urbare oder Zins­rodel bezeichnet, und in Heiligenlagerbüchern für Grundstücke der Kirche. Die Steuer bezog sich auf den Grund und Boden, der als urbar galt und einen Nutzen einbrachte, oder auf dem Gebäude standen. Die Grundstücksbezeichnungen Die Parzellen (Flurstücke) besaßen noch keine Num­merrr, weil es auch keine Pläne gab. Deshalb mussten die Grundstücke in den Steuerunterlagen immer durch die Angabe der ,,Anstößer", das sind die Anlie­ger, oder auch durch Flurnamen lokalisierl werden, wie im folgenden Beispiel: [Das Grundstück] ,, ... Replensloch genant, zwischen dem Bach ein­und anderseits Jeremias Enusen, Con­rad Haug und Jacob Roller gelegen, stot|t oben auf Jerg Wackhers Wüsen, die Krockhelen genant und unten auf Michel Waltzen..." . Auf diese umständliche Art musste jedes Grundstück beschrieben werden. Und wie oft wechselten die Be­sitzer ­und die Namen waren überholt? Im folgenden Steuerbrief war die Steuer eines Stamm­heimer Einwohners für dessen Behausung, Scheuer und Hofraum (Hofraite), ohne Flächenangabe, fest­gelegt. Auch die Besitzer der Nachbargrundstücke werden genannt: Endris Haug zinst Jerlich uff Martini zwelf Schilling Heller... für seine... Behausung, Scheuren und Hofraitin zwischen der Hermans Gassen unnd Hans Rath g e b e n, Wa g ne r s H ofr ait in g e I e g e n, O b e n (Anlie­ger) Wendel Deichlers HaUJJ unnd Hofraitin, unden Conrad Jrigers erben Hofraitin, hatt Innen Hans Deichler, Zimmerman, laut Briefs anfahett (der anfängt): Ich Jacob Bessenfelder (erster Besitzer im Steuerbrief), Inwonner zu Stamhaim, Hirsawisch Beckhennen ......, unnd dem Dato, der geben Ist uff Martini Episcopi von Christi unseres Lieben Herrn geburtt gezeltfünffzehen Hundert Sibentzig und Sechs Jarr ll576l Idem Gelt ...(12 Schilling)" Der Hof lag also an der Hermannstraße, östlich oder westlich davon saß der Nachbar Hans Ratgeb, Wag­ner, oberhalb Richtung Hauptstraße wohnte Wendel Deichler, unterhalb Hans Deichler, Zimmermann. Eine Flächenangabe erscheint hier nicht, denn bei bebauten Grundstücken bildeten Haus, Scheuer, Hofraite und Garten eine in sich geschlossene Nut­zungs-, Rechts­und Steuereinheit (Dr. H. Ungericht, Einst & Heute Heft4, Seite 39). Bei unbebauten Grundstücken konnten folgende Flä­chenmaße angegeben sein: ,, ...ohngefdhr Einem Manns­madt s en, . . .Stäcklin Wie spltitzlin ung efdhrlichen ein Vertel, .. Stuck Platzungeftihr aus 4 Ruten... ain halben Viert e I un g ev arlich Kraut g art en " . 11